Neues Pester Journal, November 1877 (Jahrgang 6, nr. 303-332)

1877-11-01 / nr. 303

vuemettit Ganyi. fl. 14, Balbi, fl. Kő etáchs fl. 3.50, monatlich 11. 1.20. = „tägli, "Das „Neue Belter Journal“ erscheint uich an Montagen­­tion und Administration eat. Richienplab Ar. 2. Einzelne Nummern if, Suferate nach, anfliege Morgen (Freitag) Früh erscheint wie gewöhnlic eine Nummer. Die Ehre des Eraren. Budapest, 31. Oktober, Seiner der Kriege, Die in den lebten Jahrzehn­­ten getobt haben, bot eine so trostlose, gräuliche und widerliche Physiognomie, als jebt der rufstihetür­­ische Krieg angenommen hat. Hefatomben blutiger Opfer sind bereits gefallen. Ganze Heerezüge sind von der Erdoberfläche verschwwunden. In den Negi­­mentern vor Plepna existiven nur noch wenige Augen­­zeugen der früheren Stürme auf die Grivi­assie­­doute, fast jeder russische Soldat steht dort auf dem Grabe seines Vorgängers Länge des Ufers des 2om, bald diesreite, bald jenseite Dieses ftygischen Gewässerd Liegen faulende Haufen Gebeine von Menschen und Pferden. Der Schipfa-Baß ist mehr mit Zeichen, als mit Steinen befäet, er ist die furcht­­barste Schädelstätte geworden, welche die Welt je gesehen hat. Nicht minder entsehtliche Bilder weisen die serienabhänge Montenegro­, die Wititeneien der Dobrudiden und die Straßen des armenischen Hoch­­landes dar. Wie gewöhnlich sind der Spur des Schwertes Fieber und Typhus gefolgt und raffen mit unsichtbaren Wunden Tausende von Soldaten hinweg. Hinter­ den Heeren in weiten Bogen sind Städte und Dörfer mit Verwundeten und Kranken überfüllt, ganze Zänderfrieden haben das Ansehen von Lazarethen gewonnen. Und noch ist sein Ende des Krieges abzusehen, ja, der eigentliche Todtentanz fol erst zur Aufführung kommen. In welchem Ziwede wird dieser gräuelvolle Strieg Jenigejeit? Aus welchen Grunde mällen Mord und erwartung noch ärgere Orgien feiern . Der Car Hat jüngst auf diese Fragen Antwort gegeben. Er sagte zu seinen Generalen: Rußland werde nicht eher die Waffen niederlegen, als bis er das Programm durchgeseßt Habe, um dessentwillen es ins elb ge­­rücht jet. Aber mit nichten wird Jem­and den faiser­­lichen Morten Glauben ichenten. So weit haben sich die Dinge Längst gewendet, daß von dem Moskauer Programm und ven Sgratieffischen Mlänen nicht mehr die Nede sein kann. Als der Graf den Krieg begann, da hielt er die Geschichte für ein Kinderspiel, da waren Rumänen, Serben und M­ontenegriner noch große Herren, da erwartete er von Bosniaken and Bulgaren Wunder von Tapferkeit. Da hegte er kaum die Besorgniß, daß die Osmanen sich den un­besiegbaren Mostowitern entgegenstellen werden, da schien ihm überhaupt die­ Türfei ein Leichnam, der bei der ersten Berührung zerfallen müsse. Se. Majes­tät haben bekanntlich im Laufe der Ereignisse einige Enttäuschungen erfahren. Die Pforte fühlte sich durch das Nahen 10 vieler Großfürsten und des Grafen selöst purhaus nicht eingeschüchtert. Sie nahm den Krieg mit den ungeheuerlichen Mossomiterreich und seinen Bajallenstaaten auf, und hat bis jeht noch mit den Sürzeren gezogen. Statt des Tib­erfaßkt' s­­chen Regiments herrschen noch heute das intafte ges ftungdpiered und die Nedouten Dolman Bajcha’s in Bulgarien. Die Truppen, welche den Spaziergang nach Konstantinopel ausführen sollten, liegen erschlagen am Jom, im Schipfaspaß und vor Blevna. Nur mit dem Aufgebote der ganzen Wehrkraft Nußlands konnte die schon dreimal erneuerte Armee bei der Katastrophe bewahrt werden. Uuch in Asien jagten die Türken den Feind aus dem Lande und troß der neuesten Niederlage sind die Neffen nicht weiter ge­­kommen, als kurz nach Beginn des Feldzuges. Wenn fest selbst Bleona mit weiteren Opfern von 10 bis 20.000 Mann zu Falle gebracht werden sollte, 10 steht Doch noch die Türkei mächtig genug da, um auf anderen Punkten wuchtigen Widerstand zu leil­en. Und wenn wir selbst die Möglichkeit sehen, daß die russische Mebermacht sich endlich auf allen Buitten geltend machen würde, so hat doch das Osmanenr­eich bereits durch seine bisherigen Thaten so viel Größe, Tapferkeit und Herrschermacht bekundet, als daß von der russischen Benorm­undung , wie sie Ignatieff träumte, ‚und von dem Horus-Porus, wie er für Bulgarien beabsichtigt war, noch ferner die Rede sein könnte. Was von diesem Spuf einst beim Frie­­densschluffe figuriren sollte, wird nur zum Schein, zur Täuschung und unter den schweigenden Mitge­­ständnissen vorhanden sein, daß es im Frieden nicht beachtet werde. 63 war ein Irrb­unt, als der Graf vor dem Kriege glaubte, der Türkei unwürdige und entehrende Bedingungen auferlegen zu müssen , es wäre Wahnsinn, wenn er jecht noch an die Durch­­führung dieses Programmes denken wide. Von diesen Wahnsinn ist aber der Saar nicht befallen und die Worte, welche er zu den Generalen sprach, sollten­ allx seine Völker täuschen, sollten nur zur Beschönigung der ungeheuren Opfer dienen, welche der Krieg erfordert. Statt seinen Irrthum einzuge­­stehen, suchte er mit Hartnäckigkeit zu prünfen. Er thut, als wenn er seinem freien Willen folgte, wäh­­rend er von der Nothiwendigkeit geführt wird. Denn die maßgebenden Stimmen der neutralen Mächte haben längst der Welt verrathen, aus welchem Grunde der Krieg fortgeführt wird. Offi­­ziell und offiziell ist von den Neutralen das Lied gesungen worden, das die Friedensvermittelung erst dann eintreten könne, wenn Rußland Prestige und Ehre wiederhergestellt sein wird. Also um die ‚Ehre Nußlands handelt es sich! Wie ist aber diese ‚Ehre wiederherzustellen ? Etwa durch die Eins ‚nahme Blevnas? Wir müßten nicht, wie die­ses Ereigniß die Ehre herstellen könnte. Wenn ‚die Ehre des russischen Wolfes gemeint wäre, so Brauchte dieselbe überhaupt seine Herstel­­­lung. Denn das russische Bolt Hat den Krieg­­ nicht gemacht und die russischen Soldaten haben sie sehr tapfer geschlagen. Wenn aber die Ehre der Dimastie und ihrer Nachgeber gemeint ist­­— wie in der That diese Ehre gemeint ist — To sehen wir nicht ein, wie dieselbe durch die Ein­nahme Plepna’S reingewaschen werden sollte. Der Zeichtsing dieser Herren, mit welchem sie den Krieg heraufbeicht waren, der Daniel, mit welchen sie sic­h überfhät, die Unwissenheit, mit der sie die Macht des­ Feindes tarnvten, die Unfähigkeit,­ welche sie bei der Leitung des Krieges gezeigt, die Gewillenlosig­­keit, mit welcher sie betrü­gerischen Intendanten die Verwaltung und Protektiondfindern,die Führung der Armee anvertraut haben — diese siehler und Makel werden doch nicht weggelöscht, wenn Plevna fällt! So sehr dürften die Kuffen mit Blindheit doch nicht geschlagen sein, um sich Durch einen Erfolg, der unerhörte Opfer gefottet hätte, über die Ger­fahren beruhigen zu lassen, in welche sie die U­n­­fähigkeit ihrer Negierung gebracht hat oder gelegent­­lich wieder Bringen wird. Und wären die Nuffen 10 blind, dann würden die Rifatoff’n und sonstigen Wolfsführer sie aufklären. Mach dem Stande der Dinge si­nd dem Grafen, der kaiserlichen Familie und ihren Rathgebern geradezu unmöglich, ihre Ehre wiederzugewinnen. Der günstigste Tall wäre doch nur, daß die Schwere der rufsischen Macht dem­ Feind niedert­irft, daß der an der Schläfe getroffene Goltat­ in seinem Sturze den Kleinen David mit zu Boden reißt. Damit wäre aber nicht die Ehre der Machthaber wiederhergestellt. Und der gü­ftigste öriede, der für Rußland in Aussicht stünde, mü­rde doch nur darin bestehen, daß es für den Verlust vo Humderttausenden von Menschen und für unzählige Wunden, die es auf mehrere Jahrzehnte brach­­legen, einen bei seinem Länderreichthum fast werthe­losen Zipfel von Armenien erhält. Damit wäre aber sein Schleier über den Leichtsinn und die Un­­fähigkeit der Machthaber gebreitet. Ind­ea es über­­haupt sein Mittel gibt, die Ehre dieser Herren wie­­der herzustellen, so werfen sie da Schwert nicht weg, sondern waten fort und fort im Blute , bis vielleicht die Höhe des Kriegselends und die Gr­­as des Boltes alle Refrrminationen im Kern erft­den. HEXEN-Eing­­ WR­ten jede Eeiten Bellane, Sarah Bernhardt. Original-Feuilleton des „Neuen Pefter Journal") fo gut mit Got wie mit Talma in einem Athem nennen kann, Und was von den Männern gilt, das ist von den Frauen nicht weniger wahr. Das neunzehnte Jahrhundert hat feine Nadel und Dorval, das achtzehnte Jahrhundert feine Duclos und Adrienne Lecouvreur, das siebzehnte feine Shampmesle gehabt ; eine, zwei Tragödinen im Jahrhun­­dert — für eine größere Fruchtbarkeit reicht offenbar die tragische Kraft des französischen Nationalgenies­ nicht aus. Seit dem Tode der Rachel, das heißt seit ziemlich zwanzig Jahren, war die französische Tragödie verwaist ; man spielte wohl noch die Werse von Corneille, Nadiner Voltaire, allein Phddra und Esther, Andromache und Iphigenia schlichen bleich und trübselig wie Gespenster auf der Haffischen Bühne des Theâtre Français umher ; sie waren seine Wirklichkeiten ; es fehlte ihnen an einem Leibe; diese Gestalten waren nur Erinnerungen an eine leuchtende Vergangenheit. An Bewerberinen um das Erbe der Rachel hervor, als irgend­eine andere Nation der Welt. Sie sind fehlte es nicht ; hundert obifure Hände stredien sich gierig reich an Talenten für das bürgerliche Schauspiel und die Komödie ; sie haben das Glück, einen Got und einen Cor­quelin, einen St. Germain und Landrol, einen Dieubonne and Dupuis, einen Gil-Naza und F. Febvre, einen Geof­­froy, Hyacinthe, Therizier, Laffouche als Zeitgenossen neben­­einander auf der Bühne wirken zu sehen; allein sie pro­­duziren seine tragischen Kräfte ersten Nanges, Genies, die einem Devrient oder Damilon, einem Kean, Booth, Irving oder Nofit ebenbürtig wären. In einem Jahrhundert hat Frankreich einen Talma und einen Frederic Lemaitre gehabt . T­alma und Frederic Lem­aitre , das ist die ganze Liste der Franzöisisgen Tragöiden seit der Revolution und dabei war Frederich so vielseitig in seiner Begabung, bag man ihn eben: l­n Baris, 29. Oktober. Die Völker überraschen oft doch merkwürdige Wir­dersprüche in ihrem Wesen, ihren Neigungen und Fähig­­keiten. Ungarn und Boten, die Neu­erländer par excellence, bringen seine Kunst weiter hervor ; dagegen refrutiren sich die Girkustruppen unter Italienern, Franzosen, Belgiern, das heißt unter Nationen, die im Sattel eine sprichwört­­lich armselige Figur machen. Die Franzosen sind vom Ersten 815 zum Lebten geborene Schauspieler; schon als Kinder haben sie Bojen und Bewegungen, die man außerhalb Frank­­reichs nur auf der Bühne­ wiederfindet ; ihr Gehen und Stehen ist theatralisch, ihr Sprechen Deflamation, ihr Thun und Lallen an. Coulifsen und Fußlampen erinnernd — und gerade die Franzosen bringen weniger große Tragöiden nach dem Diadem und Hermelin der Bühnenkönigin aus ; allein das Pariser Bublikum. Dieser oberste Nichter in der Frage, fand, daß in dem lärmenden Haufen, der sich um den Nachlaß sanzte, Leine einzige, authentische Verwandte des Talentes der Nad­el sei. Da geschah eines Abends etwas Merkwirdiges. Man gab im Theätre Francais ein news Stück eines unbekannten Poeten, „Rome Vaincue” von Alexander Parodi. Es ist noch nicht allzu ange­ber, ein Jahr etwa. 39. war bei dieser ersten Vorstellung und ihr hohe,blinde,ehrfurchtgebietende Greifin,die Großmutter der Heldin des Stückes.Bei­ 11 Anblick dieser Gestalt ging eine plötzliche Bewegung durch den ganzet­« Saal;alle Zuschauer streckten den Hals und hiel­­­­ten den Athe­n an...die römische Matkotte war« in ein schwarzes,fließendes Gewand gehüllt.Dies ftüßte sich auf eine Dienerin, die sie fast um­ die ganze Büste überragte; ihr abgehärmtes, fast durchsichtig bleiches Gesicht war von grauen Haaren eingerahmt;­ von den halbgeschloffenen, erloschenen Augen sah man durch die gesenkten Liver blos das sichtlose Weiße der Bälle hervorschimmern. Die ganze Gestalt flößte zus.­oleich Mitleid and Bewunderung, Sym­pathie und Grauer’ ein; ed war in ihr etwas von Cornelia und etwas von der Sibylle, wie sie so groß und feierlich dahinschritt, schien sie aus dem SensettS zurückgekührt zu sein und unt he blanfe Marmorstirne flimmerte und noch etwas wie das Geheimniß des Grades. Als sie zu sprechen begann, da tönte ihre Stimme tief und melodisch wie eine reinz' gestimmte Glode, aber doch von Schwermuth umflort, wie wenn ein aufgelegtes feines Seitengewebe den Klang einer Glode leigt dämpfen würde. Die Rolle der NRömerin war furs und tragisch; sie hatte die Unz jchuld ihrer Enkelin, einer Vestalin, gegen überst­zeugte Ankläger zu vertheidigen und sie später mit eigener­ Hand zu tö­ten, da sie erfährt, daß die Briefterin wirklich gefündigt habe. Nichts gleicht der Angst, die durch ihre Stimme biebte, als sie die Richter Eindruck zittert mir noch in den Nerven nach. Im dritten­­ Reich,wor, ihre Enkelin freizusprechen, und als sie sunt Afte, der, nebenbei bemerkt, wir­zlich schlechten Varodi’schen Tragödie erfihien eine alte Nön­erin auf der Bühne; eine ‚leben Male die Veitalin Leidenschaftlich in ihre Arme !"preßte und mit zitternder Hand Die Gtelle ihres Kerze SZERB! « _

Next