Neues Pester Journal, April 1878 (Jahrgang 7, nr. 91-119)

1878-04-08 / nr. 98

mn Abonnements Ganz. fl. 14, halbj-$u7...| viertelj. fl. 3.50, monatlich fl.,1.20. Das „Neue Peter Journal“ erscheint | täglich, auch an Montagen: . Redaktion und Mominiszeation: | Gingelme Jöt at Leopoldft. Kirchenplak­at, | Infernte und aufliegendem ti Budapest, 7. April In den allernächsten Tagen beginnen die beiden Negrikolardeputationen wieder­­ ihre Ver­­handlungen. Das Mandat, welches ihnen’ entheilt­et, lautet lediglich auf Die Behandlung der Frage der Achtzig-Millionenschuld und all in dieser Be­­ziehung sind die von den beiden Parlamenten er­­theilten Boll machten nicht Fongruenten -Inhalts. Allein aller Voraussicht nach werden die beiden Deputationen ihre Wirksamkeit nicht strikt auf die ihnen zugewiesene­ Frage beschränken; in offiziösen Besprechungen werden sie ohne Zweifel, nicht nur die im Allgemeinen in den­ Kompetenzkreis der Quotendeputationen fallenden Gegenstände diskuti­­ren, sondern überhaupt alle Differenzen besprechen, welche in den Ausgleichsfragen abschweben. Und nach der Zusammenfegung der beiden Deputationen man mit ziemlicher Bestimmtheit angenommen wer­­den, daß eine zwischen denselben zu Stande ge­­brachte Einigung auf die Nazifikation der Legis­­lativen rechnen könne, Was nun Die obschwebenden Differenzen an­­langt, so betreffen sie, abgesehen von der Achtzig- Millionenschuld, die Duoten- und Nestitutionsfrage, die Branntweinsteuer, Die Ernennung der Bizer Gouverneure der Bank und die Finanzzölle. Die Quoten­ und Restitutionsfragen können als eine Frage betrachtet werden, zumal­ hinsichtlich der Quoten­­angelegenheit bereits­­ eine bedingte Webereinstim­­­mung­ erzielt worden ist, die allerdings deficiente conditione wieder in Diffens: umschlug. Lassen sie die Oesterreicher bewegen, den von beiden Regierungen vorgeschlagenen Lösungsmodus für­ die Restitutionsfrage anzunehmen, dann sind­ die beiden zuerst erwähnten Differenzen beseitigt. . Hinsichtlich der­ Bran­ntweinfeuer hat bereits das ungarische Oberhaus den von österreichischer­ Seite. acceptirten Sat (61 Grad) angenommen; es ist Dies als ein von ungarischer Seite gemachtes Anerbieten zu be­­traten, welches vom Abgeordnetenhause allerdings nur dann genehmigt werden dürfte, wenn hinsicht­­lich aller übrigen Differenzen eine U­ebereinstim­­mung erzielt ist. Was die Ernennung der Vizegouverneure der Bank anlangt, so hat das österreichische Herrenhaus, in welchen die Nationalbank einen starken Anhang besigt, einen Vermittlungsvorschlag gemacht. Die Vizegouverneure sollen von den beiden Regierungen nicht unmittelbar, sondern nach einem Terna­­vorschlag der Bank ernannt werden. Wir halten diesen Vermittlungsvorschlag für ganz unannehm­bar, denn er bleibt, praktisch genommen, hinter dem Antrag der Bank (Wahl der Vizegouverneure und Bestätigung derselben durch den Staat) zurück. Das Bestätigungsrecht ist ein unbegrenztes, auch vier oder fünf Vizegouverneuren kann die Bestätigung versagt werden; Der Teriiavorschlag aber verlegt die Re­­gierung in die Zwangslage, von drei personae in­­gratae eine zu ernennen. Bei der Stellung, welche Dr. Herbst Hinsichtlic­h der Frage der Vize­gouverneure eingenommen hat, zweifeln wir nicht, hab der Widerstand der Bank sein Hinderniß­ für eine baldige richtige Lösung dieser Frage sein kann. Für­ die schwierigste Frage neben der 80 Millionen­ Frage aber: erachten wir die­ser Finanzzölle. Für ihre Lösung gibt es nur zwei Möglichkeiten: ent­­weder Oesterreich acceptirt s­chlechtweg. Die Finanz­­zölle, speziell von Staffee- und den Betroleumzoll in der von den Negierungen vereinbarten Höhe, oder aber Desterreich erklärt sich bereit, gegen Ermäßigung der Finanzzölle seinerseits die Webezölle herabzu­­geben. Von hiesigen offiziösen Organen wird ver­­figert, daß üt. ver lebten. weit diesfalls in Dester­­reich ein Umschwung der Anschauungen eingetreten sei, der mit Zuversicht eine Einigung au in ‚Dieser Frage gewärtigen lasse. Bestätigt fi viese optimisti­ge Auffassung, dann dürfte in den nächsten Wochen bereits das Ausgleichswert thatsächlich, wenn auch noch nicht formell, perfeit werden. Im anderen­ Falle müßte die Unmöglichkeit, eine Einigung zu erzielen, offen konstativt und zu dem rechten Auskunftsmittel, zum Provisorium, gegriffen werden. Da die eine oder die andere dieser beiden Eventualitäten eintritt, davon hängt für Ungarn nur nur der Charakter und der Ausgang der nächsten­­ Wahlkampagne, sondern auch der Bestand oder Nichtbestand des Kabinets Tiba ab. Bism­ark für Rußland. Unter Berliner Korrespondent, dessen frühere Mittheilungen über die Absichten­­ der deutschen Negierung leider dur die Thatsachen bestätigt sind, läßt uns heute Mitteilungen über die Hal­tung­­ zugehen, welche dem Fürsten Bismarc ge­genüber den Differenzen zwischen Raßland und Oesterreich-Ungarn ob der Neufonstituirung­­ der Balkanhalbinsel beliebt. Wir ersehen daraus, das der Reichskanzler um jeden Preis einen­­ bewaffne­­ten Zusammenstoß zwischen den Mitgliedern des Dreitaljer-Bundes zu verhüten und darum einer­­seits Rußland zu kleinen Konzessionen an das österreichisch-ungarische Interesse, andererseits das Wiener Kabinet zu recht ausgiebigen Annexionen westtürkischer Provinzen drängen will. Wir zweifeln mit, daß Fürst Bismard den Willen hat, diesen Verlauf der Ereignisse zu erzwingen, doch bei allem Nespekt vor der deutschen Wehrkraft zweifeln wir am seiner Macht. Wir nativen Bismard’s­­ Absich­­ten, aber Befürchtungen hegen wir nur -ob des Korrespondent- schreibt , schwanzenden Wollens , der Wiener Bolitit. Berlin, 6. April. Woher es wohl fom­men mag, daß die notorisch inspieirten Blätter unserer Reichskanzlei bestrabt sind, den Meldungen von dem Scheitern der Sendung DSgnatieff?8 so entschieden entgegenzutreten? . Sit es 948 bessere Wilsen, das ihnen diese Haltung Diktirt ? Davor treibt sie die alte Tendenz, zwischen Naßland und Oesterreich-Ungarn seine Differenz aufkommen: zu lassen ( 34) kann diese Frage nicht mit­ Bestimmtheit­­ beantworten, aber ich halte die legiere Der beiden be­­zeichneten Alternativen für die wahrscheinliche. In den Kreisen der hiesigen Diplomatie gesteht man Frank und frei ein, daß Ignatieff’s Mission gescheitert ist und man findet Das ganz natürlic, denn die Aufgabe, die dem General gestellt worden, war von vorneherein undurch­­führbar, ja unmöglich. "Man weiß er hier ganz ge­­nau, daß Der commis voyageur der russischen Staats­­kanzlei, wie Die Gegner Des Generals Sanatieff ihn ironisch nennen, einfach nach Wien gegangen it, um die dortige Regierung zu überzeugen, daß er bei der Abfassung Des Traftates von San­-Stefano, die In­­teressen Oesterreich-Ungarns, auf das Georglichste gez fchont habe, und Niemand wundert sich darüber, daß dieser Beweis dem Herrn General nicht gelungen ist. Darüber mag nun zunächst die Eitelkeit des Grafen Sonatieff verlegt gewesen sein und Das mag wohl auch die V­erstimmung erklären, unter welcher gy wäh­­rend der ganzen Zeit seines Aufenthaltes in der Do­­naustadt gelitten haben sol. Do viel scheint nach Alleden festzustehen, daß der General in besserer Laune gelommen, als er­ gegangen und wenn etwa persönliche Stimmungen der Diplomaten für die Hal­tung der" Staaten allein maßgebend wären, Dürfte man sich seines Guten und seiner besonderen Freund­­schaft von der Haltung Petersburgs gegen Wien versehen. Aber wenn man hier auch anerkennt, daß Graf Andrasfy mit voller Autorität für Oesterreich,Ungarn das Wort zu führen berechtigt ist, so sagt man ande­­rerseits, Daß General Ignatieff nicht Rußland bedeu­­tet und daß, was er verdorben hat, durch die Bolitit des offiziellen Nubland wieder wettgemacht werden kan­t. Man fennt hier: die Beschwerden, die Graf Andrasfg gegen den Vertrag von San-Stefand vor­­gebracht hat. ch glaube, man hat sie gefannt, noch­ ehe sie dem General Sanatieff mitgetheilt worden sind. Man findet sie „überaus weitgehend”, sowohl in ihrem fachlichen Inhalte als auch darum, weil ihre Berücs­ichtigung fast die völlige Annullirung eines Altes bedingen würde, welcher die Signatur’­er. Majestät des Kaisers von Rußland trägt. Nach dem Sinne des Wiener Kabinett würden nur wenige und blos die unbedeutenden Stipulationen des Vertrages von Sans Stefano­ aufrecht bleiben ; alle h­auptsächlichen Bestim­­mungen würden zu modifiziren, einzuschränken, ja, zu annulliren sein. Vernehmlich sceint es noch immer Die Organisation Bulgariens zu sein, insbesondere die starke russische Bejagung, die dort zu verbleiben hätte und die lange Dauer der Ofsupation, die auf den unüberwindlichen Widerspruch Oesterreich - Ungarns stoßen. Die guten Nachschläge, die von hier aus die Wiener Kabinete in Betreff der Paralysirung des ru­n­den Einflusses im­ Osten durch den gleichen Einfluß der, Österreichische ungarischen Monarchie, im Westen ertheilt worden sind, haben in Wien wohl Beachtung gefunden, aber nicht in dem vollen Maße, wie es hier gering worden wäre. Graf Andrasfy soll erwider haben, daß er nicht erst die Erlaubnig Nußland dürfe, um für Oesterreich-Ungar auf dem westliche Gebiete der ‚Balfan-Halbinsel Die präponderir end. Stellung zu beanspruchen. "Ex gestehe hierin Niemant eine Einsprache zu, als der­­ Pforte, und mit werde er sich friedlich auseinanderfegen. Der Mi­testerreich-Ungarns sol hinzugefügt haben, das zige, was er von Nußland fordere, ei eine fol­genderung der proponirten Grenzen Bulgariens Westen, ‚Serbiens im S­üdwesten und Montenegro­ im Norden, welche das westliche Balkangebiet in die That von jedem fremden Einflusse frei mat; er betrachte aber die Gewährung dieser Forderung und als eine besondere Konzession, sondern als eine selbst­verständliche Pflicht, deren sich Nußland um so gar entziehen dürfe, als es bei wiederholten Anruf die Nespektivung der Interessensphäre Oesterreich garna gelobt habe, -- . »Ein autonomes Albanien dem autonom­en nul gar-text entgegenzusetzen,dazu hat sich Grasznd nach der hier beliebten Ausdrucksweise­,·,nichtz—«"gzy schwingen vermocht«.Es sitzt ihm noch immer­­,d«e·· Türke zu sehr im Leibe­ höt«t man mitunter,v chmsagen,gewiss zum Staunen seiner­ Landsleute,­ngarn,die von dem Tü­rkem derfu«-Herzen Grafen Andraffy fitt, durchaus nichts verspüren mi­sen. Hier hätte man es jedenfalls lieber gesehen, wenn der österreichisch-ungarische Minister des Auswärtige jene Aktion weniger auf die Reduktion des Vertrags von San­ Etefano, als auf die Reduktion des il. Gebietes gerichtet hätte; man glaubt, das in letteren Richtung größere Erfolge zu erzielen gewese Hoffnung thun.. Man wird vorerst­ mit Hochdrud auf das A­binet von St. Petersburg wirken und es zu beit­men traten, den Wünschen der österreichisch-ungari­schen Negierung Nehnung zu tragen; man bem li) ferner jest schon, in Wien darzuthun, Daß österreichische ungarischen Monarchie ein Krieg besten­falls miltärische, aber keine politischen Erfolge bringen künne, und man hält diese Aufgabe für so wichtig und so dringend, daß man um ihrer Willen Den bereits ernannten BVizekanzler vorläufig auf dem Wiener Bot­schafterposten beläßt, womit wohl bargethan it, daß er für ihn In der Kaiserstadt an der Donau Bedeutsamere zu thun gibt, als in der Kaiserstadt an der Spree. Unser u der BEST Die heutige Hummer umfaßt aght Seiten. * DBudapest, 7. April. £ Das Programm der opbositisiellen Bar seifusion ist, wie wir erfahren, bereits fertig. Mitts" noch wird dasselbe von den einzelnen oppositionellen Sta­tionen an verhandelt werden und Donners­­tag findet behufs gemeinsamer Feststellung des Brot­gramms die gemeinsame Konferenz statt, zu welcher, mit Ausnahme der äußersten Linken, alle oppositionellen Schattirungen und die außerhalb der Negierungspartei stehenden Abgeordneten geladen wor­­den. Das gemeinsame Programm wird, wenn Die Set­­stellung desselben gelingt, noch vor den Osterfeierta­­gen veröffentlicht werden.­­ Die rechte Sihung des Abgeordnetenhauses vor den Osterfeiertagen soll am 13. b. M. stattfinden,­­ die Wiederaufnahme der parlamentarischen Arbeiten aber " soll für den 27. 5. M. in Aussicht genommen sein.­­ " Der Klub der liberalen Partei hat, wie wir­­­d bereits gemeldet, den Beichluß gefaßt, die rechte. hinsichtlich des Stenngefehdbithez noch abschwebende Differenz durch Annahme der vom Oberhaus befür­­worteten Haftung zu beseitigen. V­oraussichtlich wird sonach in den §§. 191, 192 und 336 der Ausdruc:­ „vom Staate anerkannte religionsgenossene Schaft“ ins Gefet übergehen. So Forrelt dieser Aug­ much nach dem gegenwärtigen Stande unserer Gesehe­gebung erscheint, so sind noch Zweifel darüber auf­­getaucht, ob die jüdische Religion unter den vom Staate anerkannten Religionen­ begriffen sei. Unseres Erachtens entbehren diese Zweifel jeder Grundlage, denn wenn die jüdischen Seelsorger und Lehrer als solche das Wahlrecht ausüben, wenn Die jüdischen Seelsorger­­ vom Staate mit der Führung „der Mar­triten betraut sind, wenn weiter die Behörden und die Negierung mit den jidischen Kultusgemeinden 7

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