Neues Pester Journal, Juni 1878 (Jahrgang 7, nr. 151-178)

1878-06-01 / nr. 151

’ Abomssstifisanzst14,ha1ksj.fk7,. viertelj.fl.3.50,monatlichfc.1.20. Das „Neue Vefter . Kournal‘ täglih, and an Montagen. ! erigeint Zeopoldft. Kirchenplat Nr.2. Redaktion und Administration: ! inzeine Nummern an Inferate nagy aufliegendem Earif.. Yndrassy’s Erkkaruttgen. Budapest,31.Mai. Dem Minister der auswärtigen­ Angelegen­­heiten ist endlich bei seiner Gottähnlichkeit bange geworden,und wie der Olympischen EinerTster nieder gestiegen zu den Sterblichen und hat in menschlich-verständlicher Sprache mit ihnen geredet. Auch die raffinirte Rabulistik vermöchte nicht den Beweis anzutreten,daß aucht nur ein Wort der den ungarischen Delegirten gemachten Mittheilun­­gen,wenn es umållconate früher gesprochen 11 wäre, die Politik der Monarchie kompromittirt hätte. Nichts ist in den­ Eröffnungen des Grafen Andrássy enthalten,das nicht längst jeder Politiker jedes, Landes­ als selbstverständliches Minimum der von Oesterreich-Ut­ngarn wider den Vertrag von Sali- Stefano zu erhebenden Einwendungen erkant­t hätte. ?Jcicl­ t6 ist enthüllt,Niemand ist überrascht worden. Nicht an sich sind die unserer Delegation­ geworde­­nen­ Aufschlüsse bedeutsam;nur dadurch werden sie zu­ Zeichen der Zeit,daß sie jetzt,erst jetzt ge­­geben wurden.Daß Graf Andreissy endlich den Vertretern der Nation und damit dieser selbst «eröffn­et hat,was zu eröffnen seine Pflicht war von dem Tage an,da die Präliminarien von San­ Ste­­fanio bekannt wurden und was aller Welt kund zu­­geme nicht die geringsten Bedenken hatte:das zeugt für eine vollständige Aenderung der Position, welche der Minister dess Auswärtigen sich selbst ge­­genüber den Staatsbürgern und den Parlamenten auf beiden Seiten der Leitha angemiesen hatte. Bisher­­ geirrte Graf Andraffy sich ala die­ personifizirte Beziehung Oesterreich-Ungarns; seit zwei Tagen ist er zum Range eines konstitutionellen Ministers herab­, nein, heraufgestiegen. ı Jahr aus, Jahr ein Hatte er sich von seinen Verehrern mit Weihrauch unmnebeln, seine Weisheit in Superlativen als übermenschliche, si selbst als den leitenden Staats­­mann Europa’s preisen lassen, wer nur ein Wort ‚zu sprechen brauche, "um­ das dur­ dem Strieg ge­­schaffene Chaos dem ‚Wohle des Brotheils und den Interessen Oesterreich-Ungarns, entsprechend zu ‚gestalten, al’ seine Berechnungen, Hoffnungen, Verheißungen beruhten auf der Meinung, daß er nach dem Kriege Herr der Situation und auf dem Kongresse für alle Beichlüffe maßgebend sein, daß es in seiner Hand liegen werde, Den russischen Machtzuwachs zunichte zu machen und für Oester­­reich-Ungarn Vortheile einzuheimsen. Seine Borz­ausießung erteist sich als falsch. Er besißt seinen Zauberstab, um den En­doften des Erdtheils nach seinen Wünschen zu gestalten und die uns wieder­­holt zurbheil gewordene Gunst des Augenblices, durch welchen unserer Monarchie Die Entscheidung über den Orient in die Hand gelegt worden, ist verloren gegangen, weil sie nicht bewüßt worden it. Ber vier Wochen noch konnten wir Alles er­­langen, was unserem Seile diente; an dem Tage, an welchem die russisch- britische­­ Verständigung vollzogen wird, bauen fn unserer Monarchie gegenüber Schwierigkeiten auf, die zu bewältigen auch­ das "hoch entwickelte Selbstbewußtsein des Grafen Andraffy sich nicht fähig glaubt. Was der Minister gestern aussprat "und umdeutete, zeugt für die Besorgniß, daß der Kongreß den Interes­­sen unserer Monarchie nichts weniger denn gerecht werden und daß Oesterreich-Ungarn ernsten Ges­fahren entgegengehen dürfte. Daß jebt Graf An­­drasy sich der Nation, von welcher er sich so weit entfernt hatte, wieder zumendet, entstammt dem Bemwußtsein, von der Unzulänglichkeit der eigenen Kraft, dem Wunsche, Ungarns Unterfrügung zu erlangen, doch auch unseren Repräsentanten einen Theil der Verantwortlichkeit für die kommenden Bedrängnisse aufzubürden. Kun, die Unterfrügung nicht nur Ungarns, sondern beider Parlamente und Völker für die gerechten Bestrebungen, die er deflarirt hat, wird ihm nicht fehlen ; aber die Verantwortung für die nahenden­­ Dinge lastet ausschließlich auf seinen Schultern. Wir halten den Augenblick ungeeignet zu Nefrin­mnationen; doch es it Pflicht, zu ton statiren, daß nicht die Nation, nicht der Reichstag, nicht die ungarische Delegation Die drohende An­­gunst der Lage "verschuldet hat. Wäre er nach Ungarns Wünschen gegangen, so hätte die gemein­­same Regierung durch ein Machtwort den russischen Raubzug und damit alle aus legterem erwachsenen Milstände verhütet. Hätte Ungarns Wort Geltung gehabt, 10 wäre den Synteressen unserer Monarchie­­ h m­ittelst bescheidenen S Kraftaufwandes Respekt, ge­­filtert worden in der Zeit, da Rußlands mili­­tärische Kraft duch­­ Plevna gefesselt­ war, oder doch ehe Die Nuffen sich in Rumelien. eine Seever­­bindung mit Der Heimath gesichert hatten. Hätte nicht Ungarns stürmisches Verlangen van die Pford gepocht, so würde ten des Ballplages, vergebens ihren Willen diltiren, " Großbritanniens heute die Monarchie, mit England verbündet, der Auffen Allianz anerbieten würde nicht mit einem Korbet­­t beantwortet und das englische Kabinet würde nicht gezwungen worden sein,sich mit Rußland zu ver­­­ständigen. Graf Andrasfy mag Met haben mit der Versicherung, daß England sein, die Interessen Oesterreich-Ungarng schädigendes Uebereinkommen,»— doch zweifellos ist,daß es keim diese Interessents­" wahrendes Uebereinkommen getroffen hat oder treffen wird.Ueber die Interessenintereqm­an­chie ist zwischen Schuwaloff und Salisbury schwer­­lich ein­ Wort gefallen.Graf Andreissy hat,­wie er im Gegensatze zu den letzten­ offiziösen Ableug­­nungen zugestand,mit dem Petersburger Kabinet­­t über eine Separatabmachung verhandelt , aber Ruß­­­land hat nicht in all seine Forderungen gewilligt, und über die gemachten Zugeständnisse ist sein bindender Vertrag geschlossen worden. Das war die Wiederholung des Fehlers, an­­ welchem die Politik des Grafen Andrasfy von jeher gefrankt hat, nach seiner Geste hin entschieden, stets unverläßsig zu sein, weder mit, noch wider Rußland, weder für, noch gegen England zu gehen, nichts ein für alles mal fest zu sichern, Alles dor Zukunft zu überlas­­sen. Statt im Vorfrühling 1877 entweder den Krieg zu hindern, oder mit dem russischen Hofe bindende Vereinbarungen über Respektivung unser der Interessensphäre zu treffen, hat Graf Andrasy­fi mit allgem­ein gehaltenen Zusagen des Grafen begnügt, um ein Jahr darauf über russischen M­ortbruch zu jammeln. Statt entweder mit Ruß­­land oder mit England Verträge über eine Koope­­ration auf dem Kongresse zu fliegen, hat sich Graf Andraffy nirgends gebunden. Doc auch nirgends Unterftügung gesichert. So verderblich das Zusam­­mengehen mit Nußland ge­wesen, wäre, 10 könnte Dodd die Gelbstifah­rung der Monarchie noch ver­hängnißvoller werden. Sept sc­heint der Kongreß gesichert, aber­­ ist nicht Der Kongreß, den Graf Andrasiy erstrebt at; es ist ein Kongreß, auf welchem die Durce­wegung der britischen Forderungen gesichert, die Bewilligung auch der bescheidensten österreichische ungarischen Forderungen aber fraglich it. Die Intimität Frankreichs und Englands i­ That­­sache . Frankreich hätte sich um Englands willen vielleicht gegen Nußland gewendet, wird aber jeder Die heutige Rum­mer umgeht zwölf Seiten. Die Fenyvary’s. (Original-Feuilleton des ‚Neuen Bester Journal“.) Budapest, 31. Mai. Nun wohnen sie bereits seit drei Jahren in der Hauptstadt. Früher hatten sie fornlos auf ihrem unwohl­­bestellten Landgute gelebt und waren nur ab und zu in die nahegelegene­­ Provinzstadt gekommen, wenn man dort einen Kasino-Ball gab, oder wenn irgend ein Künstler aus der Hauptstadt sich zu einem Ball­­spiel hin verirrte. Die Familie, besag Alles, was zu einem stillen, glüclichen Leben gehört. Der Vater war ein tüchtiger Landwirt­ und wenn die weitausgedehn­­ten Gebreite des Gutes voll gold’ner Nehren mögten, dann schritt er ftolger denn ein König dur Die mannshohen Bauten, sah mit stillem Entzüden den weichen Traubenanfo an den GSüdlehnen der Wein­berge si) herrlich entwickeln und im benachbarten Fort Die jungen Waldfeglinge zu kräftigem Langholz sich entfalten. Fehlte auch zu seinem vollkommenen Glück ein Sohn und Stammhalter, so hatte er doch an sei­­nen drei Töchtern so viel und so mahlberechtigte Freude, daß er sich gern zufrieden gab. Die Frau des Hauses hatte wohl einen starren Hang zum Leben auf großem­ Fuß, konnte nur schwer vergessen, daß eine ihrer Bajen an einen Baron von Cänlavkry vermählt war, aber sie war trug Alledem ein herzensgutes Mesen und für das Wohl der Ihren eifrig bejorat. Da mit einem Male wurde das schöne Yami­­Liem­oyll durch ein anscheinend ganz geringfügiges Er­­eigniß grausam zerstört. Die gényvárya waren mit ihren Töchtern wieder einmal auf einem Lafinoball gewesen und hatten sich dort ganz herrlic amüsirt. Diesmal war aber der Glanz des Abends nicht mit dem Ballfeste zu Ende, er reichte viel weiter hinaus. ‚In einem hauptstäntischen Blatte, welches gern die Frauenwelt als sein eigentliches Lesepublikum betrach­­tet, waren Die Fényváry i den Fräulein als Königinen des Kafsinoballes verherrlicht, ihre Toiletten auf das Minutiöfeste getreulich geschildert und dem sehnlichen Wunde Augdrud gegeben worden, die „Orazien” möchten den hauptstädtischen Damenflor ständig­­ er­­gänzen, ihm­ neue herrliche Blüthen einflechten. Das war für die Frau ein Fingerzeig des Himmels. Wer durfte die armen Kinder länger in der Einöde ver­­schmagten lassen, wer sie ihrer eigentlichen Bestim­­mung­ entziehen, ihnen den Weg zum Glücke und zum Glanze versperren ? Es kam zu harten Kämpfen, bei welchen die Vernunftgründe des Vaters Sciffbruch litten, so daß er nachgeben mußte und seine Einwilli­­gung zur Webersiedelung in die Hauptstadt erz­wun­­gen wurde. ő » im ersten Jahre war es hier aber auch wirk­­lich prächtig. Die schöne Wohnung mit der Aussicht auf den Museumpark war ganz so möblich, wie bei den Béterváry 8, die Alles aus erster Wiener Duelle bezogen. An Gesellschaft fehlte es niemals. Es war bald bekannt geworden, daß bei den J­ényvárnya — die erst sei ihrem Namen, der von einer glänzenden Burg erzählt, gerecht wurden — stetd eine mehlbe­­fegte Tafel zu finden sei, und so kamen Die Verehrer bußendweise. Der erste Hausball fiel geradezu glän­­zend aus; man konnte sich kaum rühren und ganze Hefatomben von Braten und Badner­ murden ver­­tilgt. Mama fand ihre eigene Jugend wieder und wenn sie manchmal, von jungen Elegants umschwärmt, nur willkürlich einen Blick in den Spiegel warf, wenn sie sich in der Farett zugeschnittenen rauschenden Gelben­­tobe­ sah, flog ihr für einen Moment der Gedanke dur­ den Kopf, ihr Mann sei wirklich schon ganz grau. Und damit hatte sie gar nicht unrecht. Feny­­váry war in der That ganz merkwürdig gealtert und gebeugt. Der brave, aber nur zu schwache Man, englischrussischen Vereinbarung zustimmen. Italien­ athmete, konnte sich gar nicht Ddreinfinden, daß seine Behausung zum geräuschvollen Hotel geworden, im welchem ein Gast dem anderen die Klinge reichte. Dazu zeigte sein Budget ganz bedenliche Sym­ptome. Er hatte während seines Aufenthaltes in der Haupt­­stadt in einigen Monaten mehr gebraucht, als früher in Jahren, und wenn es so fortging, war sein baares Kapital bald erschöpft. Er wagte es gar nit, sich ein Bild der Zukunft auszumalen, in so düsteren Farben erschien ihm dieselbe. Wederdies hatte er nicht nur einen großen Theil seines Vermögens, son­­dern auch seine Familie verloren. Weder die Frau, noch die­ Töchter hatten Zeit, sich mit dem Papa zu beschäftigen. Die Pflichten der Welt gegenüber nah­­men sie vollständig in Anspruch. Arabella und Sduna die beiden älteren Töchter hatten diese voll­ Eringenden Namen statt der früheren, etwas zu ein­­fachen Bilma und Kosa angenommen — waren bes weite Salondamen von unverfälschter Hultur geworden und fanden die Bedenken des Vaters Kleinstädtisch und engherzig. Nur die jüngste, Marie, hatte nach ihre Herzensempfindungen in voller Thaufrishe bes­­­wahrt und hing mit den Banden zärtlichster Liebe an ihrem Vater.­­­­ Sie war ein bloldes, reizendes Gesdörf. Sie besaß eines von jenen Gesichtern, Die und, wenn wir ihnen Morgens begegnen, für Den ganzen Tag in seelenfreudige Stimmung verlegen. Aber was vers mochte sie, troß ihrer Dehnungt nach dem früheren einfachen Leben, gegen die Minjorität auszurichten ? Frau v. Fényváry fand, was der Ruhm ihres Hauses mit gigantischen Schritten sich dem Zenith nähere, maz ven ja in der Zeitung, die seinen Ball, sein Kränzchen vorübergehen läßt, ohne die Toiletten und Schönhei­­ten genau zu Haflifiziren, ihre Töchter bereits dreimal mit dem schmeichelhaften Epitheton bedacht : „wer June dessen find en umschattetes Haus früher stillen Frieden vergleichbar”! Kein Zweifel, die Zukunft mußte eine, ET "ou ««­« 7 . . 4­2% 9.1

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