Oedenburger Zeitung, 1877. März (Jahrgang 10, nr. 26-38)

1877-03-02 / nr. 26

" _Freitag, 2. März 1877. Das Blatt erleint jeden Mittwoch, Freitag u. Sonntag Pränumerations- Preise, für Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Vierteljährig 3 fl. Alte für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme v. Inseraten, Pränumerations- u. Jnfertiond­ Gebühren sind an die Viedaction portofrei einzusenden. I­X, Jahrgang. edenba­er Zei­t vormals „Wedenburger Nachrichten“.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Hortschritt zur Ehr’ — Betrüchten zur Wehr’ — Der Wahrheit eine Gaffe.“ Administration, Verlag, Expedition: Redaction: ur aoco: Bamlabrie 9 10, Sumiäbeina mom] Grabenrunde Mr. AZA. | Hotel „Bose“ Nr.19, 2. Stock. Einzelne Nummern kosten MAD Kreuzer. Nr. 26. | Inserate vermitteln : die Herren Hanfenstein , Bogler Baltfi­haalle 10, Wien, Bae. KH. Oppelit, I. Stu­­benpartei 2, Wien, Heinr. Sihaler, I. Singerstrasse 8, Wien. 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Und wahrlich, wenn wir uns die einzelnen Pha­­sen vergegenwärtigen, welche die orientalische Frage bis jegt durchgemacht, wenn wir der Soldjaleichläge ges­chenken, unter deren Wucht nicht zu erliegen Beweis genug von der Lebensfähigkeit der Zürfei war, wenn wir die drohende Haltung betrachten, welche Rußland seit dem Krimkriege eingenommen, wenn wir die von langer Hand geplante Aufwiegelung der Bosniaken und der Herzegowizen, die Verschiebung der Serben und Mon­­tenegriner, deren Niederlagen ja ebensoviele der Russen bedeuten, wenn wir all diese Indizien vor unserem Auge Revue passiren lassen, da drängt si und unwill­­kürlich die Frage auf: Wie lange noch soll dieser une heilvolle Zustand wahren ? Auf wann ist denn die Uhr gestelt, deren Ablauf das Signal sein sol zu jenem, „Krieg" genannten Massenmorde, der noch in seinem der vorhandenen Geiege seine Vergeltung findet, wann wird denn endlich jener fürchterlichen, aufzehrenden Unges­wißheit, die nun schon so lange ganz Europa in Athen hält, ein Ziel gejegt werden, ein Ziel, das ja doch nicht lange mehr hinauszuschieben geht? — Der mit Serbien und Montenegro einerseits und der Türkei andererseits abgeschlossene Waffenstillstand geht mit dem 28. d. M. zu Ende. Nach den gepfloge­­nen Verhandlungen­ hatte er allein Anschein, daß der Waffenstilltand einem, jedem der Pachirenden so drin­­gend nöthigen, Srieden Pla machen werde, umso mehr da das Korrespondenz- Bureau dieser Tage ein Tele­gramm brachte, demzufolge­­ zwischen dem serbischen Des­­­legirten und dem der Türkei, Safvet Pascha, ein vollständiges Einvernehmen erzielt worden­­ sei, und Fürst Milan an den Sultan ein Schreiben ride­ten werde, in welchem er die Friedendbedin­­gungen anzunehmen erklärt. Doc­h er wäre unverzeihlicher Optimismus, daran zu denken, doß durch den mit den Aufständischen geschlossenen Frieden ein Präservativ gefunden sei gegen einen Krieg mit Russ­land, der ja wie ein drohender Gespenst und Alle in Schreden jegt. Oier könnte man wirklich glauben, der weitläuf­­ige Apparat, den wir am Pruth fr ausbreiten und höchst bedrohliche Dimensionen annehmen sehen, wäre nur so „pour Y’honneur du drapeau” da und Ruß­land wolle Europa nur zeigen, welche Macht eb­ente falten könne, um dieselbe sodann wieder in die Kaser­­nen ziehen zu lassen? Ja, könnte man glauben, daß die Türkei selbst bei ihren deroufirten Finanzen so lange zuwarten könnte, biß er dem Grafen belieben werde, seine Armee über den Pruth marsc­iren zu lassen ? Schon gieng dur einig Zeitungen das Gerücht, die Zürfei würde, wenn Nubhland bis 1. Mai die Offensive nicht ergriffen, sich in die Nothwendigkeit verlegt sehen, ihrerseits eine Entscheidung herbeizufüh­­ren, und wir glauben, daß alle Umstände die Türkei dazu drängen­­ werden, aller Ungewißheit mit einem Schlage ein Ende zu machen. Wenn das englische Sabinet den ald zur Erpros­sung der in Aussicht gestellten Reformen in der Tür­kei geforderten Zeitraum von einem Jahre wirklich er­­wirken, wenn Nubland vermocht werden könnte, sich in Ehren zurückzuziehen, obwohl die mit seinen Inten­­tionen in vollständigster Disharmonie steht, wenn der­­ Türfei durch gesicherten Frieden nach Außen und durch voll­ommenste Ruhe im Innern Gelegenheit geboten würde, den Beweis zu erbringen, daß sie die ihr durch den Pariser Vertrag verbürgte Gleichstellung mit den übrigen Mächten au wirflich durch ein dem Anforde­rungen der Neuzeit entsprechendes Vorgehen — und damitift ja Alles gejagt­­— verdienen wolle: — dann wäre wol der Krieg auf ein Sahr verschoben, aber in sein Gemüth könnte die Beruhigung Eingang finden, das wir einer Gefahr entronnen, der schwer lastende Alp würde von seiner Brust genommen. Nach Verlauf des Prüfungsjahres würde Rußland „unter der zwin­­genden Macht der Verhältnisse* mit neuen Anforde­­rungen hervortreten, mit so geschraubten Anforderun­­gen, daß die Zürfei ihnen unter seiner Bedingung gerecht werden künnte. Wir ständen ‚dann wieder da, wo wir heute stehen, wir hätten nicht nur nicht‘ er­­reicht, sondern hätten sogar ein Jahr länger gebangt und gesorgt und müßten für die allernächste Zukunft einem Offensive Vorgehen eines der Streitenden ent­­gegensehen. Fragen wir nun, welche Rolle Oesterreich-Ungarn in dem bevorstehenden Zusammenstiche Rußlands mit der Türkei zu übernehmen berufen ist. In unserem eigenen, wohlverstandenstem S Interesse wird es sein, so lange den stummen Zuseher zu spielen, bis nicht die Ereignisse, denen wir und nicht entziehen können, die gewiß kommen werden, deren Intensität und Trags weite sich aber bislang an nicht annähernd bestim­men läßt, uns unseren Posten an­weilen. Unsere geographis­che Lage und die Sympathien eines großen Theiles unserer Bevölkerung zu den aufständischen „interessan­­ten“ Bölfern, die, wenn auch der­ Friede geschlosfen, dennoch seinen Augenblick zögern werden, si unter "Baterhead" Banner zu shaaren, sie erscheinen uns für den Verlauf des Krieges sehr von Bedeutung. Wie Midhat Pascha, über dessen Verbannung nur eine Stimme des größten Unwillens herricht, sagte, so wird, so muß es kommen. Nicht lange wird es dauern und öfterr­­ung. Unterthanen werden gegen den Türken die Art Schwingen,traurige Kosmo­politen in ihrer Art; denn, sind sie Desterreis her? Nein, sonst würden sie an ihrem häuslichen Herde bleiben ; find sie Rufen? Nein, denn sie wollen ein Slavenreich gründen; find sie Slaven? geuilleton. Milcfräulein. OOriginal-NRovele von Anton v. Duaglio. (Bortfegung.) Aber an Korpus hatte das Beginnen des bisher gehaßten Mannes wahrgenommen. Nicht so schnell, wie er gewünscht, war er auf dem glatten, vom Regen überspülten Beispfade vorwärts gekommen. Wohl flog ihm sein Blick voraus. Allein was dieser ihm fund gab, durchg= frampfte fast die Lähmung des kleinen, Schwacen Karpus Slieder. Völlig überzeugt, hab­ei ein Mordplan war, den Zenia ausgehebt und Iwan vorbereitet, hatte sein findiger Seift in währendem Vorwärtshajten auch bereits Art und Dreien dieses schändlichen Planes errathen. Ein Blid, den er auf Iwan zurückwarf, belehrte ihn vollends, Denn dessen Miene verrieth, dab nan der Augenblick der Katar­­trophe eingetreten sei. Für einen Moment legte sich da ein Schleier um Karpud’ Sinne. Doch mächtig arbeitete seine Seele, um si völlig aus den Banden übler Leidenschaft, ver»­ächtlicher Selbstliebe zu befreien. Marie hatte er — und zwar mit Bug und Recht — in dräuender Gefahr gewähnt. Denn an ihrer Geliebten Seite mußte sie dessen gräßli­ Schicsal theilen. Daß Kenia vor dieser GEoventualität nicht zurückgeschreckt, konnte Karpus feincd­­wend überraschen. Machte er doc, wie glühend — wenn au wohl verhehlt — seine Tante die Mädchen habte, seitdem er ihre Pläne für­ alle Zeit durchkreuzt! Wenn­­ auch Marie Sulowna dahin — um so besser, ihr Ver­­mögen fiel dann völlig dem Hause Setonoff zu! — Aber er,Karpus! Hatte denn die tiefe, leiden­ Schaftliche Liebe, die ihn zu feiner Gousine erfaßt, nicht sein Gemüth bereits geläutert von den Schladen des meinen Geld durftes ?! Ihe Befig allein konnte ihn bes lüden . .., an Andered hatte er nicht mehr gedacht seit manchem Tage . » , und nun sollte der verbrecherische "Wahnwip "seiner Tante ihm jede Hoffnung rauben, sollte das gelichte Mädchen selbst dem Tode überliefern . ! Bei diesem Gedanken war er, bis in die tiefste Seele erschüttert, fast zusammengebrochen. Aber er hatte fi muthig aufgerafft. Marie mußte ja gerettet werden ! Dur­ ihn ! Aber für wen ? — Einen Augenblick schlugen wieder die Bittiche der Eifersucht, des Hafses, der Rade gierde um sein fressendes Gehirn. Aber ein Lichter Strahl, wie draußen unter Gottes Himmel, fiel in seine Seele. Wenn Marie todt, brachy sein Herz! Dieß mußte auch brechen, wenn sie am Leben blieb, um einem Anderen anzugehören. So hatte er sie verloren, so wie so! Alein sie selbt, seine bessere Natur, die jählings zum Durchbruch gelangt. Konnte er wieder gewinnen, konnte er aus dem Abgrunde der Verzweiflung retten, wenn er die That der Entsagung übte. Und gerade weil es in seiner Macht stand, jegt, da er den Neben­­buhler allein seinem V­erderben überliefert sah, seine Rache ohne eigene Gefährdung zu befriedigen, fühlte er diese Schmerzen. Gerade, da er nur von ihm abhing, Marie den denkbar tiefsten Schmerz zu bereiten, befreite sie seine Liebe zu ihr von jedem selbstlschen, eigen­­nügigen Nebengefühle. Die Wahl zwischen Radhe und erhabener Selbstopferung stand bei ihm. Nach kurzem Kampfe war sie entschieden. Zum ersten Male fühlte er fest eine fteige, opfermuthige Entschloffenheit in seiner Seele; und über sie selbst, über alled Gemeine ers haben, kam ein fast überirdisches Behagen über ihn. — So war sein Entschluß gefaßt, Mariend Geliebten zu retten, noch ehe er der Unheilsstätte nahe genug bekom­­men war, um diesen Verlag ausführen zu können. — Da hörte er hinter sich Gregor’s Stimme. Herr von Babinaty schrieb die seltsame Haft, die wohl bes­terkbare Aufregung seines Freundes dessen kurz vorher no so unverhohlen kundgegebenem Racheverlangen zu. Er wollte ihn zurückhalten, auffordern, seine Leidenschaft noch zu mässigen. Und in der That holte er Korpus ein und begann, ihm in diesem Sinn zuzureden. Aber Setonoff vernahm kaum des Freundes Wors­te. Gewiß verstand er sie nit. Denn seine Seele lag in seinen Augen. Und diese fraßen si in die Dunkel­­heit des S Höhleneinganges ein, um dort zu entdecken, was er vermuthet, was das Verhängniß über Ferdinand heraufbeschwören sollte. ’ Dennoch wäre der kurze Aufenthalt, zu dem wie er den ji vergeblich Soßringenden zwang, für Graf Örström nur allzu leicht verderblt geworden. Der hatte währenddem seine Blide an die Dunkel­­heit genügsam gewöhnt, um die jüngst­een überschrit­­tene gletscherartige Eismasse zu gewähren, welche, steil abfallend, von der Oberwelt in die geheimnißvolle Tiefe hinabführt. Um diese wohl zwanzig Klafter hohe, auf einen gefrorenen See mündende Eisbölhung sind Stu­­fen gemeisselt und ein an der rechten Feldwand oben mittelst starren Gifen-Ringes befestigtes Tau leitet in die Höhle . In diese Schaute Ferdinand nun einige Augenblicke forschend hinab. Alles schien in demselben Zustande, wie unlängst noch. Dennoch hielt er es für gut, den Anderen voranzuschreiten. Marie, die an Kuno’d Geite, sich noch an dem malerischen und großartigen Anblickk der äußeren Höhlenformation und der erhabenen Bergg­estaltung ringsum weidete, hätte vielleicht wieder die Führung verlangen können. Und dem wollte ihr Gelieb­­ter doc vorbeugen. — So rief er Kuno zu, ihm mit seiner Braut um den Anderen zu folgen. Er wolle, größerer Sicherheit wegen vorangehen. Und Ferdinand umfahte mit fester Hand seinen Bergftod und wandte si der Höhle zu. In­­­iesem Augenblicke hatte sich Karpus seines Freundes erwehrt. Athemlos stürzte er der Höhlenmün­­dung zu, von deren dunklem Grunde si, heil von der Sonne bestrahlt, die edle Gestalt des Grafen Forström abhob. Allein Karpus’ hervorquellende Augen hatten sich auf einen anderen Gegenstand gerichtet. Er ah, was Ferdinand entgangen, hab das starre Tau nun lose in dem Ringe hing. Ein weiterer Hinblick, in verzeh­­render Angst gethan,­­belehrte ihn, daß dieser allein zum Anhalte bestimmte Strich unterhalb des Ringes durch­schnitten war und nur mit einigen Fasern noch zusam­­menhielt. E 8 gehörte die ganze Nervenüberreizung des Grafen Setonoff dazu, um seine Augen zu dieser, aller­­dings bereits vermutheten, Wahrnehmung zu befähigen. Er erkannte aber auch mit fast lähmendem Getrepen, da die erste kräftige Anspannung des Taues, von einer Halt, ruhenden Hand bewirkt, dasselbe zerreißen und den Unglücklichen, der fi daran kammerte, in die fins­­tere, eisige Tiefe schleudern mußte. (Schluß folgt.) ch f z a Rein San it ER a­uß en. b II As, ua Sur SSR

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