Oedenburger Zeitung, 1877. April (Jahrgang 10, nr. 39-51)

1877-04-01 / nr. 39

Sonntag, 1. April 1877. X, Jahrgang. Dedenburger Weihung, (Bormals „Vedendburger Nahridten‘.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, dann für sociale Interesen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Chr’ — Beprüskten zur Wehr’ — Der Ma­hrheit eine Gaffe.“ Das Blatt erscheint jeden Mittwoch, Freitag u. Sonntag. From­merations-FPreise. Administration, Verlag, Expedition: a Grabentunde Nr. 124. [Hotel „Rose“ Nr. 19, 2. Stock. Redaktion: Gür Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Vierteljährig 3 fl. Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahm­e v.Inferaten, BPränuneratione- u. Infertiond­­sehügren sind an die Medaction vortofrei einzusenden. | REN Einzelne Nummern offen LED Kreuzer. —— Nr. 39. | Inferate vermitteln: die Herren Haafenstein , Vogler Ballfi­hwalle 10, Wien, Budapest. X. Oppelil, I. Stu­­benpartei 2, Wien, Heinr. Schalek, 1. Singerstraffe 8, Wien. Insertions-Hebühr : 5 fr. für die alpaune 10 fr. für die zweispaltige 15 fr. für Die dreispaltige und 20 fr. für die durchlau­­fende Petitzeile exklusive der Stem­pelgebühr von 30 fr Angü­nfte in allen Richtungen werden bereitwillig fiertbeilt . Mit 1. April 1877 beginnt das 2. Quartal auf die „Dedenburger Zeitung“. (Früher „Derenburger Nachrichten“ ) Sn 8oco: vierteljährig 2 fl. 25 fl., halbjährig 4 fl. 50 fl., ganzjährig 9 fl. Auswärtige: vierteljährig 3 fl., halbjährig 6 fl., ganzjährig 12 fl. Gleichzeitig erlauben wir und zur Pränumeration auf die „Oedenburger Zeitung“ beflidhjt einzuladen Die P. T. Abonnenten, deren Pränumerationszeit mit Ende März abläuft, werden um rechtzeitige Erneuerung ihrer Pränumeration ersucht, wie auch in weiteren Kreisen um zahlreichen Abonnements = Bei­­tritt gebeten wird. « E.Nvmwalter, Verleger: Ernst Marbach, Redakteur. Die Natur ist erstanden ! Dedenburg, am Ostersonntag 1877. Abgeschlossen ist die düstere, rauhe Reihe der lan­ gen Winternächte, abgeschüttelt hat die Natur von ihren erhobenen Augenliedern den schweren Schlaf, der sie so lange gefangen hielt und die legtenwallenden Nebel sind verscheucht von den goldenen Strahlen der singen»­den Sonne, die Natur ist erstanden! Lieblich wie immer schmück sie, die Neuerstan« dene ihre beiden Kinder zum Auferstehungsfeste des Herrn. He und heiter künden die feierlichen Oloden- Hänge ihr „surrexit dominus“. Allein, trog Settes­­stimmung und Feierfleisd, trog Döfterei und Holannah, jubel will bei uns heuer die Freudigkeit doc nicht recht auffommen und wir bleiben leider ziemlich unempfäng»­lich gegen die herrlichen Cindrüde des BVerjüngungs­­werke um und, verschloffen selbst den auferbaulichen Namen eines frommen Glaubens, die und mit unwie­derstehlicher Gewalt sonst zur heiligen Dsterzeit zu er» fasfen pflegt. Die Ursache ist, daß wir mitten unter den Leiden einer perennirenden Kalamität, von welcer sein Gebiet des Staatlichen Lebens, sein Zweig der öffentlichen und­­ Privatwirtsschaft verschont geblieben, leben müssen, hab uns fortwährend alle Schredgespenst, die Kriegsgefahr, umlauert und und der Steuerbruch jeden Lebensmuth b­raucht. Noch vor wenig Jahren waren wir reich an Hoffnungen, starf im Glauben. Zwar bauten wir unsere Hoffnungen nicht auf „des Glaubens liebte Kind, das Wunder, aber auf die Kraft eines einheitlichen Willens, auf die Mach­t einer Nation, die leben, glücklich leben will. Seither sind aber Jahre in Kampf und Arbeit in's Land gegangen! Kein gültiges Geshhch hat sich unser erbarmt,sein freundlicher Sonnenstrahl uns beschienen. Schwerer als je lastet die wirtschhaftliche Krise auf dem ganzen Lande und­ vernichtet lang­­sam, aber sicher die legten Reste eines einstigen Wohl- Standes. Doch die Natur ist erstanden, vielleicht bringt und ihr Erwachen eine schönere Zeit; zu Ende ist ja die Epoche des Fastens, die bußfertigen Kasteiungen liegen bereits hinter und und der Char« woche stumme Trauer ist geschlosfen. Fröhliched Gloden«­geläute einhalten allerwegen, duftender Weihrauch steigt in geringelten Wollen zum Sirmament empor und in festlichen Ge­wändern zieht die fromme Beterihaar, ein Hofiannah auf den Lippen, zu dem heiligen Grabe, von dem ihr die freudige Kunde entgegentönt . Schrift ist erstanden ! Doch während der Mensch, während der Christ das Fest der Auferstehung, das einen so unendlichen Zauber ausübt auf das emigfindliche Gemüthle der Menschheit, auf das emwiggläubige der Christenheit, freudig begeht ; während allerwegen Bäume und Auen, Felder und Fluren in zartem Schude deö feutschen Lenzen prangen , während der Dorgelstrom helle erbraust und die Gloden jubilirend klingen, während die ewige­­ Triebkraft des Als ihr Wiedererwachen und die glau­­bigen Goldbewohner das Wiedererstehen ihres Erlösers feiern ; derweil hat der Ungar aus Gründen die wir oben ein wenig näher präcisirt haben, kein rechtes Theil an der allgemeinen Freudigkeit. Wohl grünen an ihm die Matten, auch ihm erjhallt auf den Zweigen­ des Frühlings Lobgesang, Orgel, Drometten und Zinten er­­tönen an ihm; auch in ihm fühlt si der Mensch der Christ, jugendlich erregt und gläubig bewegt zu dieser Suift; allein der Ungar in ihm geht — wie erwähnt — einher, mit verdüsterter Stirne und mit trübblidenden Augen, denn: Ungarn’s Mesjind ist noch nicht erstanden ! Schon lange ist­’8 leer, daß wir dem Osterfeste ein so sorgenbeladenes Gemüth entgegenbrachten ; schon lange ist’a ber, daß das Emporringen der Natur aus Naht zum Licht, vom Tode zum Leben jo wenig­e Ver­­trauen in unsere eigene licht- und lebensvolle Zukunft erwedte, daß die erwacende Triebfraft ringsumber so wenige Hoffnungsblüthen in unserer eigenen Brust eisprießen ließ. Schon oft hat die lichte und hoffnungslose Naht unheimlich über der Nation gebrütet, schon oft traf die schöne Osterzeit Ungarn’d Freiheitstaaten von den tüben Aluthen der Schwarzen Reaktion überschwemmt. Schon oft fragten zu folcher reift bebende Lippen und ruhende Herzen: „Kommt denn diesem Bolfe sein Er­­löser ? —- aber so Shmwache Zukunftöfaaten, wie wir sie heute unser nennen, so schüchterne Hoffnungsblüthen, wie sie­ heuer sich zeigen, haben wir schon lange nicht erlebt. Nun, vielleicht vertreibt denn doch eine günstige Strömung die Wolfen, welche unfern politischen, finans­zielen und socialen Horizont verbüttern. Aber­ leider heutzutage geschehen feine Wunder mehr. Keine Wun­­der mehr wie dasjenige, das sich an dem zur Erde be­­statteten Sesu von Nazareth vollzog, feine Wunder mehr wie jenes, daß der Gekreuzigte aufstieg zu lichten Him­­melssphären. Allein erneuert sich uns nicht alljährlich, alltäglich, alstundlich das Wunder von ewigem Werden und Wandeln? Wie schredlich und hoffnungslos dünk­­ten dem Menschen der Vorzeit die Winterstürme, die strömehemmenden Fröste, das immer Längerwerden der Nächte, und ein Wunder war es ihm, als die Tage immer länger wurden, als die Sonne immer wärmer schien, als südliche Lüfte wieder wehten über das Ger­­ilde. Wir wisfen von den unwandelbaren Gehegen der Welt und Völkergeschichte zur Stunde kaum mehr, als die armen Urmenschen von den Gefegen des stetd fich erneuernden AN’8; und wie jene in den grauen Dezembertagen das Ende aller Dinge nahe wähnten, so glauben auch wir in diesen trüben, grauen Zagen das Wergste und fürchten, das ergste erwarten zu müsssen. EEE SEEEEEESERRREEEREEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEBREEEEBEEEEEBEEEBESBRERNEEREEBENEERBETEEETNEETEEEREBEREBEBENEEERAEEEBEBENEBEREEBERERSEREEE Jeuillelon. Die Liebesabenteuer der schönen Denise. Aus dem Französischen von Alexander Fransl. (Fortlegung.) Endlich gelang er zu Verstand, suc­hte die Wunde welche in der Schulter vorhanden war, und bemühte sich das Blut zu fü­llen. Hierauf öffnete Denise ihre verglasten in die Luft starrenden gebrochenen Augen. — Meine Tochter!­nd­ meine Tochter verzeihte mir, schrie der unglückliche Vater, den Kopf zur Erde neigend. „Sustin. . . murmelte sie, wo ist mein Sus­­tin? . „ er ist nicht verwundet nicht war ?“ „— Nein“, sagte der Wilddieb, mit dumpfer Stimme, das fürchterlichste für ihn war, das häufige durchringende Aufschreien seiner Tochter, wenn sie aus einer Betäubung erwachte, in melde sie der Schmerz, die Abspannung ihrer schmerzenden Nerven geworfen. Sie schrie nach ZIustin, und wollte öfters von ihrem Lager aufspringen. Endlich gelang es dem M­ilddiebe seine Tochter zu besänftigen. — „Mein Bater­“, sprach sie mit heftiger An­­strengung, „ich verzeihe Ihnen alles, und­ ich bin glüc­­lich, ich leide wohl, habe ihn jedoch errettet“. ‚Ahh warum wartest Du dich vor ihn? ich wollte ja ihn, nicht aber Dich tödten“. — „Hätten Sie ihn getödtet mein Vater, so wäre ich auch gestorben“. — ‚Du liebst ihn also*, murmelte traurig der arme Mann. — „Ich liebe ihn, und mehr als mein eigenes Leben“. — ‚Und seit wann 9" — „ch weiß er nicht, er scheint mir, als hätte ich ihn immer geliebt, oh mein Zusting. — ‚Du hast mir verziehen nicht wahr mein Kind", sagte der Alte nach kurzer Pause. — — ,ob fragte ed Ihnen ja schon mein Vater und wiederhole ed nochmals, nur versichern Sie mir, daß Suftin nit verwundet wurde”. — „Du liebst ihn noch immer, wehe Deinem un­­glücklichen Vater". — ‚Sa noch immer — immer lieb ich ihn, nicht Zuftin ist es, der leidet“. — „Nun wohlan . . . wenn er es wäre....“ ‚Ich wiederhole es, hätten Sie ihn getroffen, wäre ich gestorben“. — „Ab Denije! Denije!, wie betrübst Du mich‘. — „Ich gehöre ihm an, er besigt mein Herz“. — „Verflucht sei der Tag, an welchem Du Zuftin zum erstenmale gesehen. — „Kränzen Sie mich nicht mein Vater, und jagen Sie vielmehr gelobt sei der Tag, denn ohne Zuftin, wäre ich nie glüclich*. — „Immer der Name!.. . immer !® — ,er gehört mir, ich aber ihm“, wiederholte das junge Mädchen. Denise bien von so vielem Sprechen ganz ers­cchöpft zu sein, sie schloß die Augen, der Kopf janf zur rüd, während ihre Lippen den Namen der Geliebten stammelten. — Zwei Monde waren Icon verstrichen,­­seitdem Denise Luffin zum erstenmal sah. Ich will ed in wenigen Worten erzählen, wie sich die Bekanntschaft zwischen den zwei Leuten ent­sponnen hat. Kaum brach die Nacht herein, als der Wilddieb schon seine Flinte nahm, und aus der Hütte eilte. Das junge Mädchen begleitetete ihn eine Weile, und als sie einen jungen Mann im Fägercostume um die Hütte herum erbliche, kehrte sie um, und ging eiligst nach Hause. Als sie sah, daß si der Unbekannte ihr näherte,­­ erröthete sie und neigte verwirrt den Kopf zu­ Boden. Als sie einander ziemlich nahe waren, sprach sie der junge Mann folgendermaßen an: — „Fräulein heute morgens trieb mich die Luft , jagen in den Wald, und indem ich ein Wild vers Folge verirrte ich mich, und während des Morgend strich ich in diesem Walde herum, ohne jedoch zu wife jen, wo ich bin. &8 scheint, ald wäre der Wald ver­­zaubert, ich, aber hier von einem unbekannten Zauber zurückgehalten. Ich habe furchtbaren Durst, zeigen Sie mir, ich bitte Sie, wo hier eine Duelle zu finden ist*. — ,68 ist Eine hier, antwortete Denise zitternd, ‚ich will Sie hinführen*‘. Der Fäger folgte ihr und bald waren sie zu einem kleinen Bache gelangt. Hier warf er sich auf die Knie, schöpfte mit der Hand aus dem Bache, und trant mit vollen Zügen. Das junge Mädchen betrachtete ihn, während er trant ; er war s hön, jung, und ein unbelanntes Gefühl ermächtigte sich ihrer. Als er seinen Durst gefüilt hatte und aufgestanden war, bedankte er sich, und sagte: — „As ich Sie bemerkte Ichwand Ichon al’ meine Furt, denn ich wußte, daß ich errettet werde. Sie find die Fee dieses Waldes nicht wahr ?“ Denise errethete und lächelte: — „Ich bin, sagte sie, ein armes Mädchen, und fühle mich glücklich Ihnen einen Dienst erwiesen zu haben“. — „Sie wohnen . . . allein... . hier ?" — „Mit meinem Vater“, antwortete sie. — „Sind Sie vielleicht in diesem Walde ger­boren ?" — „Da... und hier will ich auch sterben.“ — „Ach, das ist ja nicht möglich“, schrie der junge Mann. Eine kurze Pause trat ein. Er betrachtete sie, und auch sie wagte es, ihn anzusehen. Der Täger reichte ihr die Hand, und sie legte die ihrige in die feinige. — „Ihr Name?“ trug er mit gerührter Stimme. —­ „Denije.”

Next