Oedenburger Zeitung, 1877. Mai (Jahrgang 10, nr. 52-64)

1877-05-02 / nr. 52

Mittwoch, 2. Mai 1877. Et edanl X. Jahrgang. ner Zeilng, (vormals „Dedenburger Nachichten‘“.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für sociale Motto: „Dem Fortscritt zur Ehre! — Beprüften zur Wehr’ — Der Wahrheit eine Waffe.* Das Blatterjgeint jeden Mittwoch, Freitag u. Sonntag- Yräuumerations-Preise. ir & : Ganzik » · .­.. . \ . Biete ie a­er N­r G­ra­b­enrun­d­e Nr. « »Ach-konnt Dir-»Musik«-Itsqiihrlsukl.,patijähkiqcfl» sqektettshrtssihUnkfiiktqivltnhestim­ute Sensunseth unt­uiatbud­v..thiksten,Ptännmenkionisu.Infections­­seplihcen sind an die Redaction portofrei einzusenden. | Administration, Verlag, Expedition: Redaktion: 124. | Hotel „Rose“ Nr. 19, 2. Stock. | Inserate vermitteln : die Herren Hansenstein , Bapler a 10, Wien, Budapeh, A. Opyelit, I. Stu­­benpartei2, Wien, Heine, Schaler, 1. Singerstrafse 8, Wien. 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Im „wunderschönen Monat Mai,“ der gestern zum ersten Male die jähen Blumenaugen aufgeschlagen hat, inmitten der duftgeschwängerten Atmosphäre, in der sie die Wipfel der Blüthebaume, umschwirrt von den ges flügelten Sängern der Luft, so wonnig schaufeln , dringt leider wüster Kriegslärm bis an unser bangaufhorden­­des Ohr, blutige Wunden sind die Todesrosen die das felsige Gestein des Kaufasus röthen, und statt der lieb» lichen Singvöglein fliegen Slintenkugeln und Startätichen dur die blauen Lüfte und bededen mit den befragend» werthen Opfern empörender Groberungsiucht die auch« gebrannten Stätten, niedergebrannter und geplünderter Ortschaften. Der Mai sollte jegt allerwegen in sein Net treten und Schöne, Gedeihliched hervorbringen, die Keime sollte er entwidkeln, woraus und labende Frucht erwächst und Luft und Freude in das empfinds­ame Menschenherz aus reichem Füllhorn gießen. Aber statt­dessen wird das Bestehende vernichtet, Trauern und Jammer rings verbreitet und der­ wilde, männer» mordende Kampf schlachtet Hefatomben zu Ohren des rasenden Sm­egagottes, der Wohlgefallen findet an frisch vergossenem Vrenschenblute entsteigendem Dampfe. Der Menschenfreund aber steht weinend vor den aufgethürmes­ten, Leichenhügeln und sein schmerzumflorter Blid fragt: Darf eb denn sein? Geht Gewalt vor Necht? Bon Entscheidungsschlachten — meint dad „Pol. Witschl." dürfte im Wonnemonat Mai wahrscheinlich noch nicht viel die Pede sein. Die Donau ist breit und tief und wie engelgleich die Moskowiter in ihrem Proklamationen und Manifesten auch erscheinen, wie heilig sie auch ihren eigenen Darstellungen gemäß sein mögen : sie haben feine Flügel, um über den Strom zu fegen und sie müssen sich zu diesem Behufe der Brüden und Fähren und Kähne bedienen. Er wird da­­bei der schöne Lenz verstreichen müssen, ehe er den gegenwärtig in Rumänien einmarsch­enden Heeren ges­lingen dürfte, diesfei­d der Donau festen Fuß­ zu fassen und das wechselnde Kriegsglad am rechten Stromufer heraubzufordern, It aber die erste Entscheidungsschlacht geschlagen und war das Glüd den Waffen der Füge und der Heuchelei dabei hold, dann wird am goldenen Horn die Schwarze Fahne des Propheten entfaltet und nur die ganze islamiscsche Welt wird ein großes Beben geben. Nicht das Beben der Angst und der Sucht, sondern das Einhauern in heiliger Andacht. Auf dem Wüstenlande Arabiens versammeln dann die Sceils die wehrhaften, wohlberittenen Mannen ihres Stammes und die Beduinen vom Fuße und in den Schluchten des At­adgebirges schaaren sich um ihre faltenäugigen, weißbärtigen Häuptlinge. An den Ufern des Indus, des Ganges und der Melona erschallt hier auf der hunderttausendstimmige Ruf: „La illah !“ Die beiden Indien sammeln ihre Schäge und ihre Streiter und über die Hochebene Scans wälzt sich mit einem Male die ungeheuere Völkerwanderung, an deren Mög­­lichkeit unser Jahrhundert nicht gedacht. Egypten und Zunis senden bereits seit ihre ehernen Bataillone und ihre friegdtüchtigen Fahrzeuge und wenn erst die anderen Börfer Afrifa’8 und Afien’d, bei denen nichts höher gilt, als der Name des Propheten, die Kunde ver­nehmen, dab Mohameds schwarze Fahne wieder weht, dann Gnade den Welttheilen, denen die streitbare Welt des Islam lawinenartig entgegentritt. Rom ftilen Dean bis ans atlantische Meer! So weit dringt der­ Ruf de Islamd, so weit geht die Begeister­ung für Alab und dessen Erwählten und Millionen starre Arme sind es, die es auf diesen Ruf bewarnen, um zum Schuge der Schwarzen Fahne herbeizueilen. Und­­ diese Welt aus hundertjährigen Schlafe wieder weht zu haben, wird das unbestreitbare Berdienst des russischen Garen und seiner Helfershelfer sein. Ein traurige Berdienst, dessen Erwerbung ganz Europa entgegentreten hätte sallen, aber leider scheint der Kolo: Rußland noch immer, wie der Knecht ,Rupprecht in den Ammenmärden, Furcht und Schreden einzuflößen, man wagt es nicht ihm energisch Widerpart zu halten und da rum ent­­zündet er ungestraft den Weltbrand, denn, ac! Gewalt gehbt vors Recht. . Die Pforte weiß,welche ungeheure Macht der Sultan als Kalife aufbieten kann,aber sie weiß auch, daß die Türkei als europäische Macht,als das jüngste Land der Konstitution ihre Hilfstruppen nur in Euro­­pa suchen darf;sie wird sich daher nur schwer,nur im Nothfalle zu dem hochbedeutsamen Akte entschließen, dessen Folgenbeute Niemand berechnen kann,und nur nach erfolglosem Kämpfen wird sie das thun, wozu sie die Lündergier der Kosafen zwingt. Denn in dem Momente, da der Scheiful- Islam, der oberste Wächter­­ der Korangeboten, auf goldgeziertem Mufse durch die Straßen Stambuld einherreitet, das Banner, das einst ein Vorhang im Schlafgemach des Propheten gewesen, weithin sichtbar schwingend: in dem Momente ist es mit der Konstitution, mit der Gleichberechtigung aller Ditomanen, mit der Freiheit und mit all den Ideen, auf denen unsere Zivilisaion beruht, in den Pfortenlän­­dern auch und vorbei. Das ist dann der gewaltige Dshihad, der Krieg de Glaubens, in dem jeder Soldat den Tod sucht, während er den Tod dem Feinde bringt; er sucht den Tod, weil er, fast er im Schatten der Schwarzen Fahne, ruhmreich eingeht in die Pforten des siebenfachen Him­­mels, weil er dann als Scahid, als Märtyrer, zur Seite des Propheten figen darf, auf sonnengoldum­­strahlter Wolfe und weil ihn dann Seligkeit­­ pendende Houri’d einlufen in Wonne und Schlaf. Das ist der Krieg, den man die Pforte zu führen zwingt, ja m­ere bittli­ zwingt, denn der Graf hält eh an dem Spruche: „Gewalt geht vorrecht!” A­ngesichts dieser Thatsache, dab nämlich Ruhland die Gewalt, in die Stelle des Rechtes eingelegt hat, trägt unsere Rollevertretung in Budapest: Was für Ziele hat die österr..ung. Orientpolitif? und mit pn­EESEE » Jeuilleton. Der Liebesbrief. (Schuf.) „Dann werde ich ihm Alles erklären.“ „Um Gottes Willen nicht !” „aber warum nicht “" „Eine Frau darf ihren Mann niemald merken lassen, daß sie geeignet ist, Liebesbriefe zu empfangen. Von dem Augenblicke an erwachen in ihm alle eifersüch­­tigen Geister. Den ersten Brief hat sie zerrissen ! wird er sr jagen. Den zweiten wird sie aufheben ! den drit­­ten wird sie beantworten! den vierten... .“ „Ach, wie schlecht kennst Arthur! Seiner guten arglosen Seele liegt jedes Mißtrauen himmelfern !" „Um so weniger darfst Du ihm durch die Ente "hüllungen über Baron Bird den Beweis liefern, daß seine Arglosigkeit ihn einmal getäuscht hat. Das verbits­tert leicht.“ „Aber was soll ich machen ?“ „Mein Gott, in den nächsten Tagen kommt ja Deine Schwester, Comtesse Leonie, zu Du und mit ‚ diesem muthwilligen fleinen Wildfang wird Alles, was « Ich Brick heißt,aus Deiner Erinnerung herausgefegt werd­­en.«­... Aber leider hatte sich hierin die kluge Gräfin Holm kirrt.Kaum war Leonie einen Abend im Haus,als sie ihre Schwester fragte: .Kom­mt denn der Baron Brick nicht mehr zu —Euch?« ee A „Seit einiger Zeit nicht mehr­ antwortete Frau von Bronting sehr kurz. „Aber warum nicht ?“ „Meine Frau kann ihn schlechterdings nicht leiden,” erlärte Arthur. „Einen Grund hat sie nicht angeführt. Wer will gegen Frauenlaune kämpfen ?. Ja, ja, Leonie, so berr­hsüchtig wirst Du ebenfalls rein, wenn Du erst einen Mann haben wirst, der Dir jeden Willen tut !« Frau von DBronting führe ihren Gatten und er late. Nur Leonie schien ein wenig zu schmolen. 3ch werde also den Baron gar nicht zu sehen bekommen, während ich bei Euch bin ?* frug sie. eWahrscheinlich nicht.“ „Das ist aber Schade !* seufzte Leonie. „Was jagst Du da?“ trug Frau von Bronting rasch und betroffen. Leonie antwortete nicht mehr, sondern erröthete nur. Ei, das waren verdächtige Zeichen! Frau von DIOR fragte. Nach einer Weile dachte sie nicht mehr aran. Nach acht Tagen muhte sie daran denken. Arthur trat zu ihr ins Zimmer, ernster gestimmt, als gewöhnlich­. „Liebes Kind," begann er, " „gewöhnt, allen Deinen Launen Genüge zu thun, weil mir Deine Liebe nun einmal über alles geht, habe ich auch Deine Antis­pathie gegen Bridd nicht weiter bekämpft. Ach, unsere Freunde haben Recht, wenn sie ein verdrießliches Gesicht machen, sobald wir ihnen unsere­r Verheiratung mittheis­sen; sie kommen dabei zu kurz! Die Frauen sind in der Ehe wie Sehova: Sie wollen seine anderen Götter haben neben sich ... , gegenwärtig ist aber der Zeitpunkt genommen, wo Du Deine Antipathie entweder begrün­­den oder aufgeben mußt." — Arthur betonte das legte Wort scharf. „Muß ich, wirklich 2“ trug Srau_von Bronting verstimmt. „Allerdings, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil Herr von Bund bei mir heute schriftlich um Leonied Hand angehalten hat.“ ‚Frau von Bronzing Schnellte von Stuhl empor, wie eine Sprungfeder. „Bon Einer zur Andern! Wer­nigstens bleibt er in der Samille!“ dachte sie ironisch. „Und Leonie ?“ trug sie verstimmt. „Soweit ich nach vorsichtigem Sondiren urtheilen darf, it sie schlechterdings nicht abgeneigt.“ „Daraus kann nie etwad­ werden !“ erklärte Frau von Bronting mit vollster Entschiedenheit. „Aber warum nit? Herr von Brid nimmt in der Gesellschaft­ eine höchst geachtete Stellung ein.“ „Wohl möglich." ‚Sr ist zwar sein Genie, aber durch und dur tüchtig_ und ehrenhaft.* ‚Hahaba! lachte Frau von Bronting: „Sa, was hast Du nur ?* „Baron Brid bekommt niemald Leonied Hand, weil... “­... num, ed muß ja einmal heraus: „Weil... er ein Don Juan ist !“ Diesmal lachte Arthur. ‚Brid ein Don Juan!... Brid der ehrbarste von allen Baronen . .. der sprichwörtliche Tugendheld ! ..... Du verzeibst, aber das ist gar fo milch.“ „Möglich, Aber ich habe Beweise !" „Beweise “« „Einen Brief, dem­ ich von ihm bekommen habe.“ ‚Und den Du ihmj zurückgeschidt.* „Das weiht Du ?* „Allerdings. Ich best selbst, hat ihn mir zuglei fteßt.* e sogar den Brief, denn Brid mit seiner Werbung zuger ‚Und vermuthich Etwas von Reue, Zerknirckung, Jugendübermuth gestammelt...., wie ?* ‚Durchaus nicht.” „Dann also irgend eine andere Phrase ?* „Phrase ? Nein. Er beklagt st nur, daß Du ihn gar nicht geantwortet hast.* „Unerhört !“ „Da, warum thatest Du’ denn nicht ." _ „Auf solche Briefe erwidert man nur dann Etwas, man ein Sa antworten will." „Nun eben ein Sa hättest Du antworten sollen.“ „Lieber Arthur,“ entgegnete Frau von Bronting, nicht ohne Empörung. „Wenn dad ein Scherz sein soll, so habe ich seinen Ausdruch dafür. Oder der Baron müßte Dir denn einen andern Brief geschicht haben als mir.* « ,,Hier hast Du das cokpus dolioti.« Frau von­ Bronting warf einen flüchtigen Blick darauf und sagte dann : „&s ist derselbe — — nun und auf einen Brief sollte ich antworten, der­ mit fol­­gendem Sape anfängt: Gnädigste Frau! Da Ihr uns verhohlener Zorn mir gestern verhinderte, mein Ver­ständniß zu beendigen, so bleibt mir Nichts übrig, als ed Schriftlich zu wiederholen ... . Darauf sollte ich ant­­worten :" „Ich finde diese Bemerkung des Barond ganz logisch. Warum ließest Du ihn nicht ausreden ? Dann hätte er nicht zu schreiben brauchen !* ‚Auf einen Brief sollte ich antworten,” fuhr Frau von Bronting fort, „worin es heißt: Eben und und, wenn ERS 5 a RR

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