Oedenburger Zeitung, 1877. Mai (Jahrgang 10, nr. 52-64)

1877-05-02 / nr. 52

­ > müde­n «ein neuer Belustigungs-und Ers­quickungsort erössnet Mit heutigem Tage hat der Neuhofrestaurateur,mit Bewilligung des löblichen städt.Magistrates,am sogenannten»318arisch«beim Föksterhause,eine Restauration erössnet,wo man nebst Bier und Wein,kalten Speisen und auch Kaffee bei kommt.Es wurden zu diesem anmuthigen Platz wäh­­rend zweier Sommer bereits,lohne­nde­ Ausflüge gerich­­tet und mancherlei Vergnügunen daselbst veranstaltet, welche die Ueberzeugung versehnt haben,daß sich eben die gedachte Waldparthie vortrefflich zu Sommerfesten eignet,vorausgesetzt,daß daselbst auch für»Labung ge­­sorgt würde.Nun,Herr Lißt hat es übernommen die Ausflügler zu erquiden und ihnen, ebenso wie in unserem Neubesparte duch Berabreihung von geihmachvol zubereiteten warmen Speisen, am „Was rich“ mittelst guter Falter Kühe den Aufenthalt noch genußvoller zu machen. Die Waldbesucher wollen wir auf einen Umstand aufmerksam machen, der ihre Beachtung verdient: Der nächste Weg zur geschil­­derten neuen Nestauration wäre wohl von den „Unter­löwern“ links, dur den Hohlweg; da sich aber dies­­er schluchtartige Sahrweg, in einen so erbärmlichen Zustand befindet, hab man beim Paffiren desselben allenfalls einen Buß- oder Handbruch rissirt, so em­­pfiehlt fi jener weit mehr, der beim Hüterhaufe vor» bei, zum „Warifh“ führt und über den man auch in den schattigen Spangenwald gelangt. Obgleich die legt bezeichnete Route etwas steiler hinan leitet und was zum mühsamer für den Luftwandler ist, so gewährt sie doch den Vortheil einer sichereren Passage, da die andere Strafe — wie gejagt — fürmlich halbbrec­hend ist. * Män­nergesangverein „Lieder­­franz.“ Wie und aus sicherer Duelle zusommt, hat der Ausschuß dieses Vereines beschloffen: am 9. Mai d. h.in der Turnhalle eine Liedertafel zu veranstalten deren gesammteß Neinerträg­­niß zur ferneren Ausbildung des außerordentlich­ talent­begabten Konservatoristen Munczy junior Ver­­wendung findet. Der Beginn des Seltes ist auf 8 Uhr Abends festgestellt und wird die National-Musikkapelle des Hern Munczyny Lajod mitwirken. Nach beendig­­tem Programm eh gediegener Gesangs- und Musik­vorträge, findet auch ein Tanzvergnügen statt. Man gibt in der Hoffnung Hin, day in Aus­betracht des oft und vielmals bethätigten Wohlthätigkeits­­sinnes des Herr Munczy %ajos, bei den ver»­schiedensten Vorstellungen der Beluch ein zahlreicher sein­­ werde und sich namentlich die Vereine, deren Mitglied er ist, an dieser Veranstaltung zu betheiligen nicht ver» absäumen werden. Alles Nähere bringen die großen Anschlager Zettel. Wir können nicht unterlassen die echt kollegiale Munifizenz des Männergesangsvereines „Lieders franz* rühmlichst hervorzuheben, ed zeugt von edlem Sinne der aaderen Mitglieder, daß sie zu solcher Mühewaltung im I Interesse eines allerdings verdienst­­vollen Kunstjüngers zusammen wirken und in der un­­eigennügigsten Weise das heimische, musikalische Talent unterfrügen. Möge nur ja so m­enschenfreund­­liche Bestrebungen der gebührende Erfolg frönen ; es ist dies zu wünschen Namens der Tonkunst, welche in Munczy junior einen tüchtigen Vertreter seinerzeit finden wird und Namens des Bürgersinneß, der da am Grsprießlichsten fi manifestirt, wo er eintritt um einen aufstrebenden Mitbürger zur Entfaltung und Entwickklung seines ihm innewohnenden Genius zu verhelfen. * Abermals den Müttern zur War­nung. Wir haben schon wiederholt in diesen Blät­­tern unser Bedauern darüber aussprechen müssen, daß gewisse Mütter nicht genug vorsichtig bei Mederwachung ihrer Kinder zu Werke geben. Trog unserer die bezüglic­hen häufigen Mahnungen, kommen immer no Bälle von Unterlassung der pflichtgemäßen Obsorge vor. So hat sich erst wieder vor einigen Tagen am Grechenyi­­plaß ein betrübender Sal ereignet. Einer Magd wurde das 7jährige Kind ihrer Frau amvertraut; die Wärterin ging, wir wissen nicht aus welchem Grunde, inde in den Stall, worin ss drei Pferde befanden, da kam denn das Kind einem der Thiere zu nahe, das Pferd schlug aus und traf mit dem Hufe das arme Geschöpf so hart an den Kopf, daß demselben die Hirnschale eingeschlagen wurde. Natürlich fand sich sofort ärztliche Hilfe und gelang es dem Steilkünstler die Knocpensplitter sorgfältig von der verlegten Stelle zu entfernen, so dab sich das Kind verhältnißmäßig wohl befindet und vielleicht sogar am Leben zu erhalten sein wird. Diese Kür ist angesichts der schweren Wunde des reinen Patienten fast ein Wunder zu nennen, nur mal wenn man die furchtbaren Schmerzen in Betracht zieht, die das arme Kind erlitt, und im Falle der wirks­­­lichen Rettung desselben, wird es der Kunst des Arztes ebenso Ehre machen, wie es der Vorsehung zu danken sein wird, dab sie dort ihre himmlische Milde walten läßt, wo der Leichtsinn der Eltern ein Menschenleben den Zufällen preisgibt. * Hr. Michael Reiter aus MWandorf, verhei­­ratet, entfernte fi den 30. v. M. Morgens und wurde gestern den 1. Mai am Südbahngeleise unweit „Koln­­hof“ schwer verlegt aufgefunden. — Warsscheinlich legte er st in selbstmörderischer Absicht auf die Schienen. — Obere und untere Gliedmassen, Gesicht und Scopf wurden durch den Train arg verstümmelt. — Der Vers unglückte befindet sich gegenwärtig im allgemeinen Kranken«­­haufe in Pflege, sein Aufkommen ist jedoch se­hr zweit ® Eine musikalische Aufführung von­­ besonderer Bedeutung war die Sonntags in hiesiger Domkirdhe vom Herrn Kerner dirigirte D-moll-Messe den Horrad. Die Bewegung derselben war in Bezug auf Instenmentation vollkommen und die mitwirfenden Heren musikalischen Dilettanten Dedenburgs haben da­­bei erstaunlich geungene Leistungen auf ihren respektive Instrumenten gezeigt. Besonders sang Frau Corenz in erhebendster Weise das „Graduale”. Eine in der Kirche noch nicht gehörte Komposition de vorgenann­­ten Herrn Dirigenten war das „Offertorium“ in Es­­dur, dessen wahrhaft Schönen volalen Säge noch anregender gewirft haben würden, wenn nicht leider das­s Verhältniß der Tenorstimmen, zu jenen der Bäffe in so ferne ein ungünstiges gewesen wäre, all Guntere ein wenig zu schwach waren; doc leistete Herr v. Szobovits Mangvoller Tenor das Menschen möglich. An dem legt erwähnten „Offertorium“ — welces­­ alls­seitigen außerordentlichen Beifall fand — ist zu bemerken, daß dasselbe einfach der „Kirchenchor“ aus dem seinerzeit so verunglimpften „V­ermächtnis“ des Herrn Kerner ist, wobei nur & Marbach, einen neuen, der heiligen Handlung entsprechenden Wert der Komposition untergelegt­ hat. * Weber die erste „Satiniga-Vor­stellung Seitens der ungarischen Bühnengesellschaft des Hrn. Direk­ord Mannsberger für heute nur wenige Worte: Die Vorstellung übertraf weitaus unsere gehegten Erwartungen im besten Sinne des Aud­­druchs und? — jeden Vergleich mit den Lei­­stungen der Gesellschaft unsers deutschen Theaterdirek­­tor d­emn. Raul in der genannten Operette absi­eh­t« sich vermeidend, weil Paralellen dieser Art im­mer für den einen oder andern­n Theil tränsend sind — können wir Konstativen, daß die Aufnahme der vorgestrigen Aufführung von „Baliniga“ Seiten des über­­füllt gewesenen Hauses eine Äußerst ehrenvolle für Direktion und Mitglieder war. Nach dem ersten Alt wurde unaus­­gelegt so frenetiich Beifall gezolt, daß der Vorhang dreis mal in die Höhe gehen mußte. Auch später in dem weis­tern Aufzügen wurde viel applaudirt und besonders der Brau Abonyi in der Titelrolle die auszeich­­nendste Anerkennung zu Theil. Sie spielt aber auch die Parthie wahrhaft reizend und obgleich ihre Stimme nicht den erforderlichen Alt besigt, sondern ihre Lage für die Parthie der „Latiniga“ entschieden zu body ist, en doch auch gesanglic die Aufgabe habb­­eleit.­­ Frl. Laura Liptai ("Lidia") machte sich ihre Aufgabe dagegen ein wenig zu leicht, sie sang z. B. die schönste Nummer der Operette: „Die Friedens­­arier im 3. AM gar nicht und im beliebten Marsch­­tergett: „Vorwärts mit frischem Blut 20.” hielt sie den bewußten Ton, der almählig anschwellen und zu immer größerer Höhe übergeben muß, nicht an, sondern riß ihn dreimal ab; er fehlte also doch das zu oftmalige Athembolen die Verbindung und er kam nur stoßweise, wenn audy sonst ziemlich rein zur Gel­­tung. Wir lagen: „ziemlich“, denn einmal in den drei Wiederholungen, die von diesem Terzette auch diesmal wieder stürmisch verlangt wurden, Distonirte Frl. Liptai empfindlich. Gleichwohl wurde audy sie mit Beifall überspüttet, den sie übrigens im ersten und zweiten Afte redlich verdient hat. Herr Bvezy hielt sich als „Bolg“ in gesanglicher Beziehung ganz lobenswerth, allein im Spiel fehlte die lieben­­würdige Suffilance ded „Journalisten”, der whrk einen „MNeporterd“, dem er auch in der äußeren Er­­scheinung so wenig glich wie eine lahme Weberregung dem schwunghaften Originale. Ganz abfällig müffen wir und leider über Herrn Berenyi ale „Zazed Palha“ Äußern, er hat viel zu wenig Humor für dies­­en „Reformtürfen". Herrn Miless „Kantihusoff” war minder unvortheilhaft, einige Steifheit und Ver­fangenheit abgerechnet, spielte er den bärbeißigen „"es­neral" mit Maß, ohne alle Medertreibung im Allge­meinen zufriedenstellend, namentlich kam ihm seine kräf­­tige Stimme im Gesange recht gut zu Statten. Die Chöre und das Orcester hielten sich sehr mnwader und Herr Kapellmeister Müller kann ji mit dem schwels lenden Bemwußtsein tragen, durch Mühe und Geschid das Möglichste erreicht zu haben. Die Seraildamen sind etwas schwerfälig und auch zu wenig stimmber­­abt, geradezu verwerflich ist die ungeschlahte Prügels­­eene am Schluß des 2. Aktes gewesen. Gegen And»­stattung und "mise en scene" ist im Allgemeinen nicht8 einzuwenden : „Was möglich war, das that er: „Der Chef vom ungrischen Theater.“ E. M. * Das Repertoire für die näcsten Vorstel­­lungen wird uns wie folgt angegeben: Heute „Der stolze Bertram" das neueste Diol­sftüc mit Gesang dem renommirten ungarischen Dichter Szigligeti zum Benefize der Primadonna Frl. Laura Liptai. Morgen Donnerstag: „Sailer Sojef und die J­uden­­nonne“ - Charakterbild mit Gesang. Für Freitag sind „die beiden Wafsen“ in Vorbereitung. * Berhaftung eines Arztes. Wie die „Br. Mrg.Post“ berichtet wurde über NRequisition des Strafgerichtes in Preßsburg, vor einigen­­ Tagen der Wiener Arzt Dr. Alt durch das dortige Landesgericht verhaftet. Dr. Alt ist beschuldigt bei Militär-Befrei­­ungen unforiest zu Werke gegangen zu sein, indem er sich für Untauglichkeitäatteste bestechen ließ. * Aus DVersehen in unserer Druderei wurde in legter Nummer (vom Sonntag den 29. April) auf der dritten Blattseite der ganze Eingang unse­rerer Korrespondenz auß Gand wegge­lassen, der betreffende Rest des Auflages aber unter eine Notiz gestellt, welche die Medersgrift trug: „Eine Theatergründung“, und womit die Errichtung eines Schauspielhauses in Steinamanger gemeldet worden ist. Der gedachte —­ natürlich nicht von der Redaktion, sondern von dem betreffenden Seper ver« shuldete — unrichtige Stellung des Saped, konnte der minder bedachtsame Xejer zu der unerkwürdigen Mei­­nung verleitet werden, wir hätten in Absicht ihm glau­­ben zu machen, ed sei in Noggendorf (!) die deutsche Bühnengesellshaft des Herrn Direktors Benfe aus Wiener­ Neustadt zu einem Gastspiele eingetroffen ; daß ist nun selbstverständlich nicht der Fall, Sondern die genannte Künstlertruppe gastirt zur Zeit in Güns und beziehen si ahso die­cießfälligen Schilderungen auf die Günser Vorstellungen. Jener für uns höchst unliebsamer Weise weggebliebene Beginn des „außd Güns" und geschriebenen Artsfeld lautet: „Unser dortiger Hr. Korrespondent meldet, dach der Hr. Vicegespan des Gisenburger Comitates Ferdinand v. Chernel den Abgebrannten des in der Nähe liegenden Ortes Roggendorf, das zum Wiederaufbau ihrer Scheunen erforderliche Bauholz aus seinen Waldungen unent­­geltlich bewilligt habe. Auch die Günter Gpar­­fafja und eine Anzahl Privater hat sich vermittelt namhafter Geldspenden an diesem Wohlthätigkeitsakt betheiligt.”­ielhaft Neueste Nachrichten. Dedenburg, 1. Mai N-Migs. Bom Kriegsschauplage liegt mit Aus­nahme der Meldung von Gefechten in der Nähe von Batum, durch welche der Bormarsch der russischen Avantgarde aufgehalten wir, seinerzeit weitere Nachricht vor. Die Eins und Ausfahrt durch den Bos­­porus und die Dardanellen ist während der­­ Nacht absolut verboten. Ale Leichtthürme mit Ausnahme von zweien, an der Einfahrt des Bosporus und zweier Leichthürme in den Dardanellen werden ausgelöscht, doch können auch diese ausgelöscht werden. Die Pforte (alle diese Nachrichten stammen aus Konstantinopel) lehnt 8 ab den Shup ruffi­­her Unterthanen dur die deutschen Vertreter anzuerkennen. Die deutsche Re­­gierung soll hingegegen Protest erheben. Obwohl die Türkei das fernere Berbleiben ru­­­fischer Unterthanen in der Türkei nicht ge­statten will, erkannte Rußland da anstands» 108 das Verbleiben türkischer Unterthanen in Ruß­­land und die Vertretung derselben auch Eng­­land an. (Allerdings pflegen die N­uffen in fremden Lande zu fonspiriren, während der Zürre überall die Landesgehege respektirt. D. Red.) Berichte von Neffenden aus der Moldau er­zählen von Ausschreitungen verschiedener rusi­stisher Heeresabtheilungen gegenüber den Eingeborenen. Xrog der scharfen Befehle und Standrechts-Proklamationen requiriren (zu deutsch: rauben) die Kojalen in den Dörfern, wo sie durchziehen, was sie nur immer erwischen können. Entl­ießlich soll das Glend und der Mangel an Lebensmit­­teln in der Moldau befinden. Tageswenigkeiten. O Selbstmordb eines 13-jährigen Knaben. Der Schüler des Wiener Konservatoriums, Georg Balyok aus Budapest, ein Bruder der unga­­rischen Künstlerin gleichen Namens, hat sich am an Montag Vormittags in seiner Wohnung erhennt. Der Knabe war einer der talentvollsten Eleven des Konser­­vatoriums. Er hatte das Schulgeld für mehrere Mo­­nate, das ihm von Hause geschicdt worden war, verbraucht. An demselben Tage sollte seine Mutter ankommen und die Verzweiflung des Knaben über den begangenen Leicht­­sinn war so groß, daß er, um den zu erwartenden Vor­­würfen zu entgehen, es vorzog, seinem Leben ein Ende zu machen. Kurz nach eingenommenem Stübstüd kam sein Zimmergenosse, ein Mediziner, abermals nach Hause, fand aber die Thüre versperrt. Da auf die Zurufe seine Antwort erfolgte, wurde die Thüre gesprengt. Man fand den Knaben am Senfterkreuze hängend. Alle angestellten Wiederbelebungsversuche erwiesen fs als erfolglos. Dynamitexplosion im Waggon. In einem Eisenbahnzuge erplodirte befanntliy am 22. v. M. bei Nola in Unter-Italien eine Kiste mit Zündstoffen. Der Waggon wurde auseinander gerissen, der Zug­führer und ein Kondukteur verloren dabei das Leben. Wie der in Neapel erscheinende „Pungolo“ bes richtet, ereignete fi der Unglückstal bei der Station Gancelo in der Provinz Laferta. In einem Lastwagen des Zuges befand er eine von Turin kommende und an einen Eisenbahnbau - Unternehmer Neri in Sciafra adressirte Kiste, welche der Angabe nach Dui­caillettes waaren enthalten sollte, in Wirklicheit aber Dynamit für Sprengarbeiten enthielt, der sich entzündete. « Literatur. — Daß und vorliegende zwölfte Heft des laufenden Jahrgangs von „Ueber Land und Meer“ (Stuttgart, Verlag von Eduard Hallberger) bietet bei dem so billigen Preise von nur­ 50 Pfennig der Ins­teressanten und Unterhaltenden wieder die Külle und machen wir unsere Leser auf nachfolgende Inhaltsan­­gabe des obigen Heftes besonders aufmerksam ; dasselbe enthält an­­ Tert: Nitter oder Dame. Hiftoriihe Novelle von Gregor Samarow. — Spinoza. Gedenkblatt zum «---«:«k.« RE Z

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