Oedenburger Zeitung, 1877. Juni (Jahrgang 10, nr. 65-77)

1877-06-01 / nr. 65

T ligd seriöser MutterJ Frau heine,­welche in lehter Wintersaisonunter tut-Direktion Raul so viele wahr­­haft künstlerische Leistungen gehot­en hat und daher entschieden zu den alerbesten Mitgliedern der Bühnengesellsschaft gehörte. In­folge der für Schaus­­pieler immer minder günstigen Sommerzeit, namentlich aber in gegenwärtiger, den Theatern im Allgemeinen sehr ungünstigen Epoche, ist es leider der braven Künst­­lerin nicht gelungen ein annehmbares Engagement bis zum Herbste zu finden. Da nun Stan Heinke für unsere nächste deutsche Saison wieder engagirt worden ist, so hat sie es vorgezogen, statt sich inzwischen wo­anders hin zu wenden und sich unnöthige Neije ausla­­gen zu machen, lieber gleich in unserer Stadt zu ver­­bleiben, also es ihrem Talente und nicht minder ih­ sem überaus gewinnenden Wesen gelungen ist, fr­es­­tige Gönner und Freunde zu erwerben. Frau Heinke ft aber auf ihre eigenen sehr bescheidenen Mitteln inge­wiesen um die eigene und die Exiflenz ihrer­ nicht ver Kunftwelt angehörenden Zochter biß zum Herbste­r reiften und bittet daher das ihr freundlich gesinnte verehrliche Publikum von Oedenburg ihr gütigst Unt­errichtsstunden im Fotopiano zusammen affen zu wollen. Namentlich macht sich Frau Heinze mnbeib­ig jungen Damen und Kindern in möglichst­urzer Zeit und zu den billigsten Bedingun­en die Anfangsgründe des Stlavierspieles, oder auch bereite musikalischen gebildeten Schüler und Schülerin­­nen die Höhere Ausbildung im Bortepiano beizu­­ringen. Man würde der mehrgenannten, gewiß ver­denftvolen und rüdsichtswürdigen Schauspielerin, welche momentan auf den Erwerb durch Musikunterricht erkränft ist, eine große Grleithyterung ihre Rage bereis­en, wenn man von ihrem obigen Offerte recht ausgieb­igen Gebrauch zu machen die Güte haben wollte und k­önnen wir für die Gründlichkeit der Theorie ihres Plavierspieles, so wie für die leichte Faßlichkeit ihrer Interrichtsmethode ebenso bürgen, wie für die unge­öhnliche Liebenswürdigkeit ihrer Umgangsformen, wo a­uch sie ganz besonders empfohlen wird, bürgen. Gez­weigte Anträge wollen an Brau Heinke, gräflich 5 Szöchen giltes Haus, Theatergasse Nr. 3 zu ebener Erde gerichtet werden. . * Meber Tel. Jäger, von welcher es hielt, aß dieselbe einige Gastvorstellungen in Triest zu eben beabsichtigt und welche Künstlerin si bis zum 6. Mai unter der Leitung des Herrn van Hell in Pola befand, seien wir, daß sie ihr Zeit in Pola­bgebrochen habe, um mit Herin van Hell ‚theater»Gesellschaft nach Laiba­ch zu ziehen. Allein zu ihren der in Pola erschienenen Reichsrathsabgeordneten­eranstaltete die Gesellschaft am 27. Mai noch eine Vorstellung. So wurde­­ Arronge’s „Mein Leopold“ zur Vorstellung gebracht. Tags darauf erfolgte der Aufbruch an Laibad­­lung für Kinder-Rettungswesen die Medaille erhalten und weitere, das Baron Todesco dem Bereine gestern 1000 fl. gewidmet habe. In nicht minder body- herziger Weise gedachte der Reichstagsabgeordnete Djumba des Vereins, der demselben seine gesammten Reicherath­-Diäten aus diesem Jahre zur Verfügung stellte. @5 Sprachen noch der Direktor der Anstalt, Her Hübner, Professor Dr. Luftlandl im Nas­men des niederösterreichischen Landesausschusses, der den­ Berein, welcher das G Schönste auf seine Fahne geschrie­­ben, beglückwünschte. Ein kurzer Choral der Anstalts­­zöglinge und ein dreimaliges Hof auf den Landesfür­­sten beendete die eigentliche Feier. Inzwischen wurde die Unterhaltung an dem Zijhe, der die offiziellen Persönlichkeiten vereinigte, immer reger und set hier einer kleinen Episode gedacht. Bizer Bürgermeister Dr. Nemwald machte auf eine seltene geographische eigen­­thümlichkeit Zillingsdorf aufmerk­sam. Der Ort befin­­det sich bereits zum Teil auf transleithaniischem Bo­­den, d. h. jenseits der eitha, gehört, aber wo zu Gis­­leithanien. „Das muß wahr sein,“ erwiderte der Bür­­germeister von Zillingsdorf, nachdem sich ihm Dr. Ne­wald, Eh­ebürgermeister der Reichshauptstadt Wien, als „Kollega“ vorgestellt hatte, „und wir haben schon Briefe und Aufforderungen vom Oedenburger Komitat genug bekommen, ob mer nicht zu Ungarn gehen möchten. Immer hat’s da g’heien, wenn mer ungrisch werden wollten, wären weniger Steuern zu zahlen. Aber so dumm jan mer nöt, daß mer denen aufn Leim gehen“. Diese Antwort rief lebhafte Zu­­stimmung hervor. Schließlich erhob fr der Bürger­meister von Zillingsdorf zu einem Teiifspruce, der darin gipfelte, dab Zilingsdorf, so lange er stehe, ein so schönes Zelt nicht gesehen habe. Tagesneuigkeiten. © Keine Trammway in Baden. Sicherem jernehmen aus Baden nach, werden dort nicht die ge»­ngsten Baranstalten zur Wieder-Einführung der Tramw­ay getroffen, wonach ed allen Grnffes sceint, das die» % angenehme OBerfehremittel im Sommer 1877 aufs Ort. Hierdurg werden ale Illusionen und Hoffnungen er bereits sehr “gering angemeldeten Kurgäste zerstört " der stärkere Besuch des Kurortes ist vielfältig in Stage stellt." —eX Postraub. Im der Nacht vom 23. auf den 4. Mai wurde der nach Roglar verkehrende Postwagen, ebner die Geld und Briefpakete vom Bahnhofe zum hoftamte beförderte, von drei bewaffneten Individuen ngehalten und beraubt. Der Kutscher wurde unter der Drohung, daß er sonst sofort erschoffen werde, gezwung­t, die Postfäce den Räubern zu übergeben. Mit Ausn­ahme der Geldpakete mit einem Inhalte von 4500 fl.­urde bald nach verübtem Haube die ganze Postsendung­­ der Nähe des Thatorted gefunden. Der Herr Stuhl« ter­ieh die Spur der Räuber am frühen Morgen folgen, Panduren jegten denselben bis Skördshegy« 3antöd und sodann über den Plattensee bid Balaton» üred nach, wo die Strolche au erwischt wurden. Dnem Z Telegrammme zufolge wurde auch die gesammte raubte Baum­haft vorgefunden. Um die Spanner oder Winkelraupen zu vertilgen,­­ war folgendes Mittel erprobt: Man grabe einen ftar­­n Ameisenhaufen, besonders von den großen Walda­meisen, aus, schütte ihn in einen offenen Sad und iage ihn an einen Ast­ des leidenden Baumes auf, indem man zuvor den Stamm mit einem Theerbande­nwunden hat. Die Ameisen verbreiten si bald auf­m ganzen Baume und da sie durch das Theerband gehalten werden, nach unten zu entfliehen, so fallen­­ über die Raupen und Eier her und tödten sie in jungen Tagen. « In Zillingsdorf hart an der ungaris­­gen Grenze, nährt Wr.»Neustadt, eröffnete der Verein t Wiener S Kinderfreunde fürzlich sein zweites Famil­ihaus für arme, verlassene Kinder. Ein Separatzug achte ungefähr hundert Wiener Gäste auf der Wiens Ottendorfer Südbahnlinie nach Unter-Eggendorf, von­­ aus Zillingsdorf bald erreicht war. Die Eröff­­ungsfeierlichkeit begann mit einer kurzen Ansprache : Der eind Präsidenten Dr. Ludwig Fürth, der in jungen Worten die Bedeutung der F­amilienhäuser Weinanderlegte. . Er machte die Mittheilung, dab das : j Neueste Nachrichten. Dedenburg, 30. Mai 1877 NM. Die Möglichkeit einer Entreppe zwischen un­­sern König, dem Kaiser Franz Josef und dem Grafen ist nicht ausgeschlossen. Neuerdings nennt man Hermannstadt als den Ort der Zusammenkunft. Der Kriegsminister Graf Bylandt ist von Karlsbad nach Wien zurückgekührt. Man behauptet nun, Bylandt sei „berufen“ worden, und es handle ich um militärische Maßnahmen zur Be­dinigung der Grenzen und strikten Durchführung der Neutralität. Der Gang der russischen Kriegführung wird durch das Sengen und Niederbrennen vereinzelter Oruidhafe­ten an der Küste dur­ die Türken nicht berührt ; eben­­so wenig nur die vergeblich versuchte Aufwiegelung einzelner Stämme im Kaukasus. Diese türkischen Sind­surrestiondversuche könnten leicht an der Donau Ge­genzüge hervorrufen. Rußland verzichtet jedoch auf sol­­che Hilfsmittel; es ist vielmehr bemüht, dort, wo wie in Serbien Alles zum Stiege drängt, von der Theile­nahme abzurathen. Rußland wird in jedem alle jene Einte des Verhaltens innehalten, die­ die Revolution nicht wachhruft. Der frühere Gouverneur von Zuluicha, Ssmail­ Bey, der Theilnahme an der Sofia-Kundgebung bein­­zichtigt wurde am Sonnabend verhaftet und nach Brufja verbannt. Bezüglich der Wiedereinnahme Ardahans durch die Türken ist mit Ausnahme der gemeldeten Depesche des Gouverneurs von Lazistan seine weitere Nachricht eingelaufen. Dem Übernehmen nach ist die Kom­mentration mehrerer tausend Mann­linientruppen in Oedenburg auf den Monat August vertagt. — Aus der Frauenwelt. 5. Bon Robert Schneidel. Am goldnen Horn. Bor Nuredin Aga. 4. Toilette und Bäder. Schluß. — Briefmappe. — Frauen-Gedenk» tage. — Berner folgende Ilustrationen: Caroline Doebbelin. Nach 9. B. Tischbein. — Im Englis­chen Garten zu München. Bon $.Shider — Auch der Frauenwelt. Bon Erdmann Wagner. — Kapiolani, Königin der Sandwiche-Inseln. — Etelfa Berster. Moden Zeitung. Die neuesten Nummern der Illustrirten Grauen­ Zeitung (vierteljährlicher Abonnements­­preis M. 2,50) enthalten: , I, Die Moden-N­um­­mer (17): Gesellschafte,, Reit und Hausanzüge, hohe und aufgeschnittene Taillen, Paletots und Dreieck» tücher, Zunilas, Unterfleider in Prinzeßform, Hüte, Granaten, Kragen und Mandetten, Taitentücher und Sonnenschirm » Behang. Paletots und Hüte für Meine Mädchen. Jahresfleidchen, Schürzen, Matrosenkragen, verschiedene Unterrede, Corjets, Untertaillen, Beinfleider, Hemden und Strümpfe. Reife-Utensilien, Kragenschachtel, Korbtaibe, Schreib- oder Sammelmappe, Schupdede, Efsbrett, Briefmarkenkästchen, Erker mit reichem Gardi­­nene und Portieren-Arrangement, Kleeblatt,Tisc­hen und Gartenstühle mit Kreuzstichfticherei auf Leinemand nebst verschiedenen Mustern, gebäfelte und geflöppelte Spipen, Ginfäge und Spigen in Tülldurc­hzug 2c. 20, mit 78 Abbildungen , dazu eine Beilage mit 22 Mustern für Filet, Ouipure, Spipenarbeit und Giiderei auf Zul mit Mullauflage, 3 Arrangements zu Gardinen und Nouleaur, ferner 10 Schnittmustern, 2 Aufwinden zu geflöppelten Spigen, verschiedenen Mustervorzeichnun­­gen, Namendchrifren und 2 Alphabeten. II. Die Un­­terh­altungs-Nummer (18): Die Lumpenköni­­gin. Bon Marie von Dlfers. Fortlegung. — Jugend»­lieder. Bon Emanuel Seibel. 3.4 — Bom alten Berliner Theater. Eine Skizze von George Hiltl. — Ningsdorfer Familienhaus in der Brüsseler Ausstel­ . Im Englischen Garten zu München. Bon K.A.Regner. Korrespondenz. Budapest, 28. Mai 1877. Eine Interpellation. — Das Stadtwäldchen und die Hiefen­­schlange. — Theaters Novitäten. — Bilante Eroquie. — .... Die Beiertage sind nun vorüber, das Wetter hat es daher für gut befunden, nachdem es be+­ten­d genug Verheerungen angerichtet wieder seine bes­­sere Seite zu zeigen und lädt nun die Sonne mit und ein wenig Kofett­ren, wie lange diese Liebesäugerei dauern wird, dann jegt wo Niemand sagen, hoffen wir immerhin das Bette, denn es wäre endlich i­on an der Zeit die Regengüte denen wir außgejeßt sind, Ein» halt zu thun, es sind bereits genug Sommerwirt be fradyen gegangen und genug Familien im Güden un­­sere Baterlanded am Bettelstabe gebracht worden, eine Interpellation an das Wetter dürfte daher bald an die Zagedordnung kommen. XZrog der nun bereits und zulächelnden Sonne und milde Temperatur ist das Sommertheater dennoch leer, wie überhaupt das ganze Stadtwäldchen, sonst der Lieblingsort der Budapester, seitdem die „Riefenschlange“ aus den Thiergärten ents­chhwunden, bekam das hiesige Publikum eine förmliche Surdht, die hoffentlich nun befeitigt, da dieselbe nun wieder gefunden wurde. Die Posse „Der Löwe des Tages“ von Wilsen hätte einen besseren Besuch verdient. Die Handlung des­ Stüdes besteht­ in den vielen Mitverständnissen die duch die absichtliche oder unabsichtliche Verwechslung von Namen entstehen können. Den drastischen Mittel­­punkt aller übermüthigen Situationen bildet der Hüb­­neraugenoperateur, der von aller Welt für einen gefei­­erten Schriftsteller gehalten wird und sie mit vielem Behagen in diese Rolle jchtet. — Neben dem Hühner­­augensDperateur läuft ein Doctor Calenberger dur dad Stüd, der dur das Verlangen beseelt ist, sich für eine schlechte Recension an den besagten Schriftsteller mit Hilfe von mehreren Stöden ausgiebige Satisfak­­tion zu verschaffen. ’ Die komischen Konflicte, die si daraus ergeben, daß die Prügel in Folge der reichlichen Namensverwechslung fortwährend an die unrichtige Adresse zu gelangen drohen u.­­. w. kann si wohl jeder Leser selbst ausmalen. Gespielt wurde die Posje auf das Aser vortrefflichste. Herr Girardi war als literarischer Hühneraugenoperateur von unwiederstehlicher fomischer Wirkung, was ihm um so höher zur Ehre gereicht, da er nicht mit starren Uebertreibungen operirte, sondern fd nach Möglichkeit auf, humoristische Charakteristik beschränkte. Datselbe gilt dem „Dallenberger“, dem Herrn Rofinger, und der „Lida” ded Frl. Stauber! Fein. Ruge sollte si, besser Fleiden, ıc. Groß war heute besser als gewöhnlich. — Herr Stelzer von der „romi­­schen Oper" in Wien und Frl. Leeb wurden für das Sommertheater engagirt. — Im Nationaltheater singt Bianca Donadio, wäh­rend das Bolfotheater mit der Operette „Blotte Bur­­sche“ und dem Moliersschen Lustspiel „Der hölzerne Doctor“ sein Repertoir erweiterte. Für demnächst steht in Aussicht das Volksstück „Der Rothhaarige“ von Lu­­fach. — Das Ofner Sommertheater hat mit „Bati­­niga” ein Zugftück gefunden, Ausstattung und Ind jeeni­ung waren eminent, nur hätte Direktor Geröfy die Umarbeitung des Stücks bleiben lassen sollen, denn in der neuen Safjung hat die Handlung seinen Sinn. Fran Geröfy hat als „Bladimir* Proben ihres schönen Talentes abgelegt, ihre Simme und ihr Spiel sind gleich vortrefflich. — Herr Dobochányi ist ein guter Komiker, ebenso Herr Szigligethi. Der „Golz“ des Heren Balloge lieb vieled zu wünschen übrig, Herr Sep ist ein Schauspieler ohne jedwede Befähigung und hoffen, wir, daß die Direction nicht ermangeln wird diese Stelle durch einen Würdigeren vertreten zu lassen. Nächstens solen, die Posse „Die Softat in Budapest“ und die Operette­ „Bledermaus“ von I. Strauß, in Scene gehen. — Zum Schluffe no ein heitered qui pro quo, ein junger Gavalier hatte schon seit längerer Zeit ein Verhältniß mit einer schönen Dame angeknüpft und der Auserkorene dieser Schönen machte ihr täglich Besuche. Seit einiger Zeit wurde aber benannte Dame durch einem anderen jungen D­anne ‚molestirt, der ihr in langen Liebesbriefen seine Liebe gestand und schließlich sogar Besuche abstatten wollte. Um si diesen Frede­ling vom Halse zu­­ haften ordnete sie ihren Gruben­­fägchen an, daß sobald ein Herz sümmt, sie ihm nur die Thüre weifen sol;— nebenbei sei bemerkt, daß das Stubenmädchen neu im Hause war und den richtigen jungen Manne von dem Spredling nicht unterscheiden konnte.­ Zum Unglücke „kam der „außersehene“ der Dame und die natürliche Folge war, daß das Stuben­­mädchen ihm zur Thüre hinauswarf und als derselbe ihr Aufklärungen geben wollte, sie ihm mit Schimpf­­worten überhäufte. Unter Cavalier ging endlich fort und schrieb nun an die Schöne, dah jedes Verhältni zwischen Beide gelöst sei. Die Dame gerieth außer _

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