Oedenburger Zeitung, 1877. Juli (Jahrgang 10, nr. 78-91)

1877-07-01 / nr. 78

T s­­. —..»-x-:-«-). !.«.., . ? Sonntag, 1. Juli 1877. Ss ey - = a 2 en Bu ee « Das blaue­ scheint jeder sitz von Ihren-stuzommup Pränumerations-Preise, für Loco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fl. 50 fl., Vierteljährig 2 fl. 25! ge Monatl­ 1 fl. Für Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Viere­rjährig 3 fl. Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme v.Inseraten, Pränumeration,« u. Infertiond­­gebupren sind an die Viedaction portofrei einzusenden, X. Jahrgang, Gedenk­mgerzei Gormatø,,Oedenburger Nachrichten«.­ Ergatt fürzpokitin­,«,sandek,Industrie und Landwirt­tschaft dann für soziale Interessen überh­aupt Motiv:»Dein Fortschritt suk Chr’-Bedrückten zur Webk’—Der Wahr bei­ eine Gasse.« — Nedartion: Idminifitation,Mkrlag,Exp­dition: Grabenrunde Nn 121.Hotel»Ro­e«Nr.49,2stock Einzelne Nummern foften aA ® Kreuzer. I Inferate vermitteln : die Herren Haarenstein , Vogler Ballin­hagniie 10, Wien, Buchstrkı A. Oppelit, 1.Gru­­benpartei 2, Wien, Leinr. Sähaler, 1. Singerstraffe 8, Wien. Snfertions­gedäß 1 , 5 fr. für die einspaltige, 10 fr. fü­r die zweispaltige 15 fr. für die dreispaltige und 20 fr. i­ die durchlau­­­fende Petitzeile ekflusive der Stempelgebühr von 30 fr. Auskünfte in allen Richtungen werden bereitwillig fiertheilt Mit 1. Juli 1877 beginnt das 3. Quartal auf die „Sedenburger Zeitung.“ (Früher „Oedenburger Nachrichten“.) In &occ. vierteljährig 2 fl.,25 fl., halbjährig 4 #1. 50 Er., ganzjährig 9 fl. Auswärtige: vierteljährig 3 fl., halbjährig 6 fl., ganzjährig 12 fl. Gleichzeitig erlauben wir und zur Pränumeration auf die „Oedenburger Zeitung“ höflichst einzuladen Die P. T. Abonnenten, deren Pränumerationszeit mit Ende Juni abläuft, werden um rechtzeitige Erneuerung ihrer Pränumeration ersucht, wie alle in weiteren reisen um zahlreichen Abonnements = Bei­­tritt gebeten wird. E. Rommalter, Ernst Marbach, Nevdakteur. Verleger. FEZETTETELETERPIEN EEE TEUER ET Nr.78. „Ich bitte sehr, ich bin schon engagirt !” Oedenburg, am 30. Juni 1877. Unwillführlih fast und der obencitirte Mefrain, des bekannten gleichnamigen Gedichtes ein, wenn man die Haltung der weitaus größeren Theile unsers Reicherathes, angesichts der legten Disentdebatte ein wenig näher in’d Auge faßt. Viele ihrer nämlich dürf­ten diesen Ausspruch thun, wenn man sie partout zu Zarfenfeinden machen wollte. Da bat ein Mitglied unsers geießgebenden Körpers, Herr v. Kallay beiht der Mann, im ungarischen Abgeordnetenhause geradezu behauptet — und mnerkwürdiger Weise fand er doch nur wenig entschiedenen Widerspruch — die Türkei müsse „in Spanien gehen, da Ruhland den Befig von Konstantinopel bereits seit tausend (!) Jahren ans­­trebt. Abgesehen nun davon,dab unserd Wissens noch vor fünfhundert Fahren (und wir haben auch ein Hein wenig Beschichte studirt) gar fein zarenreich bestand, so glauben wir, daß Neukland doch nicht so ganz allein mit den Türken einfachh tabula rasa werde machen können und wir denken, wenn ed etwa und — unter dem Versprechen und den Broden „Bosnien“ hin­­werfen zu wollen — zum Aufräumen einladen sollte, denn doch Graf Andrasfy antworten dürfte: ich bitte fehb, ich bin schon engagirt. Gleichwohl wundert “g8 und bei der doch ausger­sprochenen tursophilen Gemüthebeschaffenheit der unga­­rischen Nation, hab man Heren Kallay, den ges­wesenen General, Consul von Serbien, so ruhig und unangefochten Ansichten entwickeln ließ, welche auf nichts Geringeres abzielen, al bereit die Theilung der zwar noch nicht unterlegenen, aber von Kallay schon als volkommen zu Boden geworfen betrachteten Zürfel vorzunehmen. In das nicht eine modernisirte Auflage der Fabel, vom Pelzverlauf ded wo nicht er­­legten Bären ? Noch aber wehrt si) der gehiepte Türke mit Zähnen und Tagen und wenn er endlich auch gar der Leber» macht, der erfahreneren “ Kriegsfunft der Auffen die Waffen streben müßte, wir in Deflerreihe Ungarn und ebene „Sohn Bull” der eifersüchtige Wächter und Ver­­fechter großbrittaniischer Interessen, dürften den Kallag'­­den raffenfreundlichen Gefühlen und an­erionistischen Belleitüten doch kaum ein willfähriges Werkzeug werden wollen, denn — namentlich England — sagt gewiß, wenn er sieht das Nubland, doch die Niederwerfung der Türkei, den gesammten europäischen Seehandeld zu bemächtigen fie­anschiet, mit allen Nachdrud: „da kann ich nit mit von der Parthie sein; —ich bitte jeh, ich bin Showengagirt! Man mag die Rede Kallay'd auffaffen wie man will, sie ist purer, Elarer, unverhüllter und unverblümter ‚Panslavismus“ und für inbürgerung solcher Theorien bedanken wir und Ungarn höflic. Die aber, welche alle M Wortführer im ungarischen Parlamente Tendenzen verfolgen, welche unsere vater­­ländischen Interessen schnurftradsch zuwiderlaufen, sind politische Jesuiten. Sie geben sich dem Anschein des Patriotismus, verblüffen mitunter durch rhetorisch sehr gelungene Reden einen Theil ihrer Hörer, aber die Hebertölpelten — welche den Syrenenrufen folgen — wissen nicht, daß sie Tystematisch zur Felonie an das Intereffe des­­ Vaterlandes verführt worden sind. Sesuiten gibt es eben überall und im jeder Sesellschaftsschichte, sie brauchen nicht eben Sänger­­ogolaß zu sein. So wie die Nachkommenm­aels auf dem ganzen Erdbau zerstreut sind,und überall die Sitten und Ges­bräuche des Landes annehmen,ebenso zerstreut sind die Jesuiten der menschlichen Gesellschaft Es gibt keine Kathegorie sozialer Individuen die nicht ihre Jesuiten aufzuweisen hätte. Der hohe Adel,die Geistlichkeit,der Bürgerstand, alle haben ihre Jesuiten,ja in neuester Zeit gibt e­sw­­ar unter den Bauern Jesuiten.Warum also nicht auch in der Politik. Der Jesuit trägt immer ein freundliches Gesicht zur Schau, er drüht und warm die Hand, bezaubert uns dur feine Lentseligkeit, entzüdt und durch seine Zuverkommenheit, verblüfft und durch seine Redekunft. Er schimpft mit unsern Gegner, um fünf Minu­­ten später mit diesen über und im gleichen Sinne zu sprecgen. Der Zefuit der menschlichen Gesellschaft ist der leibhaftige Mephisto, nur daß man bei ihm selten den Pferdefuß bemerkt. Noch nie hat ein Mensch einen Zefuiten dieser Sorte in seiner wahren Pflalt gesehen, denn er bes­eigt eine ungewöhnliche Geschiclichkeit in der Kunst der Herstellung. Und eben dad ist es, was ihn so gefährlich macht. Auf sein freundliches Gesicht bauend, auf seine gleiches­liihen Worte hörend, läßt man der seine früheren rich­ lan Bi­ ­ » / Jeuilleton. Verlorene Jugend. Eine Kriminalgeschichte aus dem Englischen. (Bortjehung.) „Iegt nicht, meine Theure, jept nicht!“ entgegnete Alfred, sie mit festem Griffe zurückhaltend. „Sie können ihm jet von feinem Nugen sein, im Gegentheil, Ihre Erscheinung würde ihn jegt nur Nachtheil bringen. Ich habe einen Brief für ihn zurückgelassen, der ihm sagt, welchen Weg wir eingeschlagen haben, damit er und so shnell alle möglich folge. Unterwegs will ich Ihnen Alles erklären, aber jede Minute, die wir hier länger zögern, kann und verderblich werden. Kommen Sie!“ Er sprach zu einer Zeblosen. Helene war in eine­­ tiefe Ohnmacht gejungen, die sie für alle äußeren Gin»­drüce unempfindlich machte. Froh über diesen Umstand, der seinen Absichten zu Hülfe kam, als er schon daran zu verzweifeln begann, daß er sie durch Heberredung dahin bringen werde, ihm zu folgen, hob er das bewußte­­ Iote Mädchen auf, trug es in den wartenden Wagen und verfolgte den Weg nach Dover mit jener rasenden Schnelligkeit, die in England mit vier­­ Boftpferden möglich ist. Am Morgen langten sie dort an. Helene war kaum wieder zum Bewußtsein gekommen und hatte noch­ nicht völlige Besinnung erlangt. Bast unempfindlich hörte sie deshalb Alfreds Bitte an, sich einige Stunden Ruhe zu gönnen, während er ausgehen wolle, um sich zu erkundigen, ob ihr Vater schon angekommen sei. Alfred Burns, talentvoll, geistreich und gebildet, war unter den seine Geburt begleitenden Verhältnissen­­ ohne Aufsicht, sich selbst und seinen wilden Neigungen “überlassen, aufgewachsen. Brühzeitig schon mit Ausschweif­fungen jeder Art bekannt und nicht im Befige der er­­forderlichen Mittel, um die Kosten eines so ungebunder­nen und luzuriösen Lebens zu bestreiten, war er aus Stundtag, nicht aus Leidenschaft, ein Spieler geworden, dod heißt, ein systematischer Spieler, der planmäßig nach Gewinn strebte. Welche Folgen ein solches Treiben haben mußte, ist leicht zu ermessen. Er liebte Helenen wahrhaft, denn sein Herz, oes gleich verdorben durch ungünstige Verhältnisse und schlechte Erziehung, war von Natur nicht unempfänglich für das Gelere. Er liebte sie, aber durfte nicht die entfernteste Hoffnung hegen, jemald die Einwilligung ihres Vaters zu seiner Verbindung mit ihr zu erlangen, da, sobald er als Bewerber um Helen und Hand auftrat, der Bas­ter nothwendig Nachforschungen zu veranlassen hatte, deren Ergebnis seine Hoffnungen für immer vernichten mußten. Sir William Howard haßte er, denn obgleich der unwürdige Baronet ihm am inneren und Äußeren Raben weit nachstand, was Alfred recht wohl wußte, gaben ihm dennoch seine Stellung im Leben und seine übrigen Verhältnisse ein Webergewicht,­­ wenigstend bei Helenends Mutter, und vielleicht al bei ihrem Vater. Er rächte si an ihm dadurch, daß er den lin«­lischen Freier bei der jungen Dame läcerlich machte; allein dies besserte weder seine eigenen Verhältnise, noch trug er dazu bei, ihm Helen und Hand zu sichern. Anhaltender Unglück und einige unangenehme Entdeckungen am Spieltushe trieben ihn endlich zur Verzweiflung. Er hatte zu erwarten, daß in wenigen Tagen Dinge über ihn bekannt würden, die ihn für immer aus jeder anständigen Gesellschaft verbannen mußs­ten, selbst aus den Kreisen seines gewönlichen Umgangs. Während seines Aufenthaltes in Paris war er öf­­ter bei geseßwidrigen Unternehmungen betheiligt gemer­den, die wenn sie bekannt geworden wären, ihn mit Schande beladen hätten. Noch ein fühner Streich sollte ihm jegt Neihthum und den Besiß des einzigen Wer jens verschaffen, das er jemand wahrhaft geliebt hatte. Helen und scherzende Bemerkungen über Sir Hor­wards sonderbare Handschrift, hatten plöglich den Ge­­danken bei ihm erweckt, sie als Mittel zur Ausführung seines verbrecherischen Planes zu bewugen. Er besaß nicht genügende Geschiclichkeit der Hand, um die Fälschung auszuführen, allein er glaubte, Helene werde die Schrift genau nachzeichnen können. Als er ihr jedoch nicht ge­lang und sie mit dem Papier zu ihrem Baler eilte, vere­infachte ihm die Furcht endtet zu werden, oder wenige frend Verdacht zu erwecken, jene heftige Aufregung die ihn alle Herrschaft über fich verlieren ließ und Helenen und deren Mutter so sehr erschreckt. Dennoch behielt er er in jenem Augenblicke Fassung genug, um den Umstand, daß Lepterer in ihren Beh­ürzung das Papier achtloch bei Lets­te geworfen hatte, zu benugen und es unbemerkt einzus­­techen, während er in sceinbarer Verwirrung seinen Hut suchte. Sobald die Signatur in seinem Refige war, füllte er den freien Raum des Papiers mit einem Kreditbriefe auf seinen Namen für eine ungeheure Summe an ei­­nen Bankier in Paris aus. Wenn er die Zahlung dies­­er Summe erheben wollte, ehe die Fal­­ung entdeckt wurde, so war fast übermenschliche Schnelligkeit nöthig ; allein er konnte er nicht über sich gewinnen, ohne He= Ienen abzureisen, da ihr Befig der Hauptzweck­keiner verbrecherischen Handlung war. Als er sie in Dover verlieh, begab er sich an den Hafen, um die Vorbereitungen zur MWederfahrt nach Frankreich zu treffen. Das Dampfboot sollte um jed8 Uhr absegeln. Sept war ed vier Hör, und die zwei Stunden welche bis dahin verstreichen mußten, erschienen dem unglücklichen Verbrecher wie eine Ewigkeit, während deren fi­che Vorstelungen alles Deffen, was geschehen war und noch geschehen konnte, wie jähredende Gespen­­ster um ihn drängten. Er hoffte, das Helene während seiner Abwesenheit schlafen werde, und dab­ei, wenn Alles bereit sei, nur mit ihr nach dem Hafen zu eilen und dort unter dem Vorgeben dab ihr Vater bereits an Bord sei, das Dampffboot zu besteigen habe ; er hoffe­te ferner, daß die Liebe diese Täuschung verzeihen und daß die londoner Polizeibeamten in ihrer Verfolgung weniger eifrig als gewöhnlich in solchen Bällen sein

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