Oedenburger Zeitung, 1877. Juli (Jahrgang 10, nr. 78-91)

1877-07-01 / nr. 78

c? E­­E. er stiegen denn die Wellen der Unterhaltung body und immer höher, man lachte der Witterungsunbilden und ergegte sich an „Weib“, „Wein und — nein“am „Belange“ nicht (denn zum Singen war sein geeigneter PL­$ vor­handen) wohl aber an den Tomgemälden der ausger­zeichneten Militärmusik und schließlich fam es gar zu einem Tänzchen, das für die junge Welt den Gipfelpunkt der Gryöglichkeit bildete. Die Passagiere, welche mit den Zügen von Steinamanger und Wien untern Bahnhof pallirten, werden sich weidlich gewun­­dert haben über die vielen gepagten Menscen, das heitere Gewühl am Bahnhof und den Melodieenströmen, welche die Luft erfüllten. Sie haben gewiß, wenn sie zur nächtlichen Weiterfahrt ihre Köpfe auf die Wagen­­polster legten, füße räume von Dedenburg mitges­nommen. Träume voll Harmonie und reizender Mäd­­chen angesichter, denn der Rauch der puffenden Kofomos­tive umgab beim V­orüberbrausen so liebliche Frauen­­bilder wie die geflügelten Egelölöpfe, welche, von Wolfen umgeben, häufig auf heiligen Gemälden zu finden sind. Die eigentliche Abhaltung der „Sommer­­liedertafel“ de­s Oedenburger Männergesangs­­vereind" unter Mitwirkung des hiesigen Damengesangs­vereind und der in vorliegender Skizze mehr genannten, Militäre Kapelle ist auf den nächsten Mittwoc­hen 4. Juli verschoben worden. Möge ihr nun diemal auch der Himmel hold sein. * Geschäftsveränderung. Nur mehr als 16 Jahre hat Herr Karl Genthon den Deden­­burger ®ourmands das Leben versüßt, denn feine Zuder­­bädereien, Konfetturen, Bonbons und Gefrorene genos­­sen nicht bloß in unserer Stadt, sondern auch in wei­­teren Kreisen ein wohlverdientes, günstiges Renommee. Gern verweilten unsere eleganten Damen in seinem immer komfortable ja sogar mit einem gewissen Luxus eingerichteten Gonditorei-Salon und liefen sich die sü­­ßen Erzeugniße seiner Kunst wohl fchmeden. Mithin füllte Herr Genthon als reeller und zeitlicher Ges­chäftsmann seinen Plan auf das Beste aus. Aber nicht allein in legterer Eigenschaft, auch als Mensch, Staats­­bürger und wohlbestallter Hausbesiger steht Herr Benthon in allgemeiner Achtung. Man trägt seine Diederfeit, seinen menschenfreundlien Sinn und seine echtbürgerlich rechtschaffene Gesinnung. Warum wir hieß, was doc ganz Dedenburg weiß, hier wieder­holen? Aus dem Grunde, weil Herr Genthon seit etwa 14 Tagen sein Zuderbädereigeschäft niedergelegt hat, um sich in das Privatleben zurück zu ziehen und da glauben wir ihm diese kleine Nachrede, mit Hinweis auf seine langjährige, ehrenvolle Thätigkeit schuldig zu sein. Herr Genthon wird natürlich nach wie vor in unserer Mitte bleiben und hat nur seine Konditorei an Heren Gustav Sei­p abgetreten. Dieser sein Nachfolger ist ein praktisch erfahrener Zuderbäder, (geborener Ungar) er­ hat bei der weltberühmten Firma „Christof Deml’s Shrine“ in Wien durch viele Jahre fonditionirt und sich in allen Zweigen der Zuderbäderzunft die tüchtigsten Kenntnisse erworben. Herr Genthon rühmt ihn als ebenso verfirt in seinen Face, wie alle reell und vertrauungswürdig in seinen bürgerlichen Eigens­chaften. In der That, macht der noch junge, stattliche Mann den günstigsten Eindruck und sein höfliches, zu« vorkommende Wesen, die Eleganz seines Geschäfts- Iofales (Grabenrunde 93) und besonders die Güte seiner Sabritate werden ihm gewiß bald eine ebenso zahlreiche Kundschaft erwerben, wie sie sein Herr V­ors gänger genoß. Herr Sei wird neben alle Arten von Iuditoreiwaaren auc Liqueure, Früchteneis, Chofoladen und Thee­terviren, sowie Bestellungen von auswärts auf das prompteste effertuiren und auf Wunsc­hreden­­zen bei Bällen, Hochzeiten 2c. besorgen. * Für W­irtiche und Haush­altungen empfehlen si in jeniger heißer Saison die bereits praf­­til bewährten gutkonstruirten Giötäften, worin sich jeder Artikel nur lange Zeit frü­g erhalten läht. Be­­sondere Seldhwaaren, Fleisch aller Art und Getränke ge­­winnen in diesen Apparaten eine eisige Früihe und sind daher vor dem Verderben dauernd geshüßt. Wir können daher nur Jedermann rathen der in unserem heutigen Inseratentheile anoneirten Birma „S. Gottlieb" (Praterstraße 33. in Wien) seine Aufmerksamkeit zuzus wenden, da daselbst derlei Eisfalten in allen Größen und zu den billigsten Preisen vorräthig sind. In militärischen Kreisen wird die neueste Suspek­­­iondsreife des­rzherzogd Alprecht dahin fomentirt, dab die militärische Bereitschaft, über welche seit Kurzem so viel gesprochen und dementirt wird, de facto bereits im Zuge ist, sie aber allerdings in so bescheidenen Dis­mensionen bewege, daß bis auf etwaige Mannschafts­­und Nementenergänzungen weder inberufungen, noch außerordentliche Auslagen erforderlich sind. Es wird eben nur Alles in den Stand gesegt, um zu raschen Dislozirungen, eventuell Konzentrirungen schreiten zu können. Youh sind die Maßnahmen feine solchen, daß sie besonderer faiserlicher Entschließungen bedürfen. So meldet der „Petter Loyd.* Nun wären wir endlich ge­nügend auf die Mobilisirung “vorbereitet.“ Aus Kleinasien wird vom „Zewin telegraphirt: Heute Morgens (Mittwoch) um 7 Uhr griffen 16.000 Ruffen mit 24 Geschügen die türkische Stellung bei Zewin an, in welcher 10.000 Mann mit 8 Geschügen standen. Am Mittag wurde das Gefecht ernst, die Kar­­onade und das Gewehrfeuer wurde sehr heftig. Die Ruffen griffen mit großer Bravour die vorzüglich vers­chanzte türkische Position an, erlitten aber ungeheure Verluste, nahezu 3000 Mann, und wurden nach Sonnene­intergang in Unordnung zurückgeworfen. Der Tag en­­dete mit dem vollständigen Nachzuge der Nuffen. Die Türken unter dem Kommando Feizt Palcha’s hatten nur unbedeutende Verluste, nämlich 500 Mann. Der Bali von Erzerum war bei der Schlacht anwesend. Ich habe die ganze Schlacht im Feuer mitgemacht. Seit sechs Tagen bin ic ununterbrochen zu Pferde, deshalb kann ich den detaillierten Bericht über die Schlachten vom 21. und 25. Juni erst heute absenden. Der türkische Sieg ist auf der ganzen Lien­e vollständig. Der russische linke Flügel wird durch Mushtar und Schangyre bei Seidej­­fan cerntrt. Bajazid hat capitulirt. Heueste Nachrichten. Dedenburg, den 30. Juni 1877. Korrespondenz. Bad Heinz bei Kehbhely, den 25. uni 1877. Auf Urlaub. — Eine Er.Gräfin. — Zwei Eheleute. — Eine Verwechslung. — Unsere Theaser. — Aus Budapest. Ermüdet und ermattet von den Strapazen des Winters bat ich von meiner Redaktion um einen Ur­­laub, der mir nach langem Bitten gewährt wurde und so sehen Sie mich plöglich von Budapest nach einem Badeort verseßt. Sreilic­ werde ich nicht lange hier verweilen, immerhin aber genügend Zeit, Ihnen meinen lieben Betern Neues und Piquantes, daß ich vernehme, wieder zu erzählen. Der zahlreiche Besuc­­her bereits jegt hier ist, die elegante Gesellschaft läht für den Plauderer wenig Interessantes erkennen, jene Dame 3. D­­ich hörte sie wäre einst sehr arm aber besto schöner gewesen, ein junger Graf habe sichy verliebt in sie und sie geheiratet, bald drehte sich die Sache aber, sie wurde haßlich und rei, der Graf war froh sie gegen eine große Summe von ihr scheiden zu lassen und nun lebt die Er-Gräfin von ihrer Rente die sie ih in einer angenehmen Stunde erwirthschaftet. Solche und ähnliche Geschöpfe treiben fi fter dort herum, wo die Aristocratie it, sie wissen si duch elegante Manieren beliebt zu machen, werfen ihre Wege nach allen Seiten aus, bis endlich einer an der Angel bleibt, denn sie dann gehörig seines Vermögens ent­­äußern, es ist Ddieß ein Möbelb­and aller Kurorte und man wird sie daher nicht wundern, wenn auch hier solche Grsheinungen auftauchen. — Männer vertreiben si die Zeit durch das politisiren, 7 Türkenfreunde sind hier beinahe alle, einige machen natürlicherweise eine Ausnahme, denn Opposition muß dody sein! Opposition war ed an, das in der legten Woche hier ein junges Mädchen heirathete, die Eltern dieses Mädchens leben nämlich nicht zusammen und dasselbe hat fr verliebt in einen reichen jungen Mann, die Mutter ärgerte sich gräßlich über diese­ Berhältung und auch der Vater war nicht sehr erbaut von dieser Mefal­ane, doch um seiner von ihm geschiedenen Frau Aergernis zu bereiten, willigte er in die Heirath ein und machte das Paar glücklich! Eine komische Episode erzählte mir eine schöne Dame die vor meiner Ankunft bieher, passirt fein fol. — Die Baronin R. langte hier an und nahm ein Zimmer auf mit ihrem Sohne, leider befigt benannte Baronin, fein besonders gut Gedächtuig und die k­­olte Anlaß zu einen luftigen qui pro quo Aula bieten. Die Frau Baronin hatte nämlich die Nummer Ihres Zimmers vergessen und nachdem sämmtliche Appartement im Gasthofe gleich möblirt, so war es sehr natürlich, daß sie jie irre, in­ ein fremdes Zimmer lng, dessen Befiger eben eine kurze Promenade machte. Je Baronin machte e8 si somod, legte sie auf dem Divan und nahm ein Buch zur Hand, endlich ging die Thüre auf, doc da sie glaubte, daß ihr Sohn käme, lag sie gemüthlich weiter, der Befiger des Zimmers, welcher hereinsam, denn dieser war ed, schien anfangs etwas verblüfft eine fremde Dame in seinem Zimmer zu­ finden, doc bald siegte er und ging zum Divan. Die Baronin schaute auf, ichrie laut auf und wollte ent­­fliehen — — — hier war die Erzählung meines schönen Fräuleins zu Ende, ich aber frah heute Die Baronin am Arme des jungen Mannes geben und die Sade muß nach meiner Ansicht recht lustig geendet haben, insbesondere da die Baronin noch sehr jung, hübisch und geisireich ist! Auch ein Theater haben wir in Kepihely unter der Direktion des mir von Budas pest hier in bester Erinnerung stehenden Scauspielers Miklosy, und was dabei das größte Wunder, die Ge« jelichaft ist eben nicht so schlecht, wie man dieß aus der Provinz gewohnt, freilich die „Räuber“ fielen graußlic aus, doch das Lustspiel und Operettene Personal befigt manche gute Kraft, ich sah die Operette „Ente mit den drei Schäbeln“ und daß Lustspiel „die Pilger" und war wirflic nicht wenig „erstaunt ein ganz anständiges­nsemble anzutreffen. “ Meinem Beisprechen gemäß berichte ihnen über die Vorstellung des „Dorflump” der ich­ no in Budapest beiwohnte und fann nur einen guten Erfolg verzeichnen, ganz ber sonders der Wiener Gast, Herr B. I. Szifa war in der Titelrolle wirklich ausgezeichnet und daß veranlaßte auch die Direktion des Bolfetheaters dem Baste einen höchst vortheilhaften Engagements­ Antrag zu machen, da Hr. Szifa ein vortrefflicher Ungar ist. — Wir würden und freuen wenn diesen Antrag Hr. Szifa annehmen würde, M. T. Publikationen aus der Oedenburger Handels- und Gewerbekammer. Nachdem nach einem Berichte des F. u. f. Generals Gonjuls in Genf, die Preise der französischen couranten Weinsorten in septerer Zeit einen nicht unerheblichen Preis-Aufschlag erlitten haben, und diese Weine — bes­­onders aus dem südlichen Frankreich — in dem Genfer Konsulats-Bezirke in bedeutenden Duantitäten abgeseßt werden, so möchte vielleicht der Augenblick günstig sein, Bersuche anzustellen, ungarische und dalmatiner Weine auf diesen Plan einzuführen. Ge­wöhnliche rothe und weiße Naturweine aus dem südlichen Ungarn und aus Dalmatien, wenn deren Preise nicht über 35—40 Franken per Hektoliter loco Genf zu stehen kommen, möchten dort leichten Abfag finden, und würde e&­st für Exporteure und Weinhändler ersten Ranges gewiß lohnen, nach sorgfältiger Prüfung der Transportörperen Berfuche mit einer größeren Sendung über Marseille anzustellen. . Es müßte zu diesem Behufe der Exporteur fI einen Korrespondenten in Marseille siltern, an welchen die Waare franco Hafenquai zu adressiren wäre und welche Firma dieselbe per Bahn an die Käufer in der Schweiz weiter zu befördern hätte. Obwohl im Handel mit französischen Weinen in der Schweiz der Gebrauch besteht, daß der Käufer am Plage kauft, Transport nur Douane bei Empfang der Sendung bezahlt, und die Faktura mittelst Tratte auf 3—6 Donate hereingebracht wird, so ist doc schwer anzunehmen, daß man für das erste Debut mit unga­­risschen und Dalmatiner Meinen von den Schweizer Käufern den Kauf auf ungarischen und Dalmatiner Plagen würde erzielen können, und müßte Re, bis diese Weine auf dem Genfer Plage bekannt sind, von den Exporteuren, welche über hinreichende eigene Mittel verfügen, ein erster Versuch in der angeführten Weile angestellt werden.­­ Der Weinkonsum in der Westschweiz steigt von Jahr zu Jahr und hiermit an die Einfuhr von ger­wöhnlichen Weinen. — Sollte nun den Berheerungen der Reblaus in Frankreich fein Inhalt gelhben werden können, so müßten die Schweizer Weinpreise no be­deutender emporschnellen, und erscheint es daher schon fest am Plage ernste Studien für die Gewinnung des Schweizer Marktes anzustellen und selbst Einfuhrversuche zu wagen, die, wenn auch für die erste Zeit wenig lohnend, später sehr gewinnreich werden künnen. Es versteht sich von selbst, daß man reine Weine zu Marfte bringen müßte. Ordinäre N Rothweine aus Somne Departement du Gard 1876 in guter Qualität kommen in Genf mit Einschluß des Zolles, jedoch ohne Detroi, auf 42 Franken die 100 Liter zu stehen. Die Senfer Landweine verkaufen sich: 1876 Rother zu 43—46 Franken der ‚Hektoliter. 1875 Weiber „ 4T—48 „ 18782. 53 220­ 0 5 Die Brahtspefen von Marseille oder Gette nach Genf stellen sich auf 4 Franken, der schweizerische Ein­­fuhrzoll auf 3 Franken die 100 Kilogramme. Betreff weiterer Auskünfte stellt fi der Genfer st. u. f. General­ Gonful, Herr von Schach, den Expor­­teuren, welche einen ersten Versuch mit ordinären uns­garischen und dalmatiner Nothweinen machen wollen, zur Verfügung. Literatur. Neue Illustrirte Zeitung” Nr. 26. Mustrationen: General Loris-Melikoff. — Die Ankunft der Staren in Plojeschti. Nach der Skizze unseres Spe­­zial-Artisten. — In der Aula der neuen Akademie der bildenden SKünste in Wien. Nach der Natur gezeichnet von August Schubert. — Der Doge Sebast­iano Beniero führt der Signoria in Venedig die Gefangenen von Lepanto vor. Na­ dem Gemälde von Lorenzo Delleani. — „Sanft.“ Frei nach Göthe in’s Humoristicche über­tragen — Ein altes Wiener Haus. „Zum Primas von Ungarn.” Nach einer Skizze von E. Hüttner. — Terte der Mutter Schuld und Sühne. von Josef Ranf. (Forts­­egung.) — Ein altes Wiener Haus. — Ein Bild aud Benedigd Glanzzeit.— Der Orientalische Krieg. Redie­girt von Schweiger-Lerchenfeld. — Einzug des Grafen in Projeihti. — G.-tt. Borid-Melitor. — Die Aula der neuen Akademie der bildenden Künste in Wien. — Die Historische Kunstausstellung der f. f. Akademie im . Jlg.—Wiener dunkle Häu­«Zf Wien-V.Von Dr.A. ser.Von Gustav Nafch.—Kleine Chronik——Schach. —­Silbenkäthfei.—Rösselsprung. Erklärung: Wegen Zeitmangel kann in­ der vorliegenden Nummer die und vom Hern Direktor Friedrich Fähne zu seiner eigenen Satisfaktion angebote­­ne und von ihm selbst verfaßte wörtliche Nieder­­fegung des Prüfers: „Lähne Frigges meghalte nicht gebracht werden. “ Die Redaktion. Verleger und Herausgeber: C. Romwalter. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Marbach,

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