Oedenburger Zeitung, 1877. August (Jahrgang 10, nr. 92-105)

1877-08-01 / nr. 92

stoßendes, von dem früheren Ausdrude desselben so ganz Berschiedenes, daß sie zusammenschauernd zu sich selbst sagte: „Wie war es möglich, daß ich diesen Menschen für meinen theuern Fernando halten konnte !“ Von ihrer alten, Schwächlichen Tante hatte sie weder Schug noch Hilfe zu erwarten ; da reifte schnell ein männ­­licher­ Entschluß in ihrer Seele; sie nahm sich vor, nach Neapel zu eilen, sie dort dem Könige zu Füßen zu werfen, um ihn mit dem ganzen Vorgang bekannt zu machen, und für ihren Fernando die Wiedereinlegung in seine Rechte zu erflehen. Als sie jedoch die nöthigen Befehle­ zu ihrer Abreise ertheilte, erwiederte man ihr, ed könne ihr nicht einmal gestattet werden, ihre Ger­­ächer allein zu verlassen. So war sie denn eine Ge­­fangene in ihrem eigenen Schlosse! — Ihr Muth ver­­ließ sie dessen ungeachtet nicht. Kurz zuvor noch glich sie einem sentsamen Kinde; nun aber verlieh ihr die Entrüstung eine Seelenstärfe, die sie sonst in zehn Jah­­ren kaum hätte erlangen können. Sie befahl, den an­­geblichen Grafen alsbald zu ihr zu bek­leiden. Er erschien ohne Zögern, und voll der freudigsten Hoffnung, Ludovican werde nun seine sehnlichsten Wünsche erhören. Als er jedoch in ihrer strengen, fin­­stern Miene und Haltung die Vorboten einer höchst und angenehmen Mittheilung erfannte, da verlor er Muth und Fassung, und sprachy mit zitternder, aufgeregter wer hab „Idr- Habt mich rufen lassen, Signora, was steht zu Eurem Befehle ?° !­eh ! »Ich wünsche zu wissen,« entgegnete sie mit rubig en Ernste, „ob ich auf Euren Befehl eine Ge­angene in meinem eigenen Schlosse bin.“ „Ihr beurtheilt meine ängstliche Sorgfalt allzu« streng, Signora , verzeiht dem Liebenden, wenn er in der Bewahrung seines höchsten Kleinod’s vieleicht zu zu weit ging.* (Bortregung folgt.) Die Wä­chter auf der Zinne der ungarischen Gesetzgebung. Von Friedrich Lähne. Dickjojl­estud­ism non sotjboke­­e redaktionellen Theile des,,sophon«Nr.29 wird über Lähne’s Vertheidigung gegen Viktor Vaida ein bedeutungsvolles Pfus!aufgerufen und dann die Frage ISZ Zeilen erörtert.Ob die Lähne’iche An· statt,wo die ungarische Sprache in je zwei kombinikten Klassen gelehrt wird, dasOessentlichkeitsrecht verdiene oder nichts Der­ Wächter an der Zinne der Schulgesetzgebung heißtzZAAlso wieder,wie im vorigen Jahre,ein literarischer Buschkleppentn denn der Lähne»eing«so gefährlicher Mann?« Schämt man sich der Angriffe,oder ist man seiner Sache nicht sicher! Wenn ich doch nur einmal im Lehrplans und Oeffentlichkeitsrechter Kriege einen offe­­nen,ehrlichen Feind vor mir hätte!Was soll ich nun wieder mit dem heimn»Z.«in Nummer 29 des»Sos­prou«anfangen?Auf dem Boden,auf den,,Z.«sich begibt,kann man doch wohl seinen vollen ehrlichen Namen nennen.Oder wollte mein Gegner vielleicht mit dem,,Z.«andeuten,daß er in der Pädagogik das sei,was das z im Alphabete ist.Nun um dieser Bescheidenheit willen will ich mich also mit heim»Z­« sein lassen. Weil aber Herr»Z.«so ganz objektiv(?)ist,nur das Recht der öffentlichen Schulen und die Pflicht des Ministeriums bewahren und behüten will,folgen wir seinem Beispiele. Aber so ganz ohne kleine Liebe,über die beschen­­dene Stirn des Herrn«Z.«wird es dabei doch nicht abgeben. Nach meiner Prüfung begegnete ich einem alten Kollegen, den man auch einmal todt gesagt, wie mich unser nach V.V. Wir reichten und die a und ich klagte, daß ich an dem Septen Prüf­ungstage zulegt der Anstrengung fast erlegen sei. Da sagte der College: „Nun was Sie nach dem Programme geprüft haben, haben Sie doch im Schuljahre nicht unterrichtet? Dac verstehbt ich von selbst.” Sehen Sie, Herr „Z.", bei einem alten Praftitus versteht si in Schuljachen auch etwas von selbst. Ihnen scheint aber für diesed Selbstverständliche in der Schulmeisterei jedes Verständniß abzugeben. Sie wußten, Prof. Vajda war zwei Wochen vor der Prüfung frank geworden, und zwar sehr frank,­­ nicht vielleicht verwundet. Das soi bei manchen Schü­­lern und Lehrern vor der Prüfung öfters vorkommen ! Seine Stelle wurde an bei den Kleinen sogleich durch einen törzsökös magyarember erregt. Weil der aber mit dem dummen deutschen „der, Die, das“, wie Sie mit mir Preußen, ein Bisschen brouillirt ist, so bat er mich, ich möchte statt feiner die Nor­malschüler prüfen 93d prüfte also die Nor­­malschüler ohne sie während des Schuljahres unterrich­tet zu haben. Aus dieser Aufklärung über die Prüfungspraxis erfahren wir zugleich: Im Lähne’schen Institute unter­­richtete der Oberlehrer ded Ungarischen und nicht der Direktor mit seiner schlechten Aussprache auch die aler­leinsten Schüler, also der Herr „2.“ jo sympathische Herr V. V. In sie zwingen mich, zu beto­­nen, ich halte auf reine Ans­prache, und auf die gute Grundlage im Ungarischen, so wie im Sprachunterrichte im Allgemeinen sehr viel. .­­Die größte Blanuugs bei ihrer leichtsinigen Arti­­kelschreiberei,­der­»Z.«kommt aber erst jetzt.Im Jah­­resbericht pag.1 steht:»Victor Vaida lehrte Ungarisch in der Normalschule Hat man kein Jahresprogramm,so verschafft man sich eines,be­­vor man die Feder aniet.Ihre Adresse,Herrn Z.­, kann freilich kein Menschaden. Eigentlich sies aber doch recht schade um die Zeit,die Sie mit ihrem pädagogischen Artikel vertra­­gen haben.Um die Tinte,das Papier und die Buchs­druckerschwärze aber noch viel mehr.Wären sie in uns­sere Prüfung gekommen,so hätten Sie nicht nur ges­­ehen,1vie da alles wohlbestellt ist,Sie hätten auch selbst prüfen können,und würden obendrein Männer kennenge­ lernt haben,die auch Väter sind,aber daneben auch ächte Patrioten.Bitten Ihre Adresse,damit die Herrn sich in Zukunft erst bei Ihnen anfragen können, wer im Lähne’schen Institute den Kleinen daslungep tifche lehrt.Dem Herrn Kultusminister brauchen Sie aber nichts davon zuschreiben­ dem theilt es der Köth Rath und Schulinspektor Ballagi selbst mit,der bei der Prüfung war und auch während des Schuljahres meine Anstalt besuchte. Wie schade,daß Ihre guten Witze über unsern schlechten ungarischen Unterricht der Kleinen somit ganz gegenstandlis geworden sind ! Zept kommen wir auf die größeren Schüler und deren ungarischen Unterricht, wo Sie allerdings etwas besser bewandert sind. Ihre einzige Duelle in einer preußischen Pädagogik ist die in alle Kaffeehäuser ges­­eicichte Einladung zur Prüfung. Da steht Samstag 3. und 4. Klaffe und 5. und 6. Ungarnid und daraus schloffen Sie, die zwei Klaffen wurden kombinirt un­­terrichtet. Nun manchmal findet eine blinde Henne auch ein Korn. Wenn Sie aber Ihre Methode zu schließen auf andere Gegenstände, z. B. auf das Latein, die Seihichte, die Geographie derselben Klassen angewendet hätten, hätten Sie sich sehr getäuscht. Mir scheint, die von Ihnen mit Stirnerunzeln betrachteten Barda’schen Bomben und Granaten haben Ihre Sinne mit Pulverdampf unnebelt. Sie behaupten: Wenn im Lahneschen Institute zwei Klaffen in einem Gegenstande ver­eint unterrichtet werden, dann muß das Pensum zweier Klaffen in einem Jahre absolvirt werden. Hätten Sie über dieses für Sie unlösbare Pro­­blem einen unserer Hundert Lehrer oder eine der zwanzig Lehrerinen in Oedenburg gefragt, so würde man Ihnen mit Griethen darüber, dab­­ie das nicht verstehen, folgenden Aufschluß bekommen haben. Wenn man in einem Gegenstande zwei Klassen kombinirt, so muß entweder ein Zeurnus eingerichtet, oder ed muß ein didaktischer Vorgang beobachtet wer­­den, der wohl begründet und zwedentsprechend ist um in zwei Jahren auch die zwei Pensa zu be­­wältigen. Dab ich das verstehe und in meiner Anstalt eine gute Diethode geübt wird, dürfte Herr „Z." do wohl zugeben. Wenn ich e8 nun unternehme Heren „3." zu bes­weisen, daß die Combination zweier Klassen des Unter­­richted im der Muttersprache kein Nothbehelf ist, sondern außerordentliche Vortheile hat, so wird er mich unwahr­­syeinlich­ nicht verstehen. Doch versuchen wir ed! Wir bekommen Zöglinge aus Kronstadt, Decd, Kalkan, Baja, Agram, Trente Ihin, Klausenburg und Debreezin, die eine sehr ver­schiedene Vorbereitung haben. Nehme ich nun z. B. eh­­nen Schüler in die SL. Real- oder Gymnasialklasse auf und treibe dort, um seine Vorkenntnisse unbefümmert, die Saßlehre, so bleibt ihm freilich die Lüde im der Formenlehre Darum wird bei und in einer kombinirten Klasse von 12 bi 20 Schülern, im Ans­chlusse an das Lesebuch, wie unsjer ministerieller Lehre plan trefflich vorscreibt, die auf die Saglehre gegründeten Formen. und die erweiterte Saßlehre nebeneinander gelehrt. Dabei wird die Stufe der Schüler berücksichtigt und jede Woche dem­­ einen und dem andern Pensum eine Stunde separat gewidmet. Diesen Unterricht begleiten in beiden Klassen grammatische schriftliche Uebungen, und auch, was der Lehrplan nicht vorschreibt, leichte zusammenhän­­gende stilistische Aufgaben, Feine Auflage. Dies geschieht also zwei Jahre hintereinander und am Schlusse jedes Jahres hat der Schüler sein Pensum erreicht. Da gehört­ freilich etwas mehr Prazis dazu, als Herrn „Z.*’s Freund, V. V. der nichts an­­nehmen wollte, und dem unsere, der Methodik gewid­­meten Konferenzen langweilig waren, besah. Diese Combinationen sind auch nicht meine Er­­findung, Herr „Zu­­e“ gab schon früher Pädagogen in Oedenburg, die so gescheit waren wie ich, — ohne Preußen zu sein. ALS in den Fünfziger Jahren in unserem Mittels­chulwesen der Grund zum jegigen Aufschwunge dessel­­ben gelegt wurde, sträubte si manche Anstalt, si selbst das Gute aufod­roh­en zu lassen; das hiesige katholische Gymnasium ergriff aber die Reformen mit beiden Händen und wurde binnen Kurzem eine her­­­vorragende Musterschule Damals war im Benediktiner-Gymnasium die V. und VI. Mlasse im Un­­garischen auch vereinigt und einige in der Intelligenz sehr hervorragende Männer sagen, sie erinnern sich noch mit Freuden daran, wie belebend und anregend der Unterricht gerade dadurch wurde, daßs die vorgeschritte­­neren Schüler dur ihr weiter ausgebildetes Sprachges­tühl den jüngeren zum Vorbilde dienten, die schwäche­­ren hingegen mit den jüngeren Zöglingen gewisse Lüden ausfüllten. Der Respert vor meinen Meinungsgenossen verbietet mir selbst die Anfangsbuchstaben ihrer Namen zu nennen. Herr „2.“ scheint aber aus jener Zeit Ale­le8 vergessen zu haben oder hatte nie etwas, was er vergefsen könnte. Und wer war der Reformator unsered Schlwesend? Der preußische Professor Boni. Gewiß wird er aber für unsern „7.* gefaibener sein, solche Dinge meiner Schulkommission und dem hohen Ministerium und dessen Schulräthen zu über­lassen. «8 fahrt unser öffentliches Schulwesen sammt dessen unberufener Vertheidiger viel besser dabei. Wenn Sie mein Prüfungsprogramm etwas besser angesehen hätten, so mußten sie finden, in dem deutschen P­adagogium vor dem Wiener Thore, treibt man den deutschen Sprachunterricht gerade so, wie den ungarischen und ed wäre wahrscheinlich die dunkle Ahnung in Ihnen aufgestiegen, dab dieser Vor­­gang und die dabei befolgte Methode doc wohl probi­t sein muß. Denn wo bliebe sonst dad Germanisiren ? Nach Heren „ZE" Meinung bleibt ed jedoch trogdem und alledem dabei: Nachdem ed wieder­holt vorkommt, daß die Lähneichen Zög­­linge bei ihrem Miebertritte in ungaris­che Schulen eine Klasfe überspringen und in den westleib­banischen Säulen ihren Zeugnissen angemessen aufsteigern, ja sogar im N Reichslande gewisse Aus­­zeichnungen genießen weil in Lähnes Anstalt auf der Basis und im Jahbmen.­deös vorgeschriebenen ungarischentehr planed dem Unterrichte eine gewisse freiere Bewegung gestattet wird, muß dieser Anstalt das Oeffentlichkeitsrecht entzogen werden. Das würde heiben, der Lehrer sei ein Sklave des totden Buchstabend und wage es nie, einen freieren Ger­danken in sich aufkommen zu lassen. Lokale * Die ernste Stunde schlägt. Während diese Zeilen unter der Pfesse sich befinden tagt unter Borfiß seiner Majestät des Kaisers und Königs in Wien ein Ministerrath, an welchem die beiderseitigen Ministerpräsidenten, sowie die Finanzminister t­eilneh­­men. Zu diesem Behufe sind Ministerpräsident Tiba­­und Finanzminister SzE&ll telegraphisch nach Wien berufen worden; ebenso mußte Depretis seinen Urlaub unterbrechen. Der Ministerrath gilt der orientalischen Frage... .8 wird beantragt werden, angesichts der äußerst bei­­­dentlihen Lage auf der Balkanhalbinsel die Armee zu mobilisiren.. Legtere Maßregel soi jedoch les­diglich den Charakter einer Sicherstellung österreichische - ungarischer Interessen tragen und weder gegen Rußland noch gegen die Türkei gerichtet sein. Die beiden Finanzminister werden dem Ministere­rathe beigezogen, um­ bezüglich der Deckung der Mo­­bilisirungdfosten ihre Vorschläge zu machen ; man glaubt, daß ihiezu die gemeinsamen Altie­ven verwendet werden. "Mit Kling und Klang,“ von einer unabsehbaren Menschenmenge begleitet, verließ und vore gestern Nachmittags 4 Uhr das hier so allseitig beliebt gewesene Infanterie-R Regiment „Großherzog von Baden“ Nr. 59. Der Herr Militärs Stationd-Kommandant Ge­­neralmajor v. Reinländer mit den Herrn Stab»­offizieren und sonstiger glänzenden Suite, ritt an der tote des abmarschirenden Regimented, welches vorläufig das Militär-Uebungslager zu Bruch an der Leitha bei zieht und nach Beendigung der Manöver wohl wieder auf einige wenige Tage in Oedenburg eintrifft, — das wir aber dann, zufolge „ordre de bataille“, gänzli verlieren sollen, indem es nach Garleburg bestimmt ist. Freilich ist noch nicht jede Aussicht ausgeschlossen, daß das benannte Regiment nicht dennoch hier in Garnison verbleibt, allein diese Aussicht ist leider eine sehr un­­sichere. — Wir schreiben im vollsten Bewußtsein das Wort: „leider“ hin, denn sowohl­­ Offiziersforps als Mannschaft haben ss hier nur Freunde erworben. Erstered, vermöge seiner ehtritterlichen Se­sinnung, seiner mustergiftigen, sich bei seiner Gelegen­­heit verleugnenden Sourtoisie gegen das Zivile und sein charakt­ervollen Wesend überhaupt. — Leptere, in Anerkennung ihrer ausge­­zeichneten Disciplin, ihrer (jeden Breek ausschließenden) geradezu moralisch zu nennenden Führung und den trefflichen Geist, der die Truppe beseelte. — Die Re­gimentstapele und ihr genialer Dirigent, der ton« gewandte Herr Kapellmeister Cedar, haben unserer Bürgerschaft so zahlreiche Genüsse bereitet, waren im­­mer gefällig und bereitwillig wo es galt, durch ihre Mitwirkung den Glanz eines Zeftes zu erhöhen, daß auch ihnen ein ehrenvoller Gedächtnik für alle Zeilen in Oedenburg bewahrt bleiben wird und schließen wir den aufrichtigen, herzlichen Sc­hiedsgruß mit den Schlichten, aber [chönen Worten unserd Herrn Gafinge­­­­­n.. |

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