Oedenburger Zeitung, 1877. September (Jahrgang 10, nr. 106-118)

1877-09-02 / nr. 106

u Sonntag, 2. September 1877. edenbuner Sei (Bormals „Oedenburger Nayrihten“.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Chr’ — Beprüdten zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gaffe.“ Das Blatt erjgeint jeden Mittweg, Freitag w. Sonntag. Präm­merations-Preise. Gür Leca: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fL.50 krer Biertchiättie 2 fl. 3. a­aaa 1 fl. « « kt0:0nusilihtltitl.,pslsiäiriqtssi» siemuihtlssihAll-flun-lattbemmmeseuduusem tmIns-IM-Osmia-OhIräanasemionssihm-imme­­«IeisdmtfttisuUeReue-tm-vortsiteietusuiendem -­­ X. Jahrgang. , Reaction: Idminiflkqtiou,Mklaq,E-pkditisn: Grabenrunde Nr. 121. [Hotel „Bose“ Nr.19, 2. Stock. Einzelne Nummern Fosten LED Kreuzer. Nr. 106, leuterate nemiliain L Di Herzen eye Bo­ter affe­en, Bubape| . «­­eh G Bien, Seint­ enter, Singersirafie 8, Bien, Infertions-pebäßr . » sit-ist-streitet-Mie,tothistiiisseigssms uinstitdiese-spanis-unsictr­ iiiksieinkcltss­ieaieketitpeile extristreier Neapel-almo-solt Instituti-insileu Nichtmus-sextenteultsillisimtheik Hinsekuis Oedenburg,am 1.September 1877. Hinfällg nannte man allgemein noch vor kaum einem Vierteljahre die türkische Herrschaft in Europa. Selbst, die­ Freunde des osmanischen Reiches raubten das Schidsal der­ hohen Pforte sei bereits bes­siegelt und weinten über­ den bevorstehenden Untergang des Halbitionded. Ein Bolt — hie ed — von höchstens 15 Millionen Seelen, wie wird edidem Andrange des ruf­fischen­ Kolosses: widerstehen können ? — Bis im In­­nersten­: seined Marked durch die eigenen Mißverhält­­nisse erschüttert, durch eine staatliche Berfassung zu Grunde gerichtet, ‚welche im ‚grellen Widerspruch zu den übrigen modernen europäischen Einrichtungen steht, hat die Zürfei ausgelebt, sobald die Völker der Gra­­fen, welche­ 70 Millionen stark zu fein fi brüften, dad Rei, des Sultans zu zermalmen fi ans Iciden;­­ und siehe das die Hinfäligk­eit zeigt sich auf ganz anderer Seite. Nicht die bifie e Stärke siegt,­ sondern die moralische Widerstande­­s traft: Die Größe machts nicht aus; „was groß ist, Aft: ungeihidt“, lautet ein Kinder-Sprichwort und in dem­ ihatzrungeihidt ist die Kriegführung der Russen,­ da beweisen ihre Niederlagen. Der numerisc­he, viel schwäcere Türke schleudert den ihn bedrohenden Riesen zu Boden, so daß die Erde erdröhnt von dem wuchtigen­ Fall des Kolofjed , dessen Kriegskunst, ebenso hin seine Politik, nur ein­ Prädikat verdienen, hinf­ällig. „Die septe Nummer des „Kilerifi”, eines Wiener Migblattes,­ zeigt und eine Buldogge (das Blatt nennt sie „Sultan”) wie dieser „Sultan“ nicht allein seinen Gegner: träftig die gewaltigen Zähne weitet, sondern gleichzeitig an die­ Flöhe von sich. abschüttelt; und wabhrlichh­ abgesehen von der Derbheit der Vergleiche, liefert­­ derselbe ein getreues Bild der Wehrhaftigkeit der türkishen Nation. Nicht­ nur den einen übermächtigen Feind hält sie sich vom Leibe, sondern auch die vielen Heinen aber bissigen Gegner, die si vorgenommen hatten, den sterbenden Löwen einen Fußtritt zu vers­iegen, der fi aber dieses Ungezieferdglorreich er wehrt. Vier Monate schon steht Rumänien im­mer eine mit dem nordischen Barbaren in Baffen und noch immer hat er fi nicht an das Edelwild, auf das er von dem weichen­ Bären gebept wurde, herangetraut . Montenegro stürzte heulend und Flaffend nach dem ersten Anprall hin und nagt nun wüthend an dem Knochen Niksics, das ihm Suleiman’s Armee prestiges geben. Serbien möchte für sein Leben gern mit« thun; das Gold und das Silber, der Judaslohn, den er von Rußland empfangen, liegt in Belgrad bereits aufgespeichert, aber es mil und starf bedürfen, das man gern an der Theilnahme der Aktion verhindert werden möchte, gleichgiltig durch wen. Nur hab man einen Vorwand zur Nicht-Aktion besigen sol. Gries­chenland schließlich hat sich wohl gerüstet und be­wehrt, als gälte es einen siebenjährigen Krieg zu füh­­ren, angeblich aber, um die an der Grenze Daee türkischen Räuber auszurotten. Nachdem er sich aber herausgestellt, hab Diele Räuber eigentlich griechischer Nationalität­ sein, nachdem­ ferner die ottomanische Regierung mit einem Inmarsch in Athen gedroht; nachdem aber — und dad dürfte der Hauptgrund sein — der türk­ische Löwe Alles d­er denn ein Heiden der Löwe ist, haben sich die griechischen Herren gebucht, ihre friegerischen Absichten wurden ebenso wie jene der Serben — hinfällig. Wollte übrigens Serbien (nach den neuesten Kundgebungen aus Belgrad bezweifeln wird e8) bei dem „großen nationalen Befreiungskriege aus dem türkischen Zoden, der fept entbrannt ist, nicht ein müßiger Zus­teher bleiben, so ist daß feine Sade; aber Sade Eu­ropad ist, dafür zu sorgen, daß keinerlei praktische Kons­­equenzen aus dieser­ edlen­ Erhebung der serbischen Rollegeister gezogen werden. Sol die wiederholte Versicherung unserer Regie­rungen, das Desterreichs U­ngarn in seine Friedendente Scheidung willigen werde, welche gegen das Interesse Desterreichesingarnd gerichtet wäre, nicht ein vollkom­­­men inhaltloser Schall bleiben, so darf Serbien keinen, auch nur den leilesten V­ortheil an einem etwaigen Friedensbruhe ziehen. Wir haben keinerlei Einwen­­dung, wenn Naßland die Reste seiner so mühselig zus­­ammengebrachten finanziellen Kräfte auf die alleisee­­­hafte Unterftügung duch serbische Milizen verspwendet, allein Graf Andrassig hat auf das bestimmteste er­ Härt, dab­er die Bildung eines großserbischen Staates, also territoriale Veränderungen, mit denen Rubland allenfalls die serbischen Verdienste auf türkische Kosten belohnen wollte, niemals zugeben werde, und dabei wird er hoffentlich auch bleiben. Die Wiener „Morgenpost“ schildert das wahrscheinl­iie Schicsal der kleinen Fürstenthümer,welche sich zu großen Feinden der Zürlei aufblähen wollten, ganz zue treffend. && schreibt nämlich : Das besiegte Ruhland wird seine Alliirten und Helfershelfer verkaufen, um sie einen vortheilhaften Frieden­ zu fictern. Es wird dem Zürfen sagen: Gib mir ein Stüd Rumänien, welches o­hnedied das M­echt­ des Bestandes verwirkt hat, und halte mit dem Miedrigen nach Deinem Belieben. Der orientalische Krieg wird in jedem Falle auf einen Ländershader hinauslaufen, bei welchem die Kleinen naturgemäß die Betrogenen sein werden. Den Serben wird man adhielzudend sagen, daß Desterreich ihre Vergrößerung nicht zugebe, den Griechen wird man böhnisch zurufen, daß sie seinen Anspruch an das Erbe des Slaventhumss zu machen haben, den R­u­mä­­nen wird nicht einmal ihr Name übrig bleiben, und die Walachei und Moldau dürften wieder zu simplen Bojarenthümern degradirt, oder alle Provinzen in irgend ein Nachbarreich einverleibt werden. Dann werden die N­iftie und Bratinu erst verstehen, wie leicht und golden das „Iocdh" des Sultand war, welches sie so muthwillig mit der russisshen Schugherrihaft vertauschten. Man ee en ns menge ne wem = a nase. . .geufflelon. Eine gefährliche Note. Reiseerinnerung von E. ©. m Ehili verzeiht ein verlassenes Weib niemals; k rät sie entweder durch Tupa, eines der entgeßliche­­n Güte, oder sie dingt einen Meuchelmörder für den Ungetreuen. . Einci­atantes Beispiel solche weiblicher Rache er­­ählt erst längst ein Schisssarzt,derselbe war auf einem fanzösischen Schisse engagikt,das bestimmt war Walls Tische­n erlegen, um deren Thron zu gewinnen. Ge­­ wissen — begann der Arzt — daß in dem, von der Natur mit tausendfachem Reiz geschmücten Lande, in Chili, nichts leichter ist, als ich zu verlieben. Die Schönheit der dortigen Mädchen, die entflammende Beschaffenheit des Klimas, erwedt und begünstigt die zärtlichsten Leidenschaften und ein Liebesschwur ist gar bald­ geleistet:E­ine Rose aus der Hand eines Mädchens em­pfangen und ihr eine dafür zurückgegeben heißt: sich ewige Liebe schwören und wehe dem, der dieh vergießt ! — ALS wir einst vor Taccaduana lagen, machte ich einer Transen Senorita meinen Besuch, sie genas sehr bald vermöge Aufwendung der richtigen Mittel und " meiner ärztlichen Pflege. $4 fand sie, als ich­­ daß erste­­ Mal’ bei ihr eintrat, auf einem Teppich irgend bei­ ihrer "Koilette; sie wandte ihre Schwarzen Augen nicht von­­ dem­ Spiegel und meine Frage nach ihrem Befinden , beantwortete sie mit: „Gratias, Senor!” Ihre ein­­tretende Mutter bot mir, für meine Bemühung ein sehr anständiges Honorar ; auch die Tochter wollte mir ein Beiden des Dante geben; sie richtete sich mit einem fühßen Lächeln auf und ich war in der That bes­offen von ihrer wahrhaft himmlischen Scönheit. Eine Rose stehte an einem ihrer Schläfe;­ sie reichte mir dieselbe ; ich in meinem Enthusiagmus drücte sie an meine­ Lippen, stedte sie an die Brust und vers­eigerte, die Blume, solle mich nie verlaffen. — „30, so lange sie frisch ist!? — „Brisch oder verwelft“, ante wortete ich in schlechtem Spannsch, „sie wird­ mich nie verlaffen, ‚und wenn sie verwelkt ist, werde ich sie an meinem Herzen tragen; ich Ihm wöre es!“ Dieser Schwur schmeichelte der Schönen ; sie empfing ihn mit einem berauschenden Lächeln. Ic erinnerte mich, daß ich von meinen Freunden bei einem lustigen Gelage erwartet wurde, ich grüßte daher Tochter und Mutter sehr artig und­ ging. Fünf Minuten später redete mich ein Mann auf der Straße an und bat mich, in einem Nachbarn baute doch einen Kranken zu besucgen. Das Glück macht menschl­c­­­ich trat ein, fand ein im Todeskampfe liegen­­des Kind und wollte eben, nachdem­­ ich für dessen Ges nejung Hoffnung gemacht, wieder gehen, als mir die Schwester des Kindes in den Weg trat und mich um die Note in meinem Knopfloch bat. Das Mädchen war schön, dennoch vertheidigte ich meine Rose; sie aber gewann dur ihr Bitten den Sieg und ich gab sie ihr in dem Glauben, sie sollte dieselbe auf das Sterbebett ihres Meinen Bruderdlegen. Am andern Morgen, als ‚ich wieder nach diesem Hause ging, fiel mir ein, wo im »vorübergeben einen Besuch bei meiner schönen ersten Patientin zu machen. Sie war allein, saß auf ihrem Estrado und sang zu ihrer Guitarre. Sie beant­­wortete meinen Gruß mit leichtem Kopfnaden und ges­­tattete­ mir, die schöne weiße­ Hand zu Tüften, welche auf den­­ Saiten herumirrte. Ich betrachtete sie mit Entzügen, plöglich aber überlief ed mich ganz fair; ich glaubte in ihrem Antlige zu lesen, sie wife, daß ich die Rose verschentt. Ihre Augen hatten etwas Wildes, ihre Hände zitterten fieberhaft wie ihr ganzer Körper. „Lenora, woher dieses Lieber und dieser Trübsinn beute 9" fragte ich, nachdem sie die Guitarre zu ihren Füßen gelegt. — „Bronzösischer Herr, weil ich Sie er­­wartete !* war die Antwort. — „Aber jept bin ja bei Ihnen und hier möchte ich mein ganzes Leben hin« durch verweilen !* rief ich entzückt.... Die Chilenin heftete ihr großes feuriges Auge auf mich, so has ich unmilsürlich erröthete. Ich sah, wie ihre Lippen sich zusammenpreßlen. — ‚Wo ist ‚meine Note?‘ fragte sie mit sarkasti­­schem Lächeln. — „Ihre Rose ?" antwortete ich: „Sie ist an Bord meines Schiffes, sie liegt in einem seide­nen Giwi über meinem Kopfziffen, damit ic­hie noch einmal an meine Lippen drüden kann, ehe ich einihlume mere! Ach, Senora, wie können sie fragen, wo ihre Note ser!“ rief ich, ihre Hand ergreifend und sie lese denschaftlich küffend. „Dank! Danf!* murmelte ‘sie. Dann sprang sie auf und fragte mich fast, ob­ ich rin­­gen wolle. Ich antwortete: „Ja!“ und im nächsten Aue­genblick füllte sie schon ein Glas mit Motto, diesem Bordenuiwe in der Gordillerad. Sc­ leerte ed mit einem Zuge. — „DO fingen sie jeglich rief/ich, als sie­ sich wieder neben mich gefeßt. Sie sang, aber dieser Gesang war so traurig und unheimlich, daß ich inmitten mei­­ner Entzüdend schauderte..— „Warum diesen Grabe­ gelang, Senora “* fragte ich: „Warum nicht einen Fan­dango, einen­ Bolero ?* — „Er paßt nicht für­ einen Sterbenden !“ antwortete sie. — „Aber wer stirbt denn hier 2?" fragte ich erstaunt. — „Du!“ antwortete sie in höchster­ Leidenschaft. — „Ich!“ rief ich laut aufladend; ‚ic befinde mich vortrefflich !“ — „Nicht wahr, der Most war gut?..­: Und wo ist meine Rofje!* riefo sie mit böhnischem Lachen, „Franzose, war der Most nicht gut?” — Sie erschien mir plöplich wie Lucrezia Bore ia in dem Momente, wo sie vor den Trinkenden erc Neint und ruft: Ihe seid vergiftet !... Aus ihren Aus­sen leuchtete mir, was sie jagen wollte, als sie fragte,

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