Oedenburger Zeitung, 1877. Oktober (Jahrgang 10, nr. 119-131)
1877-10-05 / nr. 120
f I «Wv-:s.=ik.---ssis-s» -- « - - — .„Beeitag, 5. Dtober. 1877. Das Blatt erscheint jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag. Pränumerations-Preise: "zür koca: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig AU fl. 50 fl., Bierteljährig 2 fl. 25 fl., Monatlich 1 fl. ar Iumswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig:, 6.7. Siebteilänete 3 fl. Alear Blattek Sendungen, wire Andnahme weit Inseraten, Pränumerations- i. Infertionddiesebähren sind,an die Mebaclisu portofrei einzusenden. X. Jahrgang. _ (Bormals: „Oedenburger Nachrichten“.) ‚Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zun wir? — Betrachten zur Mehr? — Der Wahrheit eine Waffe.* . — Administration, Verlag, Expedition: Grabenrunde Nr. 1A. ]Hotel „Rose“ Nr. 19,2. Stock, Redaktion : Einzelne Nummern tosten MED Kreuzer.Nr. 120. HE Tonferafe vermitteln: die Herter Haasehstein , Vonler, Wallfußgasse 10, Wien, Budapest. Mi Oppelit, I, Stubenpartei 2, Wien. Heinrich. Scalet, I, Singerstrasse 8, Bien. Sufersrons-Hebüpr : 5 fr. für die einspaltige, 10 fr. en die zweispaltige, 15 fr. für “ I die Hreifpaltige und 20 Er. fir die durchlaufende Petitzeile er= elusive Ber. Stempelgebihr, von 30; Tr. Auskünfte in allen Richtungen werden bereitwiligst ertheilt. ih 1 N A LE EEE RS . ee a a HM na a nn it: 1. October 1877 "beginnt das 4. Quartal auf die „Deenburger Zeitung.“ (früher „Derenburger Nachrichten“.) mit ocer'vierteljährig 2 ° fl. 25 kr, halbjährig 4 fl 50 m, ganzjährig 9 fl. "Auswärtige, vierteljährig 3 fl., halbjährig 6 fl., ganzjährig 12 fl. Die P. T. Abonnenten, deren Pränumerationszeit * mit Ende September abgelaufen ist, werden um recht» "zeitige Erneuterung ihrer Pränumeration ersucht, wie auch in weiteren Kreisen um zahlreichen Abonnbents = Beistritt gebeten wird. E. Rommalter, erleger. Ernst Marbach, Redakteur. „Die Quartiermacher der Freiheit.” "Wien, den: 4. Oktober 1877. " Nach zweimaligen Miberfolgen vor Plewna, were "den ed Hun hunderttausend Gardesoldaten, ein drittes: "mal versuchen den hartnädigen Bastionen, leichnam- Hungrigen Schanzgräben und granatenspeienden Wäl Ten, ihre Macht zu nehmen. .."8 it, eine große Aufgabe sogenannten Barbaren die „Freiheit“ zu oetrohen, nota-bene , wenn dieses verhaßte Danaergeichent von noch "culturfeindli» "deren Gewaltmenschen dargeboten wird. — Im’, Namen des Propheten“, rufen die, wie von Bluthunden angefallenen, „Modlimd* immer neue Res ‘> freuten‘ winter das Banner des Halbmondes . "Mahomed, der in den’ Füften schwebende Seher und Glaubens» Stifter muß nun herhalten, das Volk zum Sampfe 888 Weld’ Schauders' polle Anomalie besteht dorh oft zwischen Kultur bestres gegen die „Freiheit“ zu begeistern, meinen Bürger-Rechte, die bungen und thatsächlichen Handlungen, eines D Völferbruchtheiles der zivilisirten "Welt des neunzehnten Jahrhunderts, "des Jahrhunderts der Aufflaärung! Die erste Errungenschaft der Völferfreiheit besteht in einer Verfassung mit Zugrundelegung menschenwürdiger Prinzipien, auf Anerkennung der allge durch geleistete Pflichten erworben werden. Die Diplomatie zwang bereits sogar den turban» umwundenen, glaubensfanatisirten und bisher absolutierenden Divantyrannen zur Drehung einer constitutionellen Staatseinrichtung, auch das türkische Volk sol über Wohl und Weh seiner Angelegenheiten mitberathen, mitentscheiden dürfen. Midhbat Pajha war das erste Opfer seiner weitgreifenden Befreiungsreform- Arbeit und verbannt don der, sim Morgenstrahle der’ Freiheit himmernden Heimath, sucht er den Zrost in der Zukunft, die auch dem Dömänenreiche die Errungenschaften eines stetigen Bortschrittes verheißt. Bei der Rundtour durch die europäischen Stanten hat man der türkische Gpilirte vielfache Gelegenheit: gefunden sich die ’Ueberzeugung zu verschaffen, daß der nordische '„Koloß mit den thönernen Fühen*: feinedwegd der Schöpfer de Parlamentes in der byzantinischhen Hauptstadt war, sondern der "Beherrscher aller Neuffen, nur der treibende Keil’ gewesen «und bloß den S Intentionen humanerer Herrsiher, als er selber Einer ist, unbewußt zum Werkzeug diente. Denn wäre es in der Absichtt Kaiser Alexanderd gelegen, ‘die Bölfer mit Freiheit (!) zu beglücen, wo würde ihn die Vorsicht besser leiten und unterfrügen können, ald in einem eigenen Reiche, wo die schrillen Seufzer der gedrücten und gemarterten Unterthanen, mit jedem Hall’ de8' Ecyo’8 ertönen. “ Den eingebomen türkischen Reichs- Angehörigen zu Liebe, hätte man sicherlich diese moderne Staatseinrichtung nicht erzwungen, sondern um die Andersgläubigen zu Irngen, den ausschreitenden Ungerechtigkeiten gegen die Christen mußte angebliche in sich gesetzt werden,die ausgesprochene und vom Sultanssynctionirtexx Magnus Cartabots die Gleichheit und die Freiheit allien Staatsi angehörigen vor dems Gesetze und durch diesei wohrthästiges Neuerung war die Kräftigung des türkischens Reisches ebenso inauguirirt,als die Wohlfahrt seiner stämmis lichen Bürger.Diejenigen,diess sich sanfchickten die hohe Pforte zu zertrümmern,sehen jetzt zu ihresz Wecken ein,daß sie dieselbe-mit mächtigen Stiisens fkirchbes festigt haben.Dies Stützenfi an Die Erwecken des Volksbewußtseins und Freiheitsbegriffes.Die Russen, er klingt fomisch, ist aber wahr, sind in’der Türken die Quartiermacher der Freiheit. Dieses Resultat des russischen‘ Raubzuges lag feineöfalls in der Gndabsicht der mossowitischen Regierung. Im Gegentheil, die Forderungen an Mehrfreie beit, s sollte die Türkei degeneriren, in’ vielfache Berlegenheiten bringen und wo die Hauptfache ‚ift: eine Revolution der ristlichen Unterthanen hervorrufen. Da’ nun der ‘geplante Ziel, gerade» durch die Mittel zu seiner Erreichung, nämlich" durch dies dabei angewandte Lift scheiterte, mußte die Gewalt in Auswendung gebracht werden. Die Duartiermacher der Freiheit(]) stehen nun seit einem Vierteljahre auf fremden Boden mit der’ Parole der’ ‚Tugend im Munde und dem Schwerte, der Zerstörung in der Hand. — Das Hauptlogis gedenken die Gardisten in Plewna aufzuschlagen, ob sie aber nu: mit ihren todten Leibern dort Winterquartier beziehen werden müssen, dac wird die nächte Zeitund lehren, die Zukunft wird thatsächliche Beweise liefern, ob die Sanitscharenwirth von den russischen Truppen bemeistert und die Siege zu Gunsten der Freiheit sein werden. Allgemein ist die Stimmung dieser Eventualität entgegen. Eine mögliche Avance der Garde würde der Welt die Mederzeugung schaffen, dab. Rußland nur imnteresse der Eroberungdluft den blutigen Krieg bergonnen, ed wird sich zeigen, daß ein Friede, sollte er —— a n Seuilfeton. Eine Kriminalgeschichte. IV. Der Rechtsanwalt lieh einen musternden Blick über den Eingetretenen schweifen. „Ihre Ankunft ist mir bereits gemeldet, ‚Herr Louis Blanc“ sagte er. „Ich erwartete sie.“ Louis Blanc verneigte sich leicht. Aber er antwortete nicht. Er schien zu warten, daß der Andere von dem „zu sprechen beginne,» was ihn hergeführt. Seit drei Tagen bin ich hier," fuhr dieser fort, als der sah,‘ daß er seine Antwort zu erwarten hatte, sie und ich schmeichle mir ‚behaupten zu können, haß Sie mit! dem Resultat meiner “dreitägigen Thätigkeit zu= ‚frieden sein! werden." „Und Sie nicht minder, mit! der meinen.“ Es waren die ersten Worte, welche Blanc sprach. Dic in diesen wenigen Worten lag: soviel selbstbewußte Energie, daß der Rechtsanwalt"verwundert aufblidte. Die beiden Männer jegten sich. 1,88 wird Ihnen jedenfalls bekannt sein," nahm der Rechtsanwalt wieder das Wort, „haß ich vor sechs Tagen' einen Brief von Frau Madeleine de Lavergne ‚» erhielt, in dem sie zumiremittheilte, daß sie 240,000 Armfranch ı in baarem Gelde s in ihrem Hause: liegen habe sand daß sie wünsche,s mirh dieselben persönlich zu über nngeben; » um: für ihre nugbringende Anlage zu sorgen.“ Der Polizeibeamte michte leicht zum Reichen:‘ der + Bejahung, ı aber er: sprachh fein Wort! Er schien fein + Freund: vieler Worte zu: fein. daDer Andere fuhr fort : „Der Name der Frau war mir nicht bekannt, doch eingezogene Erkundigungen bezeichneten sie als sehr reich. Ich reiste ab. Bei meiner Ankunft auf Schloß Boncourt fand ich das Schlafzimmer der Frau in Flammen und sah sie eine halbe Stunde später, als verbrannte Leiche aus dem’ Zimmer tragen. Dies Alles wissen Sie, denn es ist der Inhalt meines Briefe, infolge dessen Sie hier sind.“ Der Andere nichte, wieder, vr Was Ihnen, noch, nicht ‚belaunt ist, ist Folgen» ded. Das Verhältniß der Frau de Lavergne zu ‚ihrem Neffen war seit einiger, Zeit ein jeher gespanntes. Die alte Frau war sparsam, ihr Neffe, ein Beichtwender, der große Summen im Spiel und an der Börse verlor. . Wiederholt hatte sie ihm mit bedeutenden Summen ausgeholfen,doch. Schließlich war ihre Geduld, und Nachsicht zu Ende. Als Gustav de Lavergne vor einigen Tagen aber bals 20.000, $ranch von ihr verlangte, um eine Spielschuld zu deden, schlug sie sein Gesuch rund ab und alle seine Bemühungen, sie umzustimmen, blieben erfolglos. Sie schieden Beide in ehrerregter Stimmung, nachdem Frau de Lavergne, gedroht hatte, ihn zu enterben, wenn er sich nicht befsere und der Leidenschaft des Spieled entsage. ‚Vier undzwanzig Stunden, später war, die alte Frau ‚eine, Leiche. Baared Geld wurde in ihrem Nachlahr nicht vorgefunden, ‚troße dem, mad ihrer ‚eigenen , Angabe, 240,000. Stancd, fi im ‚Haufe ‘befanden.“ „Dab find die Momente,” Ich lob der Recht dann walt, „die in; mir.den Verdacht. erst . gewedt und dann zur Neberzeugung: gesteigert haben, dab. Frau de, Las vergne, nicht ein Opfer ihrer ‚Unachtsamkeit geworden, sondern dab sie ermordet. worden. ist, ermordet, um,sich in den Besiß des Geldes zu sehen, «daß sie im Hause hatte, Sehm zu bedauern ist, , dab ‚durch die Nachlässigkeit der„hiesigen “Polizei, und, das oberflächliche Vorgehen des Gerichtsarztes eine genaue Feststellung des Thatbe»standes versaumt worden ist. Heute ist dies leider nicht mehr einzuholen —* „Warum ?* Der Polizeibeamte warf diese Frage so unerwartet zwischen die»Ausführungen des Rechtsanwaltes, "dab dieser betroffen inne hielt. ‚Warum? Weil man auf bloße Bermuthungen bin nicht eine geachtete Familie, dem’ Gerede "der Leute aufregen wird, weil —® „Bon der Haussuhung, welche wir vornehmen werden, braucht sein Mensch‘ hier im” Drie , etwas zu erfahren.“ „Wieso 2 ° age Schloß ist unbewohnt ?" „Sa." „Dann werden wir demielben heute Nacht einen Besuch abstatten.“ ‚Wie wollen Sie aber in das Schloß gelangen? Das Thor ist verschlossen, die Fenster im Erdgeschoß sind vergittert.* „Ich weiß das Alles! Als ich vom Bahnhof hie ber fuhr, lieh ich den Schlitten im Walde halten und ging zu Buß nach dem Schloß. Ich machte doch das Kampffeld, auf dem wir operiren werden, Tennen, bes vor ich zu Ihnen kam. Und ich sage "Ihnen, heute Nacht werden wir im dad Schloß gelangen — das heißt wir, wenn ‚Sie nämlich Luft haben, 'mich zu’ "beegleiten.Sonst’ werde ich allein die Untersuchung vor« nehmen.“ Sie fannen auf mich »zählen, ich “"begleite Sie, obgleich ich noch nicht einjehe, wie Sie in das Schloß gelangen wollen.” · „Wir haben seit einer Stunde wieder starren Schneefall und «8 ist anzunehmen, daß derselbe an in der Nacht Fortdauern wird. Dies ist und günstig, es wird unmwlkommene Lauf dher von dem ohnehin einsam