Oedenburger Zeitung, 1878. Juni (Jahrgang 11, nr. 66-78)

1878-06-02 / nr. 66

...,- -, ER ° en “ r re - .-; . TR! = f EA % TEE EEE TER ER ar y _ ZI. Sahrgang. Sonntag, 2. Juni 1878. denbunger Zeil (Bormals „Oedendurger Nadrihten“.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr? — Berrcichten zur Mehr? — Der Wahrheit eine Gaffe‘ Das Blatt erfgeint jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag. Pränumerations-Preise: Sir Loco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fl. 50 Er., Vierteljährig 2 fl. 25 fl., Monatlich 1 fl.­ür Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., ierteljägrig 3 fl. Alle für das Blatt bestim­mten Sendungen, mit Ausnah­me von Daidteion Brüm­meration de ıı. Infertiond« gebü­hren sind an die Medac­ion portofrei einzusenden. Redaction : RRLENE Administration, Verlag, Expedition : Grabenrunde Nr. 124.­­ Hotel „Rose“ Nr. 19,2. Stock, Einzelne Nummern offen MED Kreuzer. Nr. 66. EBE­N STR BEER Inserate vermitteln: Die Herren Haufenstein , Vogler, Wall’ ffchgasse 10, Wien, Budapest. A. Oppelit, I. Stud­tpartei 2, Wien, Heinrich Schaler, I. Singerstrasse 8, Wi ı. Sufersrons-Hebüpr : 5 fr. fü­r die einspaltige, 10 fr. für en e, 15 fr. fir die dreispaltige und 20 fr. fir die durchlaufende Petitzeile er­­celusive der Stempelgebühr von 30 fr. Auskünfte in allen Richtungen werden bereitwilligst ertheilt, eu „ohue Geld in Deinen Beutel!“ Dedenburg, 31. Mai 1878. Wir Schreiben diesen Auffag no unter dem Ein«­drucke der Mede des Herrn Grafen Andrasfy, als derselbe den Abgeordneten in seinem Erpose die Gründe auseinander fügte, um derentwillen er den 60 Millionen»Credit beansprucht. „Shue Beldin Deinen Beutel" Diese Mahnung Ingo’s hat unser Here Reichelangler nur zu wohl beherzigt. In zwei Sprachen, deutsch und unga­­risch, theilte er den beiderseitigen Delegationen mit aus erkennenswerther Offenherzigkeit mit, das das verlangte Leid zum­­ Ausgeben, bestimmt sei. „Na! fiehst ed, da haft ed.“ es handelt es diesmal nicht mehr dar­­um, diese 60 Millionen unangetastet in den Schrank­ des Neihafinangmitterd zu legen und sie als eine Art Sym­­pathiemittel zu­ gebrauchen. Sraf Andrasfy verläßt si nicht mehr auf die moralische Wirkung diesed Eeis­ten Kriegsschapes. Die Zeit ist vorüber, wo er meinte er werde genügen, mit dem Gelde in der Z­ashe zu flimpern, um Ni bei Europa in Mespert zu fegen. Die 60 Millionen sollen umgelegt werden, in militärischen Vorkehrungen, von denen Graf Andrasfy einige andeutet. 68 sind dies: die­­ Verstärkung der Truppen namentlich in­ Dalmatien, Bereitschaftsvorkehrungen für einige Truppenkörper und endlich Befestigungsarbeiten in Ver­­bindung mit Vorkehrungen für den Aufmarsch von Truppen. Das sind die militärischen Zwecke. Die politischen Zwecke sind, wie Graf Andrasfy mit Befriedigung hervorhebt, dieselben geblieben: Erhaltung des europäe­rischen Friedens und Sicherung der österreichischen Inter­nessen. Dieses Ziel soll erreicht werden, entweder auf dem Wege des Kongresses oder ohne Kongreß mit uns­­eren eigenen selbstständigen Mitteln. Daß im seiteren Falle militärische Vorkehrungen nothwendig sind, braucht nicht nachgewiesen zu werden. Ebenso selbstverständlich ist es, daß für den Fall, daß der Kongreß­resultat« 108 auseinandergeben sollte, Oesterreich-Ungarn gerüs­­tet sein müsse. Neu — Schreibt dad „W. “ Bl" — neu ist besonders die Andeutung des Grafen Andrasfy, dab wir all unter den günstigen Umständen auf Meinere Waff­­engänge gefaßt sein müssen. Selbst wenn der Kongreß seine Aufgabe in der befriedigendsten Weise gelöst hat, wird es es sich darum handeln, seine Beschlüsse gegen den Widerspruch einzelner Interessirter, die sich viels­leicht für benachteiligt halten, in Ausführung zu bringen. Für diese Evolution der Kongresbeischlüsse ist wenigstens ein Theil der 60 Millionen bestimmt. Ylfo, was immer geschieht, dieses Geld wird unter allen Umständen auss­gegeben. Aber so hat sich Graf Andrasfy den Verlauf der Geschichte von allen Anfang vorgestell. Er hat den Kredit bereits vor zwei Monaten begehrt, als der Vers­trag von San Stephano authentisch wo nicht bekannt war, als der Kongreß zum ersten Male in Aussicht stand. Seither hat sich nach­ mancherlei Zwischenfällen die Situation so weit geklärt, daß wieder der Kongreß vor der Thiere steht. Die politische Konstelation ist die gleiche, wie vor zwei Monaten und die Mittel zur Sicherung unserer Interessen sind dieselben. Graf Ans draffy beruft es auf seine früheren Ausführungen und erklärt: Die Zeit zum Handeln ist gelommen, der vor zwei Monaten bewilligte Kredit muß flüßig gemacht wer­­den. Dies der Gedankengang der Andraffy’schen Nede, der nach den und vorliegenden Berichten von der­­­sterreic­hisden Delegation schweigend, von den Ungarn mit Beifall aufgenommen wurde. Biel Beruhigenden haben wir auch dem Bertrage nicht erfahren, aber immerhin ist es charakteristisch, dob eine übergroße Briedendzuversicht aus der Nede, nicht hervorleuchtet.Freilich pflegen die Minister, wenn sie Geld für friegerische Zwecke verlangen, nicht die Frier den sich armei zu blasen. Unser Here Minister des Auswärtigen will dad geht aus Allem hervor — Bodnierun jeeher beses­sen und wird damit der Monarchie neue Lasten aufb­re den, einen neuen Abzugöfanal für die [wer Erworbe­­nen Steuergulden der Bürger eröffnen. Denn darüber darf man sich seiner Zünschung hingeben, daß die Bes­iegung Bosniens schwere Geldopfer fosten wird, Opfer deren Größe sie im Vorhinein kaum annäherungsweise srägen lassen. Folgt dann der Befegung die Besigergreifung, der Ofsupation die Unnerion, dann ist das Unheil erst recht hereingebroc­hen. Mit der Verlängerung unserer Grenzen in südlicher Richtung geben wir und immer größeren Gefahren preidh und wird der Schuß der Monarchie im­­mer schwieriger. Wir schaffen und selbst die Duelle ewin gen Haderd mit den andern Mächten, die stete Ursache ded eigenen Derderbend. Ein solcher Schritt fann, ja muß fi bitter rächen. Wir sind überzeugt davon, da ganz Ungarn wie ein Mann gegen die Ossupation und Am­erion Bodm­end protestiren wird. &8 fann fi) möge­licherweise bitter rächen, falls der gewaltige Herr Graf vom Ballhause in Wien gegen den Willen der Nation handeln sollte; dagegen würde man ihm begeistert entges gen­ommen, wenn er, selbst im Kampfe gegen­­ gewisse Hofströmungen, unwandelbar zu seinem Vaterlande hals­ten würde. Aber wir fürchten der Herr Reichökanzler wird bei seinem Willen beharren und dieser bedeutet für das Volk die Weisung: „Thue Geld in Deinen Beutel!" EEEEEEREEEREREZEEEBEREFEEEEEEETETR Ungarische Zustizzustände, "3 ist eine traurige und dur F eine offiziöse Schönfärberei zu bemäntelnde Thatsache, dab die Neu­sultate der Kodifikationswuth die Interessen der unga­­rischen Zustiz von Jahr zu Jahr mehr schädigen. Wir gehören nicht zu den en­agirten Lobrednern der „guten, alten Zeit“ und wollen es ausdrücklich betonen, daß nichts Ungarn so Noth thut, ald eine den modernen Rechtsprinzipien entsprechende, aber all die eigenthüms Sn­en geuillelen. Ein halbes 2008. *) Erzählung von Angyalffy Marie. 3dy bin doch neugierig, Frau Nachbarin, ob die Heine Anna da drüben fi erfrechen wird, auch jept noch den Bieutenant zu empfangen, jept, wo ihre Diutter tobt, und sie allein ist. Damit zeigt die Spreerin auf eine der Ihrigen gegenüber liegenden, fest geschlossenen Thüre, er war übrigens schon lange nicht hier! Nun ich glaube da nicht, daß sie so unverschämt sein wird, meinte die ristliche Frau Nachbarin in einem Tone, welcher deutlich bewies, daß ihr das Eintreffen ihrer Prophezei­ung bei weitem weniger­­­ergnügen bereiten würde, als das Gegentheil. Beide Nachbarinnen waren von so untadelhaftem Charakter, daß sie umsonst in der geräumigen Neitschule ihres Gewissens nach irgend einem Fehler gesucht hätten, weshalb sie sorgfältig nach joldyen bei ihren Nebenmenschen forschten und ihre Ent­­deckungen nebst mathematischer Genauigkeit, mit chrifte­licher Liebe und Nachsicht erörterten. Cody sehen wir und nach dem Gegenstande um, der die beiden Harpyen, pardon­­ Grazien, in diesem Momente besräftigt. Wir treten durch eine Feine, aber höchst reinliche Küche in ein ebenso feines, aber nicht weniger nettes freundliches Zimmercen. Bei dem einzigen, vorhandenen Fenster, worauf zwar feine Azaleen und noch weniger Lamelien, wohl aber Nelten, Sammerlerfogen und Releda zu finden waren, welche das feine Gemach mit ihrem herzerquickenden Dufte erfüllten, sab bei ihrer *­ Nachorud nur mac) vorher eingeholter Bewilligung der Berfafierin geflattet, Näahmab­ine, das liebliche Schwarzlöpfchen nachdenklich in die rechte Hand gefrügt, ein wunderhübsches junges Mädchen. Das pehsschwarze, seidenweiche Haar war glatt nach südwärts gelämmt, die dichten Zöpfe hingen zwanglis hinab. So schlicht wie ihr Köpfchen, war auch ihre übrige Toilette geordnet. Ein Kleid von indigo- blauer Leinwand umschloß ihre schlanke Taille, und auf die Bezeichnung Inruriös, durfte höchstens die Sticherei auf der blendend weichen Schürze Anspruch machen. So einfach, wie dieser Anzug, war auch das Meine Semad ausgestattet. Zwei Betten, welche gewiß in feiner „Möbelfabrik," sondern in der „Werkstatt“eines Meisters aus den Zeiten Saiser Karl VI. das Licht der Welt erblickten, welchen Umstände sie unzweifelhaft an das Glück verdienten, ein so hohes Alter erreicht zu haben. Gleichen Alters war auch der kolossale Schub­­ladfasten, auf welchem ein Sheuzifir unter Sturzglas, eine Stobuhr und das Kaffeeservice der jüngst erst in ein besseres Sensen­d eingegangenen Gebieterin Diejed winzigen Reiches prangte. Gin Sopha von echtem ®radl, vor welchem der schwerfällige Eichentisch stand, welcher als Speiser, Salons, Spiele und Toilettentisc zugleich diente. Diejed Sopha war an zahlreichen Stellen bereits höchst eigenhändig renovirt, welche Neurvtrungen jedoch Anna durch Schugtüchelchen sorgfältig maßfixt hatte. Weder diesem Sopha hing ein nicht allzu großer Spiegel,­­ hätte Nennen in Wirklichkeit so auchge­geben, wie sie in diesem Spiegel aussah, wahrhaftig, ihre liebenswürdigen Nachbarinnen hätten es nicht der Mühe werth gefunden, sie so gewissenhaft zu beobachten. So war denn die Nahmaschine, auf welche Renns­chen fie ftüpte, das modernste Stück und in ihrem forgenvollen Mienen, den traurig gesenkten Augen kann man mit leichter Mühe die Brage lösen, mit welcher das liebliche Mädchen ich beschäftigt, die Frage, woher sie wohl die nun bald fällige Rate nehmen werde. Denn, obwohl sie ihre Händchen fleißig rührte, Diele mit Hilfe ihrer Maschine ein schönes Geld verdienten, so war doch dur, die langwierige Krankheit ihrer Mutter, durch deren Tod und Begräbniß ihre Heinen Ersparnisse bis auf den legten Kreuzer aufgegangen. Und seit man ihr liebes Mütterchen hinausgetragen hatte, seit sie allein zurücgekehrt war in ihr Stübchen, welches ihr früher trog feiner Armuth so m­außspreche­lich lieb war, seit sie si in den spärlichen Feierstunden nicht mehr an den warmen treuen Mutterhufen Schmiegen konnte, seitdem wollte die Arbeit nicht mehr von­statten gehen. Lange Pausen unterbrachen das monotone Ges­­auf ihrer Maschine, die Heinen Händchen lagen uns thäutig im Schooße und in ihrem Köpfchen schwirrte ed, Schmerz und Sehnsucht, Zweifel und Hoffnung rangen hartnäckig mit­einander um die Oberhand. Selbst die innige Liebe, welche sie für Nikolaus Hermann, den von Nach­barinnen Anna’s erwähnten Lieutenant fühlte, wurde durch den Schmerz um den Verlust ihrer Mutter weit in den Hintergrund gedrängt. Und nun war er noch obendrein so ferne von ihr! Nikolaus Hermann war der einzige Sohn einer steinreichen Witwe, welche ein Zwittergeschöpf zwischen Bauer und Gutsbesiger bildete. Schon ihr Vater war von der Manie ergriffen, sein Bauer sein zu wollen, ein Zeichen, daß er nicht wußte, was er mit seinem Gelde anfangen solle. Er hielt si einen Berwalter, welcher übrigend nur eine Statistenrolle in­ seinem Hause spielte. In einem Punkte jedoch gab er dem jun­­gen Manne willig nach, nämlich im Einschaffen von Maschinen, jedoch nur darum, weil die Bauern derlei Neuerungen spinnefeind waren. 4 A A 4 SI

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