Oedenburger Zeitung, 1879. April (Jahrgang 12, nr. 40-52)

1879-04-02 / nr. 40

Das Municipal-Statut der Stadt Oedenburg und die Beamtenwahl. *) Zu Beginn Dieses Jahres hätte nach den geieß­­lichen Bestimmungen die Restauration des städtischen Beamtenkörpers stattfinden sollen. Die Vertretung Deden­­*) Diesen uns von unterrichteter Seite zugenommenen Ar­­tikel glaubten wir der Deffentlichkeit nicht vorenthalten zu sollen, wir mit einer bäutenen Hofen auch noch fertig zu werden wissen. Und wenn ich ein Fahr lang mit dem Reder zu thun hab’, dem ungarischen Herlaufer zu Trug machen wir dem armen Bahrüppel das Gewand." Mit aller Höflichleit bat er sich vom Nüppel die zugespnittenen Stücke aus, wir arbeiteten daheim zwei Wochen lang, da war unser ganzer Madelvorrath alle, waren unsere Finger versteift und zerschunden, aber Hosen und Sanier waren fertig. Und am nächsten Sonntage auf dem Skirhplaß zu Bi­htad prangte der Badkrüppel in seinem neuen Leder und schrie ed Jedem in's Bericht, er wisse auf der Welt seinen besseren und wohlfeileren Schneider, als den Naß. Der habe ihm die Schafe» und Bade­­bäute — man müsse nur wissen, was das heilte, mit so­ einem Leder arbeiten! — wie an den Leib gegosfen. Sein Lebtag habe er no fein Gewand gehabt, das ihm so gut gepaßt, als wie dasmal die neue Kluft (der neue Anzug.) Und sonst, er gebe ihm freilich armselig, weil er und sie fortweg so viel an Gicht und Gall’ litten, doc er hätte dem Meister gerne ber­zahlt, waß recht gewesen. Über der Meister hätte auch nicht einen Kreuzer angenommen, und so ein braver Mensch, wie der, wäre ihm, dem Müppel, noch nicht vorgekommen. Ohne geladen worden zu sein, wäre er mit seinem Gesellen, der auch so viel ein­handsam Bürfchel fe, gekommen, daß er dem armen Steinhänds­ler das Gewand mache; und in der Kost und Ver­pflegung seien sie nir ein Biffel wunderlich gewesen und wenn er, der Badkrüppel, jemand einen Schneider zu müffe, so jage er: Der Nap und nur der Nap! ! Weit und breit wurde das bekannt, er drang auch zu den Ohren des ungarischen Schneiders Stefan, der wurde grün und gelb vor Arzger. Und das war unsere Benugthuung­ sirnst,bringt sich der Thräne des Mitgefüsbls aus dem Auge des Könige. Der Stand, der am meisten gelitten hat, durch die Katastrophe von Szegedin ist der Mittelstand. Den Grunde und Bodenbefig ist nur wenig durch das Unglück alterirt. Der Arme hatte nichts zu verlieren. Nur der Mittelstand ist gänzlich zu Grunde gerichtet. Ihm gebührt die größte Fürsorge Seitens des Staates, denn er bildet vorzugsweise das Berment an @eilted­­frau­ und Stabilität, er Schöpft seine Existenzberechtigung aus sich selbst, er bildet das Bindemittel zwischen dem Kapitalisten und dem Proletarier, er repräsentirt Die Blüthe der Nation. Ein gesunder Mittelstand ist der Grundpfeiler eines jeden Volkes, die sicherste Stage der Staaten. Die allerwärts zu Tage tretenden Erscheinuns­sen von der Lage des Mittelstandes lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, daß der Mittelstand Uns­garns nicht nur sept in Spegedin, sondern überall in den Städten sowohl, wie nicht minder der auf dem Lande in Verfall gerathen ist. Wer hatte «8 noch nicht selber empfunden, oder wenigstens die Klage vernommen, daß der große Theil der Lasten des Staates die Schultern des Mittelstandes bedrühen, daß der Mittelstand ohne sein Berfchulden arm und herabgefommen, die unzufriedensten Elemente in fi birgt und in strafwürdiger Apathie hinsiecht. Dieses Zerfallensein mit sich und der Welt theilt der Gelehrtenstand mit dem Stande der Gewerbe treibenden, welch ersterer jedoch viel gefährlicher für die Gesellsshaft ist, als der Septe. Was ist aus dem gewerbetreibenden Mittelstande Ungarns geworden seit der unglückeligen Einführung der Gewerbefreiheit ! jener Theil der Gewerbetreiben­­den, der dieser Freiheit noch nicht zum Opfer gefallen ist und sie mit außerordentlicher Kraft und Kunstents­taltung auf der Oberfläche noch erhält, wird immer Heiner, die andern schleichen nur noch mechanisch hin durch Leben, arbeiten von der Hand in den Mund, zahlen Steuer bis ihnen ihr Irgted Kopfliften veräußert wird und verfinfen immer tiefer In den Abgrund aus dem sein entrinnen möglich­ ist. Ebenso schlecht wie den Gewerbetreibenden geht es aber an den meisten Advok­ten und dem größten T­eile der Beamten. Erwerb und Gehalt sind unzu­­länglich zur solgenfreien Existenz. Darum ist heute der Beifall des Mittelstandes eine Thatladhe und die wich­tigste foetale Frage geworden, an deren Lösung die Landesregierung früher oder später wird schreiten müssen, sollen die schäumenden Wellen nicht über ihrem Haupte zusammenschlagen und eine Katastrophe herbeiführen, deren Ausgang unabsehbar und jeder menschlichen Vor­aussicht sich entzieht. Nur durch Kräftigung und Wieder­herstellung eines gesunden Mittelstandes bethätigen die maßgebenden Sreife ihre Sympathien für Ungarn. burgs beschloß jedoch, zuerst daß seit 6 Jahren gültige Statut abzuändern, und bernac die Wahlen vorzunehe­men. Man glaubte vermutlich­, daß den zu wählenden Beamten das Statut, welches ihre Wirksamkeit bestimmt, fertig vorliegen müsse, und dachte si offenbar die Um­­arbeitung viel leichter. Wir sind weit entfernt davon, das bisherige Sta­­tut für vollommen zu halten, und stimmen mit jenen überein, welche eine Revision für nothwendig erachten. Alein nach unserm Dafürhalten hätte diese nicht seit, wenigstens nicht vor der Beamtenwahl, in Angriff ges­nommen werden sollen. » Unsere Gründe sind folgende : 1. Die Umarbeitung des Statuted ist eine schwere und langwierige Arbeit. Dasselbe sol vollständig und ber stimmt, möglichst kurz, und dabei gut stilifirt sein ; diese Aufgabe ist nicht leicht zu lösen. Ein mangelhaftes Statut haben wir ohnehin, um aber etwas gediegenes zu schaffen, dazu gehört außer­dem Verständnisse viel Zeit und viel Bleib. Die Sommission arbeitet nun s­chon mit anerkennend wertlichem Eifer bei 3 Monate, und das Ende der Arbeit ist noch nicht abzusehen. Wenn aber die Commission fertig ist, beginnt erst die Berathung in der General-Versammlung, und dann folgt das Hin­­und Herschreiben zwischen Stadt un­d Ministerium, wor­bei die Alten bekanntlich jedesmal hier und in der Hauptstadt eine Weile liegen bleiben. Man tröste sie übrigens damit, daß auch in andern Städten die Res­­ision des Statutes Monate, selbst Jahre lang dauert. 2. Gegenwärtig aber haben wir nicht Zeit zu warten, weil die Beamten-Restauration drängt. Sie drängt des­­halb, weil sie nach dem Belege alle sechs Jahre vorzus­nehmen ist, also eigentlich s­chon vollzogen sein sollte, und weil das Interesse der Stadt die baldige Wahl fordert. Man wende uns nicht ein, daß ja die Geschäfte durch die jenigen Beamten versehen werden. Wir wollen den Beamten nicht zu nahe treten, allein daß die gleich einem Dampflos-Schwerte über ihrem Haupte hängende Wahl für die berufsfreudige, ruhige, unparteiliche Ges­chäftsführung nicht gerade förderlich sein kann, wird man gewiß zugeben müssen. Dazu kommt, das das Haupt der städtischen Verwaltung gar nicht weiter die­­nen will, sonder­n schon sein Pensions-Dekret in der Zajche trägt. 3. Die schleunige Revision des Statuts ist aber auch nicht­ nothwendig. Das alte Statut konnte ruhig so lange belassen werden, bis das neue ohne Ueberstür­­zung ausgearbeitet ist. Die neuen Beamten könnten eben­so gut auf Grund des bisherigen Statutes am­­tiren, wie «8 gegenwärtig die alten thun. Die wichtig­­­en Bestimmungen, nach welchen vorgegangen werden muß, sind ohnehin im Gelege enthalten. Täuschen wir und auch nicht über den Einfluß des Gefeges und des Statutes. So wichtig und unentbehrlich auch beide sind, eine gute Verwaltung machen sie noch nit. Zu dieser gehören ehrliche, fähige, fleibige Beamte, vor allem aber ein feiner Stellung gewachsener und dieselbe mit Luft und Eifer versehender Bürgermeister, ferner eine gewissenhafte, leidenschaftslose Verhandlung in der Ge­­neral-Versammlung, und eine gründliche Vorbereitung der Gegenstände. Statut und Beleg sind nur das Werkzeug, mit welchem, die Richtschnur, nach m welcher gearbeitet wird. 4. Die NRevision des Statutes ist aber in Anbes­teacht der bestehenden Parteibildung und wegen wichtiger Prerion als Verhältnisse für den Augenblick nicht einmal zweckmäßig. Bekanntlich s steht im Municipal-Ausruffe der „Kortschritts-Partei“ eine wohl geschulte und vor»­zügliche Kräfte zählende Partei gegenüber, deren haupt«­fahhliches Interesse zusammenfällt mit jenem des katho­­lischen Convented, oder um deutlicher zu reden, deren Zweck die Uebernahme der städtischen Patronatsrechte durch den­­ katholischen Gonvent bildet. Die General« Bersammlung hat sich diesem Convente gegenüber biß«­ber unschlüffig und ohnmächtig gezeigt. Die Geneigtheit zur Unterh­andlung bezüglich der Medergabe der Patro­­natsrechte, wurde zwar ausgesprochen, allein die­­ Ver­­schleppung der Angelegenheit, und einerseits das sehr passive Verhalten der Stadt, andererseits das sehr active Vorgehen des Konventes, haben es dahin gebracht, daß mittlerweile, „da die diesbezüglichen Verhandlungen so jeher verzögert werden,­ fast ammtliche Patronats­­rechte durch den Gonvent occupirt worden sind. Nun ist aber ein vollständiges Statut ohne Berührung der Patronatd:verhältnisse nicht denkbar, und so lange nicht der gegenwärtige Zustand geregelt ist, kann das Statut nicht richtig verfaßt werden. Die indirekte Anerkennung des status quo im Statute würde dem Rechtsgefühle widerstreben, und das Ansehen der Stadt non mehr als er schon der Fall ist schädigen. Bei allen Dingen sind also nach unserer Auffassung die Verhandlungen mit dem katholischen Gonvente einem Ende zuzuführen, dann erst soll das Statut abgeschloffen werden. Diese Aufgabe ist aber dem im Scheiden begriffenen Bürger­­meister nicht zugumutbhen, dazu gehört der neue. Wir geben uns auch der Hoffnung bin, daß nach Austras gung dieser Verhandlungen eine naturgemäßere Parteis­bildung Plap greifen werde, was auch für die Statuten- Nevisien nur vortheilhaft sein könnte. Berner ist bei Berathung des Statutes die Mit­wirkung von Beamten, namentlich aber bei Bürger­­meistern, welcher in erster Reihe für eine gute Ndmini­­stration verantwortlich ist, kaum zu entbehren. Allein auch diese Arbeit ist dem jenigen Chef der Stadt, trog seiner reichen Erfahrung, um so weniger aufzuerlegen, als eh ja doch sehr fraglich wäre, ob er es seinem unbe­­­kannten Nachfolger zu Dant machen künnte . Mann aber, in welchem man so wenig Vertrauen fch will, daß man ihm bei Berathung des Statutes Stimme zugesteht, wähle man lieber gar nicht Bürgermeister. Was ist also mit dem Statute zu machen? Wir glauben, die Commission möge ruhig und sohne Ueber­stürzung weiter arbeiten, und ihren Entwurf seiner Zeit dem Bürgermeister übergeben. Der Werth des Elaborats wird fur einen etwas später und vielleicht unter an­­deren Verhältnissen statt­findenden Abschluß der Revision nicht vermindert werden. " I. Die Beamtenwahl aber sol nicht abhängig ger­macht werden vom Bustandekom­men des Statutes, son­­dern wäre je­d­er vorzunehmen. Die Männer, welche die Stadt vertreten, und welden das Gefüg die Wahl der Beamten sowie die Leitung und Kontrole der städtischen Angelegenheiten, das Wohl und den Eädel ihrer Mitbürger anvertraut, mögen wohl bedenken, daß und nicht starres Seh­halten an unzweckmäßigen Bes­chlüfsen frommt, sondern dah die Wahlen nur ohne Nachheil der Stadt noch weiter verschoben werden könnten. Man berathe den Personals und Salarias Sta­­tus eingehend, unterbreite denselben dem Minister, und nehme in der Ueberzeugung, dab­ei sich nit um direkte oder Indirekte Versorgung von amtsbedürftigen Freunden und Parteigenossen handeln könne, sondern daß einzig das Erforderung des Amtes zu beherzigen sei, die eben­so nothwendige als folgenschwere Wahl vor. Bezüglich des Personale und Salarial- Status können wir, obwohl derselbe wo nicht endgültig recht« gi­t ist, einige Bemerkungen nicht unterdrücken. Die Gehalte aller städtischen Beamten erforder­ten bisher jährlich ohne die Natural-Imolumente 79.776 fl., ud sollen nach dem neuen Plane 79.931 fl. betragen, wozu aber die Krankenhauskaffa und der Reserve-Fonds der Waffenfate gegen 2000 fl. beitragen. Dian hat im neuen G Statuts bei den meisten, namentlich bei allen besser gestellten Beamten Abstriche in Vorschlag gebracht, und überdies zur Schonung des Penfiond-Bonds alle Bezüge von 700 fl. an in Gehalt und Quartiergeld getrennt; nur bei wenigen Beamten wurden Aufbesserungen vorgeschlagen ; einzelne Stellen solen aufgelassen, andere neu geschaffen werden. Die projectirten Abstriche und selbst die Theilung in Gehalt und Quartiergeld werden bei jenen Beam­­ten, melche wieder auf ihren alten Posten gewählt wer­den, kaum durchzuführen sein. Es wäre nur nur ein oft größter Härte, die bisherigen Beamten in ihren Bezügen und Pensions-Ansprüchen ungünstiger zu stel­­len, es wäre selbst ungerecht. Mit dem Grlage des er­sten Pensions- Betrages erwarben die Betreffenden nicht blos die Hoffnung, sondern an das Mnrecht auf die im Pensions- Normale zugesicherte Pension. Wenn aber eine Schmälerung der Pension nicht zulässig ist, kann man auch die Pensions-Beiträge nicht herabsehen ; were bleiben die Beiträge wie bisher, so darf man au an den Gehalt nicht rühren. Die beantragten Whitriche könnten daher tüglich nur neuen Beamten gegenüber oder zum Theil bei Avancements Anwendung finden. Allein diese beiden Bälle werden nur oft verkommen. Die alten Beamten, insofern­ sie brauchbar sind und sich nichts zu Schulden kommen ließen, werden wieder gewählt werden. Dafür bürgt das Billigkeitsgefühl der Wähler ; es ist aber auch zweckmäßig für den Dienst, und das wohl­­feilste,­ jeder ausbleibende Beamte müßte eine Pension oder Abfertigung erhalten. Neuen Beamten gegenüber und bei Avancements könnte man das vor jedhs Jahren versäumte nachholen und auchiprechen, daß ein Theil der Bezüge, z. B. ein Bünftel, als Quartiergeld behandelt, folglich mit sei­­nem Pensiong-Beitrag belastet und bei der Pensionie­rung nicht berücksichtigt werde ; wir würden all dies aus ökonomischen Gründen und nach dem Beispiele des Staates empfehlen. Neu zu belegen ist die Stelle des Bürgermei­­­ters ; allein dessen Bezüge würden wir, abgesehen von der Trennung in Gehalt und Kartiergeld, in Anbe­­tracht der Wichtigkeit dieser Stelle nicht herabfegen. Der Bürgermeister ist wie ein General; die besten Soldaten ohne gute Führung kämpfen umsonst, und ein überlegener Beldherrnstalent wird selbst mittelmä­­ßige Teupen von Erfolg zu Erfolg führen. Der Bür­­germeister, wie wir ihn im Auge haben und wie ihn Dedenburg braucht, sol ehrlich und unparteiish, ver­ständig und umsichtig, thatkräftig und eifrig, sparsam und ordnungsliebend sein. Glaube ja niemand, daß ein Mann, welcher diese Haupt-Eigensgaften nicht besigt, sie alle Bürgermeister erlangen oder an ohne sie gel­aügen werde, seien wir aber auch überzeugt, daß ein guter Bürgermeister den bisherigen Gehalt verdient, und daß er die Differenz von 200 fl., welche in Frage steht, mit Wucherzinsen einbringen werde. Die möglichen Gehalts-Reduktionen würden, wenn man die alten Beamten nicht verkürzen kann und den Bürgermeister nicht schlechter stellen sol, auf ein Mie­nimum zusammenschrumpfen, so da wir der Einfachheit und Gleichförmigkeit wegen und anzurathen getrauen, die bisherigen Gehalte nicht herabzufegen, sondern nur bei neuen Beamten und im Falle eines Mpancements einen Theil der Bezüge als Quartiergeld zu behandeln. Die Auflasfung entbehrlicher Stellen billigen wir. Dagegen würden wir in Anbetracht der ohnehin drüs­tenden Lasten die Gehalts­vermehrungen und die­se

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