Oedenburger Zeitung, 1879. Mai (Jahrgang 12, nr. 53-65)

1879-05-02 / nr. 53

SEELEN IERTE: EHE , «.«-- -,'··«’- .- ."··-«-.---«--.s ...,«. . ... . . Mi tosende Lärm der Ovationen zur silbernen Hochzeits­­feier,aber der Tonschmke des Königs wird nie in unseren Herzen verklingen;lebhaft werden wir ihn in jedem Pulsschlagrauschen hören,wenn auch schon längst das Gepränge der Festlichkeiten der Chronik verfallen sein wird. Unsichtbar,aber diamantenfest schlingt sich Ein Band um die Seelen des Monarchen und seiner­ Bür­­ger;die begeisternde Glut der Jubeltage hat die Her­­zen der­ Landeseltern ull ihrer Kinder(die verschie­­denen Völker)in Eins geschweißt und Nichts und Nie­­mand kann sie ferner voneinander reißen. Wir können dem Monarchen nur bepflichten,wenn "er in den herrlichen Liebes-Kundgebungen der letzten Tage für alle trüben Erfahrungen der Vergangenheit Erlag findet, denn Stunden, wie sie Desterreichs Herrscher jüngst verlebte, können wahrlich Jahre des Leides und der herben Prüfung aufwiegen! Franz Kofer der Erste ist mit feinem N­eih duch Nacht zum Licht empor gewandelt, er steht jet auf jener stil­­len sonnigen Höhe, wo Kürst und Rolffich geläu­­tert zusammenfinden, um den ferneren Pfad für alle Zeiten in Frieden und unzertrennlich zu­­rückwiegen,­ und die Glodenslänge die zu des Königs zweiter Hochzeit mit der geliebten Landesmutter El­i­­sabeth feierlich ertönten und Eintracht bedeute­­ten, nicht nur zwischen den kaiserlichen Ehegatten, son­­dern an zwischen ihnen und hren vielsprachligen Belfern — die Jubelhymen, die aus zärtlich liebenden Herzen stammend, zu dem Herrscherpaar wie Weihe­­rau empor drangen, sie seien und noch in den spä­­testen Tagen allgegenwärtig, und was auch kommen möge, gar niemals gänzlich verflungen und ver­rauscht. Man darf Tausend gegen Eines wetten, daß die Wählerlisten im kommenden Jahre no ärgere Ver­­wüstungen aufweisen werden. So, wenn es so fortgeht, wenn nicht rasch und entschieden eingegriffen wird, wenn nicht irgend ein vernünftiger Modus vivendi erdacht wird, dazu be­­stimmt, der allgemeinen Berahmung Schranken zu jegen, Gewerbe, Handel und­­­erkehr der Stagnation, die Alles zu verschlingen droht, zu entreiffen, und den hei­­mischen Erwerbs-Verhältnissen einen neuen Aufschwung zu geben, dann wird der Fall eintreten, daß den 1200 Höchsstbesteuerten der Landeshauptstadt, kaum so viel, viel­­leicht gar nur halb so viel aus der übermächtigen Gruppe der Nichtvirilisten gegenü­berstehen werden. Die Tausende der übrigen Wähler werden ihres Wahlrechtes verlustig gehen, weil sie im Kampfe um das tägliche Brod­trog der verzweifeltesten Anstrengun­­gen nicht so viel verdienen können, um ihre Steuer­­schuldigkeit rechtzeitig abzutragen. Tritt aber dieser Fall ein, dann kann es sich so­­gar ereignen, daß selbst die Phalanz der Virilisten er­schüttert wird, und dann sind wir am Ende aller Dinge angelangt. Wir glauben, daß der Zustand unserer haupt­­städtischen Wählerlisten die volle Aufmerksamkeit der Negierung verdienen würde. Dieselben sind ein Spiegelbild unserer wolfe­­wirthschaftligen Verhältnisse, das zu ernstem Nachden­­ken herausfordert. Das Sammerbild, als Illustration der M­äp­­lerlisten. Oedenburg, 30. April 1879. Immer schwerer werden die Zeiten, der Erwerb im Lande fliegt im umgekehrten Verhältnis zu den Strömen: Donau, Theiß und Maros in Ungarn, von Tag zu Tag spärlicher, und wie diese aus ihren Bet­­ten treten und Land und Leute verschlingen, so versie­­gen — umgekehrt — die Quellen des Ersteren und legen den fleisigen Bürger derart auf’8 Trodene, daß wieder Existenz und Eigenthum der Ungunst der Zeit­­verhältnisse zum Opfer fallen. Ein wahres Jammerbild, liefern Dießfalls die heutigen landeshauptstädtischen Wählerlisten, gleich­­sam als traurige Illustration des alle Geschäftstkreise bedrohenden pekuniären Nuins. Es klaffen in den ge­­daten Listen Türen, die beredter sprechen, als spalten­­lange Abhandlungen über das Elend unserer Tage. Bekanntlich ist nur derjenige Bürger Wähler, und wird nur Der als Solder in die Wählerlisten aufgenommen, der am 15. April des laufenden Jahres die Steuern für das Vorjahr vollständig entrichtet hat. Nun, die M Wählerlisten, wie sie für das nächjfte Jahr in Reit aufliegen werden, bieten ein trostloses Bild. Es ist eine traurige Aufgabe, die Verwüstungen, die sich hauptsächlich in den Reihen der Kleingewerbe­­treibenden und Kaufleuten, aber auch im jenen haupt­­städtischer Advokaten und Aerzte zeigen, mit aufmerk­­samen Auge zu durchforschen. Wenn man weiß, wie sehr gerade in diesen Kreisen die Ausübung des Wahlrechtes hochgehalten wird, wie der Heinste Gewerbetreibende seinen Stolz darein seht, als Wähler an die Urne treten zu können, wenn man sich des Feuer-Eiferd erinnert, mit dem beispielsweise bei den vorjährigen Reichstags-Wahlen gesämpft wurde, dann wird man die Größe des Elends beurtheilen kön­­nen, das herrschen muß, wenn­ Leute, die ihren höchsten Stolz darein legen, Wähler zu sein, aus Mangel an Erwerb diesem schönsten konstitutionellen Rechte schwe­­ren Herzens entsagen müssen, weil sie die Steuern nicht erschwingen können. Wenn er so in Budapest aussieht, wo doch das großstädtische Leben, weit mehr Hilfsquellen dem Erwerbssuchenden gewähren, als in seinen Städten, wie erst steht er in der Provinz! Der bemittelte Provinzbewohner det in der Regel seinen Bedarf, wer nigstend was Lurusartiftel anbetrifft, doc bei gelegentlichen Besuchen in der Residenz , und für den Ort, wo er eben domizilirt beschränkt er ft auf den Einkauf des Allernothwendigsten, daher ist dem Ges werbetreibenden nur in den seltensten Fällen Aussicht auf großen Abtrag feiner Waaren geboten, oder aber er muß sich mit dem bescheidensten Gewinne begnügen. Und so ist natürlich, daß — wie das „N. PB. 2.“ schreibt — die Noth­ei­ immer verheerender nach oben Bahn bricht, was auch und zwar insbesondere durch die Thatsache bewiesen wird, das selbst viele Apparaten und Aerzte, also Männer, die schon aus Achtung vor ihrer gesellschaftlichen Stellung, die sehwersten Opfer bringen müssen, um ss wahlfähig zu erhalten, dem Druck der Zeit erliegen, und nicht im Stande sind, ihr Wählerthum aufrecht zu erhalten. Weld’ ein grausiges Bild ein­er entfeglichen Noth­­lage entrollt sich, da vor dem Blide des warmfühlen­­den Patrioten, und well eine Fülle von Elend gähnt und aus diesen klaffenden Lücken in den Wählerlisten entgegen Noch hat fi nichts zum Befreien gewendet. Unsere materielle Nothlage nimmt immer größere Dimensionen an. Lokales * Allerhöchfte Auszeichnung. Le Ma­­jestät der Kaiser und König hat dem Hauptmann im 72 Infanterieregimente Hrn. Baron Rudolf Potier des Chelles in Anerkennung seiner literarisgen Leistungen die goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft ver­­liehen. Baron Potier ist ein Cousin des Redak­­teurs dieser Blätter. * Allerhöchste Spenden­de Majestät der König hat der Schulgemeinde Langegg im politis­­chen Bezirke Waidhofen a. d. Thaya zum Schulhaus­­baue 400 fl. und der Gemeinde Pirk zum Aufbaue der abgebrannten Ortskapelle im eigenen und im Na­­men des Kronprinzen 200 fl. gespendet, ferner hat­te. Majestät der israelitischen Kultusgemeinde Teltih 109 fl. gespendet. * Audienz. Unter anderen vornehmen Persönl­­ichkeiten und Körperschaften, denen die hohe Auszeich­­nung zu Theil wurde, ihren Majestäten zur eier der silbernen Hochzeit mündlich ihre ehrfurchtsvollen Huldigungen zu Füssen legen zu dürfen, befand si auch die Frau Obervorsteherin des hiesigen Offiziers­­töchter-Institutes. Wir erhalten nämlich diesbezüglic von befreundeter Seite folgende Mittheilung : „Die beiden Obervorsteherinen der Offizierstöchter-Institute zu Hernals bei Wien und Oedenburg, Frau Adele von A­rbler und Frau Mingazzi Edle von Mopi­­gliano, wurden mit je zwei Zöglingen in besonderer Audienz von ihren Majestäten empfangen, um die Huldigungsadressen ihrer respetiiven Istitute zu über reichen. Das allerhöchste Herrschrpaar geruhte beide Damen überaus huldvoll aufzunehmen und denselben zu eröffnen, daß Se. Majestät der König, zur bleiben­­den Erinnerung an das übelfest, für beide Anstalten 20 neue Stiftungspläne (was wir bereits gemeldet haben) zu frei­en, hochgnädigst befunden habe. Auch an jede der mit erschienenen Elevinen richteten die Majestäten huldreichst das Wort. Die Audienz wurde am 24. d. um 1 Uhr Nachmittags im Alexander-Saale ertheilt. ? * Rein Silberagir-Zuschlag Nach einer Mittheilung der E. ung. Eisenbahnen- und Sciff­­fahrt-General-nspektion wird für den Monat Mai 1. 3. sein Silberagio-Zuschlag berechnet.­­ Trangferirt wurde der hier wegen seiner Kordialität allseits geirägte Herr Hauptmann Julius Eder des Neserve-Regimentes "Baron Knebel" Nr. 76 und zwar zum eigenen Feldregimente nach Bosnien. Statt dieses Herrn Hauptmannes wurde der gleichfalls in den hiesigen distinguirten Sreifen vortheilhaft be­­kannte Herr Oberlieutenent Emil Battistig Edler von Tauffersba hieher transferirt. Seit Letem v. Mts. ist der über den Winter hier etabliert gewesene Equitations-Lehrkurs für Kavallerie-Offiziere beendet und haben sich die Herrn Frequentanten wieder zu ihren respektive Regimentern begeben. Die au­fseits an­­erkannte Liebenswürdigkeit der betreffenden Herren Offiziere hat das Scheiden derselben den Mitgliedern der von ihnen frequentirten Kreise sehr s­chwer gemacht. Den Herren folgen die Herzlichen Abschiedsgrüße der hiesigen Bevölkerung. * Der 1. Mai ging gestern zwar unter lachen­­dem Sonnenschein, aber trog dem bei empfindlicher, um diese Zeit seltener Kälte ins Land. Des Morgens hatten alle stehenden Wäfser eine Eisrinde von mehr als einer Linie Dice. Die rühblühenden Bäume, welche längst von im weißen Brautstaate, auge- und herzerfreuend, zum Empfang des Yenzes sich gehülft hatten, mögen durch den Frost sehr gelitten haben. Wohl trat in dem Maße als der Tag­wuchs eine mildere Temperatur ein, aber „Mailüftchen” wehten da nicht, sondern recht unerquicklich ließ si der Windeshauch an, so daß man si gerne fester in feine Kleider widerte. Des Morgens wurden wir Deden­­burger mit einer musikalischen Tags­rev­eille, erecutirt von einigen tonkundigen Mitgliedern des hiesigen Zorn- und Feuerwehr-Vereins, angenehm überrascht und den Armen des Morpheus durch weithin tönende Meärsche beliebtester Komponisten entrisfen. Die Musiker waren mit sichtlsicher Liebe bei der Sade, insbesondere der die türkische Mufik besorgende Theil Ihonte­fi­ und die große Trommel nicht, dennoch erwec­e in­uns der Totaleindruch, den diese Kapelle machte den leb­­haften Wunsch in uns, die von so oft, leider ver­­geben­s angeregte „Idee, ein­tädtisches Musik­­corps hier zu gründen, neuerdings aufzufrischen. Für eine Stadt von der Bedeutung Oedenburgs, die mit ihren mehr als 20.000 Seelen und ihren vielen, im Laufe eines Jahres fr­eigebenden Anlässen dringend einer Musikapelle bedarf, ist es eine fast­ unabweis­­lich­e Nothwendigkeit eine eigene Stadtkapelle zu treiben. Wir wollen den Kunstproduktionen der Herren Ladenbacher und Wandorfer Musiker nichts Schlimmes nachreden, denn oft mußten wir froh sein, daß wir die hatten, allein Dedenburg Fan sehen auf gediegenere Leistungen im Hehren Neiche der Töne An­­spruch machen und ein tüchtig geschultes Dorchester­ er­­halten. Wie wir vernehmen besißt der Turn und Feuerwehr-Verein einen ziemlichen Vorrath bräugbarer Vinyil-Instenmente, es würde sich also höcstens um Heine Nachihaftungen und einige Reparaturen handeln und was die Erhaltung des Personales einer Stadtkapelle betrifft, so würde si­e dieselbe fur den Ertrag der­ Produktionen, zumal in dem Falle jelber deden, als vielleicht der jeweilige Theater-Direktor ver­­pflichtet würde, diese Stadtkapelle seinem Orkester ein­­zuverleiben. Natürlich müßten die Musiker — deren «8 in Diedenburg übrigens genug gibt — stets gut, nach alten Regeln musikalischer Zenit, von einem erfahrenen, intelligenten, praktisch und theoretisch gebildeten Kapell­­meister, instruirt werden. Ein solcher Mann wäre bei­­spielsweise der bisherige Theaterkapellmeister Herr Jaroslav Jungmann, ein wahrer Künstler in seinem Face, der auch sehr gerne fur eine derartige, feine Existenz frem­de Stellung sich in Oedenburg firm­en würde. Und bei großen Firhlichen Auffüh­­rungen, nit nur bei Volksfesten u. dgl. föhnte solc' eine Stadtkapelle ihre ersprießliche Wirksamkeit entfalten. Wir wollen mit dem Gesagten Niemanden, der besser wie wir die ade in die Hand zu nehmen in der age ist, vorgreifen. Wir regen nur neuerdings eine oft besprochene, wirklich zweckmäßige Einrichtung an und wünschen, daß der Gegenstand in maßgebenden en eine vielleicht zum Ziele führende Würdigung ade. xy. Bom Thurn- und Feuerwehr- Vereine Wie in früheren Jahren soll der im Monat Mai einfallende Vereinsabend des Turn und Feuer­wehr-Vereines verbunden mit einem Tanzvergnügen in der Turnhalle abgehalten werden. Da jedoch der dritte Mai als erster Samstag des Monats unmittel­­bar der Jahrmarkt vorausgeht und den seitherigen Erfahrungen gemäß hiedurch manche Familie sein dürfte, an dem Tanzvergnügen theilnehmen zu können, hat das Vergnügungscomite die Abhaltung des Vereinsabend’s auf Samstag den 10 Mai­­.%. verschoben. Das Vergmü­­gungscomite zeigt das ernste Streben, nach jeder Rich­­tung das geplante Vergnügen auf’8 angenehmste zu ge­­stalten ; betreffs Musil wurde die Ladenbacher Kapelle, die am Faschingdienstag zur allgemeinen Befriedigung spielte, auch für diesen Abend engagirt. “" Aus Raab theilt man uns mit: „Die Un­­tersuchungsangelegenheit des hiesigen Advokaten Herrn Dr. Armin Pic, welche sowohl in den Lokal- als auch hauptstädtischen und Wiener Blättern viel Aufsehen erregte, gelangte unlängst vor das Forum der höchsten Instanz, und wurde — wie wir vernehm­en — die weitere Untersuchung wegen Mangel an That­­bestand eingestellt. Bei Gelegenheit der Inhaftirung der benannten Advokaten enthielten wir uns jedes „Pro“ et „Contra“, da wir es mit der Ehre nicht vereinbar hielten, im Stadium der Voruntersuchung gegen wen immer umnrih­tige Beschuldigungen zu erhes­ben, ohne das Resultat abzuwarten. Die königl. Kurie hat in dem­­­orgehen Dr. Pid's seine strafbare Handlung erblicht. * Vorangehende Baudieäm­ter. Ein derzeit hier domizilirender absolvirter Bautechniker und Akademiker, ertheilt gegen sehr mäßige Bedingungen gründlichen Unterricht in allen Zweigen der Baukunft, des Zeichnens und in der Mathematik. Nefleftivende wollen dießfalls gefälligst ihre Anträge an die Nebat­­tion dieser Blätter richten. * Die diesjährigen Frühlings- BWasen-Uebungen des 74. Honved-Bataillons werden in Oedenburg vom 4. Mai bis 7. Juni vor­­genommen. Die Herbst-Uebungen aber wahrscheinlich gegen Ende August beginnen; eine spätere definitive Verord­­nung wird den Termin genauer bestimmen. In diesem Jahre haben sich alle beurlaubten Offiziere und jene welche Monatsgebühren beziehen, sowie die in den Jah­­ren 1878, 1877, 1876, 1874 und 1872 affentirten Handreds an den Meinungen zu betheiligen. * Barifer G­lasstereoskopen Bon übermorgen Sonntag ist tägli bloß gegen 20 fr. Entree in biesiger Silbergasfe eine überaus reichhal­­tige Sammlung von Glasstereoskopen zu sehen, welche die Wirklichkeit so täuschend nachbilden, daßs man si selbst an die Orte aller Theile der Erde, die darge­stellt erscheinen, verfegt glaubt. Diese Stereoskopbilder Ss a En SRu

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