Oedenburger Zeitung, 1879. August (Jahrgang 12, nr. 92-105)

1879-08-01 / nr. 92

« »Es- «—.1—"-..-"« Is-. «-..--...s-«.O.sxg.-«..ä-M«s2r7«s?--««»-.». Söhne und Töchter sich,,nicht so,wie sie plagen sol­­len“ ; daß man deshalb den Sohn, ob talentirt oder nicht, das gilt gleich, „studiren‘‘ läßt, nur damit der Bursche ja sein tüchtiger Gewerbs- oder Handelsmann, sondern ein von beiden abhängiger Yederfuchter werde ? Ungarns Gesellschhaft franst an diesem Uebel. Es ist die Scheu vor der ehrlichen ausdauernden Arbeit, die geringe Achtung vor dem Arbeiter und als Folge davon die Sehnsucht nach arbeitslosem Wohlleben, das freilich mit der gewissenhaften Pflichttreue unvereinbar­­ih ist. Hand in Hand mit der Mitachtung der bür­­gerlichen Arbeit, des mühevollen Broderwerbes geht dann die Verherrlichung des Nichtsthung, das Streben nach „herrenmäßigem“ Leben, die Befriedigung einer zügellosen Genußsucht, deren­­ Begierden endlich alles Maß überschreiten, das Gewissen betäuben und zum Verbrechen oder zum Selbstmorde führen. Der Ungar führt gerne seine Witterlichkeit im Munde, er wird auch Niemand leugnen, daß der echte Ungar wirkli ritterlich und edel fühlt und denkt, aber viele unter ihnen haben dennoch falsche Be­griffe von der eigentlichen Ritterlichkeit, sie glau­­ben zum Beispiel der Zweikampf­jet ein Mittel zu ihrer Bestätigung. Grundfalsch meine Herren !: Das Duell ist nichts als eine grobe Geietesverlegung, ein verfappter Todtschlag oder widerrechtliche körperliche Verlegung, durchaus sein Beweismittel für die Gerechtigkeit der vertretenen Sache, sondern ein Bar­­barismus aus der Zeit mittelalterlichen Raubritter­­thums, den jeder Zivilisirte als einen zugleich albernen und brutalen Ast roher Gewalt verwerfen muß. Wer darin sein Not ruht, dem fehlt die feine Empfin­­dung für das wahrhaft Edle und Sittliche, die Hoch­­haltung der Landesgefege und der gesellschaftlichen Moral. No­chirnverbrannter und zugleich nichtswürdiger ist die ebenfalls hier zu Lande beliebte Manier gewisser Leute ihnen unliebsame Wortführer einfach durch Br­ü­­gelandrohung oder sonstige gemeine Attentate auf ihre bürgerliche Ehre, öffentliche Deputation und Sicherheit mundtodt machen zu wollen. Nur das Gefotz und dieses allein darf und soll angerufen werden, wenn sich jemand in seinen Rechten verlegt fühlt, so will er die Zivilisation in einem Rechtsstaat. Das Faustrecht gilt nur no bei gänzlich unfultivirten Nationen , und selbst denen ist wenigstens das Gaftrecht Heilig. Die sa­­gen nit, „der Fremde sei fein dremüthig im Hause seines Gastfreundes, der immer Herr im eige­­nen Hause bleibt“. Bewahre! wen der Wilde in sei­­nem Wigwam aufgenommen hat, ben­achtet und jrägt er und bestimmt ihm den Ehrenplag. Wir sagen das nir im Bezug auf die Ungarn im Allgemeinen, denn im Großen und Ganzen sind sie eine gastfreie, hochsinnige Nation, aber die vielen Rabu­­listen unter ihnen, dürfen leider oft ungestraft das große Wort führen und so wird im Auslande das herrliche Pannonien häufig ganz falsch beurtheilt, ja es gilt als Halbaffen, weil meist nur die Stimmen Derer vernehmbar sind, welche Gewalt für Recht predigen. Wenn erst die Theorie allgemein in Ungarn Geltung haben wird, das­ Wissen immer achtenswerth ist, gleichviel ob es in fremden oder in einheimischen Köpfen zur Entwillung gelangt sei, daß (nächst dem Wissen, welches Macht) der „Hände Leif“ der beste Adels­­brief ist, dann wird der Tag einer besseren Zukunft an für Ungarn angebrochen sein, dann ist der Staat und die Gesellsshaft von den Schladen der Nahheit gereinigt, dem Krebsübel der Korruption befreit, dann erst wird das von den Magyaren mit Necht geliebte, schöne Va­­terland einem fröhlichen Gebdeiben entgegen gehen und das Neid lauter witterbürtiger Bürger werden, denn die Bildung und die Arbeit adelt. Ernst Marbach Eine­an für Ungarn wichtige neue Eisen­­bahn-Anlage. Die Handels- und Gewerbekammer von Yıns­­chbrud hat an das österreichische Handelsministerium eine Petition gerichtet, die wir im Auszuge mittheilen, weil ihr Zweck mit unserem vaterländischen Interesse in unleugbarem Zusammenhange steht . In Deutschen Reihe vollzieht sich eine großartige Umwälzung auf dem Gebiete der Zoll- und Handels­­politik, des Eisenbahn-Tarifwesens und der Neid­e­­wirthschaft. Ale Staaten, welche mit dem Deutschen Neiche in mehr oder weniger lebhaftem Handels-verfeht stehen oder auch nur ihre Produkte auf deutschen Eisenbahnen befördern, ziehen bereits die Konsequenzen des sich in Deutschland verbreitenden Umschwunges und sind be­­strebt, die für sie ungünstigen Folgen so viel als mög­­lic abzuschwächen. Den dringendsten Anlaß dazu hat wohl die österreichisch-ungarische Monarchie vermöge der­ vielseiti­­gen und engen Bersetzung ihrer wirtscchaftlicen Synte­­ressen mit jenen des Deutschen Reiches. Es handelt ,­ also für uns zunächst darum zu erwägen, welcher Mittel unsere Industrie und unser Handel sich zu be­­dienen haben, um dem deutscherseits bevorstehenden Er­­schwerungen der Ein- und Durchfuhr unserer Erzeug­­nis thunlichst begegnen, eventuell die aus der neuen Lage österreichischerseits sich ergebenden Vortheile ver­­­­werb­en zu können. ALs eines der wirksamsten Mittel hiezu bezeichnet die öffentliche Meinung des In- und Auslandes mit einer in Kommunikations-Fragen ge­­radezu beispiellosen Einstimmigkeit und Entschiedenheit die Arlberg-Bahn. Durch diese Bahn fegen wir Triest, unsern her­­vorragendsten Hafen, mit dem hochwirtigen Bodensee­­been in eine wesentlich günstigere Verbindung ; mit diesem direkten Wege von London und Bari nach Konstantinopel sichern wir uns einen Antheil an der Welthandels - Bewegung zwischen dem Oriente und Mittel-Europa, welcher in dem Maße wachsen muß, als die unteren Donauländer auch Eisenbahnen ers­­chloffen werden ; im Besitz dieser Bahn genießen wir, die volle Unabhängigkeit für den Abrat unserer, fünfzig auf österreiciigen anstatt auf deutschen Bahnen be­­förderten Rohprodukte und Industrie-Erzeugnisse nach dem uns näher gerad­en­ Weiten, der seine nach dem Osten bestimmten Güter großentheils an über den Arl laufen lassen wird ; dieser Rivale des Mont Cenis und Gotthard hat endlich vermöge seiner geografischen Lage wie seine zweite Bahn die große Mission, die Getreide-Zufuhren aus Ungarn und den Donauländern in direktester Linie auf österreichischen Schienen nach dem Westen zu vermitteln. Besitz denn eine Bahn, welche nach dem aus dem Jahre 1871 datirenden Ausspruche von Sachver­­ständigen auf einen Verkehr von 8.300.000 Zentner und auf eine Brutto-Einnahme von 100.000 fl. per Meile — 13.300 fl. per Kilometer rechnen kann, nicht fan vermöge ihrer normalen Transporte die Existenz-­­Berechtigung, und dürfen wir nach der seit 1871— 1879 durch die Statistik bestätigten Vermehrung des DVer­­kehrs auf den influirenden österreichischen Bahnen um 0.15 per anno, also während acht Jahren um das 1.20fache nicht mit Grund auf einen Anfangs-verkehr von mindestens 10.000.000 Zentnern zählen, zumal seit­­dem der Arlbahn­ österreichischer-, fehmweizerischer- und französischerseits neue, in den ersten Kaltul nicht ein­­bezogene Anschluß-Bahnen zugewachsen sind ? Die Handels- und Gewerbekammer von Juns­­bruch erlaubt sich daher an das hohe £. f. Handels- Ministerium die dringende Bitte zu stellen : I. Dem neugewählten Hause der Abgeordneten eine auf den Bau der Arlbah­n Bezug nehmende Vor­­lage zu machen und dahin zu wirken, daß Dieselbe mit aller Beschleunigung die parlamentarisgen Stadien durchlaufe ; 2. die ungarische Regierung zu vermögen, zur Deckung des a tond perdu herzustellenden großen Zun­­nels einen angemessenen Beitrag zu leisten, und 3. auch die­­ £. General-Inspektion der öster­­reichischen Eisenbahnen alle jene Vorarbeiten vollenden zu hasfen, welche die sofortige Inangriffnahme des Baues nach erfolgter Genehmigung durch die gefeßge­­benden Faktoren ermöglichen. &3 ist eigentlich gar nicht denkbar, daß jett, nach­­dem die hohe Regierung selbst die erbetene Vorlage einbringt, ein Hohes FE­­E Ministerium den Gedanken der Arlbahn in dem Momente fallen lassen könne, in welchem ei die meisten Chancen seiner Verwirklichung zeigen : da wer immer die Zügel seiner Regierung ergrei­­fen mag, die in der Arlbahn zum exidenten Ausbruch gelangende Gesammtstaats­ Idee muß sich sein Fürwort erzwingen. Wohlbegründet scheint der unterzeichneten Kam­­mer indbesondere die zweite Bitte. Zwar läßt si s ein unanfechtbarer Rechtsgrund für die Inanspruchnahme der Ungarn zu diesem Zwecke geltend machen , allein auch ohne einen solchen dürfte es nicht aussichtslos sein, an die Ungarn mit dem such 2 formulirten Ansin­­nen heranzutreten. Diesam­tlich legten sie von jeher einen au­ßeror­­dentlichen Werth auf das Zustandekommen der Arl­­bahn, und seit der Kriegserklärung des deutschen Reichs­­kanzlers gegen das System der­­ Verbandstarife gewinnt diese Schienenstraffe für sie eine ganz eminente Bedeu­­tung; denn ist diese vollendet, dann stehen sie mit der Schweiz, mit Frankreich und England, ihren ständigsten und bedeutendsten Abnehmern von Getreide­ und Me­hl, in direktester Verbindung, und darauf müssen sie um so mehr Gewicht legen, je energischer wuffisches und amerikanisches Getreide sich auf den mitteleuropäischen Markt drängt. So gut die Regulirung der Donau, und zwar vorzugsweise in den Ländern der Stefanskront sowie des Eisernen Thores, als eine gemeinsame Angelegenheit der beiden Reichshälften im Spätereffe der Schifffahrt auf unserem Hauptstrome betrachtet werden kan ; mit derselben Berechtigung darf die westliche Reichshälfte an die bei der Arlbahn in so hohem Grade mitinte­­ressirten Ungarn die Forderung stellen, einzig und allein zur Erschliegung des steinernen Thores gegen Weiten — ohne diesen Stein des Anstoffes, wäre ja diese Bahn schon längst gebaut — einen angemessenen Beitrag zu leisten, wie denn an Italien und Deutsch­­land der Schweiz nur bedeutende Subventionen den Bau der Gotthard-Bahn ermöglicht haben. Die Durchbohrung des Arl gehört eben zu jenen Riefen-Unternehmungen, welche nur mit vereinten Kräf­­ten möglich sind, und­ es ist fein Art der Großmuth, sondern nur der Gerechtigkeit, wenn si die Ungarn die durch die Arlbah­n gesicherten Vortheile auch nur ein mäßiges Opfer erlaufen, das ihnen­ sicherlich mit Eindelzinsen zurückerstattet wird. Der mehrseits angeregten Idee, mit den Ungarn ein Uebereinkommen zu­ treffen, wornach die ‚gesammten "osten der Bahn Innsbruch-Bludenz nach dem Quo­­ten-Verhältnisse bestritten werden sollen, vermag die Kammer nicht beizupflichten, weil sie die für die west­­liche Reichshälfte daraus entstehenden Consequenzen scheut. Blieb­ die Hohe Regierung in Betreff der Arlbahn jenen Anschauungen treu, welche in ihren Vorlagen aus den Jahren 1872 und 1875 zum Ausdruck gelangen, dann ist Hochdieselbe in der richtigen Erkenntnis, daß die Bewügung der Sommermonate am Arlberg fast die­ Gewinnung eines Jahres bedeutet, und daß unter Um­­ständen selbst der Vorsprung einiger Monate von un­­geheurem Belange sein Fan, der dritten ‚Bitte der Kammer bereits zuvorgekommen, Groß Frann das Wagnis einer Initiative unmög­­lich sein, denn wer hätte wohl den Muth, die hohe Regierung darob zu tadeln, daß sie durch kluge Benü­­gung der Zeit den Vollendungs-Termin, einer Bahn, welche uns voraussichtlich die wictigsten Dienste leisten und deren Abgang allenthalben beklagt wird, um ein Erfledliches vorgerückt habe? Soll der Tunnel noch im Jahre 1879 angeschlagen­ werden, so müssen gar manche unerläßliche Arbeiten, wie die definitive Für­­­rung der Trace, die­ endgültige Aussteluung der Tun­­nelachse, die Herstellung von Unterkunftshütten, Mate­rialdepots u. s. w. vorangehen. Namentlich indeß wäre dem Oberinnthale mit feinen Seitenthalern, dem Deb-, Pit-, Paznauner- und Stanzer-Thale durch die rasche Inangriffnahme der An- Schluß-Streben zweifellos ein großer Dienst erwiesen, dessen Wirkungen sich zum Theile sogar auf das Ge­­biet außerhalb des Fern ertreden würden, welches, so­­bald im Deutscen Heid­e eine andere handels- und ver­­kehrspolitische Strömung eingetreten sein wird, sicher auch seine­ längst ersehnte Bahn erhalten wird. Alzu Lange schon dauert in Desterreich-Ungarn der Stilllstand im Eisenbahnbaue. (Die Raab-Oeden­­burg-Ebenfurter Zwheilftrede besizt mehr ein Lokalin­­teresse, nämlich die Vermittlung des­ Getreide- und Borstenviehhandels der zunächst liegenden Komitate mit Desterreich.) Der Entschluß, die Arlbahn zu bauen, müßte wie eine frische Brise in die Stagnation drin­­gen, unter welcher unsere Industrie und unsere Techni­­ker so schwer gelitten haben. Widerlegen wir dur eine große Fahne That die schon fast sornwörth­ ge­­wordene Beschimpfung, daß Oesterreich immer um eine Hose zurück seil Wir sind der Aufgabe gemachen, wenn wir nur wollen, und ihre glückliche Lösung wird und nicht nur Ruhm, sondern auch Vortheil bringen. Lokales. * Zur Reife unseres Monarchen nach Castein. Wir berichteten bereits in einer der früheren Nummern, dag sind Seine Majestät zu Besuch des deutschen Kaisers nach dem Kurorte Gastein bege­­ben werde. Heute lesen wir, daß unser König daselbst am 6. August, eintreffen wolle. Der Kaiser von Oester­­reich steigt in der Billa der Gräfin Meran ab, welche zu diesem Zweckk ihre Billa räumt und einige Tage früher Gastein verläßt. Der Kaiser verbleibt drei Tage in Gastein. Es sind mehrere gemeinschaftliche Ausflüge projektivt. Die General-Adjudanten Mondel, Bed und ein kleines Gefolge begleiten den Kaiser. Ob Graf Andraffy sich anschließt, ist­ noch nicht festgestellt, je­­doch wahrscheinlich. Neuestens verlautet mit größerer Bestimmtheit, Kaiser Wilhelm werde den Besuch des Kaisers in Js­ch­l eine Woche später erwidern, da seine Kur während der legten Tage mit­­ großem Erfolge vorge­­spritten it. * Alerhbödste Spenden. Seine Majestät der Kaiser und König hat dem mährisch-schlefischen Blindensinstitute in Brünn zu Gunsten des Unter­­frügungsfondes für austretende Zöglinge auch für das Jahr 1879 500 fl. bewilligt, ferner hat­te. Majestät der freiwilligen Feuerwehr in Biberwier zur Anschaffung von­ Löschrequisiten 100 fl., der römisch-katholischen Ge­­meinde zu VBaczsartyau zur Herstellung ihres Schul­­gebäudes 100 fl. und­ der römisch-katholischen Gemeinde zu Hondorfa als Kostenbeitrag. zur Erbauung einer Säule 150 fl. aus seiner Privati­atulle gespendet. * D Ordensverleihung. Seine Majestät der König hat den Chef des Zalathuaer chemischen Unter­­suchungsamtes Heren Anton Haud, in Anerkennung seiner, während einer dreißigjährigen Dienstthätigkeit, sowie um die Entwicklung des Hüttenwesend erworbe­­nen D Verdienste, das Ritterkreuz des Franz-Josef Ordens verliehen,­­ kein Silberagiozufällg. Laut Ver­­ständigung von Seite der königlichen ungarischen Eisen­­bahn- und Dampfsgifffahrts-Direktion­ wird im Mo­­nate Yugustil.Y%.T ein Silberagiozusschlag gerechnet werden. xy. Bereindabend. Die geehrten Mitglieder des hiesigen Zurnsfeuerwehr-Bereined­ werden von der Vereinsleitung hiemit zu. den morgen ‚Samstag,­ den 2. August 1.3. in Frau 70y’8 Restaurations-Lokale statt­­findenden D­ereinsabende eingeladen. Anfang, Abends 8 Uhr. * Das V­ergnügungs-Komite des Oedenburger kaufmännischen Vereiches veranstaltet, wie bereit mitgetheilt,­­ das diesjährige Sommerfest (Konzert und Tanzunterhaltung)­­ währten

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