Oedenburger Zeitung, 1879. November (Jahrgang 12, nr. 132-144)
1879-11-02 / nr. 132
bare Handhaben zu schärfster Kritik bieten An letzterer dürfte sich wahrscheinlich auch der frühere Finanzminister Szöll betheiligemder bei Beginn der Sitzungen zum ersten Male seit seinem Rücktritte im Reichstage erschienen ist und bereits einmal mit der Opposition gestimmt hat. s. Raimund Zellan Aus der Generals Versammlung des KöbLhierstädt Munizipals Ausschusses vom 29.Oktober 1879. Die anfangs nur spärlich gewesene Anzahl Stadtrepräsentanten vergrößerte sich im Verlaufe der Sitzung allmählig,sodaß endlich nahezu die Hälfte der Stadtväter sich eingefunden hatte.Den Vorsitz führte Herr Bürgermeister Glozer. Herr Repräsentant Heinrich Kugler ergriff zuerst das Wort, indem er zu seinem Leidwesen (wie er sagte) sich als diesmal genöthigt sah, den Reigen der Interpellationen zu eröffnen. Gegenstand seiner Anfrage an den Heren Vorfigenden war die nächtliche Finsterung am Deäafplatze (bei den neuen Anlagen nächst dem Langenzeilergraben). Auf diesem neuen Platz sind bereits vier Neubauten errichtet worden, die theilsweise schon bewohnt sind und auch andere Häuser, welche von früher in der erwähnten Stadtgegend bestanden haben, entbehren daselbst einer angemessenen Straßenbeleuchtung. Aus Sicerheits-NRüdsichten und auch vom Standpunkte der Sittlichkeit müsse Redner die Verfügung beantragen, daß auf genannten Denkplage, so gut wie in allen anderen Stadttheilen, die Straßenbeleuchtung eingerichtet werden. Der Herr Borfigende verspricht diese Angelegenheit der Bausektion in Form eines Beischlußes hinauszugeben. Herr Bürgermeister © log er sieht si veranlaßt, der besonderen Wichtigkeit und Dringlichkeit des Gegenstandes wegen, eine Angelegenheit außer Programm zum Vortrage zu bringen, um sich hierüber das Gutachten des Munizipalausschusses im Prinzipe zu verschaffen. Damit sodannr ehemöglichst die eigentliche Verhandlung in dieser Frage eingeleitet und dieselbe selbst unaufgehalten ihrer Lösung zugeführt werden könne. Es handle sich um Ausmittelung eines geeigneten Gebäudes zu Nathhauszwecken, da bekamntlich der ägliche Bauzustand des gegenwärtigen Wathhauses, eine thunlichst washe Dislotation der darin untergebruten städtischen Remter 2c, dringend wünstenswerth macht. Die Rathhaus-Kommission, welche längst schon mit Hinblick auf die finanzielle Lage der Kommune, fo darüber klar geworden ist, von der ursprünglich gefaßten Idee, ein ganz neues Rathhaus zu bauen, Umgang nehmen zu müssen, war auf andere Mittel bedacht, wodurch dem dringenden Bedürfnisse nach einem zwecfmäßigen, au in baulicher Beziehung auf viele ahre hinaus Garantien gewährenden Gebäude für die Stadtkommune abgeholfen werden könne. Da bot sich eben jegt ein günstiges Objekt in dem Ritter’schen Gebäude, Szehenyiplat Nr. 15 und 16, welches die Eigenthümer zu verlaufen geneigt wären und das mit Nachsicht auf seine Größe, die Solidität seines Bauzustandes, seiner örtlichen Lage zc. sich vorzüglich zu einem, allen Anforderungen entsprechenden Rathhause einrichten lassen könnte. Die Rathhaus-Bau-Kommission Habe sich demnach berechtigt geglaubt, einen Präliminarvertrag mit den derzeitigen Hausbesizern dahin abzuschließen, daß bdiefelden im Worte stehen, sofern ei die Löbliche Repräsentanz entschliegen wollte, Tetgenanntes Gebäude gegen eine Kaufsumme von 120.000 fl. und 500 Etüd Dulaten Schlüßelgeld und unter sehr annehmbaren Zahlungsmodalitäten käuflich an sich zu bringen. Die Rathhaus-Bau-Kommission glaube, vom Resultate ihrer sorgfältigen Erwägungen geleitet, diesen Ankauf mit gutem Schisfen anwaben zu können und der Herr vorfigende Bürgermeister Bittet demnach ihm die Bewilligung zu ertheilen, die mehrberegte Rathhausangelegenheit, besziehungsweise Hausanlauf in nächster Legung auf das Programm fegen zu dürfen, auf daß darüber meritortiell verhandelt werde. Die Versammlung nahm diese Eröffnungen zur Kenntnis und willigte in die Vornahme der diesbezüglichen Verhandlungen. Ebenfalls außer Programm wurde ein Gesuch vom Präsidium des hiesigen „Landwirthschaftlichen Vers eine“ durch den Herrn Bürgermeister vorgelegt, we es nach obiger Berein bittet, ihm behufs Herstellung einer Plantage (Mustergarten) ein städtisches Grundftüd von etwa 6 Satastraljoch Ausdehnung, entweder ganz uns entgeltlich, oder doch möglichst billig im Kaufwege zu überlasfen. Das gewünschte Grundftüd ist ein Theil des sogenannten „Hühnerangerd" oberhalb des Lähne’schen Schwabeninstitutes. Auch Dieser Gegenstand — jegt no nit spruchreif — soll in nächster Sigung vorgenommen werden. Endlich theilt der Herr DVorfigende mit, daß Seine Durchlaucht der Herr Obergespan Fürst Paul Esterházy, den Herrn Archivar-Adjunften Kepelyee zu diesem Posten mit 800 fl. Gehalt ernannt abe. Wir entnehmen,aus der inzwischen endgüstig zusammengestellten Liste der Höchstbesteuerten Oedenburgs die Namen jener Herren,welche künftig ihr Virilistenrecht in der Stadtrepräsentanz auszuüben bestimmt sind.In Folge Hinweg falls von sieben Herren werden es nach benannte 42seim Samuel Lenck,P-Müller,Emanuel Meller,Karl Romwalter,J.L.Wanitsek,Michael Våghy,Leopold Ritter,Dr.Karl Töpler,Anton Bauer,Ritter Ignaz Flandorsfer,Ignaz Frankl,Josef Petrik sen., Johanan B jun.,Leopold Baumgartner,Dr.Karl Schreiner,Michael Töpfer,Vinzenz Spieß,Dr.Karl Emreß,Ignaz Zepko,Dr.Josef Kania,Bodengeiffer,Ludwig Stadler,Karl Genthon,Mathias Mayer, Franz Storno,Johann Artner,Julius Lench Friedrich Lähne,Josef Mechle,Dr.Julius Mayer,Karl Schuster, Dr.Nikolaus Schwartz,Anton Gallauner,F.A.Kovitts,Anton Ullein,Dr.Theodor Filitzky,Ignaz Steiner,Julius Graf,Dr.Wilhelm Cavallar,Johann Tasch und Julius Zergönyi. Dadurch das erfolgte Ableben zweier Munizipalausschüße,der Herren Dömy senior und Gruiber,z bei Neuwahlen im 3.Bezirke nöthig geworden sind,so wurde beschlossen,diese Neuwahl auf Sonntag den 14.Dezember anzusetzen und wird der als Wahlpräses zu fungiren habende Herr Repräsentant erst später bestimmt werden,da in gegenwärtiger Sitzung alle zu Wahlpräses vorgeschlagenen Herren dieses Amt abgelehnt haben. Der Eintritt der Neugewählten in den Munizipalauschuß erfolgt mit Neujahr 1880. Ueber das Resultat der konstituirenden Sitzungen im Gemeinde-Schuhlstuhle und in der Theaterkommission haben wir bereits berichtet und seizlos nach» zutragen, das Repräsentant Dr. Kania die auf ihn gefallene Wahl zum Schulstuhl-Präses abgelehnt hat. An seine Stelle tritt Herr Repräsentant Wilhelm Cavallar; ferner wurden gewählt: zum Vize-Präsidenten Herr Friedrich Lähne und zum Gunftführer Herr Ludwig Bold. Die Versammlung nimmt die Zuschrift des Disziplinar-Senats des städt. Verwaltungs-Ausschußes zur Kenntniß, wonach der städt. Steuererofutor Herr Franz Bieimann zu einer Geldstrafe von 200 fl., zugunsten des städtischen Pensionsfondes, wegen Ueberschreitung seiner Amtsgewalt verurtheilt worden ist. Obgleich Bleimann gegen dieses Urtheil den Prefurd ergriffen hat, so findet die Bersammlung anl ihrerseits,als zu milde Strafe, dagegen zu appelliren und wird über Antrag des Herrn Repräsentanten Stadtfiskal Dr. Gebhardt die Amtssuspensation über Bleimann ausgesprochen. Am einstweiliger Erlag für den Lestgenannten wird Herr Georg Berger zum Steuerexekutor vorgeschlagen und akzeptirt. Eine ganz außerordentli lang andauernde, nämlich von Y,4 Uhr Nachmittags bis gegen 7 Uhr Abends theils mehr theils minder liitig geführte Debatte, entspannt über das Protokoll sammt Anträgen der entsendeten Ausgleichs-Kommission, in Angelegenheit der katholischen Rolfsschulen. Für die Annahme der Protokollspunkte sprachen zumeist die Herren Repräsentanten: Se, Hoh würden Stadtpfarrer v. Poda, Herr Dr. Niklaus Schwarz, Dr. Kepler, theilweise an Herr Direktor Friedrich Lähne Ahnen als Widersacher gegenüber standen die Herren Repräsentanten Heinrich Kugler, v. Szilvasiy, Vize Notar v. Szigethy, Dr. E. U Boor, Georg Dörfler und in manchen Fragen auch Dr. Kania. E83 wurde pro und contra mit zum Theile heftiger Erregung gesprochen. Wir aber wollen in dieser von sehr odiosen Schulausgleichsfrage von unserem Standpunkte weder der einen (katholischen), noch der anderen (evangelischen) Partei uns anschliegen, denn wir vermeiden es gerne, den ohnehin immer höcstens blog schlummernden, aber bis fest noch immer keineswegs im Erlöschen begriffenen Brand unseliger Zwietrat, noch zu mehr schüren. Wir sind leider zur Ueberzeugung gelangt, daß trog aller Anstrengungen der Sriedliebenden, doch immer noch beiderseits das leidige Sonfetsions-Interesse weit Höher und wärmer verfochten wird, als die die Gegenlage vermittelnde, selbstverleugnende, wechselseitige Nachgiebigkeit zulassen sollte. Sast jeder Repräsentant verliert zwar, er habe sich aller Konfessionsrücksichten in diesem Saale begeben und wolle nur das Unteresse der Gemeinde vertreten, allein fehlieglich merkt man dennoch beinahe jedem Redner die deutliche Absicht an, nicht nachgeben zu wollen und wird verstimmt. Doch genug, gehen wir zu jenen Punkten des Schulausgleichs-Protofolls über, die angenommen wurden. Mit Stimmengleichheit, respektive dur das ausschlaggebende Votum des Heren Bürgermeister, „daß die Kommune im Vorhinein einer jeden Konfession nach gerechtem Verhältnisse einen festzulegenden Betrag zur Erhaltung der Schulen übergeben und die Mehrerfordernisse auf dem Wege einer Umlage durch die Behörde einheben lasse." 68 ist nämlich schon früher einstimmig zugestanden worden, daß „die katholische Kultusgemeinde die Aufrechthaltung der Volfsschulen mit konfessionellem Charakter selbst bewirke." Auch in dieser Richtung wurde ohne viel Widerspruch zugestanden bezüglich der Lehrer: Pensionen, daß statt der beantragten Abfertigung in der Höhe eines zweijährigen Gehaltes die von den Lehern bis zum 3. Dienstjahre eingezahlten Beträge ohne Binsen, vom 3. bis zum 6. Dienstjahre */,, Bis zum 10. Dienstjahre ?/, des Jahresgehaltes als Abfertigung dem katholischen Konvente übergeben werden sollen, welcher diese Summe als Pensionsfond zu verwalten habe, dagegen jedoch die seinerzeitige Befriedigung der Pensionsansprüche auf sich nehmen müsse. Aber über den 5. Punkt kam man nit hinaus der blieb unentfieden, denn die Repräsentanz lehnte mit Stimmenmehrheit sämmtliche, ihr gemachten Vorschläge ab. Es ist dies zwar ein unerhörter, parlamentarischer Vorgang, denn gewöhnlich pflegt man, wenn Alternativ-Vorschläge vorliegen und bis auf den Texten alle früheren abgelehnt worden sind, den Testen selbstverständlich als „angenommen“ (ohne ihn weiter zur Abstimmung zu bringen) gelten zu lassen. Solches geschah aber Hier nicht. Abgelehnt wurde der Vorschlag des hochwürdigen Herrn Stadtpfarrers, die Stadt möge dem katholischen Konvente die Kasinokaserne (im angenommenen Werthe von 33.000 fl.) um 30.000 fl. Baar nach Ablauf von 12 Jahren behufs Errichtung eines neuen Schulgebäudes überlassen. Ferner abgelehnt die Proposition des Heren Repräsentanten Direktor Tähne, er möge im Sinne der Rarität zwischen den beiden Konventen, jedem, sowohl dem katholischen, wie dem evangelischen alljährig der gleiche Betrag zur Herstellung eines Schulgebäudes bewilligt werden und endlich fiel auch der Kommissions-Antrag dar, der folgendermaßen formulirt war: „ »Bis zur Uebernahme des Schulgebäudes durch den Staat behält die Normalschule das Recht der Ber nügung der bisherigen Schul-Loyalitäten und würde dem katholischen Konvente, im Falle eines eventuellen Verkaufes der Kasino-Kaserne, innerhalb der Zeit von 12 Jahren das Vorkaufsrecht eingeräumt.“ Hierauf löste sich die Versammlung unverrichteter Dinge, theils lachend, theils lebhaft perohrend auf. Lokales E. M. * Das ungarische bürgerliche Griekbuch befindet sich noch seineswegs in jenem vorgeschrittenen Stadium, wie dies von Seite der Tagespresse mitgetheilt wurde. Speziell Herr v. Apäthy hat — den bisherigen Mittheilungen entgegen — seinen Entwurf über das Obligationsrecht noch gar nit überreicht; bis heute befindet sich — wie wir von kompetenter Seite erfahren — bloß der Entwurf des Heren dr. Halmoffy über das Vermögensrecht in den Händen des Justizministers, der es soeben verbiels fähigen läßt. Ob und wie weit die Arbeit des Herrn dr. Apathy zur Reife gediehen ist, wissen wir nicht zu beurtheilen . Teinesfalls kann sie vor Ueberreihung an den Justizminister als vollendet angesehen werden ; auch über die dritte Partie, das Familienrecht, mit dessen Ausarbeitung Herr v. Öyöry betraut wurde und die vierte Partie, das Erbrecht, b dessen Ausarbeitung Herrn dr. Telesky übertragen wurde, verlautet nichts Bestimmtes. * Weberfest. Der doch längere Zeit hier stationirt gewesene, in den meisten Höheren Gesellsshhaftstreffen Oedenburgs benannte und beliebte Herr Rittmeister I. Staffe Martin Tartol Ergänzungs Kadre- Kommandant — ist zu seinem Regimente: „Rabegky Hußaren? Nr 5 rüdtransferirt und an seine Stelle der Herr Rittmeister I. Kaffe desselben Hußaren-Regimentes Ernst Yührer hieher bestimmt worden. * Der hier etablirte Militär-Equitations-Kours für die Herren Kavallerie-Offiziere der hieher gehörigen Brigade ist bereits ins Leben getreten und, sind die Herren Frequentanten (vom 2. Dragoner- und 11. Husaren-Regimente) bereits eingerückt. Der November mit seinem feuchtsalten Nebel in den Morgen und Abendstunden ist in’s Land getreten. Die legten Oktobertage waren, zumal um die Mittagszeit und in den ersten Stunden der Nachmittage vom freundlichten Sonnenscheine begünstigt und auch die Temperatur war relativ ziemlich milde. Nun werden wir sehen, wie sich der November anlassen wird. Bon Manden mit sehnsüchtiger Ungeduld, von Vielen mit zaghafter Bangigkeit erwartet, theilt dieser Monat, wie das Mädchen aus der Tyrembe, wohl beglühende Gaben aus, aber auch enttäuschte Hoffnungen und herbes Leid sind in seinem Gefolge. Ein Born, aus welchen für den Einen die Freude, für den Anstern die Sorge quillt — ein treues Bild des menschlichen Lebens. Während in diesen Tagen der glückliche Krieger auf der militärischen Ehrenleiter eine Sprosse aufwärts steigt, der nir minder glücliche Montier feine Koupons und der behäbige Hausherr seine leeren Räume in landläufige Banknoten umlegt,hat der weitaus vößere Theil der Bevölkerung die traurige Pflicht, dem ewiger dieser Räume die oft nicht minder leeren Tascen zu füllen. Es ist die Aufbringung des Novemberzinses, die angesichts des eintretenden Winters den armen Asylsuchenden so sehr das Leben verbittert. Eine zweite schmerzliche Steuer, die uns der Himmel auferlegt, ist die im November gewißsen nothwendig werdende Anschaffung von Heizmateriale. Der November ist gleichsam der himmlische Erefutor, wollen wir nit auf Holz und Kohlen beisteuern, so friert er uns so lang bis in Bein und Mard hinein, daß wir und endlich doch zur Leistung des Tributs an den Winter entschliegen müssen. Auf diese Weise behandelt uns der überirdische Steuererefutor gerade verkehrt gegen den finanzärarischen oder städtischen Sendboten, Jener der zwingt ung durch Kälte, dieser macht ung warm; aber theuer, sehr theuer sind alle Beide und das „Thue Geld in Deinen Beutel des Shaksspeare ist die Parole unserer Zeit, die — Dhronie der Umstände ! — bei alledem so geldarm ist, wie fann je eine andere Epoche vor ihr. Der Mensch fühlt sich aber darum an im Allgemeinen so beengt und