Oedenburger Zeitung, 1881. Oktober (Jahrgang 14, nr. 118-130)

1881-10-02 / nr. 118

l­­­l. Gehirne Szapary’s,Pläne,die zur Zeit noch,dem stillen Veilchen gleich,im Verborgenen duften. Ebenso dunkel ist die Andeutung über die Neu­­organisation des Oberhauses.Es wird daran erinnert, daß auf diese Frage mehrmals die Aufmerksamkeit der Gesetzgebung gelenkt wurde und diese»Aufforderung« wird wiederholt­ ist damit gesagt,daß die Regierung einen diesbezüglichen Gesetzentwurf einbringen wird oder nicht.Kein Oedipus kann dieses Räthfellöfens Im Allgemeinen aber überwiegen die anges­nehmen Enuntiationen in den Worten des Monars­chen,diese»«denklichen Redewendungen,und wenn alle geleisteten Versprechungen buchstäblich in Erfül­­lung gehen,und wirklich den angedeuteten Erfolg ern zielen würden,wir wären dann gewiß die Ersten,der Regierung Dank und Anerkennung zu wollren,aber Worte allein vermögen uns nicht vertrauensvoll zu stimmen, und die Thaten­­ sind leider auch in Ungarn schon häufig das schuldig geblieben, was die Worte versprochen haben. Ein ungarischer Sieg. Wien, 30. September 1881. (H. F.) Für Diejenigen, werden der Liberalis­­mus nit nur Bhrafe, und der Konstitutionalismus nicht bloß die Melchfuh bedeutet, die sie mit Mil und Butter versorgt, ist es ein wahrer Trost, daß es inner­­halb des Territoriums jener drei Mächte, vulgo Regie­rungen, welche sich neuestens zu gemeinsamem Handeln puncto Unterdrückung revolutionärer Umtriebe in Europa geeinigt, noch einen led Erde gibt, wo weder des Ezaren asiatische Liebeswerbung, noch Bismard’s Zuchtrut­e für die Liberalen und am allerwenig­­sten des aus trischem Stamme hervorgegangenen 318­ leithanischen Verführungsgrafen Staatsweisheit Gewalt und Mut besigen. Dieser led Erde ist — mir sprechen e8 mit leicht begreiflichem Stolze aus — Ungarn. Zwar hat sich um das wo gegenwärtige Vors­tandensein der Freiheit in Ungarn sicher zum ge­ringsten Theile die sogenannte „liberale“ Partei der Magyaren und wo weniger das Heutige ungarische Ministerium ein Verdienst erworben ; aber trog alle­­dem und allerem bleibt er doc ein unleugbares Vak­­tum, daß die diesseits der Leitha, nämlich in Defter­­rei, lebenden Staatsbürger sich glücklich fragen würden, wenn ihnen eine solche Freiheit bescheert wäre, wie sie drüben, in unserm theuren Heimatstande Ungarn, trog Tipa, Tröfort, Szapszy, und deren stet8 willfährige Majorität im Neichstage — heute wo uns entwegt ihre segensreichen Fittige ausbreitet. Eine schmale, fehier kaum in Betracht kommende Wasserscheide trennt die Kinder des heiligen Stefans­­reiches von den Bewohnern Desterreichs, und doch welch’ solossaler Unterschied zwischen dem „Erlaubtsein“ haben und drüben. Zahlen und wiederum zahlen und noch einmal zahlen müssen freilich die Ungarn ebenso wie die Desterreicher ; aber während die Trans­­leithaner da wenigstens ihrem geprüften Herzen, ihrer Entrüstung über den Despotismus eines Ministeriums Tipa und den oft an Frechheit grenzenden Tiraden seiner Lobredner in der subventionirten Presse und in Bolfsversammlungen Luft machen können, ü­­ber uns in dem lieben Desterreich, bekanntlich schon seit langer Zeit den Steuerträgern ex officio die Mund- Sperre angelegt, die Preise gefiebelt und jedes freie Wort in Acht und Bann erklärt worden. Hatten fon früher beispielsweise nur die Wiener Journale und hin und wieder auch dieses oder jenes publizistische Or­­gan in den Landeshauptstädten unter dem „Z­aaffe’schen Wolfsbeglüdungssysteme“ zu leiden, so erstrebt in neuester Zeit die „väterliche” Liebe und Vorsorglichkeit des irischen Verführungsgrafen bis auf die Fleinsten Blätter und Blättchen der Fleinsten Provinzstädt­­chen Oesterreichs, sobald diese sich bek­ommen lassen, ein wenig „in Liberalismus“ zu machen oder al nur an der Hand der Geschichte nachzu­weisen, das eine solche „era der Freiheit“, wie sie gegenwärtig in Oester­­reich ihr Unmesen treibt, seit Ba­ch’s glorioser Regie­rung, noch nit da gewesen ist. — Mit mn welcher Freude muß er da selbst die einge­fleifätesten „österreicischen Patrioten“ erfüllen, wenn sie sehen, daß die Ungarn, ohne das sie vielleicht daran gedacht, oder er auch nur im Entferntesten bezwect, das Räderamt übernommen haben, das M­äder­­amt für die Österreichischen Liberalen dem von seiner „Unfehlbarkeit“ und seiner „BVersöh­­nungsmission“ heute in noch weit höherem Grade als früher durchdrungenen Ministerium Taaffe gegenüber ! Ja das NRäderamt! — Die österreichischen Liberalen — (wir jagen absichtlich nit: die „Deutschen oder Ber­affungstreuen Oesterreichs“, trog dem er be­­kannt ist, daß sich das Bischen Liberalismus, welches noch in Defterreich zu finden ist, zufälligerweise in jene mit dem Sprachausdruck „verfassungstreu“ bezeichneten Kreise geflüchtet hat­ — müssen, unbeschadet ihres Lo­­kalpatriotismus, herzliche Freude darüber empfinden, daß Graf Taaffe und sein berüchtigter Anhang, trug aller gemachten Anstrengungen, nicht mit dem Kopfe durch die Wand habe bringen können, sondern daß die Imgarn, die Vertreter des liberalen Prinzips im dualistischen Gesammtreiche, schließlich Net be­­halten haben. Ob der reine Kosmopolite die Sage von einem andern Standpunkte auffaßt, als der Österreichische Liberale, kann in diesem Falle kaum in Betracht kommen, und ebensowenig, daß er unter den Slaven Oesterreichs, auf welche fs vorzugsweise die heutige „segenspendende und fonfiszirende Vera Taaffe“ fragt, doch vielleicht auch einige Bruchteile gibt, die für Freiheit (selbstverständlich aber immer im jlapi­­schen Sinne und ganz im Geheimen) schwärmen. Das Näheramt, welches den Ungarn unfrei­­willigerweise zugefallen, betrifft den Sieg, den der Neihoffnangminister Herr von Szlavy über den zisleithanischen „Verführungsgrafen“ betreffs der neuen, am 1. Oktober d. h. zur Ausgabe gelangenden Staatsnoten, errungen hat. Nicht nur daß auf denselben es bloß einen Dualistischen Sprach­­text gibt, nicht nur daß die bezügliche Kundmachung des Herrn von Szlavy gleich von vorneherein etwaigen­­ Verunstaltungsversuchen der Slawen betreffs der neuen Staatsnoten einen Riegel vorschiebt, gelangt auch auf diesem Papiergelde zum ersten Male das Prinzip der „Personal-Union” zwischen Un­­garn und Oesterreich zum prägnantesten Ausdruck, in­­dem, statt des auf den früheren „Fünfer-Staatsnoten“ 1866er Andenkens befindlichen Neidsadlers, auf den neuen „ungarischs österreichischen Noten” das wohlge­­troffene Porträt des Monarchem zu erbliden ist. Für den gewöhnlichen Mann in Oesterreich mag die­­es auffällige Symbol vielleicht und wahrsgein­ Üh wenig Bedeutung haben. Die Ungarn werden sicher und gewiß sofort herausfinden, daß sie in mehr­­facher Hinsicht einen Sieg über Oesterreich errungen haben, und doch werden sie auch wieder bei ruhigem Ueberlegen sich selbst sagen müssen, daß sie diesen Sieg eigentlich nicht über Oesterreich, sondern nur über das von reaktionären Gelüsten vollständig durch­­tränfte Ministerium Z­aaffe, und zwar frast des eigenen Liberalismus, erkämpft. Endlich wird sicher und gewiß Exzellenz Tipa diese neueste Errungenschaft Sz­l&vy’s auf sein Konto fegen, und — wie wir ihn zu seinen das Glüe haben — daraus für die eigene, schon sehr stark ins Schwanken gevathene Popularität Kapital klagen. Doch als das vorstehend Angeführte zugegeben, bleibt immerhin Eines unumstößliche Wahrheit: Die Magyaren haben einen unblutigen Sieg errungen und gleichzeitig durch diesen Sieg ein Symbolum der von der „Linken“ so heiß angestrebten und ersehnten „Personal-Union“ mindestens — — auf dem Papiere erhalten. Wir wollen nir erst lange untersuchen, ob Herr v. Szläny allein oder sonst noch jemand Anderer den Ungarn zu diesem Siege verholfen ; wir als Patrioten erfreuen uns der Thatsache, die in der Heimat viel­­leicht augenblicklich nicht einmal in dem Maße gewür­­digt werden wird, als hier in Oesterreich, wo troß des, doch Taaffe’s Regime erzwungenen politischen Stilllebens, in den wahrhaft liberalen Kreisen eine Erbitterung gegen die heutige Aera herrscht, von der man si einerseits in Ungarn seinen Begriff ma­­chen kann und die andererseits, wenn eine solche dort gegen ein ungarländisches M­inisterium jemals vorsäme, sofort alle Schleußgen und Dämme sprengen würde. Daß der gegenwärtige österreichische Staatsweise und ebenso dessen Anhang inner- und außerhalb des gloriosen cisleithanischen „Versöhnungs-Ministeriums“ von dem „Staatsnoten-Siege” der Ungarn nichts we­­niger als erbaut sind, bedarf wohl nicht erst ganz bes­­onders betont oder extra versichert zu werden. Da­­gegen liegt aber nur zu nahe, daß, wenn Graf Taaffe die Mittel besäße, sich an den Ungarn zu rächen oder aber mindestens den Peithauch der Reaktion auch nach den Ländern jenseits der­ Leitha zu ex­portiren, er dieses sicher, innigsten Behagens voll, sofort in Angriff nehr­men würde. Ebenso gewiß ist er all ferner, daß, wenn dem österreichischen Staatssenter all’ das bekannt wäre, was heute von in liberalen Kreisen betreffs der neuen Staatsnoten gesprochen und fritisirt wird, er vielleicht, wie jener ungerathene Sohn des alttestamentarischen Königs David, nur mit einer Heinen Variation, aus­­rufen würde: „Bisher habe ich Euch (Liberale) nur mit Nuthen gezüchtigt, jet werde ih Euch aber mit Skorpionen geißeln !! — — Dog für die Ungarn selbst kann das Alles voll­­kommen gleichgiltig sein, fintemalen sich an ihnen das alte Sprichwort: „Wer hat, dem wird gegeben !* an in diesem Falle bewahrheitet hat. Für die, wahrlich nit zu beneidenden, liberal gesinnten Bewohner Eisleithaniens ist aber die „neue Staatsnote" ein Wegweiser geworden, wohin sie ihre Blide zu wen­­den haben, wenn sie an Gegenwart und Zukunft feier verzweifeln wollen. Diesem einzigen Troste, das Die eisleithanischen Liberalen noch beseelt, gab für sich je­mand dur folgende Worte beredten Ausdruck: Die, weil sie wahr und treffend zugleich sind, hier Plat finden mögen. Er sagte nämlich: „Der Schwer­­punkt unserer inneren Politik liegt Heute in Prag, der Schwerpunkt unserer äußeren Politik und gleich­zeitig des wahrhaft liberalen Prinzips, befindet sich in Ungarn. Und das ist unser Trost, unsere Beruhigung. Wäre es umgekehrt, wir Oesterreicher müßten entweder verzweifeln oder — den Staub der Heimatseide von den Füßen schütteln." — — Möchten unsere Brüder im ungarischen Heimats­­tande doch nie vergessen, daß nicht nur die Liberalen Oesterreichs, sondern auch jene der ganzen gebildeten Welt auf sie bilden , möchten sie ferner bedeuten, daß jeder Schritt, den die Magyaren im freiheitlichen Sinne, also nah vorwärts machen, ebensowohl das in Nede stehende, erhabene Prinzip glorifizirt, als jede freiheitliche Errungenschaft den Unterdrückten in allen Ländern zu gute kommt, indem sie langsam, aber sicher, das Fundament der Reaktion zerbrödelt !! Dem Tage. Das November-A­vancement. Das diesjährige Herbst-Avancement sol, wie in gut verfirten Kreisen verlautet, beim gemeinsamen Heere beiläufig nach demselben Mafstabe, wie in den feit­­verfloffenen Perioden stattfinden. Eine Ausnahme hie­­rin dürfte diesmal blos der f. f. Generalstab bilden, in dessen Offizierskorps umfangreiche Ueberlegungen und damit verbundene Chargen-Bem­üdungen erfolgen werden, die diesfalls beabsichtigten Personals-Berände­­rungen bildeten mit einen Gegenstand der unmittelbar nach dem Schlusse der Mistolczer Korpsmanöver unter Borfig des Oberinspektors der Armee, Feldmarschall Erzherzog Albrecht, und in Gegenwart des Aller­­höchsten Kriegsheren abgehaltenen militärischen Konfe­­renzen. Alle anderen Vorlüdungen in den verschiedenen Heeresanstalten und Truppenkörpern der £. Ef. Armee werden si, wie erwähnt, auch diesmal blos im Nahs­ten des durch den gewöhnlichen Abgang fi ergebenden regelmäßigen Standesausgleiches bewegen. So wird auch diesmal eine größere Anzahl von Generalmajoren in die Feldmarschall-Lieutenants­ und eine noch bedeu­­tendere Anzahl von Obersten in die Generalmajors- Charge vorrücen.­­­­on der Tagesordnung dürfte nun doch endlich die unerquidliche Affaire Söcz­l-LXendl definitiv verschwinden Auf Grund der in der ehrenräthlichen Untersuchung wider den vormaligen Lieutenant Stefan Göczel erhobenen Thatbestandes mußte das Verhalten des Hauptmannes Wilhelm Ritter Lendl von Murgthal in erster Linie vom Standpunkte der militärischen Disziplin beanstandet, im übrigen aber die Frage, ob er no­rm der Offizierscharge zu belasten, oder derselben verlustig zu erklären sei, der Prüfung und Beschlußfasfung des zuständigen­­Offiziers-Ehren­­rathes überantwortet werden. Der Hauptmann von Lendl wurde daher wegen ebenso unstatthafter, als leidenschaftliger und provozirender Erörterung politischer Fragen in einem öffentlichen Xofale im Disziplinar­­wege auf das strengste bestraft; und da die von ihm selbst mittlerweile erbetene Ablegung der Offizierscharge, als im Wehrgefege begründet, nicht verweigert werden konnte, mußte die Einleitung der nunmehr überflüssigen Amtshandlung und Beschlußfassung des Offiziers-Ehren­­rathes zufolge der hierüber bestehenden Vorschrift ent­ fallen, soRales. * Allerh­öchste Auszeichnung. Der sächsishen Kammersängerin Frau Schuh-Prosta ist von Sr. Majestät dem Kaiser und König die große gol­­dene Verdienst-Medaille für Kunst- und Wissenschaft verliehen worden. * Von der fair. königl. priv. Sü­d­­bahn wird dem P. T. Publicum fund gemacht, daß mit gesteigem Tage (1. Oktober) der für die Auf- und Ab­­gabe der mittelst Südbahn zu befürdernden Borsten« viehbtransporte im­­ Bereiche der Südbahn- Station Dedenburg eingerichtete Viehbahnhof dem Betriebe übergeben worden ist. Vom genannten Tage an tritt die Kundmachung vom 15. Juni 1877 3. 5313/CL, womit zur allgemeinen Kenntnig gebracht wurde, daß in Dedenburg solche Borstenviehtransporte auf dem Bahnhofe der Naab- Dedenburg-Ebenfurter Bahn aufzugeben, resp. zu be­­ziehen sind, außer Wirksamkeit. Die genaue Gebühren-Bestimmung, respettive Einhebung der Verbindungs-Transports-Tüten haben wir bereits in Nr. 115 dieser Zeitung vom 25. Septem­­ber d. h. detaillirt bekannt gegeben. * Strhmweihfest. Heute Sonntag wird im nahen Wolfs das Kirchweihfest gefeiert, aus­­ diesem Anlasse wird­ in der dortigen Restauration ein Zanze vergnügen veranstaltet, wobei die Musikkapelle Schunda die neuesten Musikstücke zur Aufführung bringen wird. * Teater-Nachricht. Die heutige Vorstel­­lung bringt eine neue Posse: „Plaush’ net Pepi“ von Berla, ein Stück voll gesunden Volkshumors und drastischen Situationen. Morgen Montag erste Ope­­retten- und Abonnementsvorstellung, wobei „wasleder­­maus“ von Strauß in Scene geht. * Entdeckter Diebstahl. In einem Hause der hiesigen Schlippergasse hatten, wie es hier so sehr üblich ist, zwei Familien eine Küche gemeinschaftlich. Einer dieser Einwohner bemerkte in dem Zimmer seines Mit­­einwohners eine hübsche Jade, welche er lieber als Eigen­­thum seiner Ehehälfte gewußt hätte. Der Umstand, daß die eine Partei ihre gegenwärtige Wohnung zu verlassen beabsichtigte, bot sich dem neidischen Patron als günstige Gelegenheit dar, er entwendete daher die bewußte Jade und hielt sie so lange in Gewahrsam, bis die Woh­­nungsänderung vorgenommen wurde ; alsdann machte er dieselbe seiner Ehehälfte zum Geschern. Kaum hatte Restere jedoch Zeit sich und ihrem Gemal in der Jade zu gefallen, so wurde sie auch schon von der Eigen-

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