Oedenburger Zeitung, 1881. November (Jahrgang 14, nr. 131-143)

1881-11-02 / nr. 131

My­me­ % H­ ­ reden dürfe. Unter diesen Phrasen erhöht man die Forderung für die Komitatsverwaltung und lägt Alles weiter stagnieren und faulen, ohne Nachsicht auf die großen Interessen des Staates und seiner mit Steuern [wer belasteten Bürger. L. Ein neuer Humanitäts-Verein. Es werden nicht Wenige Fopfi hütte und die Ueber­­schrift dieses Artikels lesen ; fragt man aber diese Leute, worüber sie so verwundert thun, so erhält man unter zehnmal sicherlich neunmal, die so oft gedankenlos hin­­geworfene, banale Antwort, daß wir ja ohnedieß Ver­­eine D dieser Art in genügendem Maße hätten, daß die Wohlhabenden ja ohnehin schon genug in Kontribution gefeßt seien, und was dergleichen Gemeinpläge man sonst noch zu hören bek­ommt. Würden­­ diese Herren je­­doch bedenken, daß jeder neue Verein, der die Linderung des Elendes unserer Mitmenschen zu seiner Aufgabe macht, einen Schritt näher zu jenem erhabenem Ziele führt, wo angelangt, man die aus Noth begangenen Verbrechen dann nicht mehr rennen wird, wahrlic­h sie müßten dann jede I­nitiative zu irgend einer philan­­tropischen Association mit Freude begrüßen. Und dan­n, was ist der Zweck dieses neuen D­er­­eines? höre ich allenthalben fragen. Dieser besteht in der Wohlthätigkeitspflege. Dieselbe wird in folgender Weise bethätigt: a) den ertrankten ordentlichen Mitgliedern, so­ wie deren Gattinen und ehelichen Kindern unentgelt­­liche Behandlung dur die Vereinsärzte, beziehungs­­weise Vereinshebammen zu bieten ; b) die Unterstügung ertrankter, ordentlicher Ver­­einsmitglieder dur Zuweisung wöchentlicher Geld­­beträge;; e) im Ablebungsfalle eines vordentlichen Mit­­gliedes für dessen anständige Bestattung zu sorgen ; d) im Ableilungsfalle eines ordentlichen Mit­­gliedes der Hinterbliebenen legitimen Gattin, even­­tuell den geselischen, beziehungsweise testamentarischen Erben den Betrag von 200 Gulden D. W. zu zahlen ; e) der Hinterbliebenen Witwe eines Mitgliedes mit allen moralifgen Mitteln in ihrem Fortkommen behilflich zu sein und aus der Neihe der Vereinsmit­­glieder für dieselbe einen Beihüger zu stellen ; f) die Erziehung und die Unterbringung armer Waisen der Mitglieder in die bestehenden Waisenhäuser mit allen moralischen Mitteln zu unterjrügen, g) vorkommenden Falles die Unterftügung gänzlich verarmter Mitglieder in ein entsprechendes Ays anzu­­streben, eventuell anderweitig zu unterstügen. Dies wäre, in allgemeinen Umrissen die Tendenz des von uns zu gründenden Vereines, dertfeiner Thätig­­keit entsprechend, den Namen „Humanitas” führen möge. Nun wird so Mander denken, ja wozu hätten wir denn die beiden Brüder laden? Nur jahre, ihr Herrn, glaubet denn ihr wirklich im Sinne des erhabenen Stifters unserer Religion zu wirken und ein gottgefälliges Werk zu vollbringen, wenn ihr selbst der Wohlthätigkeit einen konfessionellen Anstrich gebet ? Schauet Euch das bibelfeste, protestantische England an, wie dort neben den heterogensten Vereinen, von denen die meisten die Linderung von Menschenelend auf ihre Tahne geschrieben, die internationalen und interkons fessionellen Humanitäts-Vereice, si­cht nur der Unter­­frügung der hervorragendsten socialen Kreise erfreuen, sondern einen steten Aufschwung zu verzeichnen haben. Unser Jahrhundert läßt sich so gerne das der allgemeinen Aufklärung und Vorurtheilslosigkeit nennen; weßhalb sollten wir nun gerade dort, wo es sich um die Linderung von Noth und Elend unserer Nächten handelt, den Unterschied zwischen Mensch und Menschen machen, jene fünftliche Scheidewand, ein Produkt mittel­­alterlicn religiösen Wahnes, wieder aufrichten, nachdem uns die Encyklopedisten, schon vor einem Jahrhunderte dieselbe mit ihren glänzenden Geisteswaffen niederge­­risfen? Wir wünschen daher seinen konfessionellen Wohlt­ätigk­eitspereimn ins Leben zu rufen. Mitglied des Vereines „Humanitas“ kann demzufolge ohne Unterschied der Konfession jede eine ehrbare Stellung einnehmende und in moralischer Be­­ziehung untesholtene Person werden, die nir unter 18 und nit über 45 Jahre zählt, in Oedenburg wohnt und se­wohl selbst von gesunder Körperbeschaffenheit ist, als auch im Kreise ihrer Familie sein Frankes Mitglied hat. Die Entscheidung über Gewährung oder­­­erweige­rung der Aufnahme steht dem Ausschusse allein zu, der für Legtere seinerlei Gründe anzugeben braucht, da hat der Ancorporirung des Ansuchenden stets ein vereinsärztliches Parere über den Gesundheitszustand sowohl des Bewerbers als seiner Familie voranzugehen. Der Verein besteht aus: a) gründenden, b) ordentlichen, ce) unterfragenden und d) Ehrenmitgliedern. Gründende Mitglieder sind jene, welche zu Gunsten des Vereines Ein für Allemal wenigstens 100 Gulden erlegen, diese besigen das active und passive Wahlret. Die Namen der gründenden Mitglieder werden auf einer Gedenktafel im Vereinslokale verewigt. Die ordentlichen Mitglieder tragen alle statuten­­mäßige Lasten, sind aber auch zum Genuße aller Ve­­­reinsbenefizien ermächtigt und haben, soweit sie männ­­­lichen Geschlechtes sind, actives und passives Wahlret. Die Ankorporationsgebühr der ordentlichen Mit­­glieder beträgt einen Gulden De. WB. Die wöent­­lichen Beiträge desselben werden auf 25 ff. festgelegt. Die unterfragenden M­itglieder verpflichten sich schriftlich mindestens duch drei Jahre einen jährlichen flten Beitrag von mindestens 10 Gulden De. V. zu leiten. Dieselben sind an den­­ Benefizien des Vereines nit betheiligt, es steht ihnen­ aber das active und passive Wahlrecht zu. Wer sich um den Verein besondere V­erdienste er­­wirbt, oder wer sich durch hervorragende Werke der Menschenliebe auszeichnet, kann vom Ausschusse mit nachträglicher Genehmigung der Generalversammlung zum Ehrenmitglied ernannt werden. Den Ehrenmitgliedern stellt der Ausschuß ein Ehren­­diplom aus, und werden dieselben sämmtlicher Ehrens­rechte des Vereines theilhaftig, ohne an den Pflichten der Mitglieder partizipiren zu müssen. Der BProtestor und der Ehrenpräsident des Ver­­eines werden für lebenslang, der Präsident für drei aneinanderfolgende Jahre gewählt. Die Wahl kann mit Akklamation oder der geheime Abstimmung mittelst Abgabe von Stimmzetteln erfolgen und entscheidet in legterem Falle die absolute Majorität. Den Ausschuß bilden jene 36 Candidaten, welche in der Generalversammlung nach erfolgter Zusammen­­zählung der Stimmen die relative Stimmenmehrheit erhalten. Der Ausschuß, welcher nach stattgehabter Wahl dur den Präses schleunigst zur Konstituirung einberufen wird,­wählt aus seiner Mitte mittelst relativer Majo­­rität der Anwesenden zwei Vizepräsidenten, welche in Abwesenheit des Präsidenten die Vereinsgeschäfte leiten, einen Rechtskonsulenten, Kaffier, Kontrolor und Vereins: Delonomen, Archivar, Almosenier und Schriftführer. Der Wirkungskreis derselben wird dur den Ausflug genau präzisirt. Alle näheren Details besagen die Statuten. S. General der Kavallerie ernannt wurde. Ferner sollen ernannt werden: Oberst Graf Pálffy- Daum zum General-Major ; zu Oberst-Lieutenants: Josef Kratods­will, Adolf Münster, Julius Oberfampf, Aladár YBydes­­kuthy und Sibelius Farkas ; zu Majoren : Wolf Matya­­fovgfy, bei der Kavallerie zum Major Yosef Marialaty. Nachzutragen haben wir noch wie bei den­­ Beför­­derungen in der gemeinsamen FE. 1. Armee erfolgte Vor»­rüdung des Kadet - Offiziere » Stellvertreters, Herrn Grafen Zosef Orotta dr. Grottenegg zum Lieutenant im 76. Infanterier Regimente „Baron Knebel“. Vom Tage. OÖ Die Eröffnung der Delegationen in Wien. Die Reichsboten haben si seit leglem Donnerstag wieder im der österreichischen Metropole versammelt. Seit ihrem Bestande ist die Reichsvers­tretung nicht an einem so bedeutsamen, historisch denk­­würdigen Tag an die Arbeit gegangen! An diesem Tage wurde in Deutschland um hohe Güter der Mensch­­heit gewürfelt, und zugleich mit dem Zusammentritt der Delegationen ist auch ein erlauchter Gast in die Burg der Habsburger in Wien eingezogen, dem die Dörfer Oesterreich-Ungarns in der Hoffnung, daß der­­selbe ein Unterpfand unvergänglicher Freundschaft hinter« bracht, aus dem Annigsten der Seele zu rufen: Gesegnet, Umberto, sei Dein Kommen und Gehen ! Mit gehobener Empfindung schreiten die Vertreter des Neid­es zur Lösung der ihrer harrenden Aufgaben. Zunächst gelangt das Reichsbudget, nämlich der Boranschlag für den gemeinsamen Staatshaushalt pro 1882 zur Vertheilung und geben wir im Nach­­stehenden eine Zusammenstellung der wesentlichsten Punkte desselben. Das Gesammt-Erforderniß (ordentliches und außer­­ordentliches) beziffert sich mit 119,136.854 fl. Davon vorweg abgerechnet der Berzentualtag zu Lasten Ungarns entfällt auf den österreichischen Theil 81,727.881 fl. 84 fl. zu bededen. Dem Gesammt-Erforderniß steht als D Be­­dedung im ordentlichen und außerordentlichen Einnah­­men der drei gemeinsamen Ministerien 3,304.870 fl. gegenüber. Der Ausgabenetat vertheilt sich auf Aeußeres 3,504.500 fl., um 21.300 fl. weniger al im Vorjahre. Dagegen wird von diesem Ministerium ein Nachtrags­­kredit von 50.000 fl. pro 1881 und ein außerordent­­licher Kredit per 110.000 fl. für das laufende Jahr in Anspruch genommen und zwar zur Durchführung von Abaptivungen und Erweiterungen und Umbauten im Palais des Auswärtigen Amtes. Vom Budget des Kriegs-Ministeriums ist zunächst die Spnanspruchnahme eines Plus von 135.778 fl. zu verzeichnen, dasselbe dient für die B­er­iittenmachung von 545 Unterabtheilungs-Kom­­mandanten der Infanterie (Haupleute), zu deren Ber­gründung das Kriegsministerium fi auf das „alte Budgetlied“ beruft, auf die V­oranschläge von 1872, 1876, 1877, 1878, 1879 und 1881 nämlich, welche diesen Posten jedesmal enthielten, aber ohne Berück­­sichtigung zu finden. Der nächte große „Plusbroden“ repräsentirt sich mit 250.586 fl., motivirt durch „Preis­­steigerungen“, endlich 878.025 fl. „in Folge geringerer Ersparungen durch administrative Maßregeln“. Es laufen noch einige kleine Plus- und Pennusziffern zwi­­schen 2000 und 4000 fl. mit einher, die nicht sonder­­lich in’­ Gewicht fallen. Das Marine-Erfordernis beträgt 8,907.990 fl. Das gemeinsame Finanz-Ministe­rium, nebst Nehnungskontrole beansprucht zusammen beiläufig 2 Millionen. Handred-Advancement. Dasselbe ist gleichfalls bereits veröffentlicht. Unter den Beförderten befindet sich auch ZMEL. Eduard Graef, welcher zum $ookales. * Allerfeelen Wenn man auch ganz und gar nicht mit dem Kalender vertraut ist, das er der Todten fünden so viele Erscheinungen an, das man über den Zeitpunkt des Eintritts desselben nicht im Zweifel sein kann. Erstens werden nur alle Straf­­fen mehr oder minder prachtvolle Kränze getragen, dann der trübselige Anblick des wie in ein graues Leichentuch gehüllten Himmels, von dem melancholisc­­h­­e zerpflügte Diyrthenblätter, die Zloden niederwirbeln. Das Theater fündet das unvermeidliche, heftische „Müls­lersfind“ an, das huftend mit ihrem greifen Vater zur Grube warten muß. Kurz die Atmosphäre ist förmlich geschwängert mit Mobderduft, Grablaternendünsten und den eigenthümlichen Geruch verwerfender Blumen. Blu­­men, die für die Zodten bestimmt selber ihr festes Blühen und Duften auf Leichenhügeln opfern müssen. Aber ah! — ja die Gegentage berühren si immer auf Erden —­ selbst in den Modewaarenhand­­lungen, wo der Fashingszug in allen feinen Bestandtheilen und Phasen sonst funfelt und im der Pracht aller Farben prangt, selbst in diesen der Freude der Damenwelt gewidmeten Geschäftssofalen, sieht man jegt die fostbarsten Todtenkränze aus den wunderbarsten fünftlichen Blumen geschmad­­vollst gewunden. Am Markte Häuft sich der Kranzvor­­rath aus bescheideneren Materiale und in den Schauläs den die prunkhafteste Blumenzier, die da beweiset wie sehr Alle und Alle wünschen, die Gräber ihrer todten Lieben am Allerseelentage mit Erinnerungss­­penden, je nach dem Können, mit großen prachtvollen, wie kleinen schlichten Kränzen und Lichtern zu schmücen. In legterer Zeit ist freilich auch die Pietät etwas aus­spruchsvoll und lururiös geworden und läßt es sich nicht mehr genügen, einfache Lorbeer oder Immergrünfränze als Spenden auf die Gräber legen, sondern fordert eine Flora aus kostspieligem Sammet und Seide gar fünftlich gefügt, als ob diese beredter ihre Gefühle wie­­dergeben könnten, als jene... . Das ist eben­ der Zug der Zeit, die in Allem nach schönem Ausdruck ringt — und dieser Zug hat auch die Pietät etwas kostspielig gemacht. * Markt-Einstellung Aus Anlaß der Viehseuche wurde von Seite des fünf ungarischen Han­­dels-Ministeriums die Abhaltung von Jahrmärkten im ganzen Wieselburger Komitate bis auf Weiteres einge­stellt. * Eine einhändige Klaviervirtu­­osin von der höchsten Bedeutung ist Frl. Wiphonfine Wei, die in der ganzen ZTonwelt als eine Cele­­brität gefeiert wird. Dieselbe wird mit Jan von Prielle aus Wien (Koloratursängerin von anerkann­­tem Verdienste) gemeinschaftlich am nächsten Mittwoch (also Heute über acht Tage) hier im kleinen Lafi­­nosaalıe Konzertiren, wobei der allserts Hoch­­gefrägte, weihbegabte Hiesige Pianist Herr Haas die Begleitung der Piecen übernommen hat. Bon Frl. Weiß liegt nug eine französische Recension aus Paris vor, der wir folgendes wortgetreu entnehmen: Abgesehen von den ungläubligen Schwierigkeiten, welche die ungarische P­ianofünstlerin, in Bezug auf den Verlust der linken Hand, mit verblüffender Leichtigkeit besiegt und dadurch natürlich das Synteresse enorm auf­­ftapelt, besteht ihr Hauptvorzug in der hochgradigen Technik und den gemrüthstiefen Ausdruch ihres Spieles. Mit der einen, ihr zu Gebote stehenden Hand ber berrfht Frl. U Weiß den Flügel derart, daß man ganz darauf vergigt solche Zauberklänge verdanken ihren­ Ursprung nur fünf Fingern, man glaubt e8 müßten, ihrer Zwanzig sein. Vormerkungen auf in Nede stehendes, höchst interessantes Konzert vom 9. November über­­nimmt aus Gefälligkeit die Buchhandlung des Herrn Schwark, auf derr Grabenrunde * Ein gemüthlicher Leberfall,. Einem Steueregesator von der im Eisenburger Komitat gele­­genen Ortschaft Rum, welcher sich dieser Tage nach dem­ Nachbarorte Kam begab, begegneten zwei Bauern, die desselben Weges zogen. Der Steueregefator freute sich, nit allein wandern zu müssen, denn er war ziemlich dunkel und seit leiterer Zeit machten einige Strolche, die Landstraße unsiger. Im Verlaufe des Gespräches erfuhren die Bauern, daß der von ihnen Begleitete ein Steuercrefutor und im Begriffe seim­ Kam seines Am­­tes zu walten. Kaum waren die drei Wanderer auf der über den Fluß führenden Brücke angelangt, als sich plöß­­lich der eine Bauer zum Crefator wendete, ihn bei der Schulter pachte und mit den Worten: „Schwimmen wir, Euer Gnaden" in den, zufolge der jüngsten Negengaste start angeschwollenen Fluß stieß. Der Exekutor verlor indessen die Geistesgegenwart nicht, ergriff im Falle dem Arm des Bauern und zog ihn mit sich in den Fluß hin

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