Oedenburger Zeitung, 1882. September (Jahrgang 15, nr. 201-225)

1882-09-01 / nr. 201

IIIMis-.srj·ss5MO-(N’Æs« ,«»sD-sc-Wxss««-—« "WAHFP«EEJ.-;-2.-:»s,,.«;»---; LreitaYLthemberlssz Oedenburger Zeitung. (V­ormals „Oedenburger Nachrichten“.) Organ für Politik, Landel, Industrie und Landwirthschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. 4 Motto: „Dem Forts­ritt zur Ehr! — Betrüchten auf Wehr” — Der Wabhrbeit eine Gaffe.“ XV.Zah­rgang. jährig . Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations- und Impertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. . Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen onn= oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations:Preife: Br Doco: Banzjährig > 1... Deichjährig 5 f., Bierteljährig » .501k.,Mo-1atichl. FURUCMIM Wassng F Fäden-jung 7a.,Vi-mc­­‚ TRETEN FE TELNETET EEE Ar. 201. er Administcation, Herlag und Inserateaaufnahme; Buchdrukeri­n, Nommtwunster , Sohm, Grabenunde 121. <a Einzelte Kummern Rofen 5 Strenzer. zu Inserate vermitteln: In Wien: Hafenstein & Vogler, Wall­­flnggasse 10, U. Oppelit, 1., Stubenbastei 2, Heinrich Schaler, 1., Wolgeile 12, R. Moffe, Seilerfätte 2, M. Dutes, ı., Hie«­mergasse 12. In Budapest: Jaulus Gy, Dersipragate 1, Leop. Lang, Gisellaplag 3, U. B. Goldberger, Servitenplaß 3, SInfertions:Sebüßren: 5 fr. für die ein=, 10 fr. für die zwei-, 15 Er. für die Kreis, 20 fr. für die vierspaltige und 25 Tr. für die durchlaufende Bretitzeile evclusive der Stempelgebühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einschaltung bedeutender Rabatt, Stürme im Glase Waffer. Oedenburg, am 31. August 1882. (H. G.) Auch während den ernstesten politi­­schen Zeitperioden kommen bisweilen Geschehnisse vor, welche die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, nicht etwa deshalb, weil sie Ursachen von ernsten Verwichlungen sein künnen, — (an solche Eventualitäten denken in derartigen Fällen gewiß nur die Wenigsten) — sondern weil sie darnach angethan sind, lange geschlummert habende Gefühle neuerdings wac­hzurufen oder auch darauf h­inzus­teisen, daß eine für immer begraben geglaubte Sache sich nur im starrkrampfähnlichen Zustande befunden. Al die Rubrik derartiger Geschehnisse rangirt zuerst eine total ausländische Geschichte Da wir Ungarn aber nicht nur als Äußerst gastfreund­­lie, sondern, so lange es nicht an unsern eigenen Kragen geht, auch gewiß als sehr höfliche Leute be­­kannt sind, so müssen wir vor jener fremdländischen Episode, die übrigens einen starf politische nationalen­­ Beigeschmadh befigt, vor allen anderen Geschehnis­­sen, über die wir heute zu berichten haben, den Vorrang einräumen. Sr Paris hat es nämlich vor einigen Tagen wieder einmal stark „national wettergeleugnet." Ein, wie man sagt, vollständig harmloser, deutscher Turnverein wollte zweien seiner Mitglieder ein Abs­­chiedsfest veranstalten, ward jedoch, vor Abhaltung desselben, das Opfer eines Bubenstades, indem eine dem Vereine entwendete Einladungsplaque und befestigterweise dem Präsidenten eines französsi­­chen, stark in Chaupinismus machenden Zorns­vereines übersendet wurde. Die Folge davon: folof­­fale Divergenzen, Refriminationen, Schließung des Festsofales seitens der Behörde, Erregung über die unverschämten „Paruffiens“ und Beginn eines vehe­­menten Zeitungskrieges gegen den Fürsten Rig­­mard. Diese Angriffe, welche bereits des deutschen Kanzlers Leibmamelufen mit gleicher Vehemenz er­­widern, erinnern lebhaft an das „journalistische Gemegel“ von 1870. Eine größere Bedeutung dürfte ihnen vorläufig aber kaum beizulegen sein, obgleich bereits, wegen der Affaire mit dem deut­­schen Zornvereine in Paris, diplomatische Noten gewechselt worden sind. Einen etwas ernteren Anstrich hat ein an­­deres Vorkommniß der legten Tage, nämlich ein türkisch-griechischer Konflikt, der sich an der beider­­seitigen Grenze von Karakiderbend abspielte. Wie das nun schon bei freundlich gesinnten und in Liebenswürdigkeiten einander überbietenden Nach­­barn vorzukommen pflegt, neuester Zeit aber unuell geworden ist, schiebt jeder Theil die Schuld an den Streitigkeiten auf den Gegner, und so läßt si für den Fernabstehenden auch in diesem Yale gar nicht entfeiden, wer der eigentliche Anheiterer gewesen. So viel ist jedoch gewiß, daß es sich um Grenz­­streitigkeiten handelte und daß e8 darob zu etwas mehr, als einer blos­blutigen Rauferei gekommen. Denn es blieben zwei türkische Offiziere und sieben gewöhnliche Soldaten todt auf der Wahlstatt; die Griechen, deren Verluste bis zur Stunde ungenannt sind, wurden aber aus ihrer, gleichviel ob rechtli oder widerrechtlich eingenommenen Position mit Gewalt hinausgeworfen. Darob große Entrüstung in ganz Griechenland, Einberufung von drei Alterö- Klasfen, diplomatischer Notenwechsel zwisgen Athen und Konstantinopel, fleißiges Depergiren seitens der Athenienser Staatsweisen an die auf Weisen im Auslande befindliche Majestät von Neu-Hellas und gewaltiges Säbelraffeln zu Füßen der Elafsi­­schen Berge»... . Aber auch diese zweite politische Affaire dürfte schließlich denn doch kaum zu einem neuerlichen europäischen Konflikte führen, obglei­che bekannten „hohen Politiker“ schon eine Stunde nach dem Eintreffen der bezüglichen Depeschen aller Welt verkündeten, Rußland allein sei an diesem neuesten türkisch-griechischen Mißverst­ändnisse Schuld, weil er die günstige Gelgenheit, wo ganz Europa mit Egypten beschäftigt ist, benügen wolle, um neue Zettelungen anzustiften und auf diese Weise sie ge­­gebenenfalls hineinmischen zu fünnen. Das Nich­­tigste dürfte vielleicht sein, daß die große neue griechische Nation wieder einmal starfen Appetit nach einem türkischen Länderschiffen verspürt und in solcher Sehnfugt Mein und Dein verwecfelt hat. Eine aus Ungarn viel näher berührende An­­gelegenheit ist jedenfalls die famose „Sozialisten­­geschichte“, welche da drüben in Oesterreich spielt und über die seit acht Tagen die unwunderlichten Gc­hichten in die Oeffentlichkeit dringen. Pester Korrespondenten Wiener Blätter brüften damit, daß in Ungarn die Sozialistenpartei seinen Raum habe. Das ist sehr schön von diesen Herzen, und in einer Hinsicht wollen wir denselben auch von ganzem Herzen zustimmen, nämli insoferne, daß die etwa in Ungarn thatsächlich vorhandenen So­­zialisten sich niemals zu einem gemeinen Ver­­brechen herabwürdigen werden. Was aber sonst die sozialistischen Tendenzen anbelangt, so möchten wir doch in dieser Nichtung vor all­zu großem San­­guinismus warnen. Wie lange ist es denn leer, daß allgemein behauptet und allgemein geglaubt wurde, der Antisemitismus werde in Ungarn kei­­nen Boden finden. Und doch haben wir leider !! bereits genug derartige Standarden auch im Reiche Jenilleton Isomöopathisch. Don Marie Angyalffy. (Bortregung.) Der Photograph muß wissen, wer sie ist, sagte er fi, tete die Photographie in seine Brusttasche und eilte davon. Die Antwort, welche ihm der I­nhaber der photographischen Anstalt ertheilte, trug nur dazu bei, seine Sehnsucht nach der Bekanntschaft seiner Unbekannten zu erhöhen. Sie sei eine Waffe, sagte ihm der Photo­­graph, sie ernähre sich und ihre drei kleineren Ge­­schwister von ihrer Hände-Arbeit. Uebrigens eine unnahbare Tugend. Willi brannte vor Sehnsucht, sein Ideal zu sehen. Er war schon 4 Uhr Nachmittags, als er leise an die Thüre des Heiligthums pochte. Eine schwache Stimme rief „Herein“, mit laut pochendem Herzen trat er über die Schwelle. Fat bereute er sein voreiliges Betragen, denn wie wollte er sein Eindringen erklären ? Aber er war nun einmal da und ronnte nicht mehr zurück. Da im legten Augenblick, fiel er ihm ein, daß Diejenige, die er suchte, si von Näharbeit ernähre. Aber ich habe noch nicht gesagt, wie si seine Hoffnungen realifirren. Nicht das so liebe, bekannte und doch wo völlig fremde Gesicht ber­gegnete seinem fheu forschenden Blid, sondern das bleiche, abgezehrte Autlig einer ungefähr fünf­­undzwanzigjährigen rau, die sich bemühte, mittelst weniger Spähne in dem eisernen Ofen ein spar­­sames Feuer zu erhalten. Sie schien soeben eine schwere Krankheit über­­standen zu haben, ihre­­ Hände waren abgezehrt, wie ihr hohles bleiches Antlik. An einem ärmlichen,aber reinlichen Bette lagen zwei franke Mädchen, welche sich verschämt unter ihre Dede verfrohen. Entsäuschigen Sie Madame, sagte Flint, sich tief verbeugend, daß ich als ihnen gänzlich Fremder, hier eindringe, aber der Ruf Ihrer Fräulein Tochter, als exzellente Weignäherin, ist zu mir gedrungen, ich möchte ein Dutend Weifwäsche verfertigt haben, wenn das Fräulein so gütig sein und sich damit befassen wollte. Ach, mein Herr, meine Tochter ist leider nicht in der Lage irgend eine Arbeit anzunehmen, sie ist von seit einer Woche bettlägerig. Der liebe Gott hat uns [hwer heimgesucht, früher war ich [hhwer frant, ich konnte meiner Tochter bei ihrer Arbeit nicht helfen, da gingen unsere wenigen Ersparnisse da rauf, denn meine Tochter wollte nicht, daß er mir an etwas fehle, sie wollte doppelt arbeiten und that es an, aber deshalb muß auch sie fett das Bett hüten, — dabei heftete sie ihren thränen­­schweren Blit auf eine papierbefleidtete ZThüre, welche Flind früher nicht einmal bemerkt, sei aber um so sehnsüchtiger betrachtete, denn sie barg ja sein Ideal vor seinen Augen, — — — aber, fuhr sie plöglich verlegen auf, ich weiß eigentlich nicht,­­ wozu ich Ihnen das erzähle, mein Herr. Denken Sie si, liebe Frau, der liebe Gott habe mich zu Ihnen gesendet, nehmen Sie nur gütigst die Arbeit an, daß sie je eher fertig werde, wünsche ich nur deshalb — weil — weil Sie dann auch Thon gesund sein werden. Darf ich also so frei sein, die Leinwand zu fehiden ? Da Sie es denn so wollen, mein Herr und sich einverstanden erklären zu warten, so will ich Ihnen Ihren Wunsch nicht abschlagen. So danke Ihnen herzlihit Madame, aber ich verbinde noch eine Dringende Bitte damit. Sie dürfen dem Fräulein Fein Wort von dieser Arbeit jagen bis sie so weit hergestellt ist, um sie ohne Natheil in Angriff nehmen zu können. Das verspreche ih­­nen herzlich gerne. Obwohl das arme Kind fast alles entbehrt, was zu ihrer Herstellung uothwendig ist, so hoffe ic doch, daß der liebe Gott barmherzig sein und mir mein Theuerstes bald wieder geben werde. Und Gott wird das Gebet einer so vielge­­prüften, guten Mutter, nicht unerhört Traffen, da­­mit erhob sich Flint und mit einer abermaligen tiefen Verbeugung und einem warmen Händebruch, entfernte er sich. Nach kaum einer Stunde, erschien in der dürftigen Wohnung der Witwe Schatten­­bach, ein Lehrjunge mit einem schweren Bader und einem Briefe, nach welchem die Witwe eifrig langte, nachdem der Bote verschwunden war. (Fortlegung folgt.) A"g WETER

Next