Oedenburger Zeitung, 1883. September (Jahrgang 16, nr. 199-223)
1883-09-11 / nr. 206
Er a 5% & > SR Re, B: EEE ERW BEI ELLE ,-«..» -«.»1«j«-.-.—·».T PEN ENTER URNER ELLE NENNE Wirren in unserm Baterlande abgelenkt. Daffi Politiker von Fach und Beruf, sowie jene aus Liebhaberei, aber nicht blos wegen jener Konferenzen, in Kombinationen absonderlichster Art ergehen, leuchtet bei einigem Nachdenken sofort ein. Denn gleich einem Blige aus heiterem Himmel taucht plöglich eine ganze Coalition von Feinden gegen das republikanische Frankreich auf, und das die legten Wochen hindurch einzig und allein mit den sonderbaren, wenn auch auf ganz natürliche Art zu erklärenden Geschehnissen in Ungarn beschäftigt gewesene Europa muß wol erstaunt fragen: „Was ist denn eigentlich geschehen, daß das seine eigene Straße friedlich wandelnde Frankreich nun auf einmal den allgemeinen Haß auf sich geladen hat? Ein Wunder liegt selbstverständlich auch in diesem Falle nicht der Erscheinung zu Grunde, über die augenblickh alle Welt staunt, sondern die Koalition gegen Frankreich ist nur das Resultat der geheimen Machinationen Bismarc’s, der gerade dann am allerwenigsten ruht, wenn die Welt von seiner aufrichtigsten Friedensliebe überzeugt zu sein glaubt. Kleine Ueberraschungen hat der deutsche Kanzler von jeher geliebt, und so rächt er sich denn außet wieder einmal für die geringe Beachtung, die Europa seiner jüngsten Zusammenkunft mit dem gemeinsamen Minister Oesterreich-Ungarns gefrenzt. Aber dieser etwas Kleinliche Maceakt könnte die Bewohner unsers Kontinents volständig halt Lassen, wenn nicht aus den Zeichen, welche jet zu Tage treten, neuerdings eine allgemeine Beunruhigung hervorgehen würde. Das ist aber fürwahr das Bedauerlichste für die Einzelnen, wie für die gesammte Bevölkerung Europa’s, daß unser Kontinent gar nicht mehr zu einer wahren Ruhe gelangen ann. Seit Jahren wird Bismard von den offiziösen Mameluten und Preskofaten Mitteleuropa’s als der „Friedenserhalter par excellence“ gepriesen. In Wahrheit ist er aber, wie wir fon kürzlich nachgewiesen, der größte Unruhestifter seit Napoleons I. Tagen. Das erhellt außet wieder aus seinen Schachzügen gegen das republikanische Frankreich. Die Welt sieht die Anzeichen eines von dem deutschen Kanzler heraufbeschworenen Sturmes. Was sol dieser aber bezweden ? Franfreihh ist vollständig isolirt. Ist das nit genug? Was Hat es also zu bedeuten, daß Bismarc’s Freunde wie Feinde über die Friedenswege wandelnde französische Republik plöglich in Harnisch gerathen ? Italien will von Franfreihh nichts mehr wissen und sehnt deshalb die Annahme der von den Franzosen für die Unglückkichen von Sechta gesammelten Gaben ab, weil ein Rocefort — (bekanntlich ein sozialistischer Freibeuter) — das italienische Volk beschimpft hat. Rußland, das jahre lang mit einer französischen Allianz geliebäugelt, überschüttet plöglich die Franzosen mit Hohn und Spott und geberdet sich derart, als ob es eine Schande wäre, mit einer solchen Nation Arm in Arm zu marschren. Und selbst das in vieler Hinsicht total ohnmächtige China, das betreffs seiner militärischen Stärke nur zu sehr der Türkei gleicht, geirrt sich plöglich, als ob es in seiner Macht läge, mit einem Athemzuge ganz Frankreich vom Erdballe wegzublasen. Daß all das nur Bismarcs Werk, liegt auf der Hand. Aber was beabsichtigt der deutsche Kanzler mit dieser Koalition ? Sitzt der Mühe werth, „nach Spaten mit Kartätschen zu fchießen ?* In diesem Kalbe und augenblicklich machen aber die vollständig isolirt dastehenden Franzosen den Eindruck von Liliputanern, zu deren Niederhalten der „große“ Bismarck die ganze Welt alarmirt und alliirt. Denn blos den foönen Augen des deutschen Kanzlers zu Liebe it Rußland nicht aus einem Freunde plöglich zum offenen Gegner Frankreichs geworden, sondern e8 muß ganz bestimmte Zusicherungen von dem „pommerschen Fuchs“ erhalten haben, und ebenso ist e8 mit allen Anderen der Fall, die nun in Feindschaft gegen die französische Republik entbrannt sind. Mithin ist hieraus ersichtlich, da die von Bismard zusammengebrachte Koalition, um uns eines recht banalen Ausdruchs zu bedienen, „heldenmäßig viel Geld,“ wahrsceinlich aber noch weit mehr Versprechungen gefoftet haben muß. Den gewöhnlichen Sterblichen erscheint die gegenwärtige französische Republic sicherlich als der friedliebendste und an gar seine Beunruhigung denkende Staat des Erdballs. Dem deutschen Reichskanzler dagegen flößt sie fortwährende Unruhe und Schreden ein. Das ist der ganze Weg. Bismarc’s böses Gewissen gibt ihm seine Ruhe. Er fürchtet den „Revanchegedanken;“ er fürchtet aber ebenso das durcie Franzosen vertretene Freiheitsprinzip. Beide sind ihm ein bis in den Tod verhaßter Gräuel. Deshalb intriguirt und animirt er gegen Frankreich und sucht die ganze Welt gegen dasselbe zu entflammen. Das ihm bei Gambetta’8 Lebzeiten nicht gesundie französishe Republik dur Einflugnahme gen, auf deren Staatsmänner zu Grunde zu richten, so müssen nun alle anderen Reiche gegen das verhaßte Frankreich und gegen die dort eine Stätte gefunden habende Freiheit aufgehegt werden. Das legte Ziel Bigmard’s aber ist, sein theures preußisches Vaterland, in dem Deutschland aufgegangen, dadurch gegen alle Eventualitäten der Zukunft zu sein, daß er gegen den ausgesprochenen Willen der Franzosen jenseits des Rheind abermals einen Königsthron errichtet, und dazu sol ihm jene Allianz behilflich sein, die er zwischen Italien, Spanien, den Staaten der Balkanhalbinsel und den dösterreichisch-ungarische deutschen Reihen zu errichten im Begriffe steht. Nach den Aeugerungen der russischen offiziellen Journale zu schließen, ist es ihm jet auch gelungen, das Ezarenreich durch Versprechungen zu födern und wenigstens zu neutralisiren; es ist ihm ferner geglüht, China für sich zu gewinnen. Wer steht also Bismard’s Plänen jegt noch im Wege? Man künnte jagen; Niemand. Denn das Freiheitsbedürfnis des italienischen Bolfes wird durch deren Antipathien gegen Frankreich, und jenes der Ungarn durch die in unserem Vaterlande herrschenden Wirren vollständig paralysirt. So hat es denn augenblickie den Anscein, als ob der heutige Kanzler in fürzester Zeit sein Ziel, dem gloriasen Konservativen Prinzipe in Europa zur vollsten Herrschaft zu verhelfen und gleichzeitig das im Preußen aufgegangene Deutschland mit einer unerschütterlichen Mauer zu umgeben, erreichen müßte. Aber trug alledem glauben wir nit an das vollständige Gelingen dieses Planes, sondern sind im Segentheile felsenfest davon überzeugt, daß das hehre Prinzip der Freiheit, für welches alle wahrhaft Gebildeten des Erdballs sich begeistern, nicht untergehen werde. Einst muß doch die Stunde kommen, da die Völker si erheben und die Ketten abschütteln werden, und dann dürften selbst die von einem Bismarck aufgerichteten Schugmauern wie Glas zerbrechen und der ganze autokratische Machtplunder ebenso zerstieben, wie er anno 1789 und 1848 in die Lüfte geflogen ist. ergaB er ei. EST TEE EC TEENPERESET ALTEM Dom Tage. SKrawall-Ehronik. X. Die legten beiden Feiertage verfolgten und nur sehr spärlich mit Nachrichten über antisemitische Ausschreitungen in der Provinz; so viel steht indeß fest, daß sich die Fünftlih, durch gemissenlos die bösen Austinkte der Maffen aufwühlende Agitatoren erzeugte Erbitterung gegen die Juden einigermaßen zu legen beginnt. Auch gelangt man bereits zur Einsicht, daß Handel und Verfehr systematisch darnieder gehalten werden, wenn sich die unnügen Aufregungen fort und fort auf der Oberfläche erhalten und nicht wieder Beruhigung einzieht in die Gemüther der Bedrohten sowohl, als der Angreifer. In Steinamanger genos man die zweifelhafte Ehre und erlitt das unzweifelhafte Mißbehagen eines wiederholten Besuches des Herrn von Vitöczy, allein er muß zur Steuer der Wahreheit gesagt werden, daß (sein Geist zwar) aber nicht seine Hand im Eisenburger Komitate waltete. Er wollte natürlich nicht den Verdacht auf sich lenken, die Seele und Triebfeder der jüngsten Plünderungen und sonstigen schweren Fehltritte der Unruhestifter zu sein. Der Geist, welcher die Leitung des Eisenburger Komitates befeelt, ist es, welchem wir die Ruhe zu verdanken haben. An der Sorge des Eisenburger Komitates steht der Obergespan Koloman v. Rado6, ein Mann von tadellosem Charakter, hoher Geistesbildung und oigener Energie, der wohl weiß, welche Schande die Antisemiten gegen über Ungarn brachten und der deshalb Alles aufbietet, um Steinamanger von dieser mittelalterlichen Schmach zu bewahren. Die vornehmen und leitenden Familien der Szabod, Bardoffy, Szell, Nagy ze, sind es, welche sich in edler Gesinnung mit dem Obergespan vereinen und dadurch jene Elemente im Zaume halten, welche den Winsen Jhroczys nur zu gerne folgen würden. Große Verdienste erwarb sich und der hiesige Bürgermeister, Herr Karl Grimm, welcher die aufgehegten Gemüther zu beschwichtigen um die Ordnung aufrecht zu erhalten verstand. Daß dies Feine allzu leichte Arbeit ist, in jedem ein, der die hiesigen Verhältnisse eint. — Betreffs der im israelitischen Friedhofe in Lirnam vorgenommenen Demolirung von Grabsteinen ergab die eingeleitete Untersuchung, daß 11 Grabsteine umgeworfen, einer aber zertrümmert wurde. Die Thäter zu eruiren war bis jegt nicht möglich en EEE TEN Re und wurde diesbezüglich eine Prämie von 50 ° ft. ausgefegt und die Hecderchen fortgefegt. — Außer diesen Fällen sind mit Ausnahme einzelner Mutheiligkeiten feinerlei antisemitische Unruhen vorgekommen, nichtsdestoweniger wurde mit dem Preßburger Korpskommando die Vereinbarung getroffen, im nöthigen Falle schnellstens Militärmacht requiriren zu können. Nach achttägiger, rastlos fortgefegter Untersagung hat Stuhlrigter Tomasfidh die erste Gruppe von uquisiten aus Bala-Lövö dem Zala-Egerpeger Gerichtehofe eingeliefert. Zwölf Bauern wurden unter Skorte von Panduren und dreißig Mann Infanterie um 8 Uhr Morgens eingekraght, mit ihnen ein großes Bündel beraubter Sagen. Aus Gran wird gemeldet: Einem an den Bizegespan des Graner Komitats gelangten offiziellen Berichte zufolge waren die Unruhen in Pigfe ganz unbedeutend und der Stuhlriterkonnte mit Hilfe dreier Banduren die Ruhe wieder herstellen. — Den Vizenotär, welcher die Bauern aus den umliegenden Dörfern nach Schemnik führte und überhaupt als Anstifter der ganzen dortigen Bewegung fungirte, heißt angeblich Karl v. Tomcsányi. O Allerhöchste Spenden. Se. Majestät der König hat den reformirten Gemeinden in Esab, Otrofocs, Kifalacskta, sowie der griechisch-katholischen Gemeinde in Czernina je 100 fl. zum Kirchen- und Schulenbau zu spenden gerät. — Ferner hat der Monarch unter die Bewohner jener Häuser in der Hegauer Lände zu Wien, die bei dem großen Brande delegirt werden mußten, 600 fl. vertheilen lassen. © Auszeichnung. Se. Majestät der König hat dem pensionirten Linienamts-Verwalter Zohdan Dworjhaf in Anerkennung seiner vierjährigen ersprieglichen Dienstleistung das goldene Bercheftfzeug mit der Krone verliehen. O Der König Alfonso von Spanien ist Sonntag Nachts mittelst Westbahn in Wien ein getroffen. Am Perron erwartete ihn Se. Majestät, der Kronprinz und die in Wien weilenden Erzherzoge.. Der spanische König bewohnt die Hofburg, wo gestern ihm zu Ehren eine Hoftafel stattfand. FZMEL. Graf Graewenig ist dem König zur Dienstleistung zugewiesen. + Familientragödie. In Larenburg ist vor einigen Tagen die dortige Bäderin Frau Seemann vom Schlage gerührt worden und verschied nach wenigen Wugenbliden. Als an demselben Tage der in Biedermannsdorf wohnenden verheiratheten Schwiegertochter der plögliche Tod ihrer Mutter gemeldet wurde, stürzte sie unter lautem geltenden Aufschrei zu Boden und war sofort eine Leiche. Aus den Komitaten. Seriö-Hzt.-Miklós, 7. September. (Scha Yenfeuer.) Heute Vormittags 4 Uhr bracht hier ein vom heftigen Nordwinde begünstigter Brand aus, welchem 16 Häuser nebst Scheuern und Stallungen zum Opfer fielen. Ohne Zweifel hätte diesedg Schadenfeuer viel bedeutendere Dimensionen angenommen, wäre demselben durch das Erscheinen zahlreicher Feuerspungen nicht ein schnelles Ende gefegt worden. Der Lötrain der Petehäzer Zuderfabrik erschien alsbald am Plage und übernahm Herr Direktor Krise dieser Fabrik sofort persönlich die Leitung sämmticher Löscharbeiten; es ist auch dem energiscen, Auftreten des gedachten Herrn zu verdanken, daß das Feuer in denfbar kürzester Zeit loyalisirt und hiemit sein bedeutenderer Schaden angerichtet wurde. Ebenso zeichneten sich beim Brande auch Die Beamten der Petöhäzaer Fabrik, so auch Herr Sopan Kalivoda und Herr Upothefer Defit aus. Der Brand war um 11 Uhr Nachtd gedämpft. Se Steinamanger, 9. September. (Bon der Feuerwehr.) Heute feierte unsere freiwillige Fuerwehr ihr zehnjähriges Gründungsfest. Nicht nur die ganze Stadtbevölkerung befand sich im festlichster Stimmung, auch die Feuerwehren aus dem ganzen Romitate und Umgebung hatten in großer Anzahl etwa 1000 Köpfe stark an unserem Freudentage Antheil genommen. Doi Feuerwehren waren außerdem die Raaber, und Papaper mit ihren Kommandanten erschienen. Di Häuser waren beflaggt und mit Blumen und Teppichen geschmückt. Nach der Nachmittagsstattar babten vortrefflich gelungenen Schauübung fuhre mehrere Kommandanten unter Führung des Herr Binder nach Güns, alswo die dortige Feuerweh sofort signalisirt wurde, um vor den anmwesende Gästen eine Uebung abzuhalten. S.