Oedenburger Zeitung, 1884. April (Jahrgang 17, nr. 76-100)

1884-04-01 / nr. 76

F _Dienftag, 1. Aprit 1884. __XVln. Saprgang. edenburger- Zeitung. (vormals „Oedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Landel, Industrie und Landwirt­schaft, dann für soziale Interessen. überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Eher? — Berrachten zur Wehr’ — Der Wahrheit eine Gaffe.“ en Dr Bu. eint täglich,­­mit Ausnahme des auf einen > me a Biieah folgenden Tages. Pränumerations:Preise: wir Soros Gangiäheig 9f., Halbjährig 5 fl, BVierteljährig = . 50 fl., Monat 2 LH Er Undwärts: Sa jährig n ff albjährig 7 fl., Biertels rt . Illefl­ dsi Blattfest istmiesendungen,mirs­ instue Ionsastratct,stsnnmtiiai-uadsnsektionssesäskemat qndieRcvakUstimsteiemnseudem Administcation, Verlag und Inseratenaufnahme; Kuhtrakeri E, Romtvalter & Sohn, Grabenrunte 121, WE Einzelne Nummern Rofken 5 Steuer. EU Betitzeile evclusive der Stempelgebühr von 30 Er. 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Aus­­wärts: Ganzjährig 12 fl., halbjährig” fl., vierteljährig 3 fl. 50 fl. — Das Abonne­­ment kann auch mit jedem anderen belie­­bigen Tage entirrt werden.­­ Bollschranken an der Feitha­ Oedenburg, 31. März 1884. US vor 12 Jahren die Gewerbegefeg-Vorlage auf den Fisch des Abgeordnetenhauses niedergelegt wurde, da wurden fanguinische Hoffnungen daran­ geknüpft; die Auferste Linke, unterfrüg­t vom dama­­ligen Oppositions-Kigel ZTiga’s, trat mit Löwens­trimm in die Debatte ein, erhigte ss für das „Aufblühen der vaterländisgen Industrie“ und ers fand hiefür eine Devise, die glei einem überir­­dischen Zauber auf sie wirkte: es war die „es werbefreiheit”. freilich hat Hieber der erste Theil Dieses Wortes nur eine Nebenrolle gespielt, „Freiheit” dies war das Zauberwort, von welchem man die Sani­ung aller Wunden, an denen unsere vater­ländische AJndustrie blutete, erhoffen zu können glaubte. Nach langem, zwölfjährigen Leiden mußte man endlich­ zu der Einsicht kommen, daß es nicht wohl: Klingende Phrasen allein sind, melde ein Land glücklich machen, man mußte einseh’un, daß der Baum der Gewerbefreiheit jene goldenen Früchte, die man sich versprochen hat, nit getragen habe, daß er eben der dichte Schatten dieses Baumes ge­­wesen sei, der das Emporblüh’n unseres Klein­­gewerbes verhinderte, und seine Wurzeln troden legte, so fam ed denn, daß die Gewerbegefegverlage abermals zum Gegenstande einer lebhaften Debatte unserer Bande später wurde. Man kann mit Necht behaupten, daß in uns­­erem Abgeordnetenhause lange von kein so wich­tiges Gefjeg verhandelt worden sei, wie es seit zwei Tagen bereits der Fall ist, denn es hängt davon das Wohl und Wehe unserer Gewerbetreibenden, die Zukunft unserer vaterländischen Idustrie ab. Die Debatte ist um­so pittoresser, da bei» nahe sämmtliche Parteien über die Annahme des Entwurfes zur Grundlage der Spezialberathung einig sind, und dennoch kann sich Niemand der Ueberzeugung verschliegen, daß die Vorlage schlecht und mangelhaft ist. Trog dieser allgemeinen Ueber­­einstimmung steh’n sich die politischen Parteien dens no sohroffer dean je gegenüber, da die Unabhän­­­gigkeitspartei selbst aus dieser Vorlage mit der neuen P­hrase: „Zolligranken an der Leitha” Ka­­pital für ihre politischen Zwecke schlagen­ wil. In der vorgestrigen Eröffnungsdebatte ergriff Graf Apponyi das Wort, um seine Ansichten über diesen Gefeg-Entwurf zu skizziren. Dem Grund:­lage folgend: inter duo mala minus malum­ eli­­gendum ® — erklärte er sich bedingungs­weise zur Annahme des Gelegentwurfes als Grundlage für die Spezialdebatte bereit, dies hielt sich jedoch das Recht gewisser Modifizirungen vor, und ergriff, wie immer, die Gelegenheit, um die unheilbringende Polität unserer­­ Regierung zu peitschen. Graf Apponyi befundete in seiner, [harfen unerbittlichen Kritik, abermals ein unvergleichliches politisches Genie, er erwies sich abermals als ein Staatsmann vom Scheitel bis zur Zehe. — Seine von bewunderungswürdiger Eloquenz begleitete Manifestation reißt unwillkürlich hin, da jede seiner Aeußerungen wie eine Offenbarung in die düstere Lage unserer Zustände Hineindämmert, da­bei ihn die Begeisterung für das Ideal seines Vaterlandes fortglübt. Das ganze Haus laushte mit sichtlichem Interesse seinen gewichtigen Ausführungen, und nahm seine Nede mit ungetheiltem Enthusiasmus auf. — Freilich hatte der Führer der­ gemäßigten Opposition diesmal ein dankbares Sujet. Denn, das, worüber die Debatte verläuft, ist ja, wie er sehr­ treffend bemerkte, streng genommen sein Gewerbes­­gefeß, e8 ist blos eine, auf die Regelung des Ges­werbewesens, auf die Behebung gewisser begradeter Klagen der, unter dem Melode des Kapitals stöh­­nenden Hand­werfer-Gilde, bezügliche Gejegnovelle. Die Vorlage ist an und für fi feloft holprig und mangelhaft, voller Lüden, Gebrechen und fpig­­findigen Sniffen, berechnet auf die Ladenlegung unserer Landes-Industrie und auf das moralische Sinten einer großen Gilde, deren Beruf «8, ist, den Grundstein unseres materiellen Wohles zu legen. Wir müssen die Vorlage mangelhaft nennen,, denn es wird darin dem Gewerbetreibenden nicht der genügende Schuß gegen die Mut des Kapitales geboten; wir müssen sie mangelhaft nennen, weil mie dem Handwerker den harten Kam­pf ums Dasein unerträglich, weil aussichtslos, gestaltet , weil sie dem reellen Arbeiter seinen Schug gegen den Schwindel und den Humbug jener Stümperer bietet, die unter dem Schlagworte: „Unerhört billig“ Scleuder­­waare erzeugen und bieduch blus das Publikum schädigen, außerdem aber unsere Landes-­industrie diskreditiven ; kurz wir, sehen nicht, daß darin, den gerechten Wünigen und­ Beschwerden der Gewerbes, treibenden Rechnung getragen werde. — 2ER un 2 . Jeuilleton. Der Ayru­ffh*)­­ istorische Skizze nach älteren Aufzeichnungen aus dem BRREOR ’ gramäfik­en von ® 2 i Sir, ich habe Euer Wort, dag Jhr mir nit zürnen werdet — sprach die Herzogin von Beau« fort und ergriff Heinrich IV. rechte Hand. Ich Dir zürnen — entgegnete der König von Frankreich — Gabriele, Du weißt wohl, daß dieses mir unmöglich. Doch,doch!—­rief lebhaft die schöne Frau ——es sind erst einige Wochen,da sich Euch einen Namen nannte und——— Und welchen Du aus Klugheit heute nicht wiederholen wirst,fiel ihr der König rasch,beinahe etwas heftig in das Wort. Gabriele V Estrées ließ schnell die Hand des Königs los,blickte ihm beinahe einchrocken invai ernsie Antlig,und sprach langsam­ Sittichwertse er nie mehr­ wagen. Des Könige Mund lächelte wieder, er strich der Herzogin die blonden Loden aus der Gu­rne, langte nach seinem Lederhut und schritt gegen die Thfre, Boudardon ! — rief er dem Stallmeister zu, welcher seinen Herrn im V­orgemach erwartet hatte Schleier der Dämmerung immer dunkler und — auf, auf zu Pferde! In einer halben Stunde, mein guter Junge, müssen wir in­ Paris sein. Claude Chevalier de Bouhardon sprang rasch von seinem Lehnstuhl empor, verneigte sich, und flog die breite Treppe hinab, um den Befehl zum V­orführen der Pferde zu ertheilen. . Heinrich trat an das geöffnete Fenster,­ lehnte sie nachlässig auf das fliegende Gitter, sah einige Augenblicke stumm über den breiten, das Schloß umgebenden Wasser­­graben, und den Bark, in die flache Ferne hinaus, und sprach dann, zu Gabriele gewendet: Du führe Kind der reizenden Provence, wie unschön muß Dir diese Gegend erscheinen, meld’ ein großes Opfer bringt Du mir dur Deinen Aufenthalt in Charenton, Kein Opfer, Sire! — it dieses Schloß nit schön, enthält es nicht alles, was Kunst und Fleiß nur Schönes ersinnen kann? — Und dort unten, fest, welch’ ein herrlicher Park, die Bäume stehen beinahe fon in voller Blüthe, laffet nur den Frühling, den sorgsamen Gärtner, walten, und in wenig­ Wochen duften hier tausend Büsche und Blumen. — Warum sollte er mir in Ehareııs ton nit gefallen ? — Blick über die Bäume, dort klängelt sig die Straße hin, welche hr, mein König, von Paris kommen müsset. Von den sen»­stern des anderen Flügels sehe ich die beiden Thürme von Notre-Dame, wenn die Morgennebel sie mir auch oft verbergen, so harre ich, bis die Strahlen der aufgehenden Sonne dieselben zertheilen, und dann sende ich Euch mit ihr meine Grüße. — Und wenn die Sonne finst und aus der trügerischen Seine die Dünfte aufsteigen und die veilchenfarbenen dunkler werden, die Thürme von Notre-Dame fig. in demnselben einhülfen, und endlich auch jener, mir: stets Grauen erregende astrologische Thurn, der­ Königin Katharina verschwindet — danın, Sire, jage, ich Euch gute Nacht, um Euch in meinen Träumen wieder zu begrüßen. Gabriele! — vief der König entzüdt, im­­ selben Augenblicke trat Chevalier, de; Bouhardon­­ein und meldete, daß die Pferde bereit stehen, ber. König pfiff seinem treuen Jagdhund Arcas und sprach in einem frößlichen Tone: — Vergeftet nicht, Herzogin, morgen gedenke ich meinen­ Aprilfiich bei. Eu zu verzehren. Gabriele d’Estrees lächelte einen Augenblick und entgegnete hastig, Sire, do nochmals, ich habe Euer Wort, dag Yhr mir nit zürnen werdet. Der König schwang sich auf sein Pferd, grüßte noch einmal zu Gabrielen hinauf und­ sprengte aus dem Hofraum über die Brüce, die Ulmenallee entlang. Die Herzogin blieb am Fenster bis selbst die Spur des Legten aus dem Gefolge des Königs ihren Augen entschwand, rief sodann eine­ ihrer Sammerfrauen. Hüllte sich in einen Sammie überwurf, 30g eine kleine Kapage über das goldledige Köpfchen, gab der Dame Genevisve einen Wink, und eilte in den Garten hinab. Die junge Herzogin rannte in schnellen Schritten beinahe eine halbe Stunde Kreuz und quer dar das wo spärlich grüne Gebüsch, bald blieb sie stehen und lächelte, bald sprach sie Halblaute Worte, spritt haftig weiter, kam nach wenigen Wendungen auf dieselbe Stelle wieder zurück,­m und schien gänzlich auf die schon etwas bejahrte Genevieve zu dvergessen, welche ihr seuchend und seufzend folgte. . (Korif. folgt.) *) „Donner le poisson d’avril“ ist im Französischen dasselbe, was man im Deutschen unter dem— „In den April seiden“, — versteht. Der Seefisch, die Matrese (Scomber scomber) wird in­ Granfreid) Poisson d’avril genannt. IRB -W-—- a essen

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