Oedenburger Zeitung, 1884. September (Jahrgang 17, nr. 202-225)

1884-09-02 / nr. 202

, RER IL FUTTER EEE ET _Dienflag, 2. September. 1884. Hedenburger Zeihung, so (vormals „Bedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortseritt zur Ehe? — Bebrühten zur Wehr” — Der Wahrheit eine Gaffe.“ XV. Jahrgang. Az. 202. Y Pränumerations: Preise: Sür Loco: “enan­ge 9 fl., Halbjährig 5 fl., Vierteljährig 2 fl. 50 fl, Monat s In.­­ » MINI­ZUOZGHI jährig 12 de albjährig 7 fl., Viertel­­jährig . Ille fürs­ sb ist b­estimmte Sendungen,mit Ausnahme m­nd Pränumerations- und Infertionsgebühren, find­en die Redaktion portofrei einzusenden. « Das Blatt erfeint täglich, mit Ausnahme des auf einen oine oder Y­eiertag folgenden Tages. I TEE EEE LEE EEE EEE LE NE — —— Administeation, Verlag und Inseraienaufnahme: Buchdrukerei ©, NRomtvalter & Sohn, Grabenrunde 121. EI Einzelne Nummern Rollen 5 Kreyer. u Inserate vermitteln: In Wien: Hafenstein , Vogler, Wal­­r­eanasie 10,9. 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Wie der Osterfürst in seinem unsterblichen Liede den GSlodengieger wünschen läßt, daß das Werk, das er „fromm bereitet“ hat, zunächst da­­zu dienen möge die Segnung des Friedens der Menschheit zu verkünden, so auch laßt­ung von der Zusammenkunft der drei Monarchen von Oester­­reich-Ungarn, Deutschland und W Rußland Hoffen, daß sie nichts Wesentlicheres Bezwece als auf der höchsten Warte der­ Diplomatie die Friedensgnocen in Bewegung zu fegen, damit auch die fernt ste­­henden Nationen es hören, daß die drei mächtigsten europäisgen Neie darin einig sind, jede feindselige Störung, von welch’ immer Seite sie ausgehen möchte, gemeinscaftlich zu verhindern. Denn dies wirklich in der Absicht der drei genannten Potentaten liegt, wenn dieselben zu diesem Ende an ihre Minister der auswärtigen Angelegenheiten der bevorstehenden Dreikaiser-Konf­ferenz beiziehen, damit sie wissen es sei der feste Wille ihrer Souveraine, daß politische Komplika­­tionen vermieden werden und also an von den verantwortlichen Ministerien der Weg friedlicher Verständigung nit mehr verlassen werden dürfe, dann begrüßen wir mit F­reude den Monat Sep­­tember 1884, denn er wird nit nur an fi, der Entrevue wegen, historisch denkwürdig sein, son­­­dern den höchsten Werth in der Geschichte der Menschen­ erringen, der er das höchste Gut, die Ruhe und Sicherheit, gebracht hat. — Die Sicherheit? Mein Gott, wie [wer wird ed — mwenigstens dem ng han Kaiser werden — die Sicherheit, die er Europa seinerseits verbürgt, für si selber zu erwirken. Der deutsce Kaiser genießt die Ehrfurcht vor seinem hohen Alter, die­­ Vereh­­rung, welche man seinen edlen Tugenden zollt und die Dankbarkeit für seine Siege, wodurch Deutsch­­land jet so Hochgebietend dastehbt. Unser theurer König, wird von allen seinen Völkern, ob seiner unbegrenzten Güte, seiner Weisheit und seines unerschütterlichen Gerechtigkeitssinns geliebt, ja beißgeliebt, aber ach der Ezar! dessen Le­ben auf Schritt und Tritt von der so oft in’s Herz getroffenen, aber immerzu neuem, furchtbaren Leben wiedererwachten, nihilistis­chen Liga bedroht ist, — der arme Ezar! er gleicht dem Moses der am Berge stand: Er zeigt mit der Hand in das gelobte Land des Friedens, das er selber nie betreten sol. E38 liegt und für heute ferne, abermals uns­­eren leitenden Faden an dem Snäuel der viel­fachen Kombinationen, die aus Anlaß der Kaiser­­begegnung die Zeitungsspalten, wie mit einem Nee überspinnen, anzuknüpfen. Wir sind über­­zeugt, daß eine geraume Zeit vergehen werde, ehe der Schleier von den Geheimnissen und Abma­­lungen der Monarchen-Konferenz gefallen sein wird. Man weiß es ja: Gewöhnlich werden die Nationen der interessirten Staaten erst dur die Thatfadgen darüber aufgeklärt was vorher im Rathe der Mächte über sie beschlossen worden ist. Nur Eines läßt sich mit einiger Positivität von heute aussprechen, ohne daß man in die unv­ergründlichen Tiefen einer phantastischen Konjestu­­ral-Politis zu steigen braucht, daß nämlich Nuß­­land’s Kaiser fühlt, er sei nicht mehr der unnah­­bare Alleinherrscher, dessen Stirmrungeln die ganze Welt erheben hat, sondern es sei vielmehr für ihn ein Gebot der Selbsterhaltung mächtige Stü­­gen in Oesterreich-Ungarn und Deutschland zu fügen. Das wird wenigstens von den Negierungs­­organen, sogar von den rufsischen — von Leigteren allerdings etwas Kleinlaut — von den übrigen mit selbstbewußter Genugthuung zugegeben. Befanntl­ waren in den legten Jahren die Beziehungen zwis­chen Oesterreich-Ungarn und Deutschland einer­­seits, und dem­­ zarenreiche andererseits etwas g­e­­spannt. Auch nach dem Tode des Fürsten G­ort»­f&akoff haben die ruffiigen Wühlereien in den Balkanstaaten nicht aufgehört und immer wieder mußten wir uns des vielzitirten Ausspruches des Generals Yadajeff erinnern: „Der Weg nach Konstantinopel führt über Wien, wollen wir in Stambul unsere Kanonen auffahren lassen, so müs­­sen sie si erst vor der Kaiserstadt an der Donau bewährt haben“. Dazu kam von Seite Ruslands die Klage, daß Oesterreichs U­ngarn seine — bie­ga=­lizischen — Polen so begünstigt, daß dadurch die ruffiigen Polen Lopfien werden und es auch so gut haben möchten, wie jene. Kein Wunder also, daß man eine Zeit lang den Zusammenstoß zwiscen unserer Monarchie und Rußland für ‚unausweichlich hielt; und es wäre zweifelsohne an dazu gekommen, Deutschland ein »mächtiges Unt­reffe daran hätte, derlei Gelüste der Rufsen im Zaume zu halten und wenn zwar auch der Ezar jeden der beiden anderen Neide gewachsen wäre, mit beiden zugleig wird und kann er doc nicht anbinden, zumal er im eigenen Hause den schlimmsten Feind, den tödt­­ligen Haß vieler seiner Untertanen gegen si hat. Besser also, denkt sich der Beherrscer aller Keuffen, man macht gute Miene zum bösen Spiele und geht Arm in Arm mit enen, die im entgegen gefegten Falle mit geballter Faust Einem begegnen könnten. Was nun Desterreiß-Ungarn und Deutschland anbelangt, so denken sich sowohl Graf Kálnofy als Fürst Bismarc: „Man kann auch im besten Falle nur in Frieden leben, sobald er dem jenes Alter erreicht, wo die Lederhaftigkeit der Frau in Kraft tritt. Blieb die Toilette, aber all diese war in Anbetracht der von der Aussteuer herrührenden Behelfe immer no mit wenig Mitteln standes­­gemäß herzustellen. Und im Uebrigen war gerade dies der Punkt, wo Signore Espriano,gleich allen feinen Landsleuten, am zugänglicsten war, denn er liebte es selbst, seine hübsche junge­rau wohl» angekleidet auf die Promenade zu führen, und da sie ihm in allen Wirthschaftsangelegenheiten so ganz und gar seinen Willen ließ, auch keine Kinder bekam, so wollte der einsichtsvolle Ehemann, wenigstens nach dieser Seite Hin, der nach seiner Art von ihm geliebten und bewunderten Frau entgegenkommen. Vier Jahre Hindurch begnügte sich denn an Gig­­nora Bettina vollständig mit diesem Odalisten­­leben. "Sie war schön, ihr Spiegel sagte «8, und zuweilen bestätigte er auch ihr Gatte. Sie pflegte und sonnte si, wobei ihr schwarzes Haar glän­­zender und ihre weißen Zähne weißer wurden. Kinder bekam sie feine, dafür aber gelangten desto mehr Romane zweifelhaften Inhaltes in ihre müßigen Hände. Eine Zeit hindurch genügte ihr die Lektüre aller Freuden und Empfindungen, die moderne Nomanpeldinen während ihres bewegten Daseins durchzufotten bekommen, endlich aber erwachten Kräfte und Triebe in Bettina’s Seele, die laut nach eigener Thätigkeit riefen, sie begnügte sich nicht länger, Romane zu lesen, sie wollte Romane­­ leben. DBerhältnigmäßiger Müßiggang und aufs stachelnde Lektüre, im Vereine mit der nüchternen Umgebung ihres Hauses, Hatten ihre Phantasie in einer Weile erregt, Daß es nur eines einzigen züne wenn nit Seuilleton. Zurchtbar enttäuscht. Nach dem Italienischen des Filippo Baracci, Signora Bettina war seit vier Jahren ver­­heirathet, ohne sie des Kindessegens zu erfreuen. Eigentlich machte sie sich gerade nu­ viel daraus, denn ihre eigene hübische Persönlichkeit nahm so­wie so den besten Theil ihrer Zeit in Anspruch und wo es an Beschäftigung gebrach, da legten die Bücher ein, welche sie für monatlich drei Lire aus der Leibbibliothek Holen lieg. Signor Ripriano, ihr Herr Gemal, hatte wohl zuweilen eine Empfindung, die man mit Zuhilfenahme von ein wenig gutem Willen, als Lehnsugt nach Vater­ Freuden auslegen konnte. Allein da er in erster Reihe ein prachtiger Mann war, der den Griffel stets zur Hand nahm und ganz genau wußte, daß zweimal zwei vier und nit fehs sind, so ging al er über diese Lüde seiner ekeligen Glücselig­­keit mit phylosophi­gem Gleichmuthe Hinnweg. Seines Zeichens Beamter, mittellos vom Hause, ein Freund der Ordnung und Pünkth­äfen­, Hatte sich Signor Cipriano frühzeitig gewöhnt, Soli, gefäweige denn Lire, umzudrehen, ehe er sie veraus­­gabte. Nur so allein war es ihm gelungen, ein Sümmchen bei Seite zu bringen, das an und für si gering, doch im gegebenen Falle über einen Regentag hinweghelfen mochte. Zur Zeit, als er um Bettina freite, die, gleichfalls die Tochter eines Beamten, nichts weiter besaß, als eine Leidliche Ausstattung und etwas Mobilar, wurde er seiner Spartheorie für ganz kurze Zeit etwas untreu. Es hätte nur wenig bekurft, so würde ihn die Liebe auf finanzielle Ar­wege geführt haben. Zum Glück trat die Ehe dazwischen und stellte so das ursprüngliche Kaffagleichgewicht wieder her. Die ersten zwei Monate glaubte Signor Cipriano vet zu thun, wenn er seiner­­ jungen Frau am Leßten des Monates die für den Hausstand bestimmte Summe einhändigte. Alein die kurze Erfahrung von am Honig­­mondfüßlichen Wochen reichte Hin, ihn eines Befseien zu belehren. Die ihm zugefallene Gattin erwies sich als unzulänglige Sparmeisterin, und anstatt sie umformen zu wollen, wie Mander an seiner Stelle versuc­ht haben würde, begnügte er sich, in ihr eine Hübsche, kleine, stets tadellos frisirte Frau zu sehen und das Steuerruder des häuslicen Schiffes sowohl­­ eigenhändig als eigenmächtig zu lenken. Gignor Cipriano weinete und überrechnete mit der einzigen Magd, wog das Fleisch nach, haderte, wenn die Milk zu »ann, der Wein zu bleich auf den Tisch kam, zählte die Stücken Holz, welche zum Verbrauche auszureichen hatten, und gab die Sachtücher heraus, welche an verschnupften und nit verschnupften Tagen­ zu genügen hatten. Signora Bettina nahm ihm diese Fürsorg­­lichkeit nit übel. Sie fand e6 vielmehr Höchst be­­quem, eine Art Haushofmeister an ihrem Gatten gefunden zu haben. Hatte er seine Rolle gewählt, so war auch sie um die ihrige nicht verlegen. Diese aber war, die Heine Gräfin zu spielen, einen Ber­griff, welchen die Romanliteratur in ihrem Geiste erscheinen ließ. Was befümmerte es sie, wenn der Gatte das Holz sarg zutheilte, brannte die römische Sonne nit Heiß genug ? Und was die Tafelfreuden anbelangt, so hatte Signora Bettina noch nit or­a i

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