Oedenburger Zeitung, 1884. Dezember (Jahrgang 17, nr. 278-300)

1884-12-02 / nr. 278

xvIL Zaörgany. _Dinftag, 2 Darmnler 1834 ÖrdenburgerZeifung. (vormals „Bedenburger Nachrichten“.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. —— Motto: „Dem Forttritt zur Ehr? — Beprüdten zur Wehr? — Der Wahrheit eine Gaffe.“ — Alle für das zu ofim­mte­r e Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerationen und Insertionsgebühren, sind au­ch die Redaktion portofrei einzusenden. Administration, Verlag und Inseratenaufnahme: Suchdrukerei­­, Nomm­alter & Sohn, Grabenunde 121. BI Einzelne Nummern Roffen 5 Kreuzer. EU 5 fr. für die ein-, 10 fr. für die zwei-, 15 fr. fü­r die Drei-, 20 fr. für die vierspaltige und 25 Tr. für die durchlaufende Petitzeile exclusive der Stempelgebühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einschaltung bedeutender Rabatt­ e am Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen S­onn- oder Feiertag folgenden Tages. 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Jim ergriffen fast lauter neue Männer das Wort, junge Kräfte, denen es wohl hauptsächlich darum zu thun war, sich im Hause vortheilhaft einzufüh­­ren und welche si­e deshalb nicht­­ strenge an das vorliegende Budget hielten, sondern eine Reihe politisch-sozialer Fragen in das Bereich ihrer sorgfältig ausgearbeiteten Reden zogen. Eine Ausnahme bildet der erste Renner, der nach dem Berichterstatter das Wort ergriff, der Abgeordnete Ugron, der bekanntlich seit vielen J­ahren zu den hervorragendsten Mitgliedern der Äußersten 2inten gehört und der diesmal der Aufgabe fi unterzog, das ablehnende Votum seiner Partei im Hause zu motiviren. Der finanzielle Theil seiner Nede Fulmini­te in einigen Zifferngruppirungen, aus denen man leider ein Bild des ungarischen Staatshaushaltes gewann, das ganz geeignet feheint schädigend auf unseren Staatsfrevit einzuricir­­ten. Der Schwerpunkt der Ugron’schen Nede lag übrigens in dem gegen die Regierung und ihre Partei gerichteten, außerordentlich vehementen, vornehmlich politiigen Frontangriffe. Die Anmul­­digungen, mit denen dieser über ein bedeutendes Ding von oratorischer Kraft verfügende Redner die Regierungspartei förmlich überschüttete und welche Alles übertreffen, was in dieser Richtung in den legten Jahren geleistet wurde, finden ihre Erklä­­rung in der wo immer nit verwundenen gerech­­ten G Erbitterung, welche sich während der teiren Wahlkampagne in den oppositionellen Gemüthern aufgehäuft hat. Die leidenschaftlichen Angriffe des Abgeord­­neten Ugron fanden, insofern sie finanzieller Natur waren, in der prächtigen und wirkungsvollen Nede eines der jüngeren Mitglieder der Regierungs­­partei, des auch unfern Lesern vortheilhaft bekann­­ten Abgeordneten Bustav Bekfics, eine schla­gende Widerlegung, welche umso wirks­amer war, als dieser Abgeordnete, der jegt zum ersten Male Haufe das Wort ergriff, seine Gelegenheit ge­­habt hatte, sich auf die Replis vorzubereiten. I weiteren Verlaufe seiner Rede entwickelte der Ab­­geordnete Betft­cs den Gedanken, dass die Zu­­kunft des ungarischen Staates nunmehr, da sich dieser politisch so ziemlich konsolidirt hat, vornehm­­lich eine Kulturfrage sei und daß die Hauptauf­­gabe unseres Landes darin bestehe, sich dar, die mächtig sich entwickelnde slavische Kultur nicht über­­flügeln zu lassen. Auch jene weitere Gedankenreihe dieses Renners, wonach bei uns die Gesellcaft in der Erfüllung der großen kulturellen Aufgaben hinter dem Staate weit zurückbleibt, verdient volle Beachtung, wenn wir und auch nicht verhehlen wollen, daß unter den gegebenen Umständen der Bömwenantheil der großangelegten V­­aßnahmen­ der N Kulturpolitik naturgemäß dem Staate zufallen muß und auch nur die größten­ Anstrengungen der noch in einem Umgestaltungsprozesse sich befinden­­den und deshalb noch nit zu vollkommener Groß­­jährigkeit ausgereiften Gesellgaft nicht erregt wer­­den könnte. Die gehaltvolle Rede machte lebhaften Eindruck und die Anerkennung, die Herrn Beli fics von seiner Partei zu Theil wurde, war eine wohlverdiente. Von noch zwei anderen sogenannten „Jung­­fernreden“ hatten wir Gelegenheit, zu hören: Die Reden der Abgeordneten Latfóczy und Lulas Enyedy Wir wollen an diesen beiden Reden seine eingehende Kritik üben, wo aber zugeben, daß dieselben keinen ungünstigen Eindruck geübt haben. Der Abgeordnete Emerich Latlóczy macht den Eindruck eines denkenden Kopfes, wie­­wohl feine Ausführungen von einzelnen Uebers­treichungen nict frei sind. So würden wir bei» spielsweise seineswegs den Sag unterschreiben, es sei für Ungarn gleichgiltig, wenn Die­ sogenannte entry zu Grunde geht, weil ja, wie er meint, die Güter derselben von anderen Elementen exe­worben würden, melde die Pflichten gegen das Vaterland gerade so erfüllen würden, wie ihre­ Vorgänger. Nein, so weit dürfen wir die Neals politis­cit treiben. Der Untergang der Centry wäre für unsere Gesellshaft und für das Land ein kaum zu erregender Oberlust und wir wollen au hoffen, daß Ungarn von diesem schweren Schlage verschont bleiben wird. Aber gerade damit die C entry nit untergebe, kämpfen wir gegen jene soziale E­xklusivität, welche D dieser Slaffe­ so ehe Ichadet und gegen den Wahn, als könnte Dieseg. ehrenswerthe ssoziale Element durch künftliche staate­liche Mearregeln erhalten werden. Die Wahrheit ist, daß die Gentry nur durch die Summe jene wirthigaftlichen und sozialen Vorzüge ihre Position behaupten kann, werche sie in den Stand­ fegen, si im modernen Konkurrenzkampfe durch eigene Kraft zu behaupten. Wenn wir noch vom zweiten Nenner der­ äußersten Linken, dem Abgeordneten Lauras ne EN so viel sagen, daß derselbe sich als eine strebsame junge Kraft introduzirt hat, so haben wir so ziemlich Alles berührt, was aus dem Verlauf der samstägigen Budgetdebatte hervorgehoben zu werde verdient. Wir wollen offen gestehen, daß es 2 sonderbar anmuthet, zu sehen, wie die alten, be­währten Kämpen unseres Abgeordnetenhauses den Kampfplag gänzlich den jugendlichen Elementen überlassen, als wären sie der­ Ansicht, daß über die­ Finanzlage unseres Landes und über die aktuellen Fragen der nächsten Zukunft, nichts We­sentlics dves freiperrligen Hauses eine schlanze leichtgebaute Mädchengestalt in dunkelviolettem Sammikostüme und bliete mit dem blauen, tieftraurigen Augen­paare den leicht dahinfliegenden Gefährten nach, bis auch das iegte ihren Bliden entschwand. — Nun, Mildred, fragte aus dem Hintere grunde des Gemaches eine­ Frauenstimme — nun, Mildred, wie gefiel Dir der Aufzug unseres Hofes ? Die junge Dame wendete sich um und sa nah der Fragenden hinüber : — Er war glänzend, sprach sie mitden Ton­nes, wobei ein trübes Lieb­ schattenhaft über ihr blasses Gesichtcgen flog. — Du aber würdet feinen­ Geschmach daran finden ?! ergänzte die alte Dame, nähertretend. E83 war eine stattliche Frauenerscheinung mit ein­teren, sympathiigen Gesichtszügen und vornehm ges­ressenen Bewegungen, die sofort die Belirame, verriethen. — Nein, erwiderte Mildred bestimmt, für ms wäre überhaupt ein Treiben solcher Art nie entsprechend. Ich würde mich grenzenlos elend füg­­len hinter den Mauern der alten Burg, und dann — — findest Du es denn überhaupt, Mildred, da Du so glühlicher bist ? Diese Frage fam so unerwartet, so plögli. — Ueber das ganze ernste Mädgengesicht 30g eine glühende Rethe und ihre Stimme liebte merklich, als sie Antwort gab: — € 8 liegt ja im Bewußtsein der vollkom­­menen Unabhängigkeit allein schon Glüd, Seuil­­iltelon. Gräfin Mildred. Original-Novelle von Elvira Leopoldine Kard: « Alle Rechte vorbehalten. Fortdatian Kaum hatte sch­ die Thüre hinter seiner Ge­­stalt geschlossem als Arthur hastig fragte —Du glaubst doch nicht daß er uns be­­lausche?— —Sei unbesorgt,beschwichtigte die junge Frau.In erster Linie schließen jene Thürenau das vortrefflichste und dann ist meine Kammerfrau, mit der er auf entschieden kriegerischem Fuße steht, in jenem Zimmerz und angesicht derselben würde er kaum zu horchen gewagt haben.Uebrigens muß unsere Unterredung für jegt enden, nachdem Tante von Deinem Hiersein unterrichtet worden ist und Dich zu sehen wünscht. Gedulde Di ein wenig, ich wechsle nur die Toilette. Damit reichte sie dem Bruder die Hand und entfernte sich. Arthur raffte die Briefe auf und nahm sie zu ich. — Bei dieser Gelegenheit spielte ein bö­­ses, unheimliches Lächeln um seinen Mund und als er jegt vor den Spiegel trat und mit den blanfen Fingern durch die Haare fuhr, hätte es wohl Niemand dieser glänzenden Erscheinung aus gegehen, wie viel Leichtsinn und Heimtüde deren haltloses Innere barg. Yer wendete er sich ab und während sein Blik hinaus in die BM­ Verne Au­nd er finnend mit den Spiten des .. « ----.-k­­I Bauje — Wanda bat Recht, murmelte er nah­e für fi, e8 wäre Thorheit nachzugeben, wo es sich um die Zukunft seines Lebens Handelt. Mildred ist reich, aber gleichviel, wäre sie auch nur eine Bettlerin, ich liebe sie, ich liebe sie bis zum W­ahnsinn. Balch, warum noch überlegen ? Hat dieser Osten nicht immer und überall &lüd gefunden ? Hat er nigt Alles moch erreicht, was er gewollt ? Diesmal jedoch, mein Samerad, — mit einer ungestümen Bewegung schleuderte er den Vauteuil, der bei ihm stand, tiefer in das Gemach — diesmal jede wirst Du Dein Glück nicht all­­so leicht ergreifen ; denn auch ich habe Muth und führte mein Weg selbst neben dem Scarotte zur Glüdseligkeit Hinan. * * * IX. E83 war heute ein präctiger Wintertag. Ein klarer, tiefblauer Himmel wölbte sich in wol­­lenloser Reinheit über die Häuser der Residenz und trog der herrschenden frostigen. Kälte waren noch fegt, bei vorgerückter Nachmittagsstunde, die Straßen der Stadt äußert belebt und zwischen dem auf- und nieder wogenden Menschengewirre glitten prächtige bunte Schlitten mit luftigem Schellengeläute über die frische, weiße Schneehede dahin. Regt durchlaufte ein neuer Zug EZ östlich ge­schmücter Schlitten die vorgeschriebene Bahn. Er kam vom Schloßplage her, die Favoritstraße herauf und belegte si weiter, den alten Wilhelmsplag entlang bis an’d Palais des Freiherrn von Her­­ther. Hier bog er ab und fehrte durch die Für­­stenstraße zur Burg zurück. © So lange der prächtige Zug noch sichtbar­e hinter einem der hohen Spiegelfenster a =0 (Bestiegung folgt.) a = 2 = >

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