Oedenburger Zeitung, 1885. Mai (Jahrgang 18, nr. 99-123)

1885-05-01 / nr. 99

»J­­ ar se »Zuw­­Jreitagtgslailssä e XVIJl-Zatjrgang. Hedenburger Zeihung, (V vormals „Oedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Landel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. a Motto: „Dem Forttritt zur Uhr? — Bebrühten zur Wehr? — Der Wahrheit eine Gafse.“ — nn 05 Blatt ersgeint täglich, mit Ausnahme des auf einen­­ Bonn= oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations-Preise: Bür Loco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 5 fl, Bierteljährig ak 10 Ir Monatlich­­ K 7 ’ Bür Auswärts: Remaisteio # Air Helbjährig 7 fl., Biertej­­ährig . Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations- und Infertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. En Administration, Hering und Inferatenaufnahme, Buhtrnkeren­­­, Nomtvalter & Sohn, Grabenrunde 121. —B­EEE Einzelne Nummern Rollen 5 Kreuzer. Inserate vermitteln: Im Wien: Hafenstein , Vogler, Wall­figgasse 10, A. Oppelit, ı., Etubenbastei 2, Heinrig Schaler, 1., Wollzeile 12, I. 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Wir führen hier dieöbes­zügisd die im „E­G“ publizirte Arußerung eines hervorragenden ungarischen Pros­testanten an: Nach dem Regen erst den Mantel hervor­­zusuden und zu schleppen, gehört zu jenen Dingen, die man weder in der Politik,wo im Privatleben als ein Zeichen besonderen Scarffinnes ansieht. Das Reformgefeg ist bereits sanktionirt, die Vertretung der Protestanten im Oberhause ist bereits zur gefeglichen Institution geworden, der Distribtualkonvent der Reformisten in Debrezin ist in seiner unlängst stattgehabten Sigung über diese Frage zur Tagesordnung übergegangen, und da ist die Frage, nach denn die ungarischen Prote­­stanten dur diese Oberhausreform eigentlich ge­­­wonnen haben ? und wie sie si dieser neuen Er­­zungenschaft gegenüber, so lange dieselbe besteht, verhalten solen ? — nit ohne Synteresse. Der Ministerpräsident hat si in Debreczin mit G Selbstgefühl darauf berufen, daß er seinen Schwur gehalten, und die protestantiie Autonomie und N­echte vertheidigt habe. Wir zweifeln nit, daß er sich dies im Exnfte einbildet, zweifeln aber daran, daß er alle Kon­­sequenzen und insbesondere die Zukunft der pro­­testantischen Musonomie genügend erwogen habe. Vor allem Anderen bemerken wir, daß wir es nicht billigen künnten, wenn die protestantischen Kirchendistrikte gegen das neue Geieg­protest er­­heben würden. Der römisc-katholische Klerus hat mitunter, besonders im Jahre 1791, auch gegen Landesgefege protestirt, aber diese Proteste wurden stets für ungiftig und nichtig angesehen, und haben nicht zur Hebung des Ansehens des Klerus beige­tragen. Gerade­mo würde er an den Protesten der Protestanten ergeben. Die sanktionirten, auf kon­­stitutionelem Wege zu Stande gekommenen Gesete sind stets so lange zu respeftiren, als sie nur im konstitutionellen Wege abgeändert werden, und gegen solche Gefege ist auch der passive Widerstand nicht am Plage und würde nur den Widerstehenden Schaden, in dieser Beziehung hat der Ministerpräsi­­dent allerdings vet. Daß aber die Oberhausmitgliedschaft von dreizehn Protestanten eine so große Errungenschaft wäre, sei es vom Standpunkte des Liberalismus, der Gleichberechtigung oder der protestantischen Autonomie, wie der Ministerpräsident behauptet, das wird ihm sein unbefangener Mensch glauben. — Im ungarischen Oberhause hatten die pro­­testantischen Magnaten von der Zeit des Szatmarer Friedens an (1711) bis 1848 ein verhältnismäßig sehr geringes Gewicht. Ihre Anzahl wurde zur Zeit Maria Theresia’S fietd geringer, sie verarmten und mit dem Vermögen war auch ihr Ansehen dahin. Aber die Union mit Siebenbürgen brachte im Jahre 1848 auch die siebenbürgi­gen Deagnaten in das Oberhaus, die zum großen Theile prote­­stantisch sind, und so die Anzahl der Protestanten an der Magnatentafel bedeutend vermehrten. Was thut nun Tiga mit diesen ? Mit den 3000 fl. Zensus drängt er diese protestantischen Magnaten beinahe sammt und sonders aus dem Oberhause heraus, und statt der hinaus­­gedrängten 100 protestantisgen Magnaten, erlaubt er 13 Vertretern der Kirchendistrikte fort Plaß zu nehmen. Dies ist ein Verhältniß, dessen si zu erfeuen die Protestanten durchaus keine Ursache haben. Nun sagt aber der Ministerpräsident, daß diese 13 Herren die Gleiberechtigung repräsen­­tiren und als unmittelbare Vertreter ihrer Kirche, auch das nothwendige politische Ansehen und Ge­wicht haben. Wenn der Herr Ministerpräsident dies wirk­­lich selbst glaubt, so ist dies ein großer Irrthum. Gott bewahre die protestantisge Kirche davor, daß ihre Spätereffen auf diesem Wege eine kompetente Vertretung in der Legislative erhalten. Jede Kirche muß ihre berechtigten ‚Interessen unabhängig vom Staate selbst jringen und zum­ Gedeihen bringen, und das Einmischungsrecht des Staates beginnt erst dann wo er selbst wesentli bhedroht oder interessiri­ert, oder wo die A­nteressen verschiedener Konfessionen follidiren. Bis nun ha­­ben eine solche Einmischung­ des Staates die Pros­testantischen Distrikte und die in ihren Situngen und Konventen sich äußernde öffentliche Meinung, mit welcher fi ihre Vorsteher zu identifiziren ge­­zwungen waren, mit Erfolg kontrollirt; — jest sollen diese Kontrolle theilweise jene 13 Männer ausüben, die im Oberhaus nicht nur den katholi­­schen Magnaten, sondern auch dem Klerus gegen­­über, eine verschwindende Minorität bilden werden. Und wenn diese 13 Männer eventuell in wichtigen Lagen zu schwach, zu nachgiebig oder­­ zu nahe läffig sein werden, wird dann die Situation der protestantischen Kirche nit eine schwierige sein, indem sie dann nicht nur gegen die Majorität des lath. Klerus und gegen die Uebergriffe des Staates, sondern auch gegen ihre verirrten 13 „Führer Front zu machen, gezwungen sein künnte? Denn während diese 13 Vertreter in ihren Konventfignis­ten ihrer Konfession, wo sie die Ritung und­ Zen­­denz genau kennen, sich schwerlich irren dünnen Seuilleton. Die Schwestern. Original-Erzählung von Sermance Potier.­ ­Fortlegung­­ (Alle Rechte vorbehalten.) Die öden Räume, sonst so belebt durch Susannen’8 munteres Laden, ihr kindliches Ge­­plauder, starr­en ihn schaurig und trübe an, selbst das Vögelein im goldenen Käfig ließ trauernd das Köpfchen hängen, als ob er um die Herrin dächte, die mit rosigen Lippen ihm so oft einen Rederciffen ge­hätte und die mun nicht mer mit ihm ofte. — Die Schöne Wiege, aus der zwei blaue Rinder­­augen Ferdinand entgegen gegrüßt hatten, stand verstaubt in der Ehe und Niemand wagte es, sie­­ zu berühren. Es war, a­ 8 hielte Alle ein geheimer Schauer davon ab, die Stätte zu entweihen, von der aus eine zarte Seele zum Weiher empor ge­­stiegen war, ein Hauch, verschwindend wie Bläthen­­duft, ein schwacher Athemzug, den die Lüfte weiter trugen, weiter zu den Sternen. So oft Ferdinand das Heine Sterbebettchen sah, schnürte es ihm die Kehle zu und sein Herz drohte zu zerspringen , selbst davon zu sprechen, berührte ihn peinlich, und er fottete ihm für mlich Mühe, die Entfernung desselben anzuordnen. Am man die Wiege fortgetragen und nur die leere Stelle den Ort bezeichnete, wo sie gestanden hatte, athmete er erleichtert auf. Eines Tages, nachdem er stundenlang im stummen Sinnen am Bettrande bei Susanna ge fessen hatte, kam ihm, wie er meinte, ein glück­er Gedanke, und er war sogleich enttlossen, ihn aus­­zuführen. Er ging und schrieb an Andrea. In flüchtigen Worten schilderte er ihr die Qualen seiner Seele, seine völlige Betroffenheit und seine Sehnsucht nach einem Wesen, das seine Leiden theilen möchte. „Sieh’, Andrea”, schrieb er ihr: „Du bist meines theuren M Weibes Sch­werter, Du bist durch die Bande des Blutes mit Der verknüpft, die ich liebe und die ich — ich mag ec gar nicht aus, denfen — vielleicht — vielleicht verlieren muß durch ein hartes Schicsal. Soll ich fremde Menschen rufen, daß sie mir beistehen, mir helfen? Sollen rauhe Hände gezahlter Personen sie heben und legen, sie antasten, sie, die ich bewache und hüte, wie ein Kleinod ? Nein, mir ist’s, als zerstöre man dem Falter seinen Schmerz, der Nate ihren Blüthenstaub; komm’ also, Andrea, ich bitte Dig!“ Er sandte diesen Brief sogleich fort, und wie entzüdt war er, als er nach zwei Tagen bereits Antwort erhielt.­­ »Weil Du bittest«,hieß es unter Anderem, »will ich kommen.« Ferdinand hatte sich seit Langem nicht so frohgefühlt,wie nach Empfang dieser twftbringenden Zeilen- Auch Susanna befand sich heute wohl er und er konnte sich nicht enthalten,ihr die Freudens­potschaft mitzutheilen;sie ahnte nicht,daß er die Schwester gerufen habte. »Susanna«,sagte er,»ich habe Dir eine a­n­­genehme Nachricht zu bringen.« liebe8 Weib, Schwester „Dir ?“ trug sie leise mit matter Stimme. Was konnte man ihr wohl Angenehmes noch bringen, was wohl erzählen, das Kind war ja todt 21 „Doch, Deine fommt !* „Andrea“, fhrie Susanna erschredt aus, und sie bemühte si, sich zu erheben. „Nun ja, freut Dich denn das nicht — ich dachte — ?* „Nein, nein“, wehrte Susanna ab, „ich will sie nit sehen ; sie hat garstig an uns und strafbar an dem Vater gehandelt; sie erschien nicht, als er sterbend lag, sie warf Fein Stäubchen Erde ihm nah in’s Grab, sie weinte Feine Thräne um ihn —* Die Kranke janf erschöpft zurück, ihre Schläfe pochten, die Feine Hand zuchte nervös und fieber­­hafte Nöte überzog jählings die eingefallenen Wangen.­­ Ferdinand nahm zärtlich ihr s Köpfch m in beide Hände,küßte ihr­e heiße Stirne und flüsterte ihr fat­fthort ein’s Ohr. »Sei ruhig,Susanna,weine nicht,ich­ will ihr schreiben,daß sie lieber nicht kommen möge!« „Hast Du sie darum gebeten ?“ „Nein“, verfegte Ferdinand rasch, er wußte wohl selbst nit, warum er log; er schämte si wohl, eine Hilfe beansprucht zu haben; „nein, sprach er, sie hat erfahren, daß Du leidest, sie will Dich wieder sehen, Deine Berzeihung er­­langen.“ (Fortlegung folgt.) x er kn POTTER ar

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