Oedenburger Zeitung, 1885. August (Jahrgang 18, nr. 174-197)

1885-08-01 / nr. 174

Its­— . PTR nahme einen Dienstboten mit diesen seinen Eigen­schaften nicht rechnen. Mit der Achtung vor dem Gesetze ist die Achtung vordeb­otgeber wie vor den Behör­­den geschwunden,Pflichtgefühl und Ge­­wissenhaftigkeit sind nur noch in Aus­nahmsfällen anzutreffen;auf der Jagd nach Genuß imdebersättigung in denselben wird jede gesells­­chaftliche Sitte und Ordnung mit Füßen getreten und kein Herkules wid­erstehender getragen und gestützt von den bessern Elementen der­ Gesellschaft sich der Aufgabe unterzöge,den Augiasstall zu res­­nige­«­­«O!wir haben hier Schulen,fast zuviele und unbestritten lauter gute trefflich geleitete Sculen,oder——·leider!—diese bilden nur die Köpfe,nicht die Charaktere,diese zum Guten zu lenken wärt-Aufgabe der Familie.» Unter uns ist die Zahl der Halbgebildeten keine geringe,ja wir haben sogar mehr als zureis­chend»Allesbesserwisser,«aber die fe­­sten, treuen, uneigenmfßigen, lauteren Charak­­tere sind dünn gesäet. Die Gutmüthigkeit, melde ed nicht aus Schwäche, sondern aus Ueberzeugung uf; die Herzensgüte, in welche Edles thut, nicht aus Brahlerei, da­mit man davon sprich, sondern um des Edlen selbst willen ; d­ie Bollsfreunde, welche wirklich ein theilmeßmendes Herz und eine Hilfreiche Hand für ihre Weitbürger beweisen, nur um sich Ehren­­­freien zu figern, ein gewisses Ansehen und einen Anharg zu haben, der ihnen blöde durch Did und Dünn folgt: diese Charaktere sind so war wir Alveblüthen. .. Erst find es heute ein Diogenes und gäbe man ihm statt der historischen Laterne,ein elektris­­ches Flambeau in die Hand,er fände noch weni­­­ger wie dazumal Menschen in des­ edelsten Bedeu­­tu­ng des Wortes. Ja heutzuta­ge wäre vielleicht sein Suchen noch vergeblicher als zu jener Zeit,da man das mals bei den Heu­rieln diesem gebildetsten aller an­­tiken Völker,in unterrichtlicher Beziehung auf die Menge der Kenntnisse weit weniger bedacht war ,und das größte Gewicht auf die persönliche Durch­­bildung des Einzelnem auf seine Ueberzeugungs-, Gesinmungsix und Charakterbildung legte.War also selbst in jener Zeit,als die weisen Denker, Menschen und Helden weit öfter zu finden waren, denu heute,Diogene6 mit der Menschheit unzufrieden,was müßte er erst heute sagen,wo die Jugendent­asse gesinnungs-,charakte-und sichellos aufgezüchtet wird?! « Und dann wundert man sich noch,daß Kon­­flickte mit dem Strafgesetze zur Tagesordnung ge­­hören,daß Selbstmorde eine stehende Rubritin dchagesblättern bilden Und die Säulen der Ge­­sellschaft in ihren Grundfristen erschüttert sind. Man sähe nur hinaus,wo Menschen ans Neid verfolgt,­wo Thieryous Muth willen gequält,Kuls­taten im Ueber­ nuthe zerstört werden von der ra­­schen,gedankenlosen,eigensüchtigen Menge und man findet die Erklärung fü­r den moralischen Verfall unseres­ Gesellschaft auf der Stra­sse. E. M. Bo Reine Ordnung, und wo Ordnung herrfäft. Koloman Mitgath, der bekannte geistvolle Humorist in der neuesten ungarischen Literatur, der lose Spottvogel, welcher mit der scharfen Zauge feines Wited die ernsterten Dinge behandelt und auf diese Weise am meisten dazu beiträgt, daß das Schädliche abgestellt, das Gute gefördert wird, d­ieser schildert in drastischer Weise wie in Ungarn leider mit den Waffengeldern manipulirt wird und nimmt zu diesem Ende zwei SKomitate vor: eine, in welchem evident feine Ordmung if und ein Anderes wieder wo die „größte“ Ordnnung seitens der Kontrollsorgane konstatirt wird : I. B. keine Ordnung. Ich habe einen Bekannten, der in der Provinz Marienstuhlbeifiger war. Vor einigen Jahren bekam er Mengenkatharr, er wurde mager, wie mein Zinger, gelb wie Wachs, besuchte Marienbad, aß rohen Sein­­ten und Grahambrod, was jedoch nichts wüßte, bis ihn die Aerzte endlich aufgaben und einfach erklärten, er müsse sterben. „Nun, wenn ich sterben muß — sagte eve — habe ich nichts mehr zu verheimlichen. Ich bin ein ehrlicher Mann und liebe den ge­­raden Weg. Ih gestehe offen, daß ich 17,000 fl. d. W. unterschlagen habe... .* — Du, dad fann nit fein — meinte der Bizegespan — Du redet irre! — „Mein vollster Ernst. Seht du nah! Meine Bezahlung, K­ame­­rad, war Elein und ic war mein Leben hindurch ein Kavalier ; ich nahm das Geld, wo ich es fand. Un= tersuche doch die Kasle... .* Num gerieth der Vizegespan in Wuth. „Auch ich war ein Kavalier und menge mich nicht in die Gabe Anderer. Wenn Du aber willst, daß ich die Waffenkaffa frontrive, so mache beim Vizegespansamte eine Anzeige.“ Der Fatharr­­böse Mann machte die Anzeige, unterschrieb sie aber nicht, worauf sie ihm der Bizegespan zurückbrachte : „Auf anonyme Denunziationen pflege ich nicht zu achten.“ Erst nachdem er seinen Namen unterschrieben hatte, ordnete er die Untersuchung an, in deren Verlaufe fr die erwähnten 17.000 fl. fanden — das heißt eigent­­li nicht fanden. « Jetzt ließ sich nicht Anders­thun als den Herrn Beisitzer zu verhaften und ins Kühle unter andere Sträflinge zu stecken.Was lag daran,der arme Gyuri stirbt ohnehin in zwei Wochen!Es kam aber anders. Innerhalb eines halben Jahres verlor er in Folge der­­ Sträflingsfost seinen Magenkatharr, und al er nach drei Jahren Herauskam, wog er zwei Rentner und blühte wie eine Pfingstrose. Er ist au jest no gesund und als Diurnist beim Somitate angestellt, wo er die somitatliche Vorsehung segnet, die ihn so wunderbar geheilt. „Für das Geld des Komitates — pflegte er zu sagen — Habe ich mir den Katharr eingemwirth­­shaftet, an der Komitatstoft habe ich ihr verloren. Das ist billig... .. . das ist wahrhaft billig.“ Wenn ich über diese Geschichte nachdeute, fällt mir oft ein, daß es eigentlich eine Sünde ist, das Komitat zu schmähen, denn was der Herr Reisiger sagt, ist ein wenig variirt auf sämmtliche komitatischen Miß­­bräuche anzuwenden ... . Die­ wohlgebornen Herren haben si bei der Komitatskost den unmäßigen Appetit auf das Geld Anderer ermitthichaftet, es ist also ganz billig wenn sie denselben, bei der Komitatskost verlieren. Nur noch ein wenig Geduld, Nachsicht und ich wage zu behaupten, daß sie — ihn verlieren werden. U. Bo Ordnung ist. SH will ganz offen jagen, daß Defraudiren ist noch nicht das Schlim­mste. Diejenigen welche wegen Unterschleifs verurtheilt werden, könnten, wie Der wegen Bestechung verurtheilte Lord Bacon, ausrufen: „Seit hundert Jahren hat England seinen so ehrlichen Be­­amten gehabt, als mich und seit zweihundert Jahren ist das England gerechtestes Urtheil.“ Mit der Unordnung konnte man sich noch ver­­sühnen, aber die Ordnung ist fürchterlich. Die Ord­­nung? Es ist also an irgendwo Ordnung ? Ya. 3a habe einmal im Leben einen Provinzler getroffen, der fi­­al die Rede auf die Komitatkorruption fam, stolz den Schnurrbart drehte. „Nur unser Komis tat, meine Herren, ist eine Ausnahm­e.“ Alles blidte ihn neugierig an. Bei unserem Waffenstuhle — fuhr er fort — ist seit Menschengedenken seine Unordnung vorgekom­­men.“ „Sie wollen uns wahrscheinlich auffigen Tafjen ?“ „Auf Ehrenwort, nein!" „Schön, meinte ic. Bei Ihnen wollte ich eine Waffe sein.“ „Das wünste ich „Ihnen nicht“ brummte er ladend. „Eine Waffe nämlich, die 200.000 fl. in der Waffenkarse hat." „Damit würden Sie kaum weit springen.“ „Sa, warum denn nicht ?* „Was zum Waffenstuhl kommt, davon sieht die Waffe wenig oder gar nichts.“ „Sie sagen ja, daß niemals ein fraudnloses Gebahren vor­­gekommen sei?“ „Das ist auch wahr, das Geld wird aber do alle.“ „Wieso ?" „Im Interesse der Waf­­fen wird es auf Zinsen ausgegeben.“ „Das ist sein Malheur." „Nicht? Wenn man aber solchen Leuten gibt, die es nimmt er zurückzahlen können.“ „Dann wirthichaften bei Euch Narren.“ „Gott bewahre! Der Darlehenswerber it ges­wöhnlich ein Schwager oder sonstiger Verwandter des Waffenstuhlbeifigerd; er nimmt das Geld auf und theilt insgeheim mit dem Heren Beifiger . . .“ „Er ist aber doch­h ein Verwandter der übrigen Beifiger.“ „Freilich, aber auch die übrigen Beifiger haben Ver­wandte, und wenn ein Verwandter de3 X Gelo aufs nimmt, vollren e3 die . 3., damit Herr X. auc) ihren Verwandten etwas votre.“ „Ich verstehe Bezüglich da Erneuerung des Pri­­vilegiums der österreichisch-un­­­garischen Bank haben die beiderseitigen Regierungen bisher no in Feiner Nichtung meri­­torische Beraihungen gepflogen, das hiezu bis jet auch no Feine konkrete Veranlassung vorhanden war. Erst nach Eintreffen der, die weitere­n Verlei­­­hung des Bankprivilegiums anruhenden Noten des Generalrathes der österreichisch-ungarischen Bank in den beiden Finanzm­inisterien werden die uiga­­­­rische und die Österreichische Regierung in der Rage ; woher aber nimmt der reiche Mensch arme Verwandt­schaft ? " „Hat man feine, so schafft man si welche an; denn reiche Verwandte sind zu dergleichen nicht zu gebrauchen.“ „Das ist ein fürchterlicher Zus­­tand. Diese Leute müssen eingesperrt werden... .“ „Wo denken Sie hin ? Es ist Alles in größter Ords­nung. Jede Waise findet jederzeit ihr ganzes Ver­­mögen in­­ Schuld sceinen. Freilich find die Schuld» Icheine feinen Pfifferling unwerth.“ sein, hierüber zu fonferiren. Das Anfachen der Bank dürfte Ende September vom Generalcab­e festgestellt werden und wahrscheinlich eine Anzahl Modifikationsanträge des jenigen Statuts enthal­­ten. Die Frage der Veränderung des Textes der Banknoten, respektive die Anwendung einer anderen Sprache auf den Noten als der deutschen und ungarischen wird bei den Berathun­­gen zwischen dem beiden Negierungen, respeftive mit den Vertretern der Bank garnigt zur Erörterung gelangen. Darüber sind nun die Böhmen äußerst ungehalten. Die Prager „P­olitif” schreibt: Wir Lehen trieben auf der ungarischen Landes­­ausstellung Feine politis, weder nationale, noch kommerzielle, aber unser gutes Rech­t (!) wer­­den wir gelegentlich der Erneuerung des Bantpris­vilegiums an geeigneter Stelle, daß heit im Reichs­­rathe geltend machen, ohne uns selbstverständlich an die eine oder die andere no fo apodistische Ablehnung außerhalb Ddieser oder einer anderen kompetenten Körperschaft zu kehren. — In ähnli­chem Sinne äußert sich auch „Pok­ot“. Die Ge­hen — sagt „Pokrot" — wollen keine Protestion, sondern­ nur was ih­nen gebührt. Wir fegen als bekannt voraus, daß die Böh­­men eine Dreitheilung der österreichisch ungarischen Bank und, im Notentert, auch die böhmische Sprache fordern. Aber die Umwandlung der Nationalbank in ein österreichisch-ungarischecze­ Hisches Institut wird sich nicht erfülen­ und man hat in Prag sehr unflug daran gethan, mit fei­­nen Forderungen und Vorausfagen so geräuschvoll in die Deffend­igkeit zu treten. Die Zuversichtlic­­feit der czehischen Blätter hat eine Erklärung des offiziösen „Nemzet“ provoziert, daß die Frage des Notentextes überhaupt nicht zur Verhandlung ges­­angen werde. Die Heißblütigkeit der Grechen hat ihnen da einen schlimmen Strei gespielt; sie haben eben erst die Ungarn al ihre wärmisten Verehrer pro­ Hamlet und sehen si­e um­plößlich vor einen Konf fl­te gestellt, für dessen weitere Behandlung den m­utigen Ton zu finden ihnen nun sehr schwer fallen wird. Der Umstand, das in dem Verhält­­niß zwischen Ungarn und Deutschen manches stö­­rende Moment sich geltend macht, wie si dies beispielesweise in der aus­­ Budapest gemeldeten Thatjade aussprigt, dag eine Deputation ungaris­cher Schügen die beschloffene Reife zum Ynnsbrus der Schügen fest in Erinnerung an die jüngsten Dresdener Vorgänge aufgegeben habe, vermag den Szehen nur einen geringen Zrost zu bieten; der­ artige Mißhelligkeiten üben auf den Gang der ungarischen Politik seinen Einflug. Dan darf dies gierig sein, wie die Konsequenzen der Zurückweis­­ung der czechischen Ansprüche sich in den parla­­mentarischen Ausgleichsverhandlungen äußern wer­­den. « Dem Tage. Die czechischen Bankforderungen. OsterhösflednzzewmmHSe.Majestät hat dem Bezirkshauptmann ein Steyr,Karl Zimmerauer,in Ane­rkennung seiner­ vier­­jährigen,treuen und vorzüglichen Dienstleistungen, den Ritterftakid verliehem · OglkerpöchsterpendinSe.Majestät der König hat aus seiner Privatb­hatouille zu spenden gelaht:Dem Direktor des Klerilein Alumneums der Munkacser griechisch-katholischen Kirchendiözese, Emanu­el Roskovics,zum Baue oder Ankauf eines Institutshauses 500fl.;zum Aufbau der niedergebrannten Vanyar d­er evangelischen Kirche 200fc.;zur Restaurirung der Temee­­vär-Fabriksvorstädter griech.-orient.­­rumänischen Kirchen und Schu­lgebäude 8150si.; der KiS-Letaer griechisch-katholischen Gemeinde zu demselben Zwecke 100fl.;zur Restaurirung des Kirchthurmes und des Jahrgebäudes der griechisch- katholischen Gemeinde in Petrih demjlusschuß des Csornaer Frauenvereines 100fl.—Ihre Majestät die Königin hat dem M.­­Szigeter Kleinkinderbewahranstaltsverein „Erzgebet“ 200 fl..zu spenden gerußt. O Ein Geschenk für den König. Kron­­prinz Rudolf gedenk­ Sr. Majestät dem König zu dessen bevorstehendem Geburtstage ein Gehenk zu überreichen, welches aus der ungarischen Landes­­ausstellung stammt. Er wandte sich deshalb an den Grafen Eugen Zichy und bat denselben, einen geeigneten Gegenstand für ihn auszusuchen. Graf Zi hat nun, wie „Nemzet“ meldet, das Beutel­bild: „Im Kreuzfeuer“, von Alexander Bihari, angefauft, und wird dasselbe mit Erlaubniß der Direktion, an den Bestimmungsort absenden. Das humorvolle Bild des hochbegabten jungen Malers stellt eine Szene in der Csárda dar, in welcher das reizende Mädchen des Wirthes von den Bliden der Husaren im’S Kreuzfeuer genommen wird.­­ Journalistisches. In Budapest tagte eine Konferenz der Herausgeber, Verleger und Mes­­­sakteure der dortigen Tagesblätter wegen Eiu

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