Oedenburger Zeitung, 1886. April (Jahrgang 19, nr. 74-98)
1886-04-01 / nr. 74
gskbåi·fse"der Steuerstafe ausgenützt wurden die alten und die neuen Quellen des Kredits,und das Resultat ist doch nur das Defizit,welches leider die Neigung hat,chronisch zu werden,und eine wirthschaftliche Krise,welcher gegenüber es nur q schwachen Test gewährt-daß sie keine spezifisch ungarisch,sondern eine allgemeine europäische ist,wir partizipiren aber zu ganz um gebührlichem Theile an der allgemeinen Kalamität. Sie zehrt ferner an dem geistigen und der Nation und nirgends bethätigt sie sich so unproduktiv, als im Rei der Spdeen. Die herrlichen Ueberlieferungen der Herrenzeit unseres politiscen Lebens, was ist aus ihnen geworden und welche Ausgestaltung haben sie gefunden ? Der Parlamentarismus — diese junge Schöpfung einer verjüngten Nation — mit welch’ greifenhaften Zug starrt er in das Land Hinein und wie fiift er mehr und mehr zu einer inhaltslosen Staffage herab ! Die parlamentariihe Negierung, die als die ftol zeste, kraftvollste Offenbarung des nationalen Genius scheinen sol, sie ist, so weit man von dem unstreitig bedeutender Leiter derselben absieht, nur der Ausbruch der Unzulänglicheit und Schwäche. Der Regiestaat mit seinen Garantien einer Tonsolidirtenjustiz und Gleichheit der bürgerlichen Rechte sol bei und erst gegründet werden, aber vielleicht doch Herrn von Tzipa und Konforten ? Apage!— Na:Ungarns innere Politikland verlegte Buh weiß davon zu erzählen? In Spezialfachwerken ist allerdings der Sachverhalt klargestellt. Aber das große Publikum zieht seine geistige Nahrung und gewinnt seine politischen Eindrücke nur an populären Büchern & la Rotted, Schlosser, Fontane und Kompagnie. Da ann man es Herrn dr. Gautje nicht verdenken, daß er zunächst unter die Büchermacher für die Jugend tritt, um Musterung zu halten. Die vornehme, aber kräftige und entschiedene Manier, in welcher der Minister Heren Dr. Fuß gegenüber seine Verfügung zu erklären wußte, ist auch in den weitesten Kreisen des Publikums ihrer Wirrung sicher. Herrn v. Gautsch muß man es glauben, daß seine ÜBerordnung nicht, wie so manche andere ähnlichen Inhalts, auf dem Papiere bleiben wird. Wenn dieser Minister sagt, er habe stets in Unterrichtsfahen den Grundtag gehabt, niemals engherzig, sondern stets gewissenhaft zu sein, so kann er, obwohl er exit vierunddreißig Jahre zählt, auf seine eigene Praxis, auf seine Erfolge im Theresianum hinweisen. Er wirft überzeugend, wenn er sagt, er werde niemals eine Verfälsschung der geistigen Nahrungsmittel zulassen. Der Einpruch, welchen diese gehaltvolle Rede den neuen österreichischen Unterrichtsminister hinterließ, ist nicht sobald zu verwischen. Ein schneidiger und patriotischer Parlamentarier. Eine glänzgende Ministerrede gehört im österreichischen N Reichsrathe zu den seltensten Erscheinungen. Umso mehr überraschte die zwar k kurze, aber gehaltvolle und formvollendete Reoemis des neuen Ministers für Kultus und Unterricht Dr. dr. Gautse gegen die Rede des Abgeordneten Dr. Fuß. Nachdem nämlich das Budget des Landesverteidigungsministeriums zu Ende berathen worden war, gelangte jenes für Kultus und Unterricht auf die Tagesordnung. Da erhob er auf dem äußersten Flügel des Deutschen Klubs, befeuert von dem teutonischen Geiste seiner unmittelbaren Hintermänner und Nachbarn, der Herren Knog, Stradhe und PBidert, ein „deutscher Jüngling“ im schwarzbraunen Gerode, der mit einem prachtvollen, geschmeidigen zum Tenor neigenden Bariton die hohen, weiten Räume des vergoldeten Marmorsaales zu durchmessen begann, daß die Schallwellen in jedem Winkel bibrirten. 3 war der kaum zweiunddreißigjährige Dr. Hubert Fuß, der Abgeordnete der fahlerischen Landeshauptstadt Troppau und Professor der Hassischen Philologie am Leopoldstädter Ober-Realgymnasium in Wien, welcher mit einer einstündigen, weitpointirten Rede die Generaldebatte über das Unterricht 3. Budget einleitete. Was der Sprecher über die von Herrn v. © aut dh unmittelbar nach Uebernahme der Geschäfte angeordnete Nevision der Schüler- Bibliotheken vorbrachte und waß er Thatsächliches zu erzählen wußte über die nac) Schlesien und nach) deutschen Städten Böhmens ausgreifende und wenigstend nach der Darstellung des Nedners, von den Behörden in Prag und Troppan im Stillen unterfragte sehliche Propaganda, dürfte die Leser dieses Blattes weniger interessiren. Wir können nur bedauern, daß ein so begabter, Frenntnißreicher, das Wort meisterlic beherrschender Dialektiker wie dieser junge Schulmann, seine Kraft einer Partei leiht, von deren Wirken nur eine Beschärfung der nationalen Gegensäße, eine Steigerung der inneren Howilligkeiten zu besorgen ist. Dergebend wird es Herr Suß abzuleugnen versuchen, daß der Büchermarkt in Oesterreich und hie und da vielleicht an in Ungarn, von Erzeugniffen fträgt, die von spezifisch preußischen, österreichyfeindlichen Geiste durchfättigt sind, von jenem Geiste der schon in den ersten schlesischen Kriegen des vorigen Jahrhunderts die Geschichte von Grund auf und methodisch zu fälschen begonnen hat, der neben preußischen Thaten und Werfen nichts Zweites gelten läßt, der Oesterreichs vielhundertjährige großartige Leistungen für Deutschland verschweigt oder schmäht, der in den Schulbüchern den Heldenthaten des einen Korps Blüher bei Leipzig fünf Gesten, jenen des Armee Oberkommandanten Fürsten Schwarzenberg und aller übrigen Korps zusammen zwei Zeilen widmet. Daß Gneisenau der Generalstabschef Blücher’3 war, ist jedem Dorfjungen in Schlesien und „Deutsch-Böhmen“ geläufig. Wie viele Gymmnasiasten, ja wie viele Universitätshörer gibt es in Oesterreich, und wir fügen auch noch getrost hinzu, in ganz Ungarn, die da wissen, daß die „Wölferschlacht" von Leipzig, die als preußische Waffenthat par excellence reflamirt wird, das Werk des Generalstabschefs des Fürsten Schwarzenberg ist: dem damaligen Feldmarschall-Lieutenant? Grafen Radegry?! Und daß der ganze Feldzugsplan für die Invasion der verbündeten Heere nach Frankreich) 1813—1814 ebenfalls ausigließlic das Wat Nadesty's ist?! Welches in Deutsch Dom Tage. Aus dem ungarischen Reichstage. Das Abgeordnetenhaus setze Dienstag die Verhandlung der Munizipalvorlage fort.Zu Debatten kam es bei dem Kandidirungs - Paragraphen (82), wo Martonffy die Wahl ständiger Kandidirungs-Kommissionen und die Berücksichtigung der tadellos gedienten Beamten bei der Kandidation, Steinacher aber die Berücksichtigung wenigstens eines von den gewählten Kommissionsmitgliedern im Vorschlag gefragten Kandidaten beantragte,während Ham Lizer die gesammte Kandidirungs-kommission aus der Wahl des Munizipal-Ausschusses hervorgehen lassen will. Im weiteren Verlaufe der Debatte plaidirte Baron Lipthay für den Martonffy’igen Antrag und flug überdies vor, daß die Funktionsdauer der Radidirungs- Kommission auf statutarischem Wege festgestellt werden sol. Die Diskusstion, die bisher einen ungemein jleppenden und wenig anregenden Verlauf genommen, belebte sich für einige Augenblicke, als Sraf Apponyi nachwies, da verdienstvolle städt. Beamte nicht wieder fandidirt wurden, blos darum, weil sich ihre politische Gesinnung nicht zu Tipa’s Gunsten aussprach. Schließlich wurden aber alle Einwendungen verworfen und der Paragraph nach dessen Fassung im Entwurfe — angenommen. Eine längere Debatte gab es auch bei $. 86, der die Beamten-Eidesformel enthält. Zul. Yurth beantragte die Streichung der Ausbrüche, welche dem Beamten Gehorsam gegen die Vorgefegten und Wahrung des Amtsgeheimnisses zur Pflicht machet. Läzar und Graf Apponyi unterfragten diesen Antrag, Ersterer schlug überdies vor, aus dem Eide eventuell ein Gelöbnis zu machen. Das Haus nahm blos den, und zwar vom Minister-Präsidenten analog dem Gefege über die Hauptstadt am endirten Antrag Lazar’s an. Die legte Debatte des Tages gab es über S. 89, der die Verantwortlichkeit der Beamten der Verinmtheit und Einzelnen gegenüber umschreibt. Uebrigens gedieh die Verhandlung blos bis S. 94. Die noch restigenden Uebergangsbestimmungen dürften keine ernsteren Diskussionen mehr hervorrufen, so daß die Vorlage über die Garantie der egyptischen Anteihe jedenfalls no zur Erledigung kommen wird. O Die soziale Revolte in Belgien. Die Arbeiterbewegung in Belgien hat in den Sdi»ten vierundzwanzig Stunden an Heftigkeit abgenommen, dagegen aber eine größere Ausdehnung gewonnen, während am Herde der Unruhen, in dem Distrikte von Charleroi, der Aufstand offenbar unter dem Druce der bewaffneten Macht keine weiteren Forttritte gemacht hat, dehnt er die Bewegung, wie die legten Nachrichten aus Brüssel melden, nun auch nach dem Süden und Osten aus. Nebene Mons steht bereits die Gegend von Tournai mitten in der Bewegung. In der verflossenen Nacht fand ein blutiger Zusammenstoß in den Steinbrüchen von Barges statt. Es gab zwei Todte und zwölf Verwundete. Aus Lüttich werden neue Strifes gemeldet, namentlich in der großen Waffenfabrik Heistel. Jo mehr sich auf diese Weise das Strafegebiet erweitert, desto bedenklicher wird die Situation, angesichts der untreibenden Truppenmacht, deren Gruß im Distrikte Charleroi vorauf zu tfun hat, und deren Zersplitterung sehr leicht dem augenbllcklich nur eingedämmten, keineswegs aber ersticlten Aufstande in den bisher ergriffenen Gebieten neue Nahrung geben kann. oO Grundbuchswesen. Der fön.ung. Yusstizminister Hat durch eine Zirkular-Verordnung verfügt, daß bei grundbücherlicher Rntabulirung des Eigenthumsrcchtes in dem diese anordnenden Bescheide immer auf die Orientirungsnummer der betreffenden Realität genau anzugeben ist. Ferner sind derartige Besceide nicht blos der Gemeindevorstehung, sondern auch dem Steuer Suspektorate zu übersenden. Das flritsige Ostrumelien. Es herrscht in Rußland sowohl, wie im Deutigen Reiche angeblich die Befürchtung, da sich in Sophia eine Katastrophe vorbereite. Die dee eins Königreich. Bulgarien berührt in Petersburg gar nicht unsympathisch, doch hält man dafür, daß die Verwirflichung ebenso wenig ohne Unterftügung Rußlands denkbar sei, wie ein Umschwung der russischen Politik, so lange Yürst Alexander, dessen Persönlichkeit dem Ezaren eine stetig zunehmende Antipathie einflögt, in Bulgarien regiert. Nach an kompetenter Stelle bestehenden Anschauungen ist der Moment da, wo Rußland die Wiederherstellung der Ordnung in Bulgarien energishg in die Hand nehmen muß. Neue Komplikationen werden dadurch nit vorausgesehen, da England sich mit einem Protest begnügen und Oesterreich- Ungarn selbst dies unterstafsen werde und im voraus bereit sei, Auslands Entshliegungen beizustimmen, weil ja doch seine Möglichkeit zu einem Widerstande vorhanden sei. Was Deutschland betrifft, habe der Battenberger dort seine Stüge zu erwarten (?), da das Berliner Kabinet Aufland kein Hinderuns in den Weg legen wird. Geplante Vermehrung der Honved- Kavallerie. Bekanntlich besteht die Honved-Kavallerie gegenwärtig aus 10 Regimentern zu 4 Eskadronen. Schon vor Jahren hätte dieselbe um 20 Eskadronen vermehrt werden sollen und nahm seinerzeit das Abgeordnetenhaus auch eine bezügliie Vorlage des damaligen Honvedministers Bela Szende an, ohne daß derselbe jedoch diesen Plan auch ausgeführt hätte Wie nun „KRatonai Yapok“ melden, hat der Honvedsfavalleriesäänspektor FE. von Henneberg dem in Wbbazia weilenden Oberkommandanten Erzherzog Josef ein Memorandum unterbreitete, demgemäß die 10 Honweod-Kavallerie-Regimenter, gleich denen der gemeinsamen Armee, aus 6 Estadronen zu bestehen hätten, so daß die Vermehrung ebenfalls 20 Estadronen betrüge. Wie das zitirte Blatt mein, hätte dieser Plan, dessen Durchführung etwa 340.000 fl. kosten würde, alle Aussicht auf Erfolg. Gerate . Telegramm, Krakau, 31. März Der Wassserstand der Weichsel hat im Laufe des Tages bedeutend zugenommen. Angesichts der drohenden Ueberschwenkungsgefahr wurden vom Stadtpräsidenten Vorsichtmaßregeln angeordnet. Heute fand hier ein starker, anhaltender Negenguß statt. Srieff, 31. März. Die "Banca popolare", hat, angeblich um ihre Lokale zur Revision freizuhalten, die Zahlungen suspendirt, was große Mißstimmung hervorruft. Der Sekretär der Bank hat sich gestern erschoffen. Von dem flüchtigen Effertenfaffier ‘hat man noch seine Spur. Turin, 31. März. Gestern starb der Ex- Kriegsminister General Mage de la Roche infolge eines Sturzes vom Pferde. Berlin, 31. März. Der Kaiser ertheilte gestern Nachmittag um halb fünf Uhr dem Bischof Kopp eine Audienz. Paris, 31. März. Die Kammer verhandelte das Geieg, betreffend die Freiheit der Leichenbestattung und nahm mit 323 gegen 180 Stimmen ein Amendement an, wonac) die Zeichenverbrennung gestattet wird. * fokal-Beitung. Sopalnefizen * Bur Hebung des Fremdenzuzuges nach Oedenburg. E38 ist eine hier längst und oft schon ventilirte Frage nunmehr abermals aktuell geworden, die Frage nämlich, wie artig vorgegangen werden solle, um unsere schöne Stadt mit ihrem berrlten landschaftlichen Gürtel, mit ihremt *“äftlien Neusiedlersee und allen in jüngster Zeit anderen reizenden Parkanlagen, für die Fremden TREE re ee run