Oedenburger Zeitung, 1887. März (Jahrgang 20, nr. 49-73)

1887-03-02 / nr. 49

.,ZUittwoc6-2.gsärz,1887 a XX.ZaBrgang. s·—«:":ps--Oi.-».-;»:7.,»"s:«-r:«".!i«-W,:Hxsks s »-.«;«-., RORFFRTTDERN Ar. Dedenliurgergzeiiun (vormals „Bedenburger Nachrichten“) | Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr! — Be­drücten zur Wehr’ — Der Wahrheit eine Gaffe.” © Sean. EEE Das Blatt ericeint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn- oder Feiertag folgenden Tages. Präam­merations:Preise: Er Loes: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 5 fl, Vierteljährig . fl. 50 fl, Monatlich 1 fl. 5 Bär Undwärts: Gemisäeh­a­r, Halbjähris 7 fl., Viertel­­jährig . Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Prämumerations- und Infertionsgebüh­ren, sind sm die Redastion portofrei einzusenden. Administeation, Verlag und Inferatenaufnahme: Schirakeren­ &. Nommwalter & Sohn, Grahenrunde DDI. WI Einzelne Rummern Rollen 5 Arenger. 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Die berühmte Frage, womit Shakespeare seinen „Hamlet“ vor ein unlösbares Problem stellt, führt jegt Seder in Europa im Weunde, der sich mit Bolitit befaßt ; Seder pocht bei fi selber mit den bangen Worten an, wird mein Vaterland von den Schreden des Krieges verschont sein, oder wird es mit hineingerisfen werden in den allgemeinen Wirbel, der tausende von Existenzen vernichten, Milliarden von Gulden verschlingen wird und der vieleicht über manche, heute felsenhaft stehend schei­­nende Bestände das „Nichtsein“ verhängen dürfte ? Unbekümmert darum, wie forgenvoll die Weenschheit der Entwickklung der Dinge entgegen sieht, schreitet das Verhängniß seinen ehernen Gang und rollt das Rad der Zufälligkeiten unablässig weiter, gleichviel wen jener zertritt und wen Dicted zermalmt, und das furchtbare „Sein“ oder „Nichtsein“ kann von in nächster Zukunft das Leben und das Eigenthum eines jeden einzelnen Bürgers angesichts der damit ausgedrückten verhängnißvollen Alternative fegen. Heute, indeß wir diese Zeilen schreiben, er­­öffnen in Budapest die Delegationen ihre außerordentliche Sef­sion. Die Rrebdite, die zur Bewilligung gelangen, werden ziemlich bedeu­­tend sein, die Aufschlüsse über die politische Situa­­tion, über das „Sein oder Nichtsein" des Frie­­dens, jedoch voraussigtlich recht mager ausfallen. Strupuldre Volksvertreter haben sonst einige Ge=­nugthuung empfunden, Kreditbewilligungen für kom­­petente Erklärungen aus dem Munde des Aus­­wärtigen Ministers einzutauschen, allmählig ist die öffentliche Meinung über deren Werth desillusio­­nirt worden. Zur Zeit wenigstens hofft Niemand eine Enthüllung oder eine Richtfehler für seine po­­litische M­einung von Budapest aus zu empfangen. Ein Minister des Auswärtigen und unseren Zagen T gibt ss im Allgemeinen gerne al ein Mann,der wie Faust, sich nicht einbildet, was Wechtes zu wissen. Auch ist fegt die Auffassung verbreitet, daß die auswärtige Politik so wenig wie das Wetter gemacht wird, sondern das Ergebnis von Wirbeln und Luftströmungen in den oberen Regionen ist, die, einer genauen Betrachtung unterzogen, ewig bin» und herwogen und niemals zur Ruhe kommen. Scheint es denn nicht, als ob über Europa bestän­­dig eine Aprilwolfe von unaufhörlich wed­elndem Negen und Sonnenschein hängen würde? Seligt unsere Friedensliebe und die besten auswärtigen Beziehungen zu allen Mächten, deren Erklärung der Minister des Auswärtigen nicht ermangeln wird abzugeben, etwa vor einem blinden Unge­­fähr, das seit einiger Zeit statt fester Prinzipien das Verhältnis der Mächte zu­einander regulirt und gegen das wir beständig auf unserer Hut sein müssen ? Würde etwa ein Delegirter wagen, mit Berufung darauf, daß seit vierundzwanzig Stun­­den in der auswärtigen Situation wieder Alles normal scheint, ein ablehnendes Botum des N­ü­­stungs-Kredits zu verantworten? Diese logische Hiatus zwischen den friedlichen Beziehungen zu allen Mächten und der Nothwendigkeit von Nüs­­tungen ist duch einen schmalen dialektischen Fuß­­steg überbrüht worden. Rüstungen sind nothwendig ohne Rücksicht auf Die augenblldkliche Situation. Nüstungen gehören zum „Standard of life“, zum unentbehrlichen Hausgebrauch einer Nation. Eine reiche Erbin kann vielleicht wegen ihrer schönen Seele geheiratet werden, aber Oesterreich-Ungarn wird zur Allianz nur begehrt, wenn wir viele Millionen für unsere Armee ausgegeben. Es ist schlimm, daß man uns wegen unserer schönen Aus­sen nicht liebt, e8 bleibt also nur der leidige Trost, die Millionen zu votiren, um wegen der Zahl unserer Bataillone gefürchtet zu werden. Man gibt ss wenigstens in Budapest und Wien der Hoffnung hin, daß es gerade durch Die entf­ loffenste Bereitwilligkeit, für die Monarchie, ihr Unsehen und ihre Interessen, wenn es sein muß, das Schwert zu ziehen, allenfalls gelingen werde, die Kriegsgefahr zu beschwören. Wenn die Feinde des europäischen Friedens und unserer Monarchie sehen, dag die Völker derselben mit opferfreudigster Hingebung Alles zu ihrem Schuge thun, werden sie vielleicht einen Valtor in ihrer Rechnung gestrigen sehen. Wahrseinlich sogar ist es, daß auf die „Gefahren“ des Dualismus, auf die „BZerfahrenheit“ unserer Monarchie bei den Kombinationen unserer Gegner viel gesündigt wurde. Wenn ihnen dies Har wird Angesichts der impos nirenden Nähe, mit der die Volfsvertretungen und ihre Delegationen den Frieden zu affefuriren suchen, indem sie den Krieg bis auf den Legten Knopf vorbereiten, dann mag es wirklich gelingen, die Wolkengebirge vom europäischen Horizont zu vers­cheuchen. Die außerordentliche Session der Delegati­­­onen dürfte ebenso kurz sein und so würdig were laufen, wie die Verhandlung über den Landwehr­ und Landsturm-Kredit in den Parlamenten. Eine entscheidende Wendung ist wohl seither nicht ein­­getreten und so dürfte sich die gemeinsame Regierung auf das Schweigen oder auf undeutliches Nehen bescränken. Ueber die bekannten Erklärungen Tipa’s beim Beginn der 1886/87­er Reichstags­­session werden — wie schon weiter oben bemerkt — die gemeinsamen Minister kaum hinausgehen. Sie werden in den Ausschuß-Sigungen vielleicht abermals ein verschwommenes Bild der Situation bieten, zu entscheidenden Enunziationen jedoch wird es schwerlich kommen. &3 wäre denn, daß in der einen oder der andern Richtung die Entscheidung über das „Sein oder Nichtsein” der heutigen Sachlage die Ent»­ ­ Jenillieren. Was die Bofe erzählt... Eine Fashings:Heminiscenz. Ein Ballsaal in dem wehenden Halbdunkel des dämm­ernden Morgens, das ist ein eigenartiger, wehmüthiger Anblick. Die Spiegel sind halbblind, die Golpleisten feinen geschwärzt und die langen Arme des Kronleuchters spannen sich gespentig hinein in den öden, vom Dämmerlicht erfüllten Raum. Auf dem Parquet sieht es gar sonderbar auß. Schichten von grauem, plebejisdem Stauze und elegantem Poudre de riz liegen darüber und gebettet ruhen nun verstreut in dem Meere lichte Seidenbänder, flatternde Schleifen, glngernde Ro­­tifonaiden, zertretene Blumen, herabgerissene Säleppentheile, zierlich gewesene Volants,­­blinfende Knöpfe, rechte und linke Handschuhe aller Nummern, Schuhschnallen, gebrogene Federn, gefund­e Lilien­­stengel, zerrissene Tanzordnungen, zerbrochene Blei­stifte, einzelne Theile eines Fächers, eines Zafchen­­tuches, Haarnadeln, Schuhriemen, Papierfegen und so fort. Und über all diesem Chaos eines leeren Ballsaales­­ vidrirt: eine­ dide, athembeklemmende Luft, gesäwängert von zarten, duftigen Parfüns aller Arten, glngerndem Goldstaub, fahler Schminke, und durchfegt von dem intensiven Staube, den einige Stunden­ vorher hunderte von Füßen und Füschen aufgewirbelt haben im tollen Reigen. Unter einem rohen Sammidivan in der von Blattpflanzen eingefaßten Saalede befindet sich eine kleine gewählte Gesellschaft gefallener Grögen, ein Kotillonorden, der mit feinen Goldspigen atı« maßend feine Genossen anblicht, ein feines duftiges Battisttuch mit einem aristokratischen Air, das rund­­wärtige Blatt einer zierlichen Tanzordnung ; dieses sieht ziemlich mißvergnügt aus. Den Mittel­­punkt des fleinen Kreises bildet eine­­ duftige, zarte Rose. „Dummes Leben, das diese sogenannten Menschen führen“, Drummte arrogant der Kotillen­­orden , „machen den Tag zur Nacht und die Nacht zum Tage, springen stundenlang von einem Beine auf das andere ; die zimperlichste Dame findet es ganz in der Ordnung, Daß ein wildfremder Mann, von dese­n Existenz sie bisher keine Ahnung hatte, sie zum Tanze auffordert, seinen Arm um ihre Tai­le schlingt und sie an seine Brust drüht, wenn er ihr nur „vorgestellt“ ist. Sollte es aber der­­selbe Mann nur einmal wagen, ein Gleiches außer­­halb des Ballsaales thun zu wollen, weh’ ihm! Und schlieglich ist Eines und das Andere do egal !" „Nicht so ganz, wie Sie meinen“, schnarrt darauf die unbefriedigte Hälfte der Zwanzordnung, „aber ebenso langweilig.“ „Mein Gott! Seh’ Einer die alte Jungfer“,­­ispelt das Battistiuch dem Kotillonorden zu, „spielt sich auf die Kalte, Umnahbare Hinaus, diese alte, abgelebte T­anzordnung, während ich aus bestimmter Quelle weiß, dag —* das Uebrige zirhelte sie leise dem Droden zu. Nachher gähnte das Battisttuch und sah wieder so blafirt aus wie vorhin. Da nahm pröglich die Rose das Wort: „a, die Ballmenschen sind in der That eine eigene Race, so, so ganz eigenartig, da "könnte ich Eug DMandes erzählen.“ „Erzählen, erzählen !* riefen der Orden, das Battistfuß und die von der Eignerin getrennte Tanzordnung. Und die N­ofe begann: „Es ist erst einige Tage leer, daß ich ein schönes Leben führte. Ich war damals so jung. Diese Periode aber war nicht von langer Dauer. Durch den Wintergarten kam ein alter Mann mit einem Messer und schnitt mich ab. Das war ein gar sonderbares Gefühl; zuerst schmerzte er mir, aber dann war das ganze Dasein egal.“ „Egal, egal, Alle egal sein lassen, das­st die beste Philosophie des erbärmlichen Lebens*, brummte der Chorus der Atome. „Nachdem ich abgej­itten war, wurde ich mit einer großen Anzahl anderer Schidjaldgenossinnen in die Stadt gebracht, nach einer erzlangweiligen Neffe", fuhr die Rofse weiter fort, „in eine kleine d­rmpfe Stube mit alten Möbeln, die mit Strieden zusammen gebunden waren. Iyn dieser Stube ver­­einigte ung nun ein kleines mageres Mädgen, das große dunkle Augen Hatte und einen frechen Zug um den breiten Mund, in Kleine Sträußgen , h­ aber, ad, ichh war so schön, wurde wieder heraus­­genommen und bekam abseits meinen Plag. (Fortlegung folgt.) ——— Eu NEE een write. ea ae Ze Sr­are RE Eh Be

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