Oedenburger Zeitung, 1887. April (Jahrgang 20, nr. 74-97)

1887-04-08 / nr. 80

XX.Zat­rgang. Az. Ss0. Freitag, 8. April, 1887 Oedenburger Zeitung. (vormals „Oedenburger Nachrichten“.) Organ für Politik, Landel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interesen überhaupt. Motto: „Dem Fortgeritt zur Eher? — Behrüchten zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gaffe.” =: Das Blatt ers­eint täglich, mit Ausnahme des auf einen Gonn= oder Feiertag folgenden Tages. . $räanumerations: reife: El Loco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 5 A, vierteljährig 6 a tr., Monatlich int » Ostwärts eø suz jizhkignwsx bjahkiss fl.,umc­­jährig 3 fL 50 k. Ale für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Bräm­merations- und Infertionsgebühren, sind um die Redaktion portofrei einzusenden. Administration, Verlag und Inferatenaufnahme: Insinnkerei­­, Nomtvalter­­ Sohn, Grahrerminde 12. EI Einzelne Rummers Rofien 5 Kreuger. EU Inserate vermitteln: 5m Wien: Hafenstein & Vogler, Wal­­rfanasie 10, A. Oppelit, ı., Stubenbastei 2, Heinrich Schalek, 1., Wollzeile 12, R. Moffe, Seilerstätte 2, M. Dules, ı., Ries­mergasse 12. In­­ Budapest: Paulus Gh. Dorotheagasse 11, Leop. Lang, Gisellaplag 3, A. VB. Goldberger, Bervitenpla­n. Insertions:Hebüpren: 5 fr. für die ein, 10 fr. für die zwei­, 15 fr. für die drei, 20 Tr. für die vierspaltige und 25 Tr. für die durchlaufende Bet­tzeile evclusive der Stempelgebühr von 30 Tr. Bei mehrmaliger Einshhaltung bedeutender Rabatt in „Hedenburger Zeitung“ Mit 1. April 1887 eröffneten wir ein neues Abonnement auf die in den AX. Jahrgang getretene, sechs­mal in der Woche erscheinende, an Sonntagen aber mit einer „Illustrirten Romanbei- Lag­e“ versehene „Oedenburger Zeitung.” Pränumerationspreise: Ganzjährig 9 fl., halbjährig 5 fl., vierteljährig 2 fl. 50 fl., monatlich 1 fl. Loco OÖedenburg; Aus­­wärts : Ganzjährig 12 fl., halbjährig? fl, vierteljährig 3 fl. 50 fl. — Das Abonne­­ment kann auch mit jedem anderen belie­­bigen Tage entrrrt werden. nam­en HERE­RT Er ’ Ze — „Jedes Amt hat seine Zahl.“ Budapest, 7. April. Auch die entschiedensten Gegner des Minister- Präsidenten v. Ti­a werden zugeben müssen, daß, als er „der Noth gehordhend, nicht dem eigenen Triebe, das vom Grafen Szapáry vermwailt gelassene Finanzportefeuille übernahm, sich vor eine Äußerst kritische Aufgabe gestellt sah. Von den beiden Säulen, auf welche sich dad troß Szellund Szapary doch mit seinem Namen unauflöslich verbundene Staatswirthichaft d­ fostem fragt, wie von hervorragenden Mitgliedern der Opposition wiederholt un­widerleglich dargethan worden ist, der Steuererhöhung und dem Schulden­­machen, muß zum Wenigsten in der Zeit vor den Wahlen die erstere bezüglich stärkerer Inanspruch­­nahme ihrer Tragkraft außer Kombination bleiben. ‚Und als der Nachfolger des Grafen Szapäry gedrängt wurde, dem Parlamente und dem Lande denn doch ein Finanzprogramm vorzulegen, verschob er die Erfüllung dieser elementaren Pflicht bis zum nächsten Reichstag, nit ohne die formelle Erklärung abzugeben, daß vorläufig an eine Erhöhung der direkten Steuern nit gedacht werden könne. I­n der bisherigen Wirksamkeit Koloman Tifa’s als Finanzminister war diese im Abgeord­­netenhause abgegebene Zusage vielleicht der einzige kurze Lichtbiick für die von der harten Noth der Zeit schwer bedrängten Steuerzahler. Freilich ist der M­inisterpräsident Ungarns nicht der erste Staatsmann und wird auch mit der Sekte sein, bei dem zwischen Worten und Thaten eine schier unerfüllbare Kluft besteht. Daß aber die von ihm abgegebene Erklärung, so jhnel und so schlagend von den Thatfahen Lügen gestraft werden würde, das hätten selbst Anhänger der faktiösen Opposition, welche dem Ministerium das Leben so sauer macht, kaum geahnt. Tipa hat niemald „Frieden“ in seinen verschiedenen hohen Staatsämtern gefunden, vollends aber das Amt eines N Reichsscharzmeisters, legt ihm eine schwere Tat auf. Über eine noch schwerere Haft überträgt der neue Finanzminister vermöge seines Amtes auf die unglückkichen Steuerträger. Wahre Wunder der Dialektik zeigen sich dem erstaunten Auge des steuerzahlenden Publikums. Die Organe der Finanzverwaltung, welchen da Schidjal die Gunst versagt hat, ihren steuer­­zahlenden Mitbürgern einige von einer dienstwilligen Majorität votirten neue Steuern oder Steuerzu­­lage aufzulegen, wissen si und ihrem Herrn und Meister zu helfen und die Einnahmenvor­­schreibung des Staates beträchtlich zu erhöhen, ohne daß Tiga direkt eines Wortbruches beschuldigt werden könnte. Das Budapester Steuerinspektorat erhöht ganz einfach bei der Bemessung die Erwerb­­steuer 3. Klasse in einer Weise, melde die Ber­­bhlüffung, auf mancher Seite, wo man­ weiß, daß das Aerar seinen Spaß versteht, geradezu Entgegen hervorgerufen hat. Und diese, oft 50 und 100 Perzent der früher entrichteten Steuerbeträge er­­reichende Mehrbelastung trifft nu­ etwa Einzelne, bei denen mit oder ohne Grund eine Erhöhung ihres Geschäftsumfanges vermuthet werden konnte, und die vom Nechtemittel der Appellation im Falle nachweisbarer Irrthümer da­mit einiger, wenn auch nicht allzu großer Aussicht auf Erfolg Ge­­­brauch machen künnen, nein, es ist eine gegen das Gros der Handele und Gewerbetreibenden der Hauptstadt in Angriff genommene Praxis. Ohne Fachfenner und Registranten der wirtsch­aftligen Entwiclung des Landes und speziel der Geschäfts­­verhältnisse der Hauptstadt zu sein, müßten denn doch auch die höheren Steuerbeamten von der ans bestreitbaren Thatsache Notiz nehmen, daß Handel und Wandel in Budapest im Allgemeinen nit nur nicht im Aufschwunge begriffen sind, sondern in äußerst empfindliger Weise stagniren. Wie kommen die Herren also zu einem Vorgehen, welches sogar ein allergetreuestes Organ des Ministerpräsidenten als auf die Sandwichsinseln oder nach Kamerun gehörig zu stigmatischen das Bedürfniß fühlt ? Sollte der provisorische Herr Finanzminister an der [on von seinem Vorgänger so virtuos gehandhabten Schraube nicht einen neuen Hebel angebracht haben ? « »Doch was zuviel ist,ist zuviel,«denken selbst die mit ihrem Bot um dem Kandidaten der Regierung stets bereitwillig zum Mandat verhel­­fenden Wähler der Hauptstadt.Die allgemeine Währung im Budapester Handels-und Gewerbe­­stande wegen der ihnen angesonnenen unmotivirten Steuererhöhung hat zunächst in dem von der Budas­pester Handels-und Gewerbekammer gefaßten Be­­schlusse Ausdruck gefundem sowohl beim Finanz­­minister als auch beim Ministerium für Aickerbau­, Gewerbe und Handel durch eine Deputation Für­­sprache zu erheben,beziehungsweise Abhilfe zu fordern.Eine ähnliche Enunziation ist von der für zum Seuilleton. Barum nit? Novellette. Marcel Raymond stand im Begriff, sich zu vermählen; er hatte die dreißig noch nicht erreicht, besaß noch alle Zähne, ziemli viel Haare, galt für einen Mann von Geist, und seine Freunde fragten so erstaunt, was in aller Welt ihn denn wohl bewegen könne, so vor der Zeit das Joch des Ehemannes auf sich zu laden. Man nennt ja die egoistische Denkungsart solcher Lebemänner ; in­­des war er freilich wohl seine gerade leidenfaftlich zu nennende, himmelstürmende Liebe, welche Marcel für seine Braut, die Gräfin Menee, empfand, und Diejenigen mochten Recht Haben, melde er auge schlieglich der­­­iplomatischen Kunst der Dame zu­­frieden, daß Syener ihr endlich seine Erklärung gemacht hatte. Sie hatte schon mit Vielen Tofettirt, und mochte nun wohl den Moment für gelommen erachten, sich nit mehr lange zu besinnen. Jedenfall war die Verbindung ihr „Long venabel“ ; die Braut besaß ein schönes Vermögen, der Schwiegervater war ein Höchst angesehener und­­ einflußreicher Mann, und endlich kam so ein Um­­stand Hinzu, der bei Marcel vielleicht den Aus­­flug gegeben hatte, das war das gänzliche Fehlen einer Schwiegermutter. Der glückliche Bräutigam saß vor­ seinem Schreibtische und war damit beschäftigt,­­an einer ‚eigens zu bdiesem Zwecke umgezündeten Kerze eine recht ansehnliche Sammlung von Briefen und Billets auf lila, hellgrün, perlgrau und wie fost noch gefärbtem Papier zu verbrennen, die er augens­cheinlich nicht für geeignet hielt, auch während des Ehestandes die verschiedenen Näher des Schreib­­tisches zu füllen, in denen sie bisher geruht hatten.­3 Die meisten strömten ein feines Parfüm aus, manche waren mit bunten Schleifen zu kleinen Paketen zusammengebunden, andere, die Marcel vorher auseinander schlug, enthielten eine Haar»­lode; jene zeigten oben auf der ersten Seite ein Wappenfild, diese sonstige Embleme oder nur vers­chlungene Initialien. Mit einem Halb melancholischen, halb irno­nischen Lächeln verfolgte Marcel die schwarze Asche, melche von dem Licht Hermiederfiel, als plöglich unter den wenigen Briefen. Die noch, der Verbrennung harrend, vor ihm auf dem Zwische lagen, ein kleines, ambrafarbiges Billet, das einen feinen, aus Heliotrop und Rejeda gemischen Duft ausströmte, seine besondere Aufmerksam­eit erregte. Er entfaltete es und betrachtete aufmerksam ein kleines, meisterhaft ausgeführtes Bildchen, das die Stelle der Spaittalien oben Linie einnah­m. Man sah auf demselben sein Stücchen des nächtlichen Himmels, an dem zwischen Wollen die female Sichel des Mondes hervortrat. Unten erblickte man einen Frauenkopf, aber sieltsamer Weise nur von hinten, wo ein paar [eere Loden über den weißen Naden fielen, und dieser Kopf­cien gleichsam herausfordernd zu dem uns bis heute unzugänge­lichen Gestirn der Naht emporzuschauen. ALS Devise standen darüber die beiden englischen Worte: Why,not (warum nicht) ? .­­Das Billet selbst aber enthielt seine Liebes­­geständnisse, wie man vielleicht argwöhnen künnte, sondern einfach eine Einladung zum Mittagessen für Freitag dem 13. März 18. ., geschrieben von einer Damenhand und unterzeichnet: Madame Weshalb Hatte er wohl diese bedeutungslose Aufgrift unter die „gefühlvollen“ Episteln gelegt, hoffte er vielleicht, dag auf das Billet später noch ein Postitriptum folgen solle ? „Warum nicht, wie jene Devise lautete, deren vermwegener Salonismus Marcel ärgerte. Er fand sie geradezu herausfordernd, betrachtete sie aber wo immer, als wenn er dadurch den so geigmackvol frisirten Kopf hätte zwingen können, fi herumzutreien und ihm sein Antlig zu zeigen. Marcel Raymond hatte nämlich Madame 3... .noch nie gesehen. Jene Einladung, die er erhalten, galt einem Mittagessen, das die als ebenso „schön wie geistvoll gerühmte Dame zu Ehren eines au mit Marcel befreundeten Her­­ren gab, der am folgenden Tage eine Orientreife anzutreten beabsictigte, und fur dessen Vermitt­­lung eben­er eingeladen worden war. Leider wurde Marcel durch einen unvorher­ gesehenen Zufall verhindert, an jenem Diner theil­­zunehmen, und wollte sich deshalb durch eine Visite bei der Dame entschuldigen, die er längst schon persönlich kennen zu lernen gewünigt. Jedoch als mehrere Berfuche, Madame 3... . zu Hause zu treffen, vergeblich blieben, gab er sein Vorhaben endlich auf. Tortregung folgt. Ku

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