Oedenburger Zeitung, 1887. Juli (Jahrgang 20, nr. 147-173)

1887-07-01 / nr. 147

,;MLÅZFE.F".7-TTJT«:—"«—««·-·’«’-i-.«"(t"·53«s·! RE . - ,.. seifag, 1. Juli 1887 RETTET TITTEN Rt. 17 Be (0997 XX. Jahrgang. | az —­­edenburger Zeitung. (vormals „Bedenburger Hadric­hten“.) Organ für Politik, Landel, Industrie und Landwirt­schaft, dann für soziale Interesen überhaupt. Motto: „Dem Fortscritt zur Ehr? — Bebrühten zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gaffe.“ reg Bas Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn- oder Feiertag folgenden Tages. Pränum­erations: Preise: Eür Loco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 5 fl, Vierteljährig , »­­r., Monatlich ı fl. Bir Undwärth: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 7 fl., viertel­­jährig 8 fL 50 k. Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme vom Imiferaten, Pränumerations- und Infertionsgebühren, sind­en die Redaktion portofrei einzusenden, Administrasion, Verlag und Inferatenaufnahme: Sucdrakerei E, Nomtvalter & Sohn, Grabenrunde 121, WE Einzelne Rummern Rofien 5 Kreuzer. 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Aus­­wärts : Ganzjährig 12 fl., halbjährig? 17, vierteljährig 3 fl. 50 Er. — Das Abonne­­ment kand auch mit jedem anderen belie­­bigen Tage entirrt werden. Ren.­­ Das Kronprinzenpaar in Galizien. Oedenburg, 30. Juni. Noch in der Nacht vom 27. auf den 28. d. wurde längs der ganzen Eisenbahnstrece zwischen DO 8-­wiectim in Krakau, welche der Hofzug zu galiiren hatte eifrig gearbeitet. früh Morgens war die Dekorirung bereits vollendet. Ueberall war die feiertägig gekleidete Landbevölkerung mit der Geist­­lichkeit in großen Massen herbeigeeilt, um den vor­­überfahrenden Hofzug zu erwarten. Die Ankunft des fronprinzligen Paares an der galizischen Landesgrenze erfolgte am 28. d.­um 67. Uhr Morgens. Iun Osmwiecim wurden der Kronprinz und defi­ Gemahlin vom Statthalter Ritter von Zalessi und dem Landmarsgall Grafen Tarnowski erfurchtsvollst begrüßt. Auf dem Bahnhofe hatten sich die Ver­­treter der politischen und autonomen Behörden der angrenzenden Bezirke versammelt. Ebenso in Trze­­binia, wo der Hofzug gleichfalls einige Minuten hielt. So oft der Zug in Sicht kam, brach die Bevölkerung in enthuftastische Hochrufe aus. In Krakau langte das Kronprinzenpaar um 3 Uhr Morgens an. Auf dem Nordbahnhofe waren kurz­ vorher die Soigen der Regierungsbehörden, Die Generalität, die Deitglieder des Landes-Ausschusses, Deputationen vieler westgalizischen Bezirksvertre­­tungen und des Lemberger Gemeinderathes erschienen. ALS der Zug in die Halle einfuhr erfcholen jubelnde Zurufe. Bürgermeistr Dr. Szlactowsti überreichte der in aller Anmuth der Jugend er­­strahlenden Kronprinzessin ein herrliches Bouquet. Nach erfolgter Vorstellung der ammwesenden Hono­­ratioren hielt Landmarschal Graf Tzarnomsti an das Kronprinzenpaar eine Ansprache, in welcher er im Nam­en des Landes der Freude über den längst ersehnten Besuch Ausdruck gab. Kronprinz Rudolf erwiderte die Worte, auf die wir am Schluße dieses Auffages, in Kürze reflektiven, were­den. Die hohen Gäste bestiegen sodann die bereits gehaltene Equipage und fuhren unter Vorantritt des Bürgermeisterd dur die seitlich geschmückten Straßen in die Stadt. Bei der in der Nähe des Tlorianthores errichteten Triumphpforte trat der Bürgermeister vor und begrüßte das Kron­­prinzenpaar namens der Stadt. Hierauf wurde die Fahrt im Schritt entlang des Dichten Spaliers unter stürmischen Hochrufen bis zum Palais des Grafen Arthur Botocki, welches das Logis des Kronprinzenpaares bildet, fortgelegt. Kronprinz Rudolf und Kronprinzessin Stefanie [dienen vn, dem großartigen Empfange überrascht zu sein und wurden nir müde, nach allen Seiten Hin freundlich zu grüßen und zu danken. Die Eisen­­bahnen hatten zahlreiche Fremde aus der Umge­­bung herbeigeführt. Die Ordnung war indes eine musterhafte. Als ein bezeichnendes Detail verdient erwähnt zu werden, daß unter den zu den Empfangs­festliegkeiten hier eingetroffenen Fremden sich auch einige Mitglieder der Warschauer Geheimpolizei be­­finden, welche, wie verlautet, früher bei Ähnlichen Anlässen ebenfalls nach Krakau zu­sommen pflegten. I Botocki’schen Palais begann um 10 Uhr die Auffahrt der Deputationen. Hernach verließ das Kronprinzenpaar das Palais, um die historis­chen Denkwürdigkeiten der Stadt, darunter die Saloph­rde auf dem Wawelberge, wo sich die Gräber der polnischen Könige und der um Polen verdienten Männer befinden, ferner die berühmten Funftdenkmäler, die größeren Bauwerke ec., zu be­­sichtigen. Die vorberegte Ansprache des österreichisch­­ungarischen Thronfolgers Erzherzogg Rudolf, an den Führer der Deputation der Skhlachta, des polnischen Adels, ded Landmarschall- Grafen Zarnomysti, machte in ganz Galizien und überall wohin der elektrische Draht sie trug einen wahrhaft sensationellen Eindruck. Das war wieder eines jener, schart umrissenen, zündenden Worte, die der Kronprinz für eine bestimmte Situation zu finden weiß, eines jener Worte, die dem Gedächt­­nisse sich tief einprägen. Graf Tzarnomwestli hatte von der großen historischen Vergangenheit des polnischen Adels gesprogen und reichte daran den Ausdruch des unvergänglichen Dankes dafür, daß den Polen unter dem­ Szepter der Habsburger ihre nationalen Rechte wiedergegeben wurden. Das war der Inhalt der Ansprache des Führers, der polnischen Adelsdeputation. Die Geschichte anerkennt die ausgezeichneten Eigenschaften und die großen Zhaten vieler Mit­­glieder der polnischen Shlachta. Die Gedichte zeigt aber auch, daß das Beharren dieses Adels bei feinen Son­derinteressen eine der wesentlicsten Ursachen des Vorfalles von Polen war. Der Staat kam vor dem Adel nicht zur Geltung, der Adel unterwarf nicht blos das DVBoLf seiner Herrschaft, er­ drückte auch die Krone zur Machtlo­­sigkeit herab. Der Adel hatte ausschließlich Jeuilleton. Im Sampfe um das Dasein. Eine Keine Erzählung aus dem Leben von Ed, Wenarai. (Hortfegung.) E83 muß also doch wohl Anna irgendwo und­­ irgendwie gesündigt haben. Na fie, sie ist die Rechte, der man dergleichen nachsagen könnte! Seit ihrer Verheirathung hat sie si ein einziges neues Kleid angeschafft, und auch da hat sie den Rad selber angefertigt und nur das Leibchen von einer Nä­­herin machen lassen. Kr­au — e8 wäre lächer­­lich davon zu reden. Die paar Ellen armseliger Soigen, die er ihr einmal­­ geschenkt hat, hütet sie wie einen Schag. Er ist noch fein Zentimeter davon verloren gegangen. Die Seiden und Sammt­­bänder, die sie aus dem Elternhause mitgebracht, leben unverwästlt fort, und auch an ihren Hand­­schuhen scheint das Gejet von der Vergänglichkeit alles Freischen zu Schanden zu werden. Bei Gott, er kann sich der Rührung nicht ermwehren, wenn er im Geiste die Toilette seiner Frau vor Augen sieht. Jeres Stüdk davon ist ein Denkmal selbst- Loser Bes­eidenheit, peinlicher Nettigkeit, bereinen­­der Umsicht. Jede Rüfe­ hat ihre wechselvolle Ver­­gangenheit. Weandher gesu­chte Belag könnte von den erstaunh­aften Kunststüden: erfinderischer Ar­­muth Kunde geben. Und wenn die Buffenschleife reden könnte, die eine Durch das Wegen am der scharfen Miederspange schliffig gewordene Stelle des dünnen Kipestoffes verdeckt, sie würde einen Roman von grausamer Nealish­t erzählen. Kein! Anna ist huldlos. Für sich wenigstens gibt sie nicht zu viel aus. D Vielleicht für die Kinder ? Er schüttelt den Kopf. Die Kleinen gehen immer sauber gefleidet, aber gewiß nicht geziert, gewiß nicht überladen. Und sol er das Liebste, was er besigt, soll er sein eigen Fleisch und Blut wie Bettlerzangen in Zumpen herumlaufen la­­fen ? . Er sinnt und sinnt, Sit seine Wohnung zu geräumig, zu theuer? Ein Treined Kabinet für Die Kinder,ein noch Meineres als Schlafgemach für ihn und Anna, ein mäßig großes Zimmer, eine winzige Küche — das­st Alles. Das Zimmer wäre, wenn er durchaus sein müßte, zu entbehren, und doc — er kan nit darauf verzichten. Wenn ein Kollege ihn befugt, kann er den Gast da unmöglich in der Schlafstube empfangen. Ya, wenn er nicht Beamter, wenn er ein Handwerker, ein Taglöhner wäre! Die haben es besser, Die brauchen sich um die Welt nicht zu kümmern, die feinen feine Res­präsentationspflichten, die fragen den Teufel, ob sich etwas fhicht oder nit? Auch theuer it feine Wohnung, "er "muß 88 zugeben: Dreihundert Gulden — ein Viertel seines Einkommens ! Aber er hat umsonst gesucht, eine billigere ausfindig zu machen. Sa, das Leben im der Großstadt it fost­­spielig und die Herren im Parlamente, statt es wohlfeiler zu machen, finden nur neue und immer neue Steuern aus. Wenn er berechnen molte, welcher Bruchtheil des Geldes, das ihm und den Seinigen zur Fristung des Daseins dienen soll, in den bodenlosen Staatsfädel fließt, es gäbe eine Ziffer —! Doch es ist Ihörchht, darüber ein Wort zu­ verlieren. Das ist ja nicht zu ändern. Gibt es also in der Kette seiner wirthschafte­n­den Auslagen nicht ein einziges Glied, das er entfernen könnte? Ist dieses eherne Band wenn wirklich unzerzeigbar ? Halt! Wieder fliegt ihn eine Selbstauflage dur den Kopf. Wie steht es mit Speise und Trank, der wichtigsten Rechnungs­­post seines Budgets? Wir nähren uns vielleicht zu gut, denkt er, und prüft mit einer bis in’3 Kleinste gehenden Genauigkeit Mahlzeit für Mahlzeit, jeden Biffen, jeden Schlud, der in seinem Hause gewoffen wird. Er vermag nichts Ueberflüssiges zu finden. Die Kost it einfach und nahrhaft, von Ledereien seine Spur, Bier gibt es nur am Sonntag, Wein nur bei festlichen Gelegenheiten. Auch hier ist nu­r zu bemängeln, auch hier weiß er nicht, wo und wie man si einschränfen künnte. Soll er in seinem Hause so weit kommen, daß man sich Entbehrungen auferlegen, daß man dem Magen das Nothwendigste versagen müßte? Wenn auf den Wangen seiner Kinder die gesunde Nöthe einer Frankhaften Bläße wide, würde er die Last solches stummen V­ormwurfes ertragen können?...... Er preßt die Hände an die flopfenden Schläfen, er knirfht mit den Zähnen und drüht frampfhaft die Augen zu, als wollte er dem Anblld eines düsteren Bildes entgehen, das drohend vor ihm emporsteigt . . » Sie wollten jährlich ein Lümmchen zurüde legen, so hatten er und Anna sich es einst vorge­­nommen. Aber das war nur in den­ zwei ersten Jahren möglich. Seither hatten sie verbraucht, was da war, und als die kleine Elite die Blattern des kam, ging auch der solglich gehütete Sparpfennig in Pillen und Pulvern auf. (Stu folgte N­en ie ie

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