Oedenburger Zeitung, 1888. August (Jahrgang 21, nr. 176-200)

1888-08-01 / nr. 176

·»«.«.4««""«2’--J-’«"«««·«VI!:s ». a v We . a SOOES0 9. «­­nburgerZei (vormals „Oedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirt­schaft, dann für soziale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Forttritt zur Ehre? — Beprücten zur Wehr? — Der Wahrheit eine Gaffe.“ 8­­. Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn oder Feiertag folgenden Tages. Y Pränumerations-Preise: Für Loco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 5 fl., Vierteljährig fl. 50­ fl., Monatl­ 1 fl. Für A­uswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 7 fl., Viertel­­jährig 3 fl 50 fr Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränum­erations- und ufertionsgebühren, sind an die Nedaktion portofrei einzusenden. Suchdenkerei­­. Nomwalter & Sohn, Grabenrunde 11. Administration, Dek­an und Inseratenaufnahme: KK Einzelne Nummern Rotten 5 rer. u Inserate vermitteln: In Wien: Hafenstein & Vogler, Walls­pielgasse 10, A. Oppelit, ı., Stubenbastei 2, Heinrich Schaler, 1., Wollzeile 12, I. 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Juli. Ehen jährt e8 fi zum zehnten Male, das wir (laut diplomatischer Artenstünde) aus purer Ge­­fälligkeit (!) für den Badischah in Stambul, die politisch-pädagogische Mission in Bosnien und in der Herzegowina angetreten und bei der dor­­tigen Bevölkerung die zivilisatorische Arbeit begonnen haben. &3 ist auch nicht mehr als billig (!) daß wir den etwas verrohten, von dem Geiste der Beit weit überholten Unterthanen Seiner Majestät des Sultans die Bahnen moderner Kultur anlegen, damit sie si dann — auf dieselben einmal gebracht — rüstig selber forthelfen und vielleicht wenn die Türkei eine­r Verstärkung seiner zur Zeit nach spär­­lichen intelligenten Elemente gegen Oesterreich-Ungarn ausspielen sollte wollen, sie doch auch geistig ent­­wicklte, gebildete Leute, die auch mit den Fort­­schritten der Technik vertraut sind, zur Verfügung habe. Dafür hat fr Oesterreich-Ungarn engagirt, hat mit großen Kosten seinen zivilisatorischen Apparat in den offupirten Ländern aufgestellt und liegt nun eifrig dem Hehren Amte, die Unwissenden zu unterrichten ob. „Natürlich“ — so wird der in die bestehenden Verhältnisse nicht tiefer ingeweihte fragen — „natürlich findet diese Aufopferung auch den ihr gebührenden Lohn? Die Hohe Pforte zahlt gewiß einen angemessenen Preis für die nun abgelaufenen zehn Jahre der zivilisato­­rischen Arbeit Oesterreich-Ungarns, welche ja nit nur mit Mühen, s sondern gewiß auch mit Kosten verbunden war ?“ Mit­nichten! der Sultan denkt natürlich nicht, daran die ungebetenen Zivilisatoren schadlos zu halten, denn er sagt: „Te pflegen ja meine Kühe nur, um sie selber zu helfen“ und die Bosniaken und Herzegowzen zahlen erst recht nichts, denn das fremde Regime, dessen Segnungen sie noch lange nicht begreifen, hebt ihre f­räftigeren Söhne zum Militär aus und besteuert ihren Erwerb in kaum geringerem Maße als es der türk­sche Oberherr gethan hat, der doch wenigstens eines Glaubens mit ihnen und stammverwandt war. Man wird vielleicht sagen: „Nun ja, wenn unsere Regierung in Bosnien und der Herzegowina die Steuern einhebt, so hat sie ja gleichsam die Entschädigung für die Kosten der gouvernementalen Einrichtungen, die sie geschaffen hat.“ Diese An­­nahme ist aber so vexatorisch wie der Aufschluß jenes Schullehrers war, als ihn einer seiner kleinen Zuhörer fragte, „wozu denn der liebe Gott die vielen Mücken und sorstigen Insekten geschaffen habe, die Einem den Aufenthalt im Freien verleihen ?* „Ei, damit die Schwalben ein Futter haben“, verseßte der würdige Präzeptor. „Warum aber sind denn die Schwalben da, wir essen sie nicht, sie dienen den Menschen zu gar nichts und erfreuen nicht einmal durch Gesang oder Farbenpracht des Gefieders ?“ meinte hinwieder der vorwißige Frager. — „Dum­­mer Junge — schloß peremptorisch der in die Enge getriebene Lehrer „die Schwalben sind dazu da, um die lästigen Miüchen und Imsekten zu vertilgen.“ — Geradeso verhält er sich mit dem Steuererträgniß in Bosnien und in­ der Herzegowina: wir sprechen dasselbe an und treiben es mit aller Energie ein, um wenigstens einigermaßen auf die Kosten der dort auszuübenden zivilisatorischen Arbeit zu kommen, und verrichten diese wieder um ein Steuererträgniß herauszuschlagen. Mit einem Worte : die Verwaltung der offupirten Länder wird in neuester Zeit halb und Halb vom Ertrage gedecht; aber auch­ das erst im neuester Zeit, früher waren die hier mehr genannten Gebietstheile passiv. Das aber — nämlich daß gemüthlich Null von Null ausgehe — fan unmöglich Ziel und Bwed unnserer selbst übernommenen Mission sein, wir werden früh oder später doch die Ossupation zu einer Annexion machen; denn nur die Ge­­sammtheit der Mächte konnte erklären, daß wir die uns im Berliner Vertrage auferlegte Pflicht im Nordwesten der Balfan-Halbinsel erfüllt hätten, und und dann über Save und Unna zurückimplimentiren zu dieser Gesammtheit aber gehören auch wir, die wir seine Neigung verspüren, die großen Opfer vergebens gebracht zu haben und uns aus der theuer erfauften Position selbst heraus zu werfen. Und unsere Monarchie ist als Mitglied des Frie­­densbundes nicht isolirt, würde also niemals die Stimmen aller Mächte gegen sich haben. So ist denn gar nicht abzusehen, daß jemals wieder Bos­­nien einen europäischen Areopag beschäftigen werde. Die bosnische Frage hat aufgehört, eine europäische zu sein, ist eine rein interne österreichisch-ungarische Frage geworden, an die wohl fremde Zeitungen, nicht jedoch fremde Diplomaten rühren könnten. Das ist an sich wohl ein unschägbarer, in der kur­­zen Frist von zehn Jahren errungener Erfolg, wie solchen selten sein Land aufweisen kann, wir müssen ihn aber auch je eher voll und ganz auswügen : Rusland it aus Bulgarien heraus gedrängt, ein­­ © Feuilleton. Berlaffen. Von Maria Antoinette von Marfovica. ««" . Nachdruckverboten. 3"Ts" ’­.(Fortstützung.) ' Eben’ Hatte­­der Küster eine Banje gemacht, ‘da teicten einige Mädchen zur Seite und Niklas Semper, des­ Schuldieners Sohn, deutete mit dem Finger auf das etwas hochliegende Fenster: Da schaut einer herein — —!“ Aller Augen‘ wandten sich dem ‚Fenster zu, an dessen Scheiben­­ plattgedrückt das Antlig eines Knaben erschien ; doch nur eine Minute, denn plöß­­ihh vernahm man "scheltende­ Worte, die rauche Stimme des Schuldieners, die da rief: „Hab ich Dich, endlich, Schlingel!? Die ganze Woche wundere ich mich schon, wer da die jungen ,mit Stroh ummwndelten Weinreben beschädigt ! Also Du steigst da herauf und machst meine Mühe zu Schanden. —?" .­­... Darauf vernahm­­ man eine bittende Stimme. „Nichts da — rief zornig der Schuldiener — exemplarische Strafe muß sein! Herein mit Dir zumederrn Küster !“ Heinz Töpfer hatte s­chon die Stube verlassen, und begab sich in den spärlich erleuchteten Haus­­tur. Dort hielt der Schuldiener einen schlecht ge­­kleideten Jungen fest, dessen Gewand total durch­­näßt, durch­ das unfreiwillige Bad im Straßen­­moraste nichts gewonnen hatte. Er war ein Knabe von vielleicht erst Jahren, etwas blaß und schmächtig und durch die unange­­­­nehme Lage heftig erschreckt. Sein langes fraufes Haar fiel in schwarzen Strähnen durchnäßt in die Stirne, dafür blieten die braunen Nehaugen ganz treuherzig in die Welt. Der Küjster, ein Kinder­­freund, gab sie Mühe, böse zu scheinen. »Was machst Du denn auf meinem Wein­­spalier,kleiner Taugenichts?Ist das ein Wetter und eine Stunde,um den Leuten in die Fenster zu schauen?« . »Ich——ich bin ja nur gekom­­en,um die Musik und Sie spielen zu hören!« Der Küster mußte unwillkürlich lachen. »Und darum ruinirst Du mir meine Reben, Du Spitzbub?« Der Junge hielt schüchtern feine nasse Mütze zwischen den Händen. »Seien Sie nicht böse,Herr Kafter,früher konnte ich von Apothekers nicht fort und ich höre doch so gerne hierzu,wenn Sie Geige spielen. Das klingt viel schöner,als bei den Marktmusikanten!« Nun lachte auch Semper,der Schuldiener. .,!sieh mal Einer!Du bist ja ein verflixt gescheidter KritikusZ Das ist ja,wie ich jetzt sehe, der alten Wildenstein ihr Findling—­—« Der Küster besah sich den Jungen nun näher. Das hübsche, aufrichtige Gesichtchen gefiel ihm. Er wirfte dem Schuldiener: „Na, Semper, lasse Er’S nur, diesmal gut fein! Komm’ herein in die Küche. Bist ja total naß und e3 Klappern Dir die Zähne — vor Furcht oder Kälte ?“ „Bor Kälte,“ sagte der Junge, und wilchte die nac­en, schmusigen Füße auf dem Tuchfleden ab, der am Eingange lag. Wie heißt Du denn? Und wer ist Dein Bater ?“ Das Kind senkte den Kopf. Offenbar machte­­ diese Frage traurig: „Eugen heiße ich. Ich Habe nicht Vater, nicht Mutter! Die Ziehmutter fand mich. Num bin ich bei ihr und helfe: verdienen. Aber — Geige spielen möchte ich lernen — so­rchön, so, wie’s man gar nicht jagen kann ! Herr Küster, lehren Sie mich doch spielen!“ Heinz Töpfer sah erstaunt in das bleiche Ge­­sicht, in welchem die Augen heil aufleuchteten und ihn flehend anschauten. „Bitte, bitte!“ wiederholte der Knabe. „Ich will auch ganz brav sein und in der Küche helfen und thun, was Sie befehlen mich die Geige spielen !“ Der Küster niete. „Nun denn, ich will’s mit Dir einmal probiren. Aber wenn Dir nicht fleißig bist — das jage ich Dir gleich! — Dann fommst Du mie nicht mehr über die Schwelle! He, Dörthe!" — sie traten jegt in die Küche — „gib Sie dem Jungen einen tüchtigen Teller Mehl­­drei! Und­ morgen Nachmittag — "8 ist Sonn­­tag — da fomme zu mir, wenn die Kirche vorüber !“ „Ach, Herr!“ — jubelte glückstrahlend der Knabe; Heinz Töpfer war aber schon zu seinen „Dompfaffen“ gegangen. Von da an kam Eugen, gewaschen und ge­­lämmt, mit gestopften und geflicten Kleidern, täg­­lich in die Stunde, und er war zum Staunen, wie weit er’3 in einem Monat schon brachte. Er stehte ein eigenes Talent in dem Jungen. Der Pfarrer­­ D, bitte, Tieber — nur lehren Sie EN 3 Bee in ai

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