Oedenburger Zeitung, 1888. September (Jahrgang 21, nr. 201-225)

1888-09-01 / nr. 201

RL ERST 5 ng. (vormals „Diedenburger Nachrichten“.) Organ für Politik, Sonder, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interesen überhaupt. ee „Dem Fortferitt zur Ehre? — Bebrühten zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gaffe.“ Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn- oder Feiertag folgenden Tages. Y Pränumerations-Preise: Für Loco: Langjährig 8 „fs Halbjährig 5 fl., B Vierteljährig 'Monatlich 1 fl. Für Auswärts: Langjährin­nen fl., „pathiäpeis 7 fl., Viertel­­jähri . Alle für das Blatt Besimmte­n Sehkkngen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations- und Infertionsgebühren, sind RB au­ch die Redaktion portofrei einzusenden. Administration, Merian und Inferatenaufnahme; Suchdrukerei &. Nomtvalter , Sohn, Grabenrunde 121. Einzelne Nummern Rosten 5 Kreuzer. I­nferate vermitteln: In Wien: Hafenstein , Vogler, Wal- Ringel 10, A. Oppelit, ı., Etubenbastei 2, Heinrich Schaler, olfzeile 12, U. anofle, "Seilerstätte 2, MM. Dates, ı., Nies­mergaffe 12, Fn Budapest : Saulus Sn. Dorotheagaffe 11, Leop. Yang, Gisellaplag 3, A. B. Goldberger, Bervitenplaß 3 Insertions:Gebühren: 5 fr. für die ein=, 10 fr. für die zweis, 15 fr. für die drei=, 20 fr. für die vierspaltige und 25 fr. ‚für die durchlaufende Petitzeile evclusive der Sc­hüler von 30 fr. bei mehrmaliger Einschaltung bedeutender Rabatt. Das Postament Tipa’s. Dedenburg, 31. August. Nunmehr, da leider der ungarische Unter­­richts- und Kultusminister August von Trefort nicht mehr unter den Lebenden weilt, ist der legte der Minister Ungarns dahin, dessen Negierungsalter jenem unseres Ministerpräsidenten einigermaßen nahe­kam. Je anderen Ministerien sind seit Tipa’s Staatslnfung größerem oder geringerem Personenwechsel ausgelegt gewesen und die Chefs derselben erfreuten sich nur einer vorübergehenden Herrschaft. Konstant it nur Tipa’s Regime und­­ beharrlich behauptet er seinen hohen Standpunkt, aber das Pofjtament Tipa’s, so feit gemauert , auch ist, Hat einen verhängnißvollen Ritt: die Korruption. Die von uns gestern berichtete Brief-Affaire, woraus die saubere Enthüllung möglich wurde, daß ein Gutshesiger, der eitel und titelsüchtig ist, neun Stück Tausender auf den Tisch legen mußte, damit ihm der Adel verliehen und der Betrag von 9000 Gulden für die Wahlbestechung zu Gunsten eines Tiga’schen Mameluten verwendet werden künne, das ist nur ein eflatantes Beispiel unter vielen, womit hierlands die Unerschütterlichkeit Tiga’s zu Stande gebracht wird, die aber vor dem Forum der Moral absolut seine Vertheidigungsrede erwir­­ken könnten. Es ist ein großer Fehler,­ wenn man bei Bolfswahlen, gleichviel ob es sich um P­arlaments­­oder Gemeindevertretungen handelt, nur immer das rein politische Moment ins Auge faßt, nur immer den Einen Umstand in Erwägung zieht, inwieweit die einzelnen Parteien durch die Wahlen gewinnen oder verlieren. Die Wahlen und die Wahlbewegun­­gen sind ein Spiegelbild für die Zustände eines Landes und einer Nation. Die Diskussion der öffentlichen Angelegenheiten soll den Volkssinn heben, soll das Volfsurtheil schärfen, und vom Par­­lamente aus soll die Nation erleuchtet und aufge­klärt werden. Machen­ sich Erscheinungen bemerkbar, Die auf das Gegentheil Hinweisen, dann ist es eine dringliche Aufgabe, an die Verbesserung der allge­­meinen Zustände zu denken. Die Wahlkorruption der alten Zeit, wo nur wenige Länder Parlamente besaßen, war verdammenswerth; die moderne Korruption ist noch viel s­chädlicher in ihren Wir­­kungen. Der ganze Gang der öffentlichen Angelegen­­heiten wird dadurch beeinflußt, das öffentliche Leben dadurch eines Theiles seiner Wohlthätigkeit beraubt. Der alte Staat hatte es nicht in seiner Macht, den Geist der Unabhängigkeit vollkommen zu vernichten ; in der Gegenwart ist es aber schwer geworden, eine unabhängige Ueberzeugung festzuhalten, und noch schwerer, sie zur Geltung zu bringen. Der Terrorismus der Partei verhindert Die Negungen einer zielbewußten Opposition und baut unentwegt an dem Postamente des Herrn und Meisters. Zu allen Zeiten war es der Beruf der O­pposition eine Besserung herbeizuführen. Je eifriger sie ihre strategischen V­ort­eile auswügte, umso sicherer war ihr der Erfolg. Heutzutage führt sie aus, daß Wohldienerei und Bestechlichkeit, Gewalt­­maßregeln gegen Staatsbeamte und Intriguen gegen Furchtsame das Fundament bilden, worauf Tipa’s Macht sich beharrlich breit machen kann; aber man erzählt uns nichts Neues, daß die offene Brief­­tasche bei den Wahlen das zuverlässigste Argument zu Gunsten der Wahl des Regierungskandidaten it. Liedermann nennt das Geheimniß, Jeder weiß, wie es mit diesen Dingen steht, und die Parteien in den meisten Ländern haben in diesem Punkte sich einander wenig vorzuwerfen.­ Der Skandal it das Schlechteste Mittel, um die Welt von Korruption zu reinigen. Nicht damit allein, daß­ sie Andere anfragt, wird eine Opposition siegen, sondern indem sie in sich selber das öffentliche Lob und die all­­gemeine Anerkennung erwirbt. Gelingt ihr das, dann kann sie zukunftssicher auf den Schauplat treten, und die Korruption wird verschwinden im Sonnenlichte neuer­­ und großer Ideen und zer­­brödeln wird von selber das jegige Bosttament Tipa’s. Am 14. Oktober soll der ungarische Reichs­­tag wieder zusammentreten. Bis dahin wird Herr v. Tißa zwei Bortefeuilles zu beseßen haben, und außerdem ein drittes, welches schon seit langer Zeit rasant ist und das von der größten Wichtigkeit ist, dasjenige des Innern. Als Herr dr. Tiha die Fi­­nanzen übernahm, dachte er selbst wohl nicht daran, daß er an der Sache so viel Geschmach finden würde, er dachte vielmehr so bald als möglich wieder zur Verwaltung zuri­zukehren. Das ist nun vorüber. Er wird leider dauernd das W­ortefeuille innehaben, dem er jet vorsteht und wird die frei­­gewordene Stelle endlich doch bejegen. Drei der wichtigsten Nestort3 wären also zu versorgen : Kultus und Unterricht, Inneres und Handel. Wenn Herr v. Tipa bei der Wahl seiner Mitarbeiter wieder ganz den eigenen Eingebungen folgt, so wird der Reichstag bei seinem Zusammentritt ein ganz neues Kabinet vor sich finden, ein S Kabinet, das noch stärker ist, als das ehemalige, in dem es vorzugs­­weise einen „Eranten Mann“ gab, den Grafen Szechenyi. Befindet Herr v. Tipa jedoch dies­­mal weniger zutreffenden Zuktritt, als er seinerzeit bei der Wahl der Herren Baroj3 und Fabinyi an den Tag legte, die sich beide glänzend bewährt haben, obgleich die gesammte aristokratische Gesell­­schaft sie nicht haben mochte, so wird das Kabinet selbst am ersten und am meisten darunter leiden. Wir wiederholen was wir schon im Eingange zu diesem Aufjage bemerkten, daß von den Männern, die einst mit Tiba zugleich ins Amt traten, jeit sein einziger mehr im Kabinett jißt, seitd­em Trefort geschieden.Alle sind gegangen — Tißar allein‘ ist geblieben. Eine, ganz neue P­arlaments- und Ministergeneration ist erstanden ; nur das Haupt der Negierung ist das alte. Da mag Herr v. Tipa sich wohl sagen, daß Sein Sla­­binet einer Zuführung von neuem kräftigen Blut bedürftig sei, soll es endlich einmal damit beginnen, wirklich im Interesse der Rolfswohlfahrt und nicht der eigenen Machtstellung zu arbeiten, wie jene Regierung, die bisher unter wechselnden Ge­­bilden nur für sich selbst und den M­­ister Tipa a Feuilleton. Eine Bestattung am Burgfall. — Vor 2000 Jahren. — (Nachdruck verboten.) (Alle Rechte vorbehalten.) (Fortlegung.) 11. Die Leichenbestattung. Der Morgenstern war noch nicht verblichen, als der ernste Ruf des Hornes dreimal in langge­­dehnten Tönen erklang, die Thäler zum traurigen Echo erwedend. Und abermals ertönte das Horn, dreimal die Wälder durchblaufend, zum Zeichen, daß Taranı noch ein Leben gefordert. Die zarte Knospe, die Balla dem Leben gespendet,­­ war noch im Laufe der Nacht verblichen. Da strömte das Volk zu dem Pfahlbau des Häuptlings seine Befehle erwartend, die Leichenfeier würdig zu begehen. Veromand aber erschien vor dem versammel­­ten Bolfe. Set war er wieder blendend zu schauen. Wollte er dos Zeugniß geben, wie j­ener Balla seinem Herzen gewesen. Die Loden bededt ihm der Streithelm aus Bronz, goldig erglänzend im Strahle der Sonne; Schlnmmerndes Erz umhüllt die Brust, beflittert von edlem Gesteine; ein Mantel ummogt die hohe Gestalt, über den Schultern sicher gesteckt durch den Dorn kunst voll gewundener Nadelt,Funkelnde Reifen,feingekerbt und durchstochenmu spannen die entblößten,furchtbar kräftigen Arme,während die­ Füße knotig verzierte Ringe umfassen.Also stand er in ruhiger Hoheit und zum Volke sich wendend,begann er mit weit über den Plan hin tönendcht immer.Tarann hat es gewollt mein Liebstes zu sich zu bmlfen,doch weiß ich,daß sie mir ewig vereint bleiben­ wird.Nehmet das Beste von meinen Herden,ihren Manen zu opfern!Euch aber ihr Männer sei der belebende Trank des Wälschen gewidmet,welchen er kü­rzlich zum Tausche für Gefangene gebracht. Du aber Töpfer, lasse Deine Hand das Boll­­endetjte bilden, wirdig die Aiche meiner Lieben zu bergen. Forme aus Thon die zierlichste Schale mit zweifachen Henfel, gemshornartig gewunden ; denn wie der Gemse, so fein war V­alla’s Gestalt, so leicht ihr Tritt; reiche dann nahe dem Boden, seitwärts der Wand, dreimal 7 Pferlen zum Seife geschlossen, denn so viele der Sommer Hat ihr Zarann vergönnt, erhebe dann die Mitte des Bo­­dens dreimal zum Hopfen, zeichens wie viel Jahre sie mich beglückte. Bilde dann zweimal den Wir­­tel zierlich aus Thon, denn nicht ihres Gleichen fand sie im Spinnen. Du, aber Mann der Esse, erzeuge aus neuem Erzen­ die längliche Nadel, den gefnoteten Halsring und die feinen Spangen, daß mit sie im Sreije der Seligen würdig ersc­heine!“ Alle Veromand. Da theilte sich das Volk, den Willen des Fürsten zu erfüllen. Einige gin­­gen zu den Herden, das Beste zu wählen, andere holten das feurige Na Herbei,, während die Wei­­ber den Weisungen Artebla’S gehorchend, die Bahre bereiteten. Indessen ging V­eromand, von Dacorir und Karnut begleitet, zum frühlichen Thore des Exd­­walles hinaus auf das Feld der Todten, welches mittagswärts vom Berge lag. Schweigend schritten sie an den Hügeln der Ahnen vorbei, eine mächtige Eiche gelangten, die weit ihre Reste schirmend verzweigte. „Das sei die Stätte,­­wo Balla und ihr Kind ruhe!“ Hub Beromand an: „Der heilige Baum wache über sie, und in dem Rauschen seiner Blätter will ich fürder ihrer Stimmen laufchen. Nım walte Deines Amtes Dacorig!” " Da zog der Druide mit dem geweihten Stabe, in dessen Ende die Soige eines Feuersteins einge­flemmt war, dreifach den Kreis im Schatten der Eiche, wobei er melte. (Fortlegung folgt.) #) Eilen. stets Sprüche vor sich her mur­ bis fie an - *) Fibula, gleicht unserer Sicherheitsnadel, nur sind sie überaus funftvoll gearbeitet, mitunter mit Steinen belegt, i wie die von mir am MWienerberge gefundene. (Städtisches Museum.) x.- F N RE HR DR

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