Oedenburger Zeitung, 1889. März (Jahrgang 22, nr. 50-75)

1889-03-01 / nr. 50

-’«-.:skXIHTWDWUY»ITlf E E Hi ’. W , -»««—,.­­...»—...-·.,4 RETTET 2 R Ra ES Zar BETEt RR 5 es noch ungeregelt sind. E&s wird nicht gut möglich sein, daß das Ministerium Christies, welches sie auf seine Partei zu fragen vermag, der radi­­kalen Majorität der Stupichtina gegenübertrete; andererseits scheint wieder ein unheilbarer Bruch zwischen dem Throne und den Radikalen eingetreten­­ zu sein. Die Ursache de Zerwirfnisses ist nicht bekannt. Die Meldungen von einer gegen den König gerichteten Verschwörung der, seitens Ruß- Yands mit Geld versehenen, Radikalen haben sich nicht bestätigt. Vielleicht wollen die Leteren nicht wieder darauf verzichten, die auswärtige Politis nach ihren großserbischen Ideen zu leiten. Nijtics, sonst seineswegs portefeuillefchen, hat die Ueber­­nahme der Kabinetsbildung abgelehnt, weil auch er überzeugt ist, die radikale Majorität nicht meistern zu künnen. So bleibt die Kabinetsfrage in der Schwebe — ein peinlicher, den panslavistischen Agitationen günstiger Zustand, den nur die von Milan I in noch ernsteren Stunden erprobte Weisheit und Energie ungefährlich erscheinen lassen. Auch in Bulgarien sind Schon einige Früh­­lingsvorzeichen zu spüren. Die Opposition regt Ti­. Banfoff, das greise Haupt der russtischen Partei, hat Petersburg verlassen, nachdem er vom Staren empfangen war und die Versicherung erhalten hatte, daß Nurland einen neuen Bulgarenfürsten in petto habe. Vorläufig braucht der Koburger diesen un­­bekannten Nebenbuhler nicht zu fürchten; er hat vielmehr die beste Aussicht auf weitere Befestigung seiner Position. Der Liebesfrühling de Battenberger, den ihm die Wolfinger ers­­chlossen zu haben scheint, zwingt den Fürsten auf jede politische Rolle zu verzichten und nicht mehr wirft der Sieger von Slivnika einen Schatten auf die Regierung Frdinands . Aber wachsan­d muß unsere Monarchie die Entwickklung der Dinge in Bulgarien wie in Serbien verfolgen; vor Allen muß sie auf Rumänien Acht geben, welches, als einzige Brüche Rußlands nach der Balkanhalbinsel, ‚jeht das vornehmste Objekt der russischen Mintz­­kunst ist. ‚Die Enquete über Arbeiter-Kammern. Wien, 27. Februar. Gestern wurde hier die Arbeiter-Exper­­tije geschlossen. Den Gegenstand der Berathung bildete die Kompetenz der geplanten Arbeiter- Kammern. Diesbezüglich brachten die Experten­­ fast ausnahmslos zahlreiche, mitunter weitgehende Wünsche nach Erweiterung der Kompetenz vor, inden­ sie dringend an die Abgeordneten appellirten, die Expertise möge nicht resultatios verlaufen und den Wünschen der Arbeiter möge thunlichst Rech­­nung getragen werden, wobei einer der Experten andeutete, daß im gegentheiligen Falle die Arbeiter den Einladungen zu Expertisen seine Folge leisten dürften. Die vorgebrachten Wünsche bezogen sie auf Herablegung der Altersgrenze für das aktive und passive Wahlrecht, auf die Ausdehnung des Wirkungskreises der Arbeiterkammern, auf Schiedsgerichte mit dem Rechte der Urtheilsero­­lation, ferner auf Unterstüßung der Gewerbe-In­­­pestoren bei der Weberwachung der Durchführung der Gewerbeordnung, auf Vornahme von Erbes bungen behufs Anlegung einer Arbeiterstatistik, auf Festlegung eines Minimal-Lohnes und schließlich auf Ertheilung der politischen Rechte an die Ar­­beiterkammern. Vor der Beendigung der Expertise, in deren Verlauf die Experten wiederholt gegen­ein­­ander polemisieren, erklärte Uhlrich im­ Namen seiner dreizehn Genossen, daß sie prinzipiell für die Arbeiterkammern sind, den vorliegenden Geiäßent­­wurf aber weder politisch, noch wirthschaftlich aus­­reichend finden, worauf Obmann Adamer seinen Dank den Experten für die umsichtige Leitung aus­­sprach. Der Obmann schloß die Ex­pertise mit der Betonung des guten Willens des Ausschusses, alle aufgetauchten­ Momente möglichst zu berücsichtigen, ferner mit dem Hinweis auf die vorgenommenen Meinungsverschiedenheiten und der daraus fließen­­den Nothwendigkeit verschiedener Kompromisse. Die Erzielung des sozialen Friedens werde im allge­­meinen Interesse von allen Parteien gleich ehrlich angestrebt werden. In einem Wiener Schachfluch haben sie ein Testspiel veranstaltet, würdig der ernsten Center, welche diesem Klub angehören. So wurde ein Schachspiel mit lebenden Figuren durchgeführt. In Indien sollen ein König und der Häuptling einer mächtigen Sekte in ähnlicher Weise gespielt haben — mir daß es sich dort für die armen Figuren um Tod und Leben handelte, Schach und Matt — & ist ja das Spiel des Lebens, das hier seinen legten Nefrain spricht. Aber so verwidelt die Räthjel des Schach­­brettes sind, so sind sie nichts gegen die Räthjel der sozialen Frage. Hinten an der Ede steht die Kon­­kurrenz als schwerer, auf dem Elephanten ruhender T­hurm; die Spekulation überlegt die Felder mit der Gewandtheit des Springers; der Unterneh­­mungsgeist beherrscht die langen Linien wie der Läufer ; und der Großvezier, jebt Königin genannt, ist der Egoismus, der das Kommando führt. Vorne aber stehen die Arbeiter an das Massenaufgebot im wirthschaftlichen Wettstreite. Der König re­­präsentirt die Humanität; sie aber macht die klein­­sten Schritte und muß am sorgfältigsten bewahrt werden. Die Konkurrenz zwingt den Fabrikanten zur wohlfeilsten Erzeugung ; Spekulation und Unter­­nehmungsgeist liefern die Arbeit für die Arbeiter, geben das Brot. Aber die Lohnerhöhung liegt im Sttereffe der Arbeiter, obgleich dadurch die Möglich­­keit der SKonfurrenz beeinträchtigt und möglicher­­weise auch die Arbeitsthätigkeit eingeschränkt würde.­­ steht man vor dem Spiel der Gegensäge, und diesede Spiel ist schwerer zu bezwingen, als die Probleme des Schachbrettes. Da stehen die Meister des Spiels, und es gilt eine hohe Wette. Die Arbeiterbewegung schiebt das Bürgertum und hat den Fortschritt des Frei­­heitsgedankens wesentlich beeinträchtigt. Die konser­­vativen Parteien möchten die Arbeitsbewegung gänz­­lg für ihre Zwecke auswügen, und so entstehen ganz eigenthümliche Programme und ganz eigen­­thümliche Verbindungen. — Sie wird sterben ; die Doktoren haben sie aufgegeben. Ich muß zu ihr. — Woher weißt Du­­? — Vom Vater diesen Zettel. Lies! „Giusep­­pina ist an den Blattern erfrankt. Seit vorgestern spricht sie nur von Ihnen! Wenn Sie das arme Kind noc einmal sehen wollen, so kommen Sie Abends !* Unsere Barfe flog über den Wasserspiegel. Wilhelm schien ein Niese an Kraft, er­ ruderte Schneller wie der älteste Gondoliere. Alsbald standen­­ wir wieder vor dem Hause, aber ein P­olizeisoldat verwehrte uns den Eintritt. Wilhelm wurde ungestim. — Entschuldigen, er darf sein Deensch herein. Es ist jemand an den schwarzen Blattern hier im Hause gestorben und das Haus muß gereinigt werden. — Gestorben ? — Sa! Ja! Im Delirium hat si die schöne ‚Giuseppina vom Fenster gestürzt und ist todt ge­­blieben! Also ich bitte, nicht stehen zu bleiben ! Die Leiche wird heute Nachts noch beerdigt. Wilhelm fiel in meine Arme und ich trug ihn fast bis zum Schiffe. Er weinte nicht, er führte mit Ruhe die Ruder und legte sich still zu Bette. Des Nachts wurde ich Durch heftiges Chluczen aus dem Schlafe gescheucht. Mein armer Kamerad saß auf seinem Lager, er hatte das Gesicht mit beiden Händen bedeckt und weinte bitterlich. » Ich ließ ihn weinen.Woher sollte ich Trost nehmen?Givgjamir selbst das Geschick Giusep­­pinas außerordentlich nahe. Wilhelm von Tegetthoff scheint seine Giu­­seppina nie vergessen zu haben; er starb als Jung­­geselle. ‚Maldini, sein treuloser Freund aus dem­­ Kollegium, stand Tegetthoff bei Liffa als Feind gegenüber. Er war Adjutant des Admiral Per­­jaro und wäre von dem „Maximilian“ sicherlich in die Tiefe gezogen worden, wenn es Berjano nicht vorgezogen hätte, sich vorher auf den „Affon­­datore“ zu überschiffen. Alphons v. M. gehört, erregten auf der Linken selbstverständlich begeisterte Ovationen. «­­ Folgte das maiden speech des­ jugendlichen Grafen Josef Teleki,der unter allgemeiner Auf­­merksamkeit in einer wohlgesetzten und warm vor­­getragenen Rede für die neuen Bestimmungen des Paragraphen plaidirte.Er zeigte,wie nothwendig die Reform der Offiziersbildung bei den Einjährig- Freiwilligen vom militärischen Gesichtspunkte und daß es nur gerecht und billig sei,wenn jene Freiwil­­ligen,die ihrer Pflicht nicht entsprechen und die Prüfung nicht ablegen,ein zweites Jahr dienen sollen.Auch das sei noch eine Begünstigung,denn­­ eigentlich sollten sie,dem Prinzip der Gleichheit entsprechend,zum dreijährigen Präsenzdienst ver­­halten werden. Nachdem Graf Telefi die Glücwünsche seiner Partei und die Hochrufe der Opposition er­­­­folgreich überstanden, schüttete Afufius Beöthy das randvolle Gefäß seiner Satire über die jungen Riesen der Majorität aus und reizte seine Partei­­genossen zu immer auf’3 neue ausbrechenden Bei­­fallsstürmen. Hingegen wurden seine weithergehal­­ten­en Erörterungen über die Stellung der Armee zu den zwei Staaten der Monarchie von allen Seiten mit der gleichen stillen Designa­­­tion aufgenommen. Diese Erörterungen sollten aber dazu dienen, um das Recht Ungarns auf die Ausprägung seiner besonderen Staatlichkeit in der Armee zu begründen. Er fordere nicht die selbst­­ständige ungarische Armee, weil das eine militärische Zreitheilung derselben bedingte, er verlange nur die Anerkennung de ungarischen Staats­­rechtes in und seitens der Armee. Diese können wir im eigenen Interesse der nationalen Machtquel­­len nicht entbehren. Für den Fall, daß das Mi­­noritätsvotum nicht angenommen würde, kündigt er ein Amendement des Inhalts an, daß die Prüfung auch in ungarischer Sprache soll abgelegt werden können. Nicht minder weither geholt waren Bed­­t5y’s Betrachtungen über die ganz spezielle und spezifische Natur der ungarischen Majestätsrechte, die ebenso entwiclungsfähig sind wie die ungarische Berfaffung selbst. Die Verfügungen über die Armeesprache gehören nicht zu den Majestätsrech­­ten. Man könne ja die M­ajestät selbst befragen, indem man die Sprachenverfügung ins Geieg auf­­nimmt und abwartet, ob der König demselben die Sanktion verweigert.T Nach Beöthys Nede, welche großartig be­­jubelt wurde, folgte noch eine vom Minister Gra­­fen Szechenyi sofort beantwortete Interpellation Lulius Jurth’s in Süden des Mezöhegyeser Kanals, worauf die Sigung gegen 2 Uhr geschlos­­sen wurde. ze « ENTER —_­­ Dem Tage, "Aus dem ungarischen Abgeordneten- Hause. Sin fortgelegter Debatte über die Frei­wil­­ligen-Paragraphen ergriff am legten Mitt­­woch Graf Ludwig Tika als erster Redner des Tages das Wort und war bemüht, mit den Argu­­­menten des gesunden Menschenverstandes die gegen diese Paragraphen genährten Bedenken zu entkräf­­ten und die Furcht der Opposition vor eingebilde­­ten Gefahren zu zerstreuen, welche Furcht zu einer Zeit, da sie wirkliche Gefahren am Horizont zei­­gen, am allerwenigsten am Plage wäre. Und unter großem Beifall der Rechten nahm "er die SIntelli­­genz der ungarischen Jugend gegenüber den Be­­fürchtungen in Edng, welche hinsichtlich ihrer Lernfähigkeit, seitens der Opposition gehegt zu wer­­den scheinen. Ton­el Irandyi gab dagegen abermals sei­­ner tiefgefühlten Entrüstung darüber Ausdruck, dak man die Garantien der nationalen Sprache nicht vage ins Gejäß aufzunehmen. Verfügungen über die Sprache haben niemals in Ungarn zu den Krom­eten gehört. Die Warnungen an die Ma­­jorität, auf der schiefen Ebene endlich stehen zu bleiben und der Nation zu geben, was der Nation . Allerhöchste Auszeichnungen. Seine Ma­­jestät der König hat dem aus Kaschau gebürtigen Arzt des Ef. und 1. Konsulars in S Jerusalem Dr. Lonaz Schwarcz das Ritterkreuz des Franz Sojef-Ordens, und dem Ober-Finanzrathe der Finanz Direktion in Triest, Probus Zabrizi, den Orden der Eisernen Krone dritter Klasse verliehen. O Erzherzog Franz Ferdinand — Ge­­meindevorstand. Bei den Gemeindevorstands-Wah­­len der vereinigten Gemeinden Jarfowis, Konopijcht und Zboznig wurde Erzherzog Franz Ferdinand d’Este, Beleger der Domäne Konopilcht, zum Ge­­meindevorstande gewählt. Sein Vater, Erz­herzog Karl Ludwig, ist bekam­tlich ebenfalls Gemeinderat, und zwar in Neichenau (Nieder­­österreich). O­­esterreich-Ungarn und Bulgarien. Auswärtige Journale bringen die Nachricht, daß mit Zustimmung der österreichische ungarischen Regierung seitens Bulgarien demnächst ein diplomati­­scher Agent in Wien ernannt werden würde. Informationen der „Bol. Korr.“ zufolge ist diese Nachricht unrichtig. Bekanntlich­ tie bereits zur Zeit des Fürsten Alexander dessen Wunsc, in Wien einen ständigen Agenten zu affreditiren, auf Schwierigkeiten und scheiterte daran, daß die 1. und f. Regierung dem Fürstentrume Bulgarien, als türkischem Vasallenstaat, das echt einer diplo­­matischen Vertretung nicht zuerkennen konnte. 3 unterliegt seinem Zweifel, daß dieselbe Auffassung auch noch heute besteht. Unbenommen bleibt es hie­­bei der bulgarischen Regierung, Vertrauensmänner nach Wien oder anderen Städten zu fceiden, um in vollkormen privater Eigenschaft bulgarische In­­teressen wahrzunehmen. Es wäre ganz unrichtig, wollte man die Stellung des Hrn. Vulfovich in Kon­­stantinopel am Präzedenzfall anführen, da ja doch Bulgarien staatsrechtlich als integrirender Theil des türkischen Reiches zu betrachten ist. O Frinz Battenberg in österreichischem Dienst. Wie das „Wr. Tgbl.“ erfährt, wird Prinz Alexander von Battenberg in der nächsten Zeit das Kommando über ein österreichisches Hu- Baren-Regiment erhalten und in die österreichische

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