Oedenburger Zeitung, 1889. April (Jahrgang 22, nr. 76-99)
1889-04-02 / nr. 76
redegewandtem mit reicher Erfahrung ausgestatteten Prinzen es nicht erspart werden,ein erschütterndes Abenteuer zu bestehen auf Hoher See! Die Schulpflict. Die Unterrichtskommission des Abgeordnetenhauses fonstatirte am legten Freitag die traurige Thatsache, daß die Anzahl jener Schulpflichtigen, die ganz ohne Unterricht aufwachsen, bei uns zu Lande nahezu eine halbe Million beträgt. Selbst ein Theil jener Schulpflichtigen, die die Schule faktisch besucht, verläßt dieselbe ohne die Kunst des Lesens und Schreibens erlernt zu haben, oder die Kinder vergessen das mühsam Exlernte in ein bis zwei Jahren gänzlich. Aber die halbe Million Kinder, die die Schule gar nicht besucht, lernt überhaupt nichts. Für diese gibt es keine Wissenschaft, feine Kultur, sie scuchten in größter Umwissenheit auf und werden mindermüßliche Mitglieder der menschlichen Gesellschaft; woyl Mancher trägt lebenslang einen Groll in sich wegen seines Scijales, und einen Neid gegen jene, denen sich durch ihre Kunst des Lesens u und Schreibens sozusagen eine neue Welt erschließen. Der göttliche Funke in ihm fan nicht zur Flamme entwickelt werden, und doch gibt es Manchen darunter, der bei gehöriger Erziehung eine Bierde der Gesellschaft hätte werden können. Dieser Umstand wirft ein trauriges Streifficht auf unssere Kulturzustände. Wir Ungarn pflegen mit einer gewissen verlegten Eitelkeit die Verwandtschaft der Finnen mit den Ungarn abzulehnen, die wir für eine zurücgebliebene Nation halten, (während wir uns einer Verwandtschaft mit dem stets Kulturfeindlichen in Auflösung begriffenen Türkenthyume rühmen.) — Aber erwähnte Finnen haben uns in dieser Beziehung weit überholt. Dieses arme, unter dem xuffischen Sowie senfzende Volk, welches schwer arbeiten muß, um nur dem fargen Boden die nothwendigsten Lebensbedürfnisse abzuringen, läßt seine Jugend mit Eifer eines vortrefflichen Unterrichtes theilhaftig werden, und dieselbe tritt nicht früher an den Tisch des Herrn, bevor sie nicht des Lesens und Schreibens vollständig fundig ist. Bei uns aber versucht er eine halbe Million Kinder gar nicht, sich diese Kenntnisse anzueignen. Diese traurige Thatsache hat die Unterrichtskommission unsere ® Abgeordnetenhauses zu einer eingehenden Berathung veranlaßt, wie dem erwähnten Uebel abzuhelfen wäre. Das Mittel, welches man in Anwendung bringen will, scheint ung ziemld unwirksam zu sein, und gipfelt darin, das Schulgesäß strenger zu handhaben und die säumigen Eltern der Schulpflichtigen in Geld zu strafen. Unserer Ansicht nach Liegen die Ursachen dieser bedauerlichen Erscheinung viel tiefer. Der Hauptgrund aber liegt in der Armuth. Arm ist der Staat, arm ist der Einzelne. Der Staat, welcher alljährlich so viele Millionen für das Militär ausgibt, welcher für menschenmörderische Maschinen und Werkzeuge leichten Herzens ein paar Millionen Hinaus wirft, ist nicht in der Lage dort Schulen zu errichten, wo solche fehlen, oder nicht in genügender Anzahl vorhanden sind. Viele Kinder besuchen darum seine Schule, weil es in ihrem Orte eben feine solche gibt, und weil ihre Eltern in einem solchen Orte wohnen, daß die Kinder selbst—und gerade im Winter, Stunden weit täglich zweimal zur nächsten Schule gehen müßten.Wie können wir dies vor den kleinen sechsjährigen Menschen pflanzen und deren Eltern fordern?Auch sind die Lehrer selbst oft erbärmlich honorirt und haben nicht viel Ursache sich für die heilige Sache des Unterrichtes besonders zu begeistern.An manchen Orten aber sind wir gar schon so weit gekommen,daß die Regierung jenen Lehranstalten,die nur mit Hilfe einer Staatssubvention gegründet werden konnten,diese Subvention entzogen hat.Noch größer wird das Uebel dadurch,daß die Bevölkerung selber arm ist. Gar viele Eltern können ihre Kinder nicht in die Schule schicken,weil sie nicht im Stande sind sie mit der nöthigen Kleidung,mit Schuhen zu werben,noch weniger aber ihnen die oft—besonders durch den steten Wechsel—theuren Bücher und Requisiten,zu kaufen und das Schulgeld zu zahlm Solchen armen unglücklichen Eltern gegenüber noch eine Geldstrafe in Anwendung zu bringen und den armen Kindern hiedurch noch den kargen Bissen Brot vom Munde wegzureißen,wäre geradezu eine Grausamkeit Man kann doch jemanden deshalb nicht mit Geld strafen weil er seines hat! Man möge lieber eine Politik einschlagen, welche den Wohlstand und die Zunahme der Bevölkerung fördert, dann kommt der Wissensdrang und mit ihm die allgemeine Bildung von selber. E. Dom Inge. Aus dem ungarischen Reichstage. Karl Edtvös eröffnete am sechten Samstag die Debatte über den $ 54 des Wehrgefechts (fafultative alljährliche Waffenübung der Neserve- Offiziere) mit einer einstündigen, ziemlich belanglosen Rede. Nachdem ihm Berlafy kurz und bündig geantwortet, konnte die Debatte über diesen Paragraphen zur Beruhigung aller geschlossen werden. Minister Baron Fejerpary beschränkte sich dann in seinem Schlußworte auch nur auf die Versicherung dessen, daß die Einberufung zur Waffenübung nicht Ausflug der Willführ und der Protestion sein werde und daß die Neuerung blos im Interesse der Schwächeren Offiziere und in dem der von diesen Offizieren einst zu führenden Mannschaft liege. Die Abstimmung ergab die unveränderte Annahme des Paragraphen. Die nächste größere Diskussion entspann sich bei $ 62, der von dem Gerichtsstand der N Reservisten handelt. Hier brachte Adolf Zay folgenden Beschlafantrag: „Die Negierung wird angewiesen, wegen verfassungsmäßiger Schaffung eines das Militär- Strafgeseb und das Militär-Strafverfahren, sowie die Militärgerichts-Organisation regelnden Gesebes die nöthigen Schritte in einem solchen Beitraume zu thun, daß beide Gejege noch während der Dauer dieses Reichstages in’s Leben treten künnen“. Dieser Antrag trägt die Unterschriften der Mitglieder der gemäßigten Opposition. Ueberdies beantragte Bechter, daß Neserve- Offiziere wegen Vergehen, die sie in nichtaktivem Dienste, aber in Uniform begangen, vor das bürgerliche Gericht gehören. Als Referent des Justiz-Ausschusses erklärte Dr. Matussa, daß der Schaffung eines Militär- Strafverfahrens nicht außerkonstitutionelle Faktoren, sondern vielmehr der Umstand im Wege stehe, daß bezüglich der Hauptprinzipien des bürgerlichen Strafverfahrens ein Einvernehmen noch nicht erzielt ist. Gleichwohl wäre er für eine Resolution, nach welcher die verlangte Kodifikation ehestens zu Stande komme. Nachdem noch Györy den Beschlußantrag Zay’3 unterstüßt, wurde die Debatte abgebrochen und es folgten einige Interpellationen. Dem allerhöchsten Hofe. Den neuesten Dispositionen zufolge wird die künigliche Familie am 10. April Budapest verlassen und nach Wien zurückreisen. OG Ordens-verleihungen. Seine Majestät hat dem Statthaltereirathe Anton Stanowski in Lemberg, in Anerkennung seiner vieljährigen, treuen und sehr ersprießlichen Dienstleistung den Orden der Eisernen Krone ditter Klasse, dem Direktor der Fachschule für Gewehrindustrie in Ferlach, Gusta Schal v. Mühlfort das Ritterkreuz des Franz Sofef-Ordens verliehen. Spenden des Königs und der Königin. Durch allerhöchste Entschließung hatte. Majestät der König im eigenen, sowie im Namen Ihrer Majestät der Königin dem Budapester Wohlthätigkeitsverein „Gyermekbarät", zur Förderung der Zwecke desselben, in jährlichen Nater von 1000 fl., einen Betrag von 5000 fl. gemidni . Aus Belgrad berichtet man unterm 30. März: Eine Verordnung des Finanzministers regelt den Handel mit ausländischen Zojen und fordert die Anmeldung der Zoje handelnden Firmen und seßt Besteuerung und Stempel im Losehandel fest. Die Kollekturen für die österreichisch-ungarische Zahlenlotterie wurden verboten. Am 31. März fand die Einweihung einer neuen katholischen Kirche auf dem Territorium der Österreichisch-ungarischen Gesandtschaft statt. — Der serbische Gesandte in Athen, KRalmecs, wird für Bukarest affreditirt. Die Athener Gesandtschaft bleibt vacant. Militärisches. Laut einer nach Brünn gelangten authentischen Meldung wird der Kraiser - König, begleitet von einer großen Suite, den vom 11. bis 14. September stattfindenden Schlußmanövern des 9. und 10. Armeekorps (Spfefstadt und Brünn) beimohnen. Dieselben sind Korpsmanöver mit Gegenseitigkeit und finden zwischen Biwittan, Mährisch-Trübau und Chrast statt. Aus Rumänien wird unterm 29. März gemeldet: Der russische Gesandte, Herr Hitromno, von welchem es hieß, daß er nicht mehr auf seinen Bukarester Wosten zurückehren werde, ist nach mehrwöchentlicher Abwesenheit wieder daselbst eingetroffen und wird seinen Pfosten behalten. Aus der diplomatischen Welt. Amerika macht blos jene Redakteure zu Gesandten an fremden Höfen. Für Berlin hat Präsident Harrison nunmehr dem Senate Murat Halsstead vorgeschlagen, den Befiber und Redakteur der in vicinnati erscheinenden „Kommerzial.“ Zum Gesandten in Paris ist Whitelam Neid ernannt, Eigenthümer und Redakteur der „New- Yorker Tribune“ und zum Gesandten in Petersburg Alan Thorndyfe Nice, der Herausgeber und Redakteur der in New-York erscheinenden „North - American Review“. Für die noch zu erwartenden Ernennungen auch für untergeordnete Beamte ist nach den schon bekannten Anordnungen ebenfalls eine Anzahl Vertreter der Preise bestimmt. Eisenbahn-Verstaatlichung. Der Gesehentwurf über die Verstaatlichung der ungarischgalizischen Eisenbahn und der ungarischen Westbahn wurde am rechten Freitag Abends von der Kommunikationskommission des Abgeordnetenhauses verhandelt, wobei ihn Minister Baross mit dem Umstande motivirte, daß der Staat mit Aussicht auf die Zinsengarantie jährlich sehr bedeutende Zuschüsse leisten mußte. Die Verstaatlichung, hinsichtlich welcher die mit den Aktionären geschlossenen Verträge dieselben Bestimmungen enthalten, wie es bei anderen verstaatlichten Bahnen der Fall, werde demnach sowohl in volkswirthschaftlicher, als auc, in finanzieller Beziehung nur günstige Folgen haben. Die Kommission nahm den Gesegentwurf im Allgemeinen an. Das Losgefe in Ungarn. Das in Oesterreich am 29. März in Kraft getretene von uns bereits im Auszuge reproduzirte Losgefeß macht die Schaffung eines ähnlichen Gefeges in Ungarn nothwendig. Die ungarische Regierung wird auch eine hierauf, sowie auf die Ankündigung und Anempfehlung verbotener Leute und Lotterien bezügliche Vorlage dem Abgeordnetenhause in nächster Zeit unterbreiten. Allerdings wäre es viel richtiger gewesen, wenn diese Gelege in Ungarn und in Oesterreich gleichzeitig hätten ins Leben treten können, jeßt werden die Befiger auswärtiger Lose die Höchst unliebsame Ehre haben, zweimal den Stempelsbetrag entrichten zu dürfen. Wozu ist denn das Ministerium auswärtiger Angelegenheiten gemeinsam?! Da Ludwig Kofuth — erkrankt. C3 verlautet, daß die Kräfte Kofuth's in den rechten Tagen bedenklich schwinden. Gestern konnte er eine ungarische Deputation, die bei ihm vorsprach und ihn bat, ins Vaterland zurüczukehren, nur im Bette empfangen. Beim Abschiede weinte Kofjuth und sagte, sein Grab sei schon offen, er fürchte, seine Landsleute mehr zu sehen, ehe er sterbe. Obene Kämmerer. Mittelst. Allerhöchsster Entschießung wurde den Lieutenant ® in der Reserve Grafen Klemend von Westphalen zu Fürstenberg de Dragoner-Regiment ® Sailer Franz Nr. 1 und Grafen Jaroslav von Thun und Hohenstein des Dragoner-Regiments Prinz Eugen von Savoyen Nr. 13 die Kämmererwirche verliehen. Die Einberufung der Delegationen. Ursprünglich war die Session für Anfang Mai vereinbart. Dieser Termin mußte inzwischen auch mit Nacsicht auf die Ausdehnung, welche die Wehr nit warum, aber der alte melancholische Mann hatte er sich in den Kopf gefeßt, daß ich eine Frau haben müsse. 078 habe ein Mädel für Dich, sagte er mir eines Tages in seiner traurigen Weise, als wollte er mir fondoliren. — Macht nichts, antwortete ich kurz. Doch er Ließ sich nicht einschüchtern. Er feßte die Vorzüge der von ihm für mich Auserforenen ins hellste Licht. Er erwähnte unter Anderem auch, daß sie sehr musikalisch sei. — Auch das noch! — Na, was ist denn? Du warst ja selbst einmal ein tüchtiger Musiker. — Du weißt, ich will daran nicht erinnert werden. Ein Frauenzimmer, das Klavier schlägt, heirathe ich nicht und wenn es schön wäre, wie die Frau des Menelaus, und in Dufaten läße bh an den Hals. Ich kann seine Musik hören. — Auch gut, ich werd’ Dir eine Andere suchen. . Und dieseLlndere,er hat sie gefunden,sie ist heute meine Fraw Als ich sie kennenlernte, war sie ein blühendes Mädchen mit breiten Lenden, schlankem und doch strotzendem Körperbau. Die ist so recht zur Mutterschaft geeignet, flsxerte es in mir.Sie hatte ein derbes,frisches Ger1chtchen.Das war es nicht,was mich begeisterte. (Fortsetzung folgt.) · s: