Oedenburger Zeitung, 1889. Mai (Jahrgang 22, nr. 100-125)

1889-05-01 / nr. 100

TEE ETEETZED ET Ar. 100. Mai 1889. XXI. Sahrgang. Mittwoch, Erdenb­urgerzethung Gormacs,,OedenburgerYachrichken«) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortseritt zur Ehr? — Berühten zur Wehr! — Der Wahrheit eine Gaffe.“ MT Administration, Verlag und Inseratenaufnahme: Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonne oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations:Preise: Für Loco: Ganzjährig f., ee 5 fl., vierteljährig 50 fl, Monatlich 1 Für Auswärth: San jährig­en fl., „gelbjährig 7 fl., Biertel= tig Alle für das Blatt Bfm­mte nn mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations- und Infertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. Buchhörukerei &., Romtwalter & Sohn, Grabenrunde 11. WI Einzelne Nummern Rotten 5 Breyer., EU Inferate vermitteln: In Wien: Hafenstein , Vogler, Walls Plage 10, A. 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Mai ist die Ankunft des Königs Humbert in Berlin angeregt, woraus zu schließen wäre, daß Kaiser Wilhelm an diesem Tage bereits von­­ England zurückgekührt sein wird. Er müßte denn sein, daß bezüglich der Monatsangabe für die Slottenschau in Spitehead ein Irrthum unterlau­­fen; denn bisher wurde immer angenommen, daß der Besuc­h des Deutschen Kaisers in England im Juli und nu­ Schon im Mai stattfinden werde. Hinsichtlich Rußlands ist eine totale Ver­­änderung der früher in Europa zu Gunsten des jeweiligen Czars geherrscht habenden Stimmung zu Konstativen. rüher begeisterten sie alle Konservativen für den Beherrscher der Neußen, er war ja das Prinzip unerschütterlicher Autokratie und insbeson­­dere in Berlin schwärmte man für Rußland. Bei den russischen Manövern waren nur deutsche Für­­sten und zahlreiche preußische Generale anwesend. Man fühlte sich in Rußland noch glücklicher als in der Heimath. Das hat sich nun — wie gesagt wesentlich geändert. Zwischen Rußland­ und Deutschland besteht nicht mehr das alte Verhältniß. Der Ezar behauptet sein­ Bolitif der freien Hand und wartet auf die Ereignisse. Er entsteht die Frage, welche hohen Gäste dem größten aller Manöver beimwohnen werden. Der russische Kaiser ist den­ Gegenbesuch in Berlin noch schuldig, und wahrscheinlich wird­­ dieser Gegenbesuch vor den Manövern stattfinden. Allein gleichviel wie die Höflichkeit hafte ausfallen werden, so verfolgt Ruß­­land doch seine­ eigene Politik, und wenn auch in Berlin das lebhafteste Bestreben herrscht, die Freundschaft Rußlands von Neuem zu gewinnen, so ist doch an einen Erfolg dieser Bestrebungen kaum zu glauben. Man hat Rußland groß gemacht, und Ruß­­land fühlt sich jedes Danfes quitt. Dagegen gedenkt Rußland seine Rechnung erst an Europa zu über­­reichen. Das Grafenlager bei Warschau fan die Friedenszuversicht allerdings nicht stören. Auf dieser Bühne wird, wie es in dem zitirten Prolog heißt, die russische Eroberungspolitik noch nicht erscheinen, doch in den Fühnen Schaaren, die des Grafen­­ Be­­fehl gewaltig Ienft, die der Geist des russischen Caesarismus beseelt, wird das Schattenbild Dieser Eroberungspolitik Euch begegnen“. Die Chauvinisten unter den Brechen gedachten, da es bislang mit Gewalt nicht ging, friedliche Eroberungen für die Nationalitäts-Selbststän­­digkeit unter der heiligen Wenzelsfrone zu machen. Während sie im Winter offenen und verdeckten Krieg gegen die deutschböhmischer Landsleute führten, versuchen sie es nun schon seit dem ersten März­­veilchen mit einer kleinen Ausgleichsaktion, welche die Landtagswahlen im böhmischen Großgrundbefige betreffen. Die Kompromiß-Bestrebungen der „Ultra’s“ mit den konservativen Elementen sind jedoch ,dies­­mal wieder an dem Grunde gescheitert, weil die konservativen Aristokraten von den deutschen Groß­­grundbefigern die Erklärung verlangten, daß die auf Grund des Kompromisses gewählten Abgeord­­neten in den Landtag eintreten, sich also von ihren liberalen Parteigenossen trennen werden, welche an dem böhmischen Landtage geschieden sind. Man mag über den Werth und über die Zinwermäßigkeit der Abstinenzpolitik wie immer denken­ Deutschen um da Liniengericht von einigen Manz­daten eine Taftif aufgeben sollen, die sie als ent­­sprechend anerkannt haben, das war eine starre Zu­­muthung, welche der liberale Großgrundbesig ent­­schieden zurücgewiesen hat. Verständigungen, welche die Herren Böhmen auf politischem Gebiete nicht zu erzielen ver­­mochten, suchen sie nun mit der österreichisch­­ungarischen Regierung auf industriellem Gebiete zustande zu bringen. Die V­ersammlung der böhmischen Zuder-Industriellen faßte nämlich am 29. April den Beschluß, die österreichisch­­ungarische Regierung möge der am 1. Mai in L­on­­don zusammentretenden internationalen Bücherprä­­mien-Konferenz in ihren Beischlüffen nicht beitreten und womöglich das B Zustandekommen der Konven­­tion, so weit sie ss auf Abschaffung der Prämien und Anwendung von Prohibitivmaßregeln gegen nicht beitretende Staaten erstrebt, verhindern. Hier finden die Böhmen Geneigtheit zur Annahme ihrer Proposition. Ein Industrieller theilte mit, man sei englischerseits mit der Proposition hervorgetreten, die österreichische Zucer-Industrie möge den Export auf Basis des Durchschnittes der lesten drei Jahre kontingentiren, dann werde die englische Buterbill im Parlamente ae durchgehen, aber daß die Aus dem ungarischen Heihstage. Am rechten Montag gelangte im Abgeord­­netenhause die erste auf dem neuen Wehrgehege beruhende Befrutirungsvorlage zur Ver­­handlung in deren Sinne Ungarn für die gemein­­ame Armee 42.711 und für die Honved-Truppe 12.500 Mann zu stellen hat, wobei die über diesen BEP Feuilleton, im Grüßnerheim, Bon Arthur Achleitner. (Nahhdruch verboten.) Wenn die­ Kar-Athener die lange Marimi­­lianstraße Hinauf, über die wildschäumende Isar am Marimilianeum vorüber in die Gasteiganlagen pilgern, streift ihre Ei ein Häuschen mit jedem Thürmchen, dessen Aeußer es die Künstlerhand des Erbauers nicht verleugnen kann. Gar mancher Münchener geht mit dem Wunsche im Herzen hier vorüber, daß ein günstiges Geschie ihm einmal den]. Eintritt in dieses Haus gestatten möge. Für viele, ja für die meisten freilich ein frommer Wunsch. In dem schmuden Häuschen, umfriedet von einem mächtigen Schmiedeeisengitter, kauft Eduard Grüß­­ner, der berühmte Maler. Ein schweres Gifenthor führt über den Ffei­­nen Vorraum der Eingangsthüre, deren Glocken­­zug Schon gothische Ahnungen aufreimen läßt, denn schon dieser paßt stylgerecht zur Außenfacade. Hell­­önt die Klingel durch das Haus, die Thüre wird geöffnet und „Der Herr Professor ist nicht zu Hause,“ wird geantwortet, ehe gefragt worden tt. Hat der Besucher aber einen „Sesam“ in der Lasche, dann allerdings wird er gar bald dem Künstler die Hand drüden und mit Herzlichkeit empfangen sein. Eduard Grüßner macht am Mann einen ge­­winnenden Eindruck, der geniale Kopf wird starf fahl, die Lippen beschattet ein mächtiger Schnurr­­bart, aus den Augen aber strahlt das Feuer künst­­lerischer Begeisterung, das den großen Maler immer jung erscheinen läßt. Grübner macht nicht viel aus sich, sein Benehmen ist still, eine unge­­mein anmuthende Bescheidenheit kennzeichnet den gefeierten Künstler. Ueber die Treppe mit einem alten schmiede­­eisernen Geländer hinauf gelangt man zum Atelier. Das Allerheiligste entbehrt des sogenannten Ma­­fart’schen Dekors, dafür enthält Grüßners Atelier andere Kostbarkeiten, die sein Museum aufweisen kann. Der ganze h­olzgetäfelte Raum ist sichtlich nur der Arbeit gewidmet, ernst, ruhig und schlicht. Ein alter Kamin echtester Renaisssance durchwärmt in faiten Tagen den behaglichen Raum, in dem auch das Pianino nicht fehlt, denn Grüßner liebt­­, „in die Saiten zu greifen,“ wenn die Dämme­­rung den fleißigen Einsel in der Arbeit hemmt. Skizzen und ältere Gemälde, lautet „echte Grüb­­ner", dann Gemälde befreundeter Künstler, Hand­­zeichnungen 2c. zieren die Wände, dazwischen hängt ein Shakespeare-Medaillon, das Professor Grüß­­ner, der es als Gejdient vor der brittsschen Shakespeare-Gesellschaft für die Herrliche Ilustra­­tion des Wertes „Henry IV.“ erhielt, als das beste Shakespearebild bezeichnet. Die Aufmerkssamkeit der Säfte lenkt Grüßner dann sofort auf eine Vol­­taire-Büste aus der Zeit Voltaires, eine hochinte­­ressante Arbeit, um deren Besit­zer Künstler zu beneiden ist. Bevor man das Atelier verläßt, schließt Grüßner noch einen alten Schrank auf, der über 300 kleine, mit künstlerischer Vollendung geihnigte Krippenfiguren enthält, die Drügner durch Zufall in einem jüdtiroler Frauenkloster fand und erwarb. Die Kronprinzesin Viktoria, sedige Kaiserin­­witwe, die sehr oft bei Professor Grüßner zu Gaste weilte, war über diese Krippe entzügt, und der Meister selbst zeigt diesen Schag mit dem Lächeln behaglicher Zufriedenheit und sagt: „So was hat sein Museum.“ Da das Atelier allein schon so herrliche Gegenstände enthält, fragt man den Haus­­herrn un­willkürlich, welche bedeutende Mittel außer dem Finderglück aufgewendet werden mußten und wie lange wohl der Künstler bereits sammle. Grüner versichert dann treuherzig mit einem bezaubernden Lächeln, er sammle erst seit dem Jahre 1870, denn bis zu jenem Jahre habe er, da er „auf Pump studierte“, seine Schulden tatenweise getilgt. Auf der Staffelei steht ein neuer, von der Kunsthandlung Fleischmann in München bestellter „Grüßner“ fit und fertig. Der Münchener Kunsthändler enthält eine Föstliche Szene aus einer Klosterfüche. Die Fastenzeit im Advent geht zur Neige, dem „toujours perdrix“ des Klosters im Namazan, dem Stodfisch, folgt mit Weihnachten der Fleischgenuß, auf den sich der älteste Pater wie der jüngste Laienbruder gleichmäßig freut. Das weiß offenbar der den Franziskanern benachbarte Guts­­hefiger zu würdigen und deshalb schenkt er den ersten Keiler der Klosterfüche. Meister Grübner neuestes Bild zeigt nun, wie der Gutsherr vor dem Kloster­­füchenmeister, einer weidlich ausgerundeten, weißbe­­schürzten Gestalt, steht und auf das zu feinen Füßen liegende Wildschwein, den „Weihnachtsbraten“ für die Schmunzelnden Franziskaner, deutet. Während Hektor, der Borstehhund, den andächtig schnupfenden Küchenchef im a bei­­ änüffelt betrachtet sich ein + abe­r Zaubos­ee ER Be­i a # i 2

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