Oedenburger Zeitung, 1889. November (Jahrgang 22, nr. 252-276)

1889-11-01 / nr. 252

BETTEN ALT ? Bl FRETTNTSIITEREN, REN ESTER Sreitag, 1. November 1889. { 0 — - HEch v IIFLJ TEE EEE EN IE ROTEN, XXII.ZaHrgang. OedenburgerBeifn (vormals „Bedenburger Nachrichten“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für soziale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr? — Betrachten zur Wehr’ — Der Wahrheit eine Gaffe.“ - jährig 3 . . Alle für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations- und Infertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. Administrasion, Mering und Inferaienaufnahme: Suchdrukerei­­, Romm­alter & Sohn, Stadrurunde 121. WE Einzelne Am­mern Rotten 5 Are. EU Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn- oder Feiertag folgenden Tages. .Pränumerations-Preise: Für Loco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 5 fl., Vierteljährig­ee fe., Monatlich 1 fl. Für Anschwärtd: Ganzjährig 12 fl. Halbjährig 7 fl., Biertel­­ Inserate vermitteln: In Wien: Hafenstein - Vogler, Wal- Bianaste 10, A. 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Ein hehrer Freudentag für die Katho­­liken und ein Tag der Wehmuth und ftilen Ein­­fehr im sich selbst für alle Diejenigen, die geliebte Angehörige im Schooß der Erde betten­­ mußten, ein forthaarer Saame, der im Himmel aufgeht und dessen blühende Wiederschau erst am Tage des jüngsten Gerichtes zu erhoffen ist. „Allerheiligen“ ist, wie schon der Name besagt, ein katholisches Fest zu Ehren aller jener „Freunde Gottes“, denen nicht ein eigener Tag im Jahre geweiht ist und die daher nicht einzeln ver­­ehrt werden. E83 wurde bereit gegen das Ende des 8. Jahrhunderts vom Papste Gregor III. ein­­gelöst und gilt als ein hochbedeutender Feiertag. Uns menschlich näher gerüht ist aber das hehre Erinnerungsfest an die und im Tode vorangegan­­genen Lieben, der... . Allerseelentag! Wer kann wohl am Grabe eine J­ung für immer entrissenen theuren Z Todten stehen, ohne daß fs feiner ein Gefühl schmerzlichsten Rüderinnerns bemächtigt. It sein Herz und Gemüth noch so un­­empfindlich, an jener Stätte wird er sein „Bor­ 9 banden sein“ nicht verleugnen künnen. 'So verhärtet ist wohl kaum eine Menschen­­seele, daß sie nicht stile Wehmuth beschliche, wenn sie an Tod und Grab erinnert wird, wäre sie es aber dennoch, so verlege sie sich im Geiste dorthin, wo im friedlichen Gottesader die Leichenhügeln sich erheben, Wellen aus dem aufgewühlten Meere des Lebens, unter denen, ebenso wie unterm Spiegel des wirklichen Ozeans, gestrandetes Leben schlummert. Alle, die Ihr je auf Erden geliebt Habt oder noch zu lieben fähig seid, pilgert am Allersee­­lentage nach der Gräberstadt. Ihr aber, die Ihr nichts zu lieben Habt, Ihr Unglücklichen, für welche "die Zukunft feinen Trost, die Religion feinen Balsam, die Hoffnung fein Labsal, die Thränen feine Er­­leichterung, ja sogar die holde Selbsttäuschung feine Beruhigung hat: Ahr wallt"erst recht hinaus auf den Friedhof, denn der Ruhe der Zodten ist ja auch die urewige Gottheit nahe und über jedes Grab breitet zu jeder Zeit ein sanfter Engel seine silbernen Flügel aus und fächelt belebenden Him­­melshauch in das wunde Herz des Besuchers; und wie ein Genius des Friedens lehnt sich über jedes Kreuz und jeden Leichenstein die Verführung, allen Unmuth in ung­lindernd, allen Trog in uns er­­weichend und jeden Schmerz in uns verflärend. Ah ja! ihr Hügel und ihr Gräber, wie viel geträumtes Glüd berget ihr! Wie viele stolze oder frohe Hoffnungen liegen unter euch begraben; ihr bewahret das euch Anvertraute wohl und sicher! fein gebrochenes Herz, sein Thränenstrom kann euch erweichen! Ihr gebt den Schag nicht mehr zurück ! Das Grab gibt seine Beute nimmer zurück. Doch wenn ihr auch unerbittlich seid, ein Trost bleibt ja doch den frommen, zurückgebliebenen Her­­zen — der Glaube auf ein Auferleben, auf ein einstiges Wiedersehen ! Und welch’ ein mächtiger Trost ist diese Hoff­­nung für so manch’ summervolles­ Herz! Und rechtfertigt sich dieser Glaube nicht ? Im Kreislauf des irdischen Lebens geht nicht zu Grunde, fällt nicht? der Vernichtung anheim. Unter der Erde ist der Schlaf und unter dem immer der Traum, und zwischen Traum und Schlaf ziehen die Menschen schlafend und träumend, und haben siebzig Athemzige und wechseln Thränen und Küffe, und pflüden Blumen und Wünsche, und hören eine Nachtigall singen und ein Echo trauern, und sehen einen Mai blühen und eine Herbstblume abfallen, und umarmen eine Hore flüchtigen Glaces mit fliegenden Haaren und eitte Trauerweide mit hängenden Blättern, und gehen nach einigen ge­­pflückten Blumen und tiefgeschlagenen Wunden aus dem Traume unter dem Himmel in den Schlaf unter der Erde, — in den Vorhof ewigen Lichtes und Glanzes durch das dunkle Thor des schaurig finstern Grabes ein. — Allerseelen ft gelommen, das pietätsvolle Fest, wo Alles zu jenen NRasenhügeln hinauswandert, die ihr Theuerlied deden. Da werden Kränze von lebenden Blumen mit Thränen all ® Thauperlen auf die Gräber gelegt ; man erinnert die Zurückgeblie­­benen an die Ewigkeit — ohne Anfang und Ende! ! „Wenn es Dich beruhigt: vielleicht war’s Balthasar.“ „Dann sei Alles vergeben und vergessen. Und nun sollten­ wir doch einer oder zwei Flaschen Rin­­desheimer den Hals brechen !“ rief ich mit Thränen nein. Da werden Flämmchen angezündet, al Zeichen, daß Schmerz und Liebe um die Verlorenen fort­­brennt. Wie fühlt man sie da unter den Todten, — wie ums­chweben uns Diese lebendig, — man bringt Stunden in ihrer Mitte zu! Was wir glauben, daß vergeht, verschwindet nur, um an anderer Stelle in anderer Form und Gestalt wieder aufzutauchen. Ununterbrochen voll­­zieht sich der Stoffwechsel und dabei geht nicht ein Atom desselben nuglo8 verloren oder hätte nicht seinen Zweck. Wenn die Funktionen der Materie aufhören und der Körper, der die Seele umschließt, abstirbt, so lebt doch eines ewig fort. Dasjenige, was der Materie Leben gab, was das ganze Universum durchdringt — die Seele, der Geist! Der Geist und die Idee, beide leben in Ewigkeit als bleibende Gemeingut für die Mensch­­heit. Es zerfallen Leiber und Dinge in Staub und Ace — in der Gesammtheit des Geistes lebt Alles ewig fort! Am Abend unseres Lebens erlischt jenes Licht, das und in den finsteren wirren Gängen und La­­byrinthen des irdischen Daseins als Leuchte diente, gleich den Flämmchen auf den Gräbern draußen, doch mit seinem Erlöschen flammt eine mächtige Helle auf, die unsere Sinne blendet und erblinden macht, die für unsere Sinne zu grell und sehr beleuchteten Gegenden wie Dinge jener Geisterwelt — de8 Jenseits — untenntlich machen. Des Abends,wenn die Flämmchen auf den Gräbern erlöschen, erleuchten Millionen und Mil­­lionen Sternlein das Weltall. Uns erscheint das Lichtmeer dunkel und wir sehen nur einzelne fun­­feinde Punkte. So auch ist es im Menschenleben , wenn es Nacht in und wird, die schaurige Nacht des Erstorbenseins aller freudigen Regungen, aller aufrichtenden Hoffnungen, dann blinken mählig in unserem Gemüthe milde Sterne auf und leuchten mit zitterndem Strahle verschönernd und verklärend über den Trümmern unseres Lebensglackes, es sind die Sterne der Heiligen Religion und des trost­­reichen Glaubens an das ewige Leben. Das heißt, wir feiern dann gleichsam unbewußt im Gemüthe: Allerheiligen und Allerseelen. —— E. M. - Feuilleton, Mein Wunibald. Bon Arthur, Baron von Suttner. (Fortjegung und Schluh.) „Aber der Chinese“, unterbrach die reizende Kleine lachend, „da, er steht ja vor Ihnen, hier, mein Wunibald.“ „Cleopatra, ich verbitte mir alle ungeizigen Sperze!“ rief der Andere streng. Cleopatra — Wunibad! Endlich ging mir ein Petroleumdoht auf! Wir starrten uns alle Drei mehrere Minuten lang an. Jedem s­chien die Erleuchtung gleichzeitig gekommen zu sein. „Also Du warst dieser Elogiggrobe Melchior in der Annonce?* trug der Freund erstaunt. „Und Du, Damian warst .“ „Ich bitte Dich, nenne mich nicht mehr Damian. In Amerika habe ich den garstigen Na­­men: abgelegt; ich heiße jegt in und außer dem „Eingesandte Wunibald !“ „Wunibald, an meine Brust! Ich nehme den Chinesen zurück; aber nicht wahr, Du, Du kannst mir nicht geschichtlich beweisen, daß 8 Melchior war, welcher hinter Kometen einherrannte ?* f in den Augen. Der Kehrichtfrabbler wurde herbeigerufen. Er erklärte sich bereit, uns den gewünschten Sor­­genbrecher herbeizuschaffen. Bald jagen wir in völliger Eintracht um den runden Tisch in Wunnibald’s Zimmer. Die Ge­­schichte hatte sich zur allgemeinen Bel­­­­digung auf­­geklärt. „Sage mir nur, guter Wunibald, warum hast Du eigentlich die reizende Lee eine volle Woche hindurch seufzen lassen? Das war doch nicht edel gehandelt.“ „Was willst Du, bester Melchior, force ma­­jeure , ich habe diese lange Woche hindurch gesessen, — wegen — —­­ nächtlicher Aubhesterung, und daran trug unser Kleiner Zwist die Schuld. (Nach Cleopatra blinzelnd.) Ich war sehr schlechter Laune und zufällig der Nachtwächter­ deögleichen, der mich ersuchte, ruhig nach Hause zu gehen, statt um Mit­­ternacht einen Heidenpestafel zu machen; sei ver­­­­sichert, er war der Nüdesheimer, der den Spestafel machte, nicht ich, na, und das Ende des Liedes war, daß er mich auf die Wache eskortirte. Sieben Tage lang habe ich gebrummt, und besonders auf diese Heine Klee gebrummt, die so Halb und­ halb die Ursache war. Ja, ich fühlte mich so rachsüch­­tig gestimmt, daß­­ ich vielleicht weitere sieben Tage hindurch sein Lebenszeichen von mir gegeben haben würde, wenn mich nicht diese unberufene Hinein­­mengen eines Dritten aufgebracht, ja, ich gesteh's, eifersü­chtig gemacht hätte.“ „Also verdanke ich eigentlich Ihnen, daß die Versöhnung früher zu Stande kam, Sie guter Melchior!“ Cleopatra hatte sich erhoben und war auf mich zugeschnitten. „Du erlaubst, mein Wumm­ bald ?“ „Kur zu!" lachte der gute Kerl, und ein herzhafter Kuß, von weichen Lippen gespendet, brannte mir auf der Wange. * * * Drei Wochen später machten sie Hochzeit. Ich­ brachte ihnen zum Andenken an den Chinesen als Angebinde eine chinesische Pagode. In eine weitere Rettungs-Korrespondenz wollte ich mich seither nicht recht mehr mengen. Es war doch ein böser Einfall gewesen, der mit dem Chinesen­ Vo BR { Bo Alde, « «·’» Mk­­. som ·

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