Oedenburger Zeitung, 1891. März (Jahrgang 24, nr. 49-72)

1891-03-01 / nr. 49

» nicht etwa gegenüber der Mehrheit des Volkes,die »­«wahrscheinlich Ruhe und Frieden wünsche,sondern gegenüber einer anderen Minderheit, die 1870 „Nach Berlin!“ gerufen und jegt da in anderem Sinne gemeinte „Nach Berlin !“ der K­ünstler zum Schweigen bringe. « Auf die Berliner Börse wirkten die Pariser Depeschen überaus verstimmend.Die neue Anleihe fiel aufv86.Zuletzt herrschte völliger Marasmus. x . Die Meisten leiden­ selbst unter den Getreide­­zöllen und das badische Ministerium hat nach­­gewiesen, daß z. B. in der Gemeinde Königsbach von 370 landwirthschaftlichen Haushaltungen nur 60 in der L­age sind Getreide zu verkaufen, hin­­gegen 310, also 84% die nicht thun fünnen und dad mindestend 200 gezwungen sind Brod und Mehl zu kaufen. Wenn daher Deuts­chland die Getreidezölle herabjeßt, so geschieht dies nicht nur im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung, sondern auch im Interesse der Mehrheit der Produzenten selber. M. Die deutsche Getreidezolk-Debatte.­ ­»Brave Kinder verlangen nie Etwas,brave Kinder bekommen nie Elwas«—so sagte einst Fürst Bismarck:Dies haben sich die deutschen Agrarier sehr wohlgemerkt,sie haben von dem Staat Vieles verlangt und haben Alles erhalt. Jetzt aber können sie weder glauben noch begreifen,daß solche Begünstigungen keine ewige Dauer­ haben können.Sie sagen der Staatschwebe in Gefahr,wenn das jetzige Zollsystem beseitiget wird,das große­ Deutsche Reich werde in Verfall gerathen,wenn die Großgrundbesitzer des­ bisherigen Schutzzölle beraubt werden.Bei dieser Gelegenheit stellen die Agrarier ihre Klasse als Deutschland selbst hin und ihre Interessen,als die Interessen des gesammten Deutschen Reiches. diesen sind rund vier Millionen nur fünf Dom Tage OO vom Allerhöchsten Hofe. Vorgestern war großer Empfang bei Seiner­­ Majestät dem König, wobei auch Ihre Majestät die Königin Serc­e hielt und sich die in Budapest anwesenden Damen der ungarischen Aristokratie vorstellen ließ. Gestern empfing Seine Majestät den Kriegsminister Bauer und den von Wien in Budapest einge­­troffenen Minister des Reußern Grafen Kámnofy in besonderer Audienz. — Die Herren Erzherzoge Franz Ferdinand von Oesterreich-Este und Wilhelm Haben sich am 27. v. M. Früh von Budapest nach Wien begeben. Aus Rom wird unterm 27. v. M. telegraphirt: Erzherzog Franz Ferdinand wird den König von Italien nicht in Rom selbst, sondern in Venedig be­suchen, wo zugleich auch der Stoppellauf der neuen Panzerfregatte „Sizilia“ stattfinden wird. _ O Spenden des Königs. Seine Majestät der König hat dem Budapester Schülenverein 200 fl., der Gemeinde Wultendorf im politi­­schen Bezirk­ Mistelbach in Niederösterreich anläßlich des durchgeführten Schulbaues eine Unterftügung von 200 fl., der Gemeinde Erdberg im politischen Bezirke Mistelbach in Niederösterreich aus Anlaß des im vorigen Jahre durchgeführten Schulbaues eine Unterstüßung von 200 fl. und der Gemeinde V­ottenhofen im politischen Bezirke Mistelbach in Niederösterreich zur Bestreitung der Kosten des Schulerweiterungsbaues eine Unterstügung von 100 fl. aus Allerhöchster Privatkasse bewilligt.­­ Aus dem Reichstage. In der Tagesord­­nung stand Freitags die Versietung der Spezial­­verhandlung über den Gelegentwurf betreffs Re­­gelung der Konsjular-Gerichtebark­eit. Alexander Csanády glaubte, das Haus sei nicht beschlußfähig. Präsident ließ die Auszählung des Hauses vornehmen. Dieselbe ergab die Anwesenheit von 77 Mitgliedern. (Hievon gehörten zu der liberalen Partei 66.) Da somit das Haus nicht beschluß­­fähig gewesen wäre, wurde die Gigung auf eine Viertelstunde suspendirt. « die dritte Lesung der bereits?_ angenommenen DVor= lage, der Bericht des Kultus- und Unterrichtsm­i­­nisters über den Stand des öffentlichen U­nter­­richtswesens und die Vorlage über die NKon­­zesttonirung der Bizinalbah­n Harafti-Näcz­­feve. O Ein neuer Geheimrath. Er bestätigt sich, daß Seine Majestät die unlängst al bevor­­stehend gemeldete Ernennung des Sektionschefs im £. £. östert. Handelsministerium Dr. Heinrich Wittel (Eisenbahn-Departement) zum wirklichen ge­­heimen Rath beschlossen Hat und wird D diese Allerhöchste Verfügung bereits im Amtsblatte publizirt. Ü­berleitungen. Seine Majestät der Kö­­nig verlieh dem Nagysomkiuter Advokaten Josef Bap, in Anerkennung seiner Verdienste auf dem Gebiete der öffentlichen Angelegenheiten, tarfrei dhen Zitel eine Fön. Rathe3; ferner hat seine Maje­­stät dem Vorstande des Bahnbetriebsamtes der öster­­reichischen Staatsbahnen in Pontafel Franz Scaglia, das goldene Verdienstkreuz mit der Krone verliehen. O Die goldene Wase. Man meldet aus Rom: Sicherem Übernehmen nach wird eine kath­o­­lde Prinzessin (Erzherzogin Marie Ba­­lerie?), die kürzlich erst in den Eheverband getreten, heuer die goldene Note erhalten.­­ Die Ab­reife der Stafferin Friedrich von Paris. Die Abreise erfolgte am 27. v. M. vormittag, 10 Uhr 10 Minuten mit dem Boulog­­ner Zuge vom Nordbahnhof aus. Von Boulogne findet die Weiterfahrt nach Calais mit einem Son­­derzuge statt. Einige Hundert Neugierige und Vorüber­­gehende hatten si vor dem Nordbahnhofe anges­­ammelt, als ihn die Kaiserin betrat. Eine große Zahl derselben grüßte die Kaijferin. 3 wurden — wenigstens so meldet Offiziosus— seinerlei verlegenden Rufe laut, noch wurde sonst irgendwie demonstrirt.­­ Der Geburtstag des Fürsten Fer­­dinand von Bulgarien. Dan meldet unterm 26. v.M. aus Sophia: Anläßlich des Geburts­­tages des Fürsten Ferdinand wurden heute früh Morgens 21 Kanonenschiffe abgefeuert. Heute Vormittags fand auf dem Alexander-Plage in An­­wesenheit des Fürsten, der Herzogin Klementine, des Klerus, der Minister, der hohen Zivil- und Militär-Würdenträger, sowie der Garnison ein feierlicher Gottesdienst statt,­ worauf die Truppen vor dem Fürsten defü­irten. Ins Palais zurück­­gekehrt, nahm der Fürst die Glückwünsche der Synode, des Ministeriums, des Vizepräsidenten der Sobranje, der Gerichtsbeamten, des Klerus, der Offiziere der Garnison und der Hohen Zivilbeamten entgegen. "Abends findet im Palais ein Galadiner statt. Zahlreiche P­rivathäuser, sowie­­ Regierungs­­ämter sind mit Flaggen geschmückt. Abends er­­schienen die Mitglieder des diplomatischen Korps beim Hofmarschal, um ihre Glühwünsche für den Prinzen darzubringen. Aber diesmal werden ihre Anstrengungen vergeblich sein,der Reichskanzler hat erklärt,daß die Vertrags-Verhandlungen mit unserer Monarchie Aussichten auf günstigen Erfolg haben und dies kann nur dann behauptet werden, wenn die deut­­schen Getreide-Einfuhrzölle ermäßiget werden ; außer­­dem hat Reichskanzler Caprivi­an­ angedeutet, daß Deutschland im Begriffe stehe, auch mit anderen Ländern Tarif - Verträge abzuschließen und dies wäre gleichbedeutend mit einem DBruche mit der bisherigen Proteftional-Bolitif. Da aber die deutschen Agrarier die Vortheile dieser Bolitif bisher allein gewossen haben, werden sie auch die Kosten des Einlenkend in andere Bah­­nen zu tragen haben. Einer der Agrarier, die sich an der Debatte­­ betheiligt haben, verstieg sich zu der Behauptung, er sei eine Sünde, die Getreidezölle herabzufegen und es sei dies nur ein Höflichkeitsaft gegen die bairische Regierung, obwohl der Kanzler behauptet Hatte er geschehe dies im Interesse einer Preis­­verminderung der Lebensmittel. Ein anderer Agra­­tier fand sogar die regigen Getreidezölle noch zu niedrig und vertrat den Standpunkt, daß in der Gestalt der Einfuhrzölle das Ausland zur Tragung der Militärlasten Deutschlands beitrage. Ander wenn die Zölle Nagen bringen sollen, ist es nothwendig, daß der Produzent­ über P­ro­­dukte verfügt, welche er verlaufen kann. In Deutsch­­land gibt es 5.270.000 Landwirthschaften von Heftaren groß, oder noch kleiner, ja 3.066,831 sind Kleiner all zwei Heftaren. Die Beleger dieser Komplexe also produziren weniger, oder­ höchst und gerade so viel, als ihr eigener Bedarf in ihrem Haushalte ist. Provinz vor Europa offen besprechen, die Ber­­würfnisse, die sie zerfleischen, die Wahrheit, die himmelweit von den Täuschungen entfernt war, welche in allen­ Geistern und in aller Mund sr breit machten.“ (II. pag. 147). Diese Worte besagen zur Genüge, daß Stan­­­ley Recht hatte, Emin für unaufrichtig und unent­­schieden zu halten. Er schilderte dies seiner Zeit prächtig in seinem Buche folgendermaßen: „Nach unserer Verein­­ung konnten wir in wenigen Tagen den Mari­nei­ Sansibar aufnehmen. Aber der Baja Hatte ci­e omin die Weile. Wenn ich ihm die Rückkehr nach dem Meere vorschlage, pflegt er sich aufs Knie zu Hopfen und zu lächeln, als wollte er jagen: Wir werden ja sehen. Bezüglich de Ausbruches der Revolution ‘in Nequatoria, deren Ursache die Freunde Cuning nur in der Mißtrauen erweckenden Ankunft Stan­­ley erbliden, sagt Cafati, daß dies­ allein den ver­­fehrten, Mafßregeln Emind zuzutschreiben sei, der streng war, wenn Milde geboten schien und umge­­kehrt, Alles verzeihend, wenn Strenge am Plahe gewesen wäre. Miedrigend waren die Zustände Arcaquatoriad lange vor Stanley’s Ankunft gänzlich zerrüttet. Einige Vorfälle von Disziplinlosigkeit im Jahre 1868 schildernd, Sagt Bafati: „Emin seinerseits, ohnmäc­htig die Zügel des um sein An­­sehen gekommenen Kommandos zu fallen, wiegte sich in der eitlen Hoffnung auf ein besseres Morgen, das irgend ein unvorhergesehener Umstand heraufführen möchte.“ Und an anderer Stelle: „Die innere Lage der Provinz hatte sie nicht gebessert. Die Duldung Hatte zur Lösung der Disziplin geführt und zur Unordnung Hingerisfen; das Ansehen des Gouverneurs galt nahezu nichts mehr, es war nur noch­ eine läc­herliche äußere Ohrenbezeugung, was ihn umgab.“ Im November 1887, al Stanley­no in den Wäldern zwischen den Flüssen Ihürü und in der wieder aufgenommenen Sitzung wurden die SS. 10—23 ohne Debatte erledigt. Die nächste Sigung findet am nächs­ten Mo­n­­tag statt. Auf der Tagesordnung derselben steht Stari irrte, war Emin schon in Gefahr, von seinen Leuten gefangen gesegt zu werden. Gafati schildert es folgendermaßen: „Ali Uga sollte Emin fest­­­nehmen und ihn nach Gondoforo bringen, wo er unter Bewachjung gefangen gehalten werden sollte. Nächtlicherweise, ohne Begleitung, ohne seine Kleider aus dem Bette gejagt, floh er, um sich in Mingi einzuschließen — —*. Fallen wir nun den wichtigen Moment ins Auge, als Emin endlich bei Stanley erschien, um die Modalitäten des Abzuges festzustellen. Hier charakterisirt ihn dieselbe Unentschiedenheit und Schwäche. Cafati sagt: „Am 22. Februar kam Emin an und that mir die mit Stanley abge­­schlossene Vereinbarung fand. Er­ hatte seinen der Bunste erörtert, die aufrecht zu halten er sich vorgenommen hatte“. Ein solcher Charakter konnte dem energischen, ja gewaltthätigen Stanley Tem­eswegd sympathisch sein und das ewige Zundern und Schwanfen Emins mußte aufreizend wirken. Stanleys Charakter ist in der legten Zeit viel verlästert worden und stehe daher hier, was Cajati, der sein Freund nicht war, von ihm sagt: „Stanley ist ein durch die Kraft seines Wesens, die Entschlossenheit seines Herzens, die Raschheit seines Geistes und einen eisernen Willen hervorragender Mann. Schwierigkeiten ent­­muthigen ihn nicht, Unglüc erschredt ihn nicht; mit au­ßerordentlicher Lebhaftigkeit des Geistes findet er rasch einen Ausweg. Unumschränkt und hart im V­ollzuge seine Dienstes, nicht immer vor­­sichtig gegen überstürgte und irrige Urtheile, fan­n er doch Unentschloffenhge u­nd Schwan­­sen derart erbittert werden, daß er seine gewohnte Würde verliert. Vorsichtig und sparsam im Sprechen, wenig gesellig, erregt er sein Gefühl der Sympathie, aber häufiger Um­­gang macht ihn angenehm in Folge der Offenheit seiner Art, der Bestimmtheit seiner Rede und der Reinheit eine Gentleman“. (II. pag. 222.) Während Stanley stets zum Aufbruche trieb, zögerte Emin immer mehr. Lassen wir Cafati reden: „Emin sgwankte, er war ungewiß. Einer­­seits zwar­­ regte sich in ihm das Verlangen, zwischen sich und die Leute von Wadelai eine schöne Ente­fernung zu bringen, andererseits beherrschte ihn ein gewisses Schamgefühl darüber, seinen Einfluß ab» gethan und si vollständig dem Willen der Eng­­länder unterworfen zur sehen, so daß er ihnen wie eine Siegestrophäe zu folgen hätte. Er zauderte"— ze. Bafati s­elbst war für den Wufichub; er wüns­chte, daß alle Egypter, die noch in Wadelai weilten, aber sich zur Rückkehr in die Heimath be­­reit erklärt hatten, Zeit hätten, sich um Stanley zu sammeln. Dieses aber zu verhindern, hatte leiterer die triftigsten Gründe. E$ war ihm hin­­terbracht worden, daß die Egypter falsches Spiel treiben und seine andere Absicht haben, als die Entlagerpedition der Waffen und der Munition zu berauben und dann ihrem Schidjabe zu über­­lassen, was zu einer großen Katastrophe geführt hätte. Als am 4. April 1889 einige der schon bei Emin weilenden Egypter den Ber­uch machten, nächtlicherweise Stanley’s Zansibariten die Waffen zu stehlen, geriet­ Stanley in entjegliche Wuth. Gleich am Morgen begab er sich in Emind Woh­­nung und machte ihm eine heftige Szene. Er stampfte mit den Füßen und entfernte sich endlich mit dem Rufe: „Goddam! Ich rasse Sie mit Gott, und das Blut, das fließen wird, mag auf ihr Haupt fallen“. Emin war bleich vor Zorn und Werger und sagte zu dem herbeigeeilten Cafati mit zitternder Stimme: „Heute zum ersten Male in meinem Le­­ben bin ich mit Insulten bedecht worden. Stanley hat jegliche Grenze de Anstandes überschritten“. Fünf Tage später war die Expedition unter­­wegs nach Banfibar, [] (Csepreg.) &

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