Oedenburger Zeitung, 1891. November (Jahrgang 24, nr. 250-274)

1891-11-01 / nr. 250

ER Honntag, 1 Youember Ar. 250. 1891 xxlv.3abrgang. OrdenburgerBeitung, Mrnan für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, sowie für soziale Interessen, Adminiseation, Dering und Inseratenaufnahme, Buchdenderin­g, Nomm­alter­­ Sohn, Grabenrunde 121, Einzelne Nummern Rollen 5 Kreuzer. Inserate vermitteln: im Wien: Hafenstein , Vogler, Wall­fischgafse 10, U. Doppelif, I, Stubenbastei 2, Heinrich Schaler, 4% Wollzeile 12, R. Mosse, Seilerstätte 2, M. "Dates, I., Rienter­­gafse 12... Budapest: Zaulus Gy.., Dorotheagafs­e 1, Lesp. Lang, Gisellaplag 3, A. ©. Soldberger, Servitenplag 3. Insertions:Sebtißren: Tas Blatt a täglich, mit Ausnahme des auf einen Com­= oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations:Preise: Für Loco: a 10 fl., Halbjährig_5 fl., Vierteljährig 0 fl., Monatlich Ei: Für Auswärts: Gange­rs K; „zelbiäteig 7 fl., Biertelj ährig 3 Ale für das Blatt ter. eine, mit Ausnahme von Inseraten, Prämemterations- und Insertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. 5 fr. für die ein-, 10 fr. für die ziweis, 15 fr. für die drei», 20 fr. für die vierspaltige und 25 fr. für "die durchlaufende Petite zeäle erelasive der Stempelgebühr von 30 fr. Be mehrmaliger Einschaltung bedeutender Nabatt, Allerseelen und Allerheiligen. Dedenburg, 31. Oktober. Mit eifig Falter Botschaft hat der Winter schon vor drei Tagen den Nordwind ins Land ge­sendet und seine Ankunft zu vermeiden, und bereits sind auch von der Grau-in Grau verdüsterten Fir­­mamentswölbung Schneefloden herabgewirbelt, die uns daran gemahnen sollen: thut Flaum in Eure Kiffen, Flaum in Eure Oberbetten, denn es wird falt, bitter falt! und wie die Todten unter den Leichenhügeln, so muß auch die Natur erstarren, so muß auch sie fh­­m die weißen Laien des Sterbe- Heides hüllen, denn der Winter hält seinen Einzug, der Winter, der grimme Würger alles vegetabilischen Lebens im Walde und auf der Wiese, in Slur und Au. Nur auf Gräbern legt er noch die Teicten Blumenfränze, auf Gräber fällt noch einmal der helle Schimmer wahren Himmelsglanzes von den Lichtern ausgehend, die lautere Menschenliebe, from­mes Gottvertrauen und sinnige Pietät dort anzün­­den — am Allerseelentage. Allerseelen! Welch’ eine hochernste, be­­wedte, Heilige Beit. Zielsinnig Eringt das Leben der Kirche mit dem Leben der Natur zusammen. Längst ist das Stern in den Speichern, der­­ Traubensaft im Seller, aber die Spreu hat der Wind verweht und die Treber sind verbrannt. So scheidet auch nach der Lehre unserer Heiligen Religion der Herr , den Weizen von der Spreu und gibt den werthlosen Abhub den Flammen preis. Auch der Tod, der Alles überwindet, hat bereit feine Garben von heuer eingeheimst, sie liegen unterm Nasen aufge­­speichert bis zum himmlischen Erntefeste ! Wie über Gräbern liegt Stille und Friede über Feld und Flur. Die munteren Sänger in Hag und Busch sind verstummt, sie haben sich längst aufgeschwungen und sind Heimgegangen „in ein hesseres Land“. Gelb fallen die Blätter, die jüngst fröhlich noch gegrünt, von den Bäumen und der rauhe Boreal treibt sie rauschend vor sich Her über den erstarrten Boden, wie ein grausamer Sieger die überwundenen todesmatten Schaaren. Nebel, Däm­­merung und Nacht ziehen herauf und nur hie und da fällt noch ein Sonnenstrahl auf die verödete Erde. Die eigentlie Signatur der Zeit sind aber graufeuchte Nebelschleier, sie umhüllen das weh­­müthige Bild des Friedhofes, nach dessen Gräbern die Lebenden morgen pilgern, um Blumen­­kränze als duftige Opfergaben der Erinnerung an ihre Zedten zu weihen. In liebender Erinnerung ziert der Ueber­­lebende die Gräber seiner theuren Abgeschiedenen mit de3 Jahres Tegten Blumen, ehrt er ihr Ge­­dächtniß durch Thränen und Gebet, empfindet wie­­derum aufs Neu’ das Leid, die Leiden all des herben Abschiedsschmerzes und fühlt zugleich doch ihre Segensgrüße und die Hoffnung auf ein Wie­­dersehen in einer besseren Welt. Wohl sind die Zeichen äußeren Schmuded nur ein Schwacher Aus­­druck dessen, was da drinnen unvergeblich wurzelt, doch die geweihte Stätte, wo der Staub ausruht vom bunten Traum des Lebens, sie war von je­der Menschheit Hoh und Heilig als der Friedens­­ort, wo fü­r die ernste Majestät des Todes thront, wo der Todesengel seinen großen Garten pflegt, mit immer neuen Samenklörnern ihn bestellend, zur Frucht des Reiches Gottes. Geschlechter wandern nacheinander zu Grabe, neue erstanden, die Zeiten, die Jahrhunderte vertauschen, ziehen hin zur Emwig­­keit — der Todten-Kultur aber bleibt so lange Staubgeborne hienieden wallen. Er ist tief und innig und unvergänglich, nach wie vor sich Heftend an die Spuren der Lebendigen als Band, das mit dem Senseit3 jte verbindet. Hinausziehen Alle mit den besten Gaben, — groß die Kleinste oft, ja größer als die prächtigste! — wie die Lichter Schimmern zum Gedächtnisse der armen Seelen, auf den Gräbern, in den Häusern, je nachdem althergebrachte, liebgewordene Gewohn­­heit die Art der Todtenfeier vorschreibt und ver­­erbt auf Kind und Kindeskind. — Mit hoffnungs­­vollem Grün, mit blumenreichen Kränzen verhüllt die Hand der Liebe den Tod, und heller Auferstehungs­­glanz steigt als Tröster aus der Grüfte düsterem Moder auf, doch alle diese Lichter, diese Blumen tragen nit nur äußeren Schmuc Hin auf die legten Schlummerstätten, sondern zugleich an tiefen, ersten Sinn in sich. — Die abgebrochene Säule, die oft al Denkmal der Erinnerung dient, sol das jähe Abbrechen des Ordendajeind dar= stellen ; die dunkle Cypresse, die gern auf Gräbern hochragt, deutet die Trauer an, bei uns, wie schon vor grauen Zeiten im Orient; — tief trauernd neigt die Trauerweide sich herab zum Grabe und immergrün erhebt der frische Lebensbaum die hoff­­nungsvolle Krone. Immortellen predigen die Unvergänglichkeit und Unvergessenheit der abge­­geschiedenen Seelen, unschuldsvolle Lilien sprosfen aus den Grüften reiner, früchgefnischter Jugent­­blüthe, Noten und Bergigmeinnicht sind Zeichen siebenden Gedenkens und die hohe Sonnenblume strebt empor zur Sonne, auf gen Himmel, in dessen Sinnbild die sternartige After ist. Weist das Kranz­­gewinde selber dohh — o­hn’ Anfang, ohne Ende — hin auf den Kreis der Ewigkeit! — Eines der schönsten, der erhebendsten Symbole unseres Todten­­fultus aber ist die Taube, das h­olde, sanfte Frie­­densbild mit dem Derzweige, die schneeige Taube, die vom Grab empor Himmel an sich schwingend, die Seele darstellt, die frei und ledig von des Körper Banden, hinauf fi Schwingt zu den lich­­ten Höhen! Laßt uns heute, indem wir des Friedens- Sinnbildes gedenken, auch eines fostbaren herrlichen Himmelgutes und erinnern, daß wir nahezu auf immer begraben zu haben scheinen, der todten Ideale! Kein Kirchhof birgt sie, sein Grab be­­deckt sie, aber­ doch sind sie verweht­nd gestorben ! Ber weht im Sturme der Leidenschaften, der sprö­­den Selbstsucht; und gestorben, weil sie dir Nüchternheit, ver Materialismuch unserer — Aber, Ihr irrt Euch, bei Gott, Euch! stöhnte ich. — Bei Weiten nicht, Ivan Beletoff, meinte der Hauptredner der Horde, Du­ bist gerade der Höllenbraten. Bald wirft Dir baumeln und dann haben wir M­uhe vor Deinen Mitfeldaten. Für uwahr, eine angenehme Situation! Hilfe konnte ich von seiner Seite erwarten, meine Ver­­suche, den Zentrum aufzuklären, waren vergeblich: Niemand glaubte mir. Und als ich nun gar sagte, daß ich Deutscher sei und daß Alle Hart bestraft werden würden, falls man mich hängte, da lachte die Bande Hell auf. — Netichewo, Ivan Beletoff — dad machh nichts — nach Dir fräht sein Hahn! — Dur behauptest also, Dein Name es nicht Span Beletoff! begann jegt der dide Wirth. — Ich bin ein Deutscher und habe niemals so geheißen ! Große Heiterkeit der Umstehenden. — Als ob wir ihn vergessen könnten, den Ivan, der mit und aufgewachsen ist, mit dem wir als Jungen gespielt Haben! hieß «8 von vielen Seiten. — Also, Du bist nicht zurückgekommen, um die Stadt zu plündern und allen Leuten eine Höl­­fenangst einzujagen? fragte der Wirth weiter. — Gigerlih nit! — &o — so mein Brüderchen! Also Du bist an nicht in meinen Laden gekommen, Hast nicht meine ehrbaren Kunden vertrieben, hast Dich nicht an meinen Waaren vergriffen und über eine Stunde lang als Herr meines Eigenthums­ geschaltet — he, Ivan Beletoff. (Fortjegung folgt.) Ihr irr Feuilleton, Mein Doppelgänger. (Fortjegung.) Aber ich Habe Ihnen niemals etwas zu leid gethan, Ivan Beletoff — — — San Beletoff ? wiederholte ich, so heiße ich ja gar nicht ! — Nicht Ivan Beketoff? Du — das ist ja gut — ja, ja — Sie — Du — Du heißt ja anders, ganz anders. — Nun, mir kann es gleich sein — Du weißt — ic verrathe Dich nicht — niemals? — — niemals, Ivan Beketoff! Und der Dice stolperte fort, um das DBer­­langte zu holen. Einige Minuten später schlot­­terte er wieder mit einen Zeller h­eran, auf dem Brod und Käse lagen und sagte mit vibrirender Stimme: — Mache 3 Dir bequem, Ivan Beketoff, thue, al ob Du zu Hause warst und greife zu! Nach­ diesen Worten rannte er eiligst davon. So sah ihn ohne Mitte und Rod die Straße hinabeilen, wie von Furien gepeitscht. Augenschein­­lich hatte mein Erscheinen den ganzen Ort auf den Kopf gestellt, oder ich war in eine Ansiedlung von Betrüchen gerathen. Doch ich war hungrig und sp aß und trank i­. Eben Hatte ich den rechten Biffen verzehrt und mit einem Glase Branntwein hinuntergespült, als plöglich lautes Geschrei von der Straße herein­­drang, begleitet von Gewehrsalden. Die Kugeln zersplitterten die Fensterscheiben und schlugen in die Decke. Instinktiv jenste ich den Kopf und lief ins Freie. Zu meiner größten Verwunderung sah ich den Kreticham von einem Pökelhaufen umstellt, mehrere Hundert Köpfe statt und jeder der Kerle hatte eine Waffe bei sich — Gewehre, Bistolen, Sensen und Heugabel. Al­sich der Mob sah, erhob er ein lautes Gebrüll, doch als ich Miene machte, die paar Stufen Hinabzueilen, ftob er schleunigst nach allen Seiten auseinander. Da­ß 3 mun zweifellos war, daß die Leute eine ganz eigen­­artige unbegreifliche Furcht vor mir hatten, so be­­schloß ich, so Schnell al möglich diesem unheim­­lichen Orte zu entrinnen. Kodeylar, durch das Lärmen und Schießen unruhig geworden, wieherte mir zu. Eben im Be­­griffe,das Thier loszumachen, fühlte ich mich rüd­­ling von kräftigen Armen ergriffen und zu Boden geworfen; in wenigen ege hatte man mich an Händen und Füßen gefesselt. Ein allgemeines Hurrah ershell und bald darauf umgab mich die tobende Rote. — Bir haben ihr! Haben ihn nun endlich ! — 3a, Ihr Habt mich, warum aber Habt Ihr mich denn nun eigentlich ? — Hört doch an, riefen Einige aus der Deenge, wie er seine Sprache verstellt, der Spit­­bube! Er redet wie ein Deutscher! Ja, ja — er ist ja auch lange bei den Deutschen gewesen, als er noch Diener war bei dem Grafen. Warum wir Dich Haben ? Num, um Dich zu hängen, Brüdder­­chen, der Polizeimeister hat nichts dagegen, daß Du Dieb, Du Näuber, Du Mörder endlich einmal baumelst ! Zür Abonnenten siegt Heute Ar. 44 de „Sluftrirten Sonntagsblattes““ bei. Sie ein i­deller Bogen Zeiten, NEBERN 1ER REAL

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