Oedenburger Zeitung, 1892. April (Jahrgang 25, nr. 76-100)

1892-04-01 / nr. 76

Jahrgang. Yedenl unge Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirhschaft, Sl für soziale Interessen, Einzelne Nummern Rollen 5 Kreuzer. =R, April 1892, Rhenos." Buhtenkerri &, Romtvalter & Sohn, Grabenrunde 121, Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme der auf einen Sonn- oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations-Preise: Für Loco: Gangjährig 10 fl., Halbjährig 5 fl., Bierteljährig 50 fl., Monatlich 5 fl Für Auswärts: Gang ER fl., „Bauteig 7 fl., Biertel­ jährig 3 Alle für das Blatt knnten neu, mit Ausnahme von Inseraten, Brämmerations- und Injertionsgebühren, sind au­ch Rebastion portofrei einzusenden. Administration, Verlag und Inseratenaufnahme; „Dedenburger Zeitung“. Mit 1. April begann ein neues Abonne­­ment auf die in den XXV. Tag getretene „Dedenburger Zeitung.“ Diefelde Bringt jeden Sonntag, das „sun ekrte Sonntagsblatt‘ ferner an jedem 1. und 15. des Monats die ilusieirte Beitfärift ‚„‚Sedem Etwas”, Pränumerations- Preise: Ganzjäh­­rig 10 fl., Halbjährig 5 fl., vierteljährig 2 fl. 50 Ar. foco Wedenburg; Auswärts: Ganzjährig 14 fl., Halbjährig 7 fl., vierteljährig 3 fl. 50 R. Das Abonnement Raun­and mit jedem anderen Sage enfrrrt werden und laden Hiezu Höflich ein Die Redaktion. Die Meministration, Unfersions:Sebüßren: 5 fr. für die eins, 10 fr. für die ziweis, 15 fr. für die­rdreis, 20 fr. für die bierspaltige und 25 fr. für "die durchlaufende Petite eile erelasive der Stempelgebühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einhaltung bedeutender Rabatt. Inserate vermitteln: in Wien: Hasenstein , Vogler, Wall- Richgasse 10, 4. Oppelif, I., Stubenbastei 2, Heinrich Schalek, I Wollzeile 12, R. Mofse, Seilerstätte 2, M. "Dues, I, Riemer gafe 12. Sn Budapest: Baulı3 Gy., Dorotheagaffe u, Leop. Rang, Gisellaplag 3, A. ©. Goldberger, Servitenplaß =. Die politische Moral. Dedenburg, 1. April. ‚In der „Köln. Zeitung“ wurde kürzlich die politische Moral in Ungarn als „tief ge­­funden“ bezeichnet. Als Beweis hiefür sollte die nachstehende Behauptung dienen, für deren Stich­haltigkeit jedoch die genannte Zeitung gar feine Belege liefert, sondern sie nur flipp und Elar mit eiserner Stirne aufstellt, in der Ueberzeugung, daß die guten Kölner diese Verdächtigung der un­­garischen Parlamentarier auf Treue und Glauben hinnehmen werden. Die Anschuldigung lautet: „AUS vor zwei Jahren Graf Szapäary Minister­­präsident wurde, Hatte er jene Obergespane in Siebenbür­­gen, die dem Ausgleiche­ mit den Sadhsten im Wege standen, entlassen und dem Abgeordneten Julius Horváth, der als „Sachsenfeind“ bekannt war und alle guten Geschäfte in Siebenbürgen mittelst seines Einflusses auf die Negie­­rung in Beschlag nahm, den Bradford Höher gehängt. Der Gemaß regelte schwor ihm man Rache und organisirte in Siebenbürgen mit Hilfe Apponyrs die Natio­nal­­partei. Er betreibt die Bolitit al Geschäft, will ,,‚king­­maker‘ (Königmacer) werden, Szapáry stürzen und Julius Horváth Begünstigungen zu ges­ben. Nach­ diesen Worten rette sich der Tat präsident. Horänßky erhob sich von Neuem und erklärte, daß er die Antwort des Ministerpräsiden­­ten für seine P­erson zufriedenstellend findet und­ zur Kenntniß nimmt; er fügte aber hinzu, daß die Antwort des Ministerpräsidenten nicht im Na­­men des Gesammtministeriums geschah, da doch die Interpellation an das Gesammtministe­­rium gerichtet wurde. Die Antwort des Minister­­präsidenten habe nicht nur das Dunkel nicht ver­­drängt, sondern, wenn dies eine definitive Antwort auf die Interpellation sein soll, so ist dies nichts Anderes, als ein Ausweichen vor der Antwort Und von Neuem betonte er, daß die Moralität des ungarischen öffentlichen Lebens fordere, daß der Ministerpräsident auch Na­­mens des Gesammtministeriums antworte. Ministerpräsident Graf Szapáry hob hierauf kurz hervor, daß er die Moralität des ungarischen öffentlichen Lebens nicht gefährdet sieht durch den Artikel der „K­ölnischen Zeitung.“ Und damit legte er sich neuerlich nieder. Die Aufregung der Situation wuchs zus­­tehends. Julius Horváth, vor Zorn zitternd, rief todtenbleich dem Ministerpräsidenten zu: „De ms nad hat mich Tipa bezahlt!" — Hor vänßty stand zum dritten Male auf und hob hervor, daß der Ministerpräsident auch darum im Namen des Gesammtministeriums­ antworten müsse, weil der Artikel der „Kölnisshhen Zeitung“ nicht nur Julius Horvaath angreife, sondern auch die ungarische Regierung, welche verdächtigt wird, daß sie Julius Horväath Geschäftsnachlässe gemacht hatte. Hierauf antwortete der Minister­­präsident gar nicht mehr.. Liebhaber. Je mehr Du außer Dich geräthst, desto energischer wirft Du nun für Deine Sache ein­ treten. Ich wollte Dich nur etwas in euer bringen.“ „Es ist also Alles nicht wahr ?“ fragte er stehenbleibend. „Du, Alles. Auf mein Wort. Uebermorgen erwartet Herr von Osten Tilly Entscheidung. Bis dahin Hast Du also noch zwei Tage. Nuße sie zu Deinen Gunsten! Ich wiederhole Dir, nimm die Sache nicht leicht! Du täuschert Dich gewaltig über die Chancen Deines Nebenbuhlers. Und übrigens: Tilly zeigte mir den Brief, um meinen Rath ein­­zuholen. Ich Habe das Glüd, als alternde Jungfer merkwürdig viel Vertrauen bei jungen Mädchen zu erweden.“ „Run? Und welchen Rathhaft Dur ihr denn gegeben Feuilleton, Aller guten Dinge. — Novellette von Konrad Telmann — KHahdrud verboten.­ (Zortregung.) Ewald machte ein Höchlichst verdußtes Ge­­sicht. „Du sceinst mit der Zeit zur Allerwelt,­ vertrauten in unserer lieben Vaterstadt zu werden!“ sagte er nicht ohne Empfindlichkeit. „Anny gesteht Dir umnverfroren ein, daß sie mich zu entbehren weiß und Tilly zeigt Dir sogar — aber ist da denn wirklich wahr? Dieser Doften — er ist da unglaublich. Und was hat sie ihm denn geantwortet ? Hat sie ihm ordentlich heimgeleuchtet ? Ich hielt das ganze, offen gestanden, für eine müßige Er­­findung.” „Oh, das ist sie gar nicht. Reelle Wahrheit. Und Tilly Hat fi drei Tage Bedenkzeit ausgebeten." Ewald stieß eine h­öhnische Sache auf. Bedenk­­­zeit? Du scherzeit. Sie kann sich da noch bedenken ? Aber das ist ja unmöglich. „Höre, Ewald, ich verstehe Dich gar nicht mehr recht,“ fiel Martha Kopf schüttelnd ein. „Du hast eine Art, über die andern Männer zu urtheilen — als ob es außer Dir nicht auch noch ernst zu nehmende Bewerber für junge Damen geben könnte!“ „Ach ja, ja, ja,“ machte er ungeduldig. „Aber dieser Osfen! Ich begreife gar nicht, wo folch’ ein Mensch die Kourage Hernimmt, um ein Mädchen, wie Tilly, zu werben. Ich an ihrer Stelle hätte ihm doch gleich von vornherein derb die Wahrheit gesagt, statt ihm auch nur drei Tage lang die Hoff­­nung zu hoffen, die Möglichkeit freizuhalten —* „sa, aber Du verfennst Tily durchaus,” unterbrach ihn Martha. „Diese Möglichkeit ist gar nur so ihm wächlich, wie Dir ohne weiteres annimmt, Apponpyi zum Ministerpräsidenten machen; das ist das einzige Mittel für ihn, von der Negierung neue Zuge­­ständnisse zu erhalten, die Szapary ihm verweigert.” Anläßlich dieses perfiden Anwurfes wendete sich der Abgeordnete Ferdinand Horänßky, an das Kabinet, nicht etwa an den Minister­­präsidenten allein, mit folgender Interpellation : „1. Steht die Mittheilung der „Kölnischen Zeitung“ mit der in welcher Form immer zustimmenden Kenntnis der geehrten Regierung oder ihres Preßbureaus im Zu­­sammenhang ? 2. Hat die Regierung oder irgend­ein Mitglied derselben dem Heren Abgeordneten Julius 9­orvath in dessen privaten Angelegenheiten eine mit einem materiellen “ Vortheile verbundene Begünstigung gegeben oder einwirkt ? 3. Wenn ja, dann wolle der Herr Ministerpräsi­­dent die hierauf bezüglichen Fälle einzeln aufzählen, damit das Haus in der Lage sei, die in dieser Hinsicht vorge­­kommenen Geschehnisse in Erwägung zu ziehen." Das obige Begehren Horanpfy’s war nicht nur in der loyalsten Form gestellt, es war nothbwendig, denn es galt ja die Infinuation, als ob die politische Moral in Ungarn im Niedergang begriffen sei, mit Nahhdruch zurückzus­teifen, stünde ja doch font die Reputation des Parteilebens, die Lauterkeit der un­­garischen Regierung und das Ansehen des Abgeordnetenhauses auf dem Spiele. Kaum hatte Horanfkny diese feine Inter­­pellation gestellt, als auch Ministerpräsident Graf Szapäry fi zur Antwort erhob. Das ganze Haus tauschte äußerst gespannt den Worten des Ministerpräsidenten. Graf Szapäry erklärte kurz, daß er sich mit den Ausführungen der „Kölnischen Zeitung“ nur solidarisch erklären künne. Auf die übrigen Bunfte übergehend, er­ Härte er mit derselben Kürze, daß er weder als Aderbauminister, no als Ministerpräsident und Minister des Innern in der Lage gewesen ei, Frau von Osten,­­ Freifrau von Osten, das Elingt, das reizt. Er ist viel Hübscher, als Tily Müller oder meinetwegen Molinaro. Er würde sich auf dem Theaterzettel wundervoll ausnehmen. Und es gibt zugleich eine Stellung in der Gesellschaft, die auch nicht zu verachten ist, am wenigsten für eine Schneider­tochter, wie Tilly. Bühnenheldinnen, die berühmt werden wollen, heiraten immer adelige K Kavaliere, das fannst Du in allen Theateralma­­nachen lesen, und damit ist ja auch­ beiden Theilen geholfen. Auf eine Freifrau von Oiften wird man selbst auf den Brettern viel eher aufmerksam, als auf ein Fräulein Molinaro, wie die Welt mım einmal ist. Dazu gefällt Often den Frauen eben besser, al Dir. Kurz, die Sache ist denn doc gar nicht von der Hand zu weisen, sondern im Gegentheil viel, viel gefährlicher, als Dur meinst.“ Ewald hatte ein paarmal spöttisch aufgelacht und dann angefangen, durch’s Zimmer Hin und her zu laufen. „Das wird ja immer besser,“ rief er: „Du nimmst also noch quasi ihre Partei! Die­­sen Oaten ernsthaft alle Bewerber sich zu denken ! Es ist haarsträubend. Und weshalb hat sie Dir denn eigentlich seinen Brief gezeigt? Im Grunde ist das doc jeder imbisfret. Sie fühlte sich wohl noch­ gar geschmeichelt und wollte si vor Dir brüften, wie? Herrlich! Herrlich! Wahrscheinlich hat Dorten diese Briefe doch gleich Lithographirt vorräthig, denn er braucht ja alle vier Wochen einen neuen. Und ein Weib wie Tilly, geht ihm auf den Leim! Man möchte den Glauben an das weibliche Geschlecht überhaupt aufgeben, wenn man dergleichen erleben muß!“ „Bravo! Bravo!" machte Martha, während er si mit beiden Händen durch die Haare fuhr, so wollte ich Dic­, das ist die rechte Stimmung, die sich für Dich schtet. Du warst merkwürdig apathisch und phlegmatisch geworden für einen ? „Den, daß sie dod ganz allein mit sich selber ausmachen müsse und daß ich im selchen Dingen ihr ebensowenig rathen könne, wie irgend ein And drer. Ich habe sie nebenbei sogar darauf Hinge­­wiesen, daß sie ja noch andre Bewerber habe, die doch auch in Rechnung zu ziehen seien. Weiter konnt' ich nichts für Dich than. Nun mach’ es selber mit ihr aus und bringe Deine Sache zu gutem Ende.“ „Du bist ja Heute merkwürdig für diese meine Bewerbung um Tilly eingenommen, Martha,­ sagte Ewald gedehnt: „Da Du mir gesagt hast, Dur feiert sicher, dort Dein Lebensglüc­ zu finden. — Und Dir finde ich heute merkwürdig lau, Ewald. Deine Rage Scheint schon wieder verflogen.* „Sag’ lieber, meine Indignation,“ fiel er ruhig ein. „Uebrigens dan’ ich Dir für Deine Nachricht Herzlich. Ich bin nun ganz mit mir selber im Klaren über das, was ich zu thun habe.“ (Fortlegung folgt.) Zur Abonnenten liegt Heute Nr. 6 von „Jedem Etwas“ bei.

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