Oedenburger Zeitung, 1892. Mai (Jahrgang 25, nr. 101-125)

1892-05-02 / nr. 101

a »»:.«sszw7«-z-«si-.k-s-W www-; qg-1,.«­­Ar. 101. Xxv Jahrgang- Montag, War 1892, as denburger Zeitung edigen für Politik, Handel, Industrie und Ein Anzeihinif, sowie für faziale Snteresse. Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonne oder Feiertag folgernden Tages, Pränumerations:®treife: Für Loco: Ganzjährig 16 fl., Halbjährig 5 fl., Vierteljährig 2 fl. 50 fl., Monatlich 1 fl. Für Auswärts: Ganzjährig no fl. „yelbjährig 7 fl., Biertel­ jährig 3 Alle für das Blatt ren. Etwa mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations= und Infertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. Buchdenkerei &. Nomm­alter & Sohn, Grabenrunde 1, Einzelne Nummern Rotten 5 Kreuzer. Infertions:Sebüßren 5 fr. für die ein», 10 fr. für die z­weis, 15 fr. für die drei«, 20 fr. für die vierspaltige und 25 fr. für "die durchlaufende Petite eine evclusive der Stempelgebühr von 30 Fr. 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Diese Verurtheilung — erklärte der Justiz­­minister — erfolgte auf Grund de­r 155 des Militär-Strafgefethes, welches die Strafe mit Serfer von 1 bis 5 Jahren bemißt. Die renitenten Offi­­ziere, beziehungsweise Offiziers-Stellvertreter erhiel­­ten geringere Strafen zuerkannt, wahrscheinlich wegen mildernder Umstände. Was die Nebenstrafen betrifft, so bafften die­­selben auf den SS 45 bis 49 des M­ilitärstrafge­­en welche bei der Verurtheilung für gewisse Verbrechen Nebenstrafen bedingen. Dieses ist meine Antwort auf die erste Frage. Der interpellirende Herr Abgeordnete kann daraus ersehen, daß die strafgerichtliche Behandlung der Schuldigen nur nur eine normale, sondern sogar eine gelinde war. Uebrigens ist die Sache noch nicht rechtskräftig erledigt, weil sie auf dem Wege des Militär-Obergerichtes zur Revision dem obersten Militärgerichte unterbreitet wu­rde. Von der dortigen Erledigung habe ich noch Feine Kenntniß und fann dem Hause also feine Mit­­theilung machen. Die zweite Frage lautet: Hat der Herr Mi­­nister die Absicht, noch in dieser Session Vorschläge betreffend die Reform des Militär-Straf­­ejegbuches­ und Verfahrens zur verfassungs­­mäßigen Verhandlung dem Hause vorzulegen ? „Is kann dem Hause die Aufklärung geben, daß die Nothwendigkeit, das gegenwärtige Militär- Strafverfahren zu reformiren, von allen Ministerien, welche an den Verhandlungen theilnahmen, aner­­kannt wurde. Wie Sie wohl willen, nahmen fünf Ministerien an den Verhandlungen theil. Drei­­, darunter, nämlich daz u Kriegsministerium, sowie das österreichische und das ungarische Landes­­vertheidigungs- Ministerium, sind zugleich mit der Leitung der D­ilitärjustiz betraut. Ueber die Noth­­wendigkeit dieser Reform herrscht vollständige Uebereinstimmung. Einfigliich der­ Reform selbst aber sind — wie ich dies hier offen jagen muß — zwei maßgebende Gesichtspunkte aufgetaucht, und von einer­­ Ausgleichung der Orderungen dieser Gesichtspunkte hängt das Gelingen der Verhand­­lungen ab. ° Der eine ist der, daß man­ die militärische Strafjustizpflege den noth­wendigen Forderungen des Anklagegerichtes entsprechend umgestalte und in demselben jene Prinzipien und Institutionen einbürgere, die überall in Europa als unumgäng­­liche Garantien einer richtigen Strafrechtspflege angesehen werden. Der andere Gesichtspunkt ist der, daß die militärische Organisation und die Anfor­­derungen der Disziplin durch die im Krei­e der Strafprogeß-Ordnung eingeführten Prinzipien keine Beeinträchtigung erfahren. In Folge dieser zwei Gesichtspunkte sind im Laufe der Verhandlungen Hinsichtlich der Prinzipien große und zahlreiche Differenzen auf­­getaucht,welche jedoch in­olge­ der neuesten Entwicklung der Verhandlungen zum großen Theile und in sehr wesentlichen Punkten, über welche ein Uebereinkommen erzielt wurde, geschwunden sind. Sie muß jedoch Hinzufügen, daß unter den Mi­­nisterien, welche an der Verhandlung theilnehmen, wo immer wesentliche Differenzen überinden. R nun das materielle Strafgelegbuch be­­trifft, habe ich in dieser Richtung eingeleitete Be­schwickungen nicht vorgefunden. Meine Ansicht jedoch wäre sowohl aus dem Gesichtspunkte des Erfolges, wie des wichtigen Verfahrens die, daß es am zweitentsprechendsten wäre, sobald bezüglich der Grundprinzipien des Militärstrafverfahrens eine Einigung zu Stande kommt, die Verhandlungen auch in Betreff der Reform des materiellen Militär-Strafgefegbuches einzuleiten. Das ist der gegenwärtige Stand der Angelegenheit. Schließlich beantwortet der Justizminister die Interpellation Bolönyi’s wegen der vorzeitigen Veröffentlichung von staatsanwaltlichen Anträgen in Strafsachen. Der Minister erklärte jede solche Publikation für unstatthaft, doch habe die Unter­­suchung nicht b­eruh­t, als daß eine Lokalkorrespon­­denz einen Auszug aus einem staatsanwaltlichen Antrag veröffentlicht habe, ohne daß einem Beam­­ten die Schuld an dieser Publikation beigemessen werden künnte. Der Minister halte es für noth­­wendig, die Untersuchung noch weiter fortlegen zu lassen, um zu erüb­en, ob die­se Publikation nicht feitend der Vertheidigung oder sonst einer Seite ermöglicht wurde. MUebrigens habe auch schon Pauler ähnliche Publikationen direkt verboten und er habe jüngst anläßlich eines konkreten Falles die Beobachtung jenes Berbots strengstens empfohlen. Er werde aber auch Verfügungen treffen, damit auf diesem Gebiete nicht nur sein Amtsmißbrauch, sondern auch seine Indistretion geschehen künne. Das Haus nahm sämmtliche justizmini­­steriellen Nutschlüsse zur zustimmenden Kenntniß. Der erste Mai sanft und jebt. Der erste Mai ist nicht mehr das glänzende Test der neuerwachten Naturr, wo der beginnende Tag in früherer Morgenstunde mit fröhlicher Musik begrüßt wurde, wo sich Alles und reie drängte die würzige Luft zu genießen und si im frischen saftigen Grün herumzutummeln. Seit drei Jahren hat sich die poetische Bedeutung Dieses Tages gänz­­lich geändert und an vielen Orten, bes­onders in größeren Städten und in industriereichen Gegenden, sieht gar Mancher diesem einstigen Tage der Freude und Sorglosigkeit mit bangem Gefühle entgegen. Anstatt dem fröhlichen Jauchzen von Einst, hört man jegt an diesem Tage an gar vielen Orten wilde Flüche und blutrünstige Brandreden gegen die bestehende gesellschaftliche Ordnung ertönen. &s sind eben Kurze drei Jahre, seitdem die Arbeiterbevölkerung von Westeuropa auf Veran­­lassung des Bariser Arbeiterkongresse, diesen Tag zu einem Gedenktag ihrer Partei und ihrer Be­­strebungen erklärt hat und infolge der seither erleb­­ten Ereignisse ist der erste Mai für gar Viele, die die Prinzipien jenes Bariser Kongresses nicht als die ihrigen umsehen, aus einem Freudentag zu einem gefürchteten fritischen Tag erster Ordnung geworden. Heute genügt es auch­ nimmmermehr in weicher poetischer Stimmung die grobe Veränderung dieses einstigen Festtages in einen Tag des Schredens zu beweinen, sondern die gesammten Staaten West­­europas müssen an diesem Zuge gerüstet dastehen, damit nicht die staatliche Ordnung aus den An­­geln gehoben werde, durch jene Elemente, welche diesen Tag zu ihrem Gedenktag erforen haben. Seit drei Jahren mußte si die Welt davon überzeugen, daß die­ Arbeiterflosse die größte Macht der Erde repräsentirt, deren Kraft noch dadurch gesteigert wird, daß sie sich ihrer großen Macht bewußt ist und für ihre Existenz kämpft. Die Arbeiterschaft der eh zivilisirten Welt hat einen riesigen Bund geschlossen, welcher eine staunenswerthe Solidarität beshätiget. Deshalb beschäftiget auch die Arbeiterfrage, welche überall Eingang fordert und erhält, alle Geseßgebungen, alle Schichten der Gesellsshaft, und hat die Arbeiter­­bevölkerung in eine gewisse Machttrunkenheit ver­­feßt. Ohne gründliches Wissen, ohne reifliches Ab­­­­wägen der sozialen­­ Verhältnisse und unter dem Einflusse der einseitigen Auffassung der sozialistischen Lehren, hat sich der­rbeiterstand jene zauberisch schöne Zukunft, welche er zu verdienen glaubt, mit überschwänglichen Farben ausgemalt und sieht die fest bestehende gesellschaftliche Ordnung als ein solches­ Hinderniß an, welches zu besiegen seine Kräfte hinreichen. Deshalb kämpft er gegen die bestehende gesellschaftliche Ordnung. Die seit drei Jahren konstant wiederholte Feier des ersten Mai durch die A­rbeiterschaft, ist ein Beweis der ungeahnten Erstarkung der Soli­­darität derselben. Keine Drohung, keinerlei Ver­­fügung der Staatsgewalt kann sie davon abhalten. Sie stellt si der Polizei und M­ilitärgewalt ent­­gegen, mit Gefahr der persönlichen Freiheit und des Lebens und vollzieht ihre Absichten mit der ganzen Hingebung eined­ Märtyrers der Ideen. Wenn die Arbeiter ihre Demonstrationen ohne ernste Bedrohung der gesellschaftlichen Ord­­nung machen würden und dieselben eine­ wirdige Demonstration der Testhaltung der in vieler Hin­­sicht berechtigten Bestrebungen des Arbeiterstandes wären, wenn sie nicht von kosmopolitischen Ideen angefränkelt wären und nicht von gewissenlosen Agitatoren aufgehegt würden, wenn die Maifeier von ihnen zur ernsten Berathung wegen Verbes­­serung ihrer Lage benügt würde und sie nicht die Staatsgewalt und die Gesellschaft mit ihren Um­­sturz und Racheplänen in Besorgniß jegen würden, könnte Schließlich Die Arbeitseinstellung an diesen Tage nicht mißbilligt werden, aber wenn sie mit Mord und Brand die Gesellschaft anfallen, muß auch der Sonst wohlwollendste Mensch in ihnen ihon a priori einen unversühnlichen Feind erbliden und sich von ihnen abwenden. Sie schaden Hie­­durch nur sich und ihren Prinzipien selber und stören die freiheitliche Entwicklung ihrer Mitbürger überhaupt, die sich dur den Terrorismus er­­schrecht zu den Trägern der Gewalt um Abhilfe flüchten und so eben der Staatsgewalt einen grö­­ßeren Spielraum gestatten, als sonst mit der bar­­l­en Freiheit und persönlichen Unabhängigkeit vereinbarlich wären. Auf diese Weise arbeiten sie geradezu ihren angeblichen Prinzipien entgegen. Bei uns im Ungarn ist diese Gefahr, für fest wenig steng, noch feine so eminente. Bei dem jegigen Stande unserer Industrie spielt Die Arbeiter­­bevölkerung bei weiten noch feine so große Rolle wie in den großen und kosmopolitischen Ar­­beitermassen des Auslandes. Noch ist der unga­­rische Arbeiterstand nicht so stark, um sich vom Staate etwas ertragen zu können, auch fühlt er zu patriotisch, um im Lande ernste Gefahren heraufzubeschwören, aber wer kann dafür gut stehen, ob nicht bei einem­ vehementen Wachen unserer Industrie, welches dann einen Zufluß fremder Ar­­beiter erfordert, die Ideen d derselben auch bei uns Anhänger finden! Die Geschichte zeigt, daß gegen herrschende Ideen weder der Nationalcharakter noch der Batriotigmud auf die Dauer einen Damm bilden. Die französischen Anargisten und Dynami­­tarden sind gewiß innigst überzeugt, vorzügliche französische Patrioten zu sein. Aber beiderseits, sowohl Seitens der Staatsgewalt als auch des Arbeiterstandes muß die Wahrheit beherziget werden, daß gegen Ideen mit Gewalt allein nichts aus­­zurichten ist. inerseits muß die Modifizirung der gesellschaftlichen Ordnung als nothwendig anerkannt. für Abonnenten liegt Ar 3 von ‚Jedem Etwas‘ bei. -

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