Oedenburger Zeitung, 1892. November (Jahrgang 25, nr. 251-275)

1892-11-02 / nr. 251

Ps-klMssststIrrpcItskspsAys WVZWMHITTH.P--377?-::OL-T·«r. »-..-;».,·--f»»kzk·-·....«-,«»Lk.-«--s«»-«----' XXv Jahrgang ngttwoW 2 Yovember1892 Abends. Zr. 251. Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, sowie für Tazinle Interesen. Das Blatt­en täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn- oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations:Preise: Für Loco: Ganzjährig­ 16 fl., Halbjährig 5 fl., Vierteljährig 2 fl .­, Monatlich 1 fl. Für Muswäarts: Gansjährig DR fl., „gem­äßeig Tfl., Biertel« jährig 3 Ale für das Blatt Sennten, ne mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations- und Infertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. Buchdrucerei­­, Romm­alter & Sohn, Grabenrunde 1. Einzelne Nummern Rostlen 5 Streuzer. Administration, Verlag und Inseratenaufnahme: Inserate vermitteln: in Wien: Hafenstein , Vogler, Wale fischgaffe 10, U. Oppelis, I., Stubenbastei 2, Heinric. Schaler, 1. Wollreife 12, R. Mosse, Keiferstätte 2, M. "QDutes, I., Riemer­gaffe 12. 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Wenn man über die längst ausgetretenen, durch die Feuchtigkeit schlüpfrig gewordenen Stufen, ohne einen bösen Fall gethan zu haben, glücklich in den Bergarten zum Sankt Michaeler Friedhof gelangt ist, dann weht es Einem lenzduftig an, denn noch prangen dort viele Bäume im grünen Blätterschmuch, zierlich schaufelt sie da Laub noch auf den Zweigen, die Sonne aber wirft goldene Lichter auf die Leichenhügeln, welche die treue Pietät für die Heimgegangenen mit einem üppigen Blumenflor beihenft hat und wohlthuend bededt reiche, duftige Farbenpracht das geheimnißvolle Schattenreich modernder Verwesung. Wie viel und doch wie wenig bedeutet dieses Gedenken an die begrabenen Lieben, "die einst in voller Lebensfrische mitten unter uns gewandelt und die ung dann unversehens allein gelassen haben trog als der zärtlichen Zuneigung, die si um dieselben rankte; denn sie folgten einem unerbitt­­lichen Machtrufe, wie sie ihm einstens folgen werden, wenn die himmlischen Posaunen das Test des WW­iedersehend schauerlich süß einleiten werden. Nun jedoch flammen rings die Lichter der Lebendigen auf den Gräbern unserer verstorbenen Hoffnungen, die wir angezündet haben als matten Abglanz jener Flamme­­ merzli­sühen Gedenkens, das tief in unseren Herzen brennt unerlöschlich bis auch dies stille steht und neue Generationen kommen und die Gräber schmüden werden Derer, welche heute lebendige Gegenwart sind und wer weiß wie bald auch ihrerseits der Vergangenheit angehören werden, wie das Laub, das heute noch auf seinem Zweige zittert und morgen hinweggemweht sein kann, um neuen Trieben plaßzumachen. Ebenso, wie der einzelne Mensch seine Ideale hat, die er im trüben Stunden für ewig todt wähnt und welche doch vereint sich emporringen werden an Grabeönacht zum ewigen Lichte, so­lt das auch im Leben der Böller & gibt Epochen in demselben, wo alles höhere Streben­­erstorben zu sein scheint, aber es kommt endlich da ein Strahl der Erleuchtung, die richtige Er­­kenntniß ringt sich los aus dem Banne der Um­­nachtung und die betreffende Nation feiert das Auferstehungsfest ihres Geistes, die Wiedergeburt ihrer Selbstständigkeit und die siegreiche Grabes­­sprengung ihrer eingefargt gewesenen Syreiheit. „Wirte, Schaffe, mehre!“ Hat ein großer Ungar gejagt und an diesem Gebote dürfen wir und alle nicht irre machen lassen, wenn wir unter Gräbern wandeln und wenn der Gedanke an die Vergänglichkeit uns die Eitelkeit allen irdischen Streben vor die Seele führen möchte. Die Ver­­gänglichkeit schredt nur niedrige Geister, die sich nicht über die Scholle erheben künnen. Der Mensch, der höhere Gesichtspunkte im ei hat, weiß, daß es die Aufgabe der Menschheit, sowie jedes Ein­­zelnen ist, zu wirken und zu schaffen, al ob sie ewig leben würden und daß das Ringen selbst um die höchsten, unerreichbar scheinenden Ziele nicht ganz vergeblich sein kann. So haben es die er­­lesensten Geister zu allen Zeiten gehalten und daß sie so gethan, dem verdanken wir die Eostbarsten Errungenschaften der Menschheit. Eined wo möchten wir aber Heute, am Ullerseelentag unmsseren Zeitgenossen, be­­sonders jenen, welche berufen sind die politischen Geschiete des Landes zu lenken, zurufen: Bedenket, der Tag der Erinnerung sei sein Tag des Gerich­­tes, wir wollen und dürfen nit liebelo­s rich­­ten mit Denen, welche einst über höheren Befehl, getreu ihrer heilig beschwornen Soldatenpflicht, gegen und die blutige Wehr geschwungen, auf uns das tödtliche Blei gesendet haben. Mögen vielmehr in die Erde versenft werden jene Fehler und Sünden, welche so vielfaches Verderben und so schweres Leid heraufbeschworen haben. Auch jene Fehler sollten auf immer begraben werden, die verhindert haben, daß der Heurige Allerseelentag zum denkwürdigen, in der Geschichte Ungarns und der Monarchie geworden wäre. Wie der Frühling die Gräber mit Rosen und Blumen überzieht, auf den Schlachtfeldern, da einst don­­nernde Blite aus den Waffen zuchten und die Schmerzensrufe der Verwundeten übertönten, die goldenen Saaten wogen, aus denen die Lerche ihre Triumphlieder in den Aether emporträgt, so wird über die staatsrechtlichen Kämpfe das Bergelsen seine Hülle legen und reicher Segen wird aus der Einigung der einst Verfehdeten dem Lande ent­­­sprießen, sobald das Triumphlied des inneren Sriedend den Nachklang des PARUNGEEN­ne­tönt. Vom Tage. O Allenhöchste Auszeichnung. Seine Ma­­jestät der König bat dem Ministerialrathe und Bentral-Direktor der ärarischen Eisenwerke Anton Kerpely, für seine in dieser Eigenschaft erwor­­benen hervorragenden­­ Verdienste, das Ritterkreuz des Leopoldordens tarfrei verliehen. O Königin Olga von Württemberg 7. Infolge Herzlähmung starb zu 3 r­iedrich 3= Feuilleton, Der lebte Aläakóczi. Historische Erzählung aus den Freiheitskämpfen der Ungarn. Bon Gustav Höder. (Bortregung.) ‚Das Hinderte jedoch nicht, daß ihm Siebenbürgen durch seine Abgeordneten aller Stände die Krone an­­bieten ließ. Raafóczi Schlug sie aus, denn er wußte wol, daß «­ nur eine Dornenfrone für ihn sein werde, aber durch das dringende Bitten der Abgeordneten ließ er sich endlich doch bewegen, sie anzunehmen und auf einem in Széchenyg zusammenberufenen Land­­tage, auf welchem die Stände Ungarns und Sieben­­bürgens vereint waren, wurde Franz Ráfóczi unter dem Titel: „Herzog und Führer der Konföderirten“ zum Feldherrn und Fürsten beider Länder ernannt.­­Inzwischen war Saiser Leopold I. gestorben. Sein Sohn Josef I. wollte Frieden mit Ungarn machen. Nachdem im Juli 1705 seine Truppen von den Konföderiten total geschlagen worden waren, fürchtete er, Ungarn für immer zu ver­­lieren, und bot zunächst einen Waffenstillstand an. Aber Siebenbürgen nahm er davon aus. Dieses Hatte fi, noch zu Zeiten Töröly’s unter öster­­reichischen Schuß gestellt, hatte sich freiwillig und durch den Eidschwur aller Stände dem österreichi­­schen Kaiserhause einverleibt, und so sollte­n sich diesem auch jegt wieder unterwerfen. Um dies zu erreichen, wurde der österreichische General Graf von Herbevile mit einer frischen Armee nach Siebenbürgen geschifft, wo er bei Zsibo am 10. November 1705 dem ungarisch-siebenbürgischen Heere eine gründliche Niederlage beibrachte. In raschem Vorwärtsdringen nahm Serbeville alle ‚Aesten Pläge und 309 siegreich in Hermannstadt ein. Ráfóczi’ s Heer war auseinandergesprengt und hatte sich nach Ungarn geflüchtet, wohin ihm der besiegte Fürst und erdherr folgte. Näkóczi befand si­ch der elite Tofaj, der Stammburg seines Geschlechts. In dem geräumigen Saale, den gothische Spitbogen überwölbten und die Bilder seiner Ahnen schmücken, finden wir ihn, im tiefes Sinnen verloren. Nicht die Politik, nicht die Sorge um sein Heer war er, was eben seine Gedanken beschäftigte, sondern er war das Bild seiner Gattin, welches, wie so oft, auch in dieser einsamen Stunde vor seiner Seele aufstieg. Lange Jahre waren vergangen, seit er im Gefäng­­niß am Abend seiner Flucht von ihr Mittschied ge­­nommen hatte; immer fühlbarer ward in seinem Herzen die Leere, welche Briefe und Botschaften, die er mit dem theueren Wesen wechselte, nicht auszufüllen vermochten, denn zwischen den fairen Buchstaben eines beschriebenen Blattes und dem gesprochenen Worte, welches mit lebenswarmem Hand­e von den Lippen tönt, ist ein Himmel weiter Unterschied. Wie sehnte Rafogzi sich da­nach, die Gattin endlich wieder in seine Arme zu schließen. Aber gar Vieles wohl mußte noch geschehen, ehe dieser süße Augenblick nahete. Eine große Lebensaufgabe zu lösen, erfordert ein ungewöhnliches Maß von Selbstverläugnung. Wohl sahen ich große Männer vom Schimmer des Ruhmes umflossen, in Glüc und im Unglück bietet ihnen das Geschid strahlende Lorbeerfränge dar,­­ aber wahrhaft glückich in sein großer Mann. Während N­äköczi sich solchen Gedanken Hin­­gab, ward die Zugbrücke der Burg herabgelassen und ein vierspänniger Neifewagen rollte in den Scloßhof. Wenige Minuten später t­at sich die Tlügelthüre die Saale 8 auf und unangemeldet er­­schien auf der Schwelle der Thür eine verschleierte Tran. So, fie war es, bei der eben Näföczi’s sehn­­süchtige Gedanken geweilt hatten. — Amalia, die so lange und schmerzlich entbehrte Gattin, flog in seine Arme. Wir übergehen die ersten seligen Augenblicke des Wiedersehens, den ersten Austausch der Fragen und Antworten, welche sich den Gatten nach so langer Trennung in überstürzender Haft über die Lippen drängten, und worüber die Trage, welchem Umstande die freudige Thatsache von Amalia’s Gegenwart zu danken war, für den Augenblick in den Hintergrund trat. „Wie und durch weilen Hilfe ist es dir ge­­lungen“, trug Räfóczi doch endlich, „deinem klöster­­lichen Gefängnisse zu entrinnen ?* ı „Du siehst mich nicht als Tüchtige vor dir,“ gab Amalia ernst zur Antwort: „Kaiser Sosef selbst schtet mich, um dir den Frieden anzubieten. Nur ihm verdanken wir dieses Wiedersehen.“ „Also al Friedensbotin des Kaiserd kommt du ?* rief der Fürst überrascht. „Meine Bevoll­­mächtigten unterhandeln in Schemniß ;‚bereits mit dem Kaiserlichen Abgesandten. Genügt ihm dies nicht ?" · »Nein,Franz,«entgegnete Amalia,»der Kaiser möchte unmittelbar mit dir selbst Frieden machen,er will von deinem Herzen den Frieden erlangen,erzweifelt nicht,daß.« »Daß dein Liebeswort mich bezaubere und überrede,«ergänzte Rákóczi,der Gattin tief in die Augen schauend.»Nun,solaß hören,Geliebte, was dir der Kaiser aufgetragen hat.“ „Er läßt dir sagen,“ begann die Fürstin, „daß es sein fester Wille sei, die Ungarn zu ver­­söhnen, er will ihnen alle ihre rechtlichen For­­derungen bewilligen und ihre Berfassung anerkennen, (Fortlegung folgt).

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