Oedenburger Zeitung, 1892. Dezember (Jahrgang 25, nr. 276-299)

1892-12-01 / nr. 276

XXV Jahrgang Donnerstag, T. Dezember 1892, Abends. Ar. 276 Ledenburger Zeitung, Menan für Politik, Handel, Industrie und L Funke­nhaft, sowie für soziale Interessen, Buchdrukeri­n, Rommwalter & Sohn, Grabenrunde 121. Einzelne Rummern Kosten 5 Strenzer. Das Blatt erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen Sonn- oder Feiertag folgenden Tages. Pränumerations­ ® zeife: Fir Loco: Genzjägrig 16 fl., Halbjährig 5 fl., Vierteljährig 2.16: 9045 Monatlich 1 fl: Für Muswärts: a en fl., hg 7 fl, Viertel­­jährig_3 Alle fir das Blatt unten, Behbn­gen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränummerations- und Infertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei einzusenden. Administ­ation, Tering und Inferatenaufnahme. IInferate vermitteln: in Wien: Hafenstein , Vogler, Wal«­fischgasse 10, U. Oppelit, I., Stubenbastei 2, Heinrich Schalet, I Wollzeile URMofe­culentatte LM "Qutes, I., Riemer« gaffe 12. SER Budapest: Paulus GYy., Dorotheagaffe 11, Leop. Lang, Gisellaplag 3, U. ©. Goldberger, Bervitenplag 3. 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Troßdem würde ein Dr. Falk der Bolitis, ein gewissenhafter Beobachter der verschie­­denen Konstellationen im Sphärenfreife der Stim­­mungen, eine Reihe von frittichen Tagen vorher­­sagen, denn fast über allen Ländern hat sich eine Art bedenklicher Wolkenbildung zusammengeballt, die eine mißliebige Entladung vorahnen läßt und ein Zeichendeuter der irdischen Erscheinungen hätte allen Grund aus thatsächlich in verschiedenen Himmeln gegen den sichtbaren­­ allerlei Un­­sternen auf das mögliche Herannahen von er­­schütternden Katastrophen zu schließen. Wir Haben uns in geistigen Rapport mit dem vielleicht doch nur im­aginären, in unserer Einbildung aber weiblich vorhandenen Astrologen der Aktualität gelegt und seine „Berechnungen“ über die Lage eingesehen. Sein Horoskop deutet namentlich fünf Unstem­me an, die über ebenso vielen Ländern stehen und die Situation unsicher machen, indem sie zum mindesten gefährliche Krisen erzeugen werden. Diese feindseligen Ge­­stirne sind: Die Französische PBanamakrije, welche nach den Deutungen der unheilahnenden Sternkundigen sogar die jet bestehende Republ­ik wegfegen und einem Diktator zur Macht verhelfen kann. Zwar hat Britton die Bildung des neuen Kabinett nach langem Widerstreben angenommen, allein sein Bestand — das läßt sich im Vorhinein behaupten — wird ein ephemerer sein; die D­eutsche Militärkrise, welche den Neic­kkanzler Caprivi beseitigen und den ent­­schiedensten Gegner des Fürsten Bismarc ans Ruder bringen wird, wonach, weil die französische Gefahr immer deutlicher Herbertreten wird. Die Militärvorlage zum Siege gelangt­ die italienische Krise, welche mit dem Austritte Italien aus der Tripelallianz und mit der Schaffung eines Volksheeres nach Schweizer Mutter enden wird, um die zerrütteten italienischen Fnanzen gründlich herzustellen ; die ungarische Parlamentsfrise, welche selbst für dem gewiegtesten Astrologen die größten Schwierigkeiten bietet, weil der betreffend­e Krisenkomet durch die verschiedensten Anziehungs­­und Abstoßungspunkte Hin- und h­ergeschleudert wird und sich vorläufig jeder Berechnung Hartnädig entzieht. Nur das Eine scheint uns dabei gewiß, daß Justizminister Szilágyi den Boden unter den Füßen verlieren und er also das unabwend­­liche Opfer der Krise sein wird; die Frostfrise endlich, die empfindlichste vorläufig, die der ganzen Menschheit durch Mark und Bein geht, die aber gerade den Triumph der astrofogischen „Wissenschaft“ in der un­widersprech­­lichsten Weise an den Tag legt. Treilich im Winter muß e8 fast sein; wir Ungarn stehen nun einmal auf einem ent­­scheidenden Wendepunkt, von wo aus entweder resolut der Schritt des Staatskörpers so gelenkt werden muß, daß wir hartnädig Rom den Rüden zufehren oder, wie bißher, im breitgetretenen Geleite weiter wandeln, in beiden Fällen wird Szilágyi bei Seite gedrüht werden; Italien kann nicht anders als das grenzenlose Elend in den niedern Schichten durch Erleichterung der Militärlasten zu mildern ruhen. Deutschland könnte zwar manch drohenden Zwang gewaltsam abschütteln, allein das Bolt dort ist troß seiner gerühmten Weisheit und sittlichen Stärke doch noch immer unmündig und unterwirft sich willenlos, mit der Faust in der Tasche, dem Despotismus der Mili­­tär- und Junierherrschaft, die umverfroren das steuerzahlende, staaterhaltende Wolf al Kanaille behandelt und über dasselbe hinweg, aber auf dessen Kosten eine Rolität führt, wie sie gerade dem Kaiser, seinen Generalen und Stoffschrangen beliebt. Nun, und was des weiteren Frank­­reich anbetrifft, so ist diese Nation von jeher unzufrieden mit dem gerade ee gewesen ;; sie liebt die Veränderung,die Zerstreuung, den radikalen Wechsel und nicht diese U­­wandlungen durchzufegen, gleichviel durch welche Mittel, je efflatanter, desto besser. Die Frostfrise endlich aber ist die omi­­nöseste von allen, die in den Sternen des Un­­heils "geschrieben stehen; denn Die in so vielen großen Staaten Europas herrschende Arbeitslosig­­keit und Noth droht eine weitgreifende Katastrophe herbei zu führen und ein sehr schwer zu bändigendes Element zu schaffen, mit dem man nicht so leicht fertig werden wird. Hoffen wir, daß die Sterne des Unheils sich i wenigstens ohne eine nachhaltiges Debacle h­eraufbeschworen zu haben, sich wieder allgemach verziehen werde. E. M. Die wiedervereinigte Majorität. In der vorgestrige Konferenz der liberalen Partei gelang es dem Ministerpräsidenten Weterle, jene unzufriedenen Elemente, die sich zu einer besonderen Gruppe zusammen gethan, zu versöhnen, so daß dieselben sich wieder ohne jeden Untertcied als Mitglieder der alten Bartei de- Feuilleton. Im Wenfelsgrund. Bon Ernst Hamelberg. (Bortregung.) „Man stößt gerade darauf, wenn man den Gaisbach Hinuntergeht. Man kommt dann an einen rohgezimmerten Steg, dessen Stüßen vom Wasser und Moos vermolcht sind. Wenige Schritte unterhalb dieser Stegd, am rechten Hang fand ich die Hütte.“ „Also unbewohnt war sie nicht ?“ „Rein, Herrin!" „Run, wer war denn dort?“ „Ich faßte mir ein Herz und Ichlich lachte näher. Vor der Behausung auf einer Bank saß ein Mann, ein alter, weißbärtiger Mann und schnigte an einem Tannenstänmchen.“ „Was er that, ich wil’s ja nicht wissen — ob Du ihn erfannt Hast, wer er war, ich ahne Schredliches!" „Mein Hund begann zu Knurren und ver­­froh sich Hinter mir.“ „Laß den Hund beim Teufel — wer war der Mann mit dem weißen Bart?“ „Ich erfannte ihn erst, als ich noch fünfzig Schritte heranging !* „So sag «8 doch!“­­& ist Schredlich zu Sagen, feine Wangen waren "eingefallen, fein Gesicht grau und tief ge­­furcht,feine Augen glanzlos und röthlich unter­­laufen !“ „Aber Mensch, warum folterst Du mich? Kannst Du nicht jagen, wer er war!“ „Es ist überflüssig, es­ zu jagen, Herrin, denn Ahr wißt 8 — 3 war Euer leibhaftiger Vater!" hatte war Eine Taue, sternenflare Sommernacht sich über die Gefilde gebreitet. Im Westen das Iete Abendroth verglüht. Traubert kehrte soeben von Ottersbad­ zurück . Er war dortselbst Geschäfte Halber beim Bürger­­meister­­ gewesen. Er verlangte ungestüm seine Frau zu Sprechen. Anscheinend hatte er wichtige Mittheilungen für sie. Er suchte im ganzen Hofe nach ihr. Da er sie nicht fand, trug er eine Magd, wo sie stehe. Diese sagte, sie wille er nicht, sie hätte aber ihre Herrin dort anderthalb Stunden in einer Unterredung mit dem Rinder­­­hirten gesehen. Traubert ließ diesen zu fi trug ihn: „Wo ist meine Frau, Burkard ?“ „Ich weiß es nicht, Herr.“ „Du Hattest vorhin eine Unterredung mit ihr, Du weißt es !!“ „Ich Hatte ihr nur gesagt, daß ich, ansta­tt des Kindes, ihren Bater gefunden!“ „Ihren Vater i It er Hier? Du Hast ihn doch nicht mit hierher gebracht ?* „Rein, Herr.“ „Wo ist nur meine Frau, sie ist nicht zu Hause ? ?“ „Dann muß sie wohl außer dem Hause rufen und sein !* „Dummkopf! Hast Du ihr gejagt, wo Du ihren Bater gefunden ?“ nd, DEE Le ‚ „Dann ist sie gar ihrem Wiren nachge­­laufen ?* „Wohl möglich, Herr.“ „Sa, aber Meisch, dann frage mir doch, wo ige Bater steckt, das ist ja, was ich wissen wollte !* „Was Ihr wissen wolltet, Herr? Ich meinte immer, mein Herr und sein Schwiegervater stän­­den auf schlechtem Fuße!" „Das geht Dich nicht? an, Du sollt mir sagen, wo Du ihrem Vater begegnet ?“ „Ihr werdet’s schwerlich allein finden, Herr, dazu noch in der Nacht. Es sind drei Stunden von hier, drunten im Teufelsgrund,von dem man sagt, es sei nicht geheuer drin. Wenn Ihr aber noch in der Nacht den gefährlichen Gang wagen wollt, so will ich Euch führen. Ich bin bei Tage oft Hinabgekommen und kenne die Gegend ziemlich genau. Tarras sol und begleiten.“ „Dann aber schnell vorwärts! Weiß der Teufel, was dem Weibe in die Krone gefahren!“ Groß und blutigroth stieg der Mond am Horizont herauf. Die frischfügle Brise strich durch den lautlosen Grund. Hoch oben flüsterten verstohlen die Kronen der Fichten, als ob sie nicht wagten, die feierliche Nachtruhe der Naturr zu stören. Leise murmelnd bespülte der muntere Gaid­­bach, die morschgrünen Stegen des über ihn führenden Stege. Auf seinen leichten Wellen hüpfte das silberne Mondlicht. Auf halber Bergeshöhe, Halb vom Walde3­ düster beschattet, schimmerte die roh gezimmerte Hütte des Siedlers in gespenslich vom Mondlicht umflossenen Umtriffen. Heftig Hopfte Traubert an die verschlosfene Thüre. Es blieb stil, wie zuvor. Er klopfte stär­­ker. Darauf ließ­ sich das Gemächer von Gaijen vernehmen. Gleichzeitig schlug Tarras laut bellend an. Da öffnete es der Lattenverschlag, der Fenster­­öffnung neben der Thür und ein bleiches, meiß­­bärtiges Antlik wird sichtbar. (Schluß folgt.)­­‘ Für Abonnenten liegt Ar. 22 von „Sedem Ehwas“ bei.

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