Oedenburger Zeitung, 1899. September (Jahrgang 32, nr. 200-224)
1899-09-01 / nr. 200
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Wir haben gleich damals nicht nur daran gezweifelt, sondern sogar an der ehrlichen Absicht des gegenwärtigen österreichischen Kabinett. Und die bisherigen Geschehnisse oder, besser gesagt, die Nichtgeschehnisse Haben uns vollkommen Recht gegeben. Wenn wir nicht leider an den andern Staat der Monarchie mit so vielen Fäden verknüpft wären, so daß auch uns bedauerzur Zeit der rechten Ausgleichskrise zum Monarchen beschieden wurde. Damals erklärte Baron Chlumecky, daß er eine Kabinetsbildung nicht übernehmen könne und es ist anzunehmen, daß er auch fest noch diesen Standpunkt einnimmt. Doch es ist nicht ausgeschlossen, daß dem Baron Chlumecky jecht eine wichtige Nolle zufallen dürfte, nämlich die, eine Verständigung zwischen der amthätig verhältlicher Weise die österreichischen Angelegen | Majorität und Minorität de Schon ist beinahe der ganze Sommer | heiten näher als uns lieb fein fan, des österreichischen Neidgrabes herbeizuführen, den parlamentarischen Zerlegungsprozeß, der sich drüben langsam aber sicher vollzieht, gar nicht Fimmern. Aber schon morgen kann es geschehen, daß die österreichische politische Verfahrenheit auch wieder in unser Verfassungsleben störend eingreift. Die in den schhwierigsten Lagen sich jederzeit bethätigende hohe Weisheit des vorübergegangen, und auch nicht einen rühren, so möchten wir uns einfach um um zu mindesten die Delegation thatsächlichen Schritt, ja nicht einmal den Bersuch hiezu Hat Graf Thun gemacht, geregelte, verfassungsmäßige Zustände im Oesterreich wiederherzustellen. Im Gegentheile scheint die Wireniß immer verwickelter und unlösbarer. Wir sehen, wenn wir die Rettungsnachrichten verfolgen, daß gegenseitige Verbitterung der Nationa- spielen,welche derjenigen ähnlich wäre,—’ «noch gewachsen ist,eine ganze Monarchenerkannte längst den ganzen wie der gegenwärtige ungarische Minister- Bosartiger Exzesse hat die Gegen-Ernst der Situation und sein Landespräsident Koloman Szåll während der fülkisch verschärft und doch glauben väterlicher Sinn ist unablässig darauf Bánffy-Krise übernahm.Baron Chlumecky müßte dann freilich — eventuell auch gegen seinen Willen — mehr in den Vordergrund treten als bisher. Doch es ist Höchst fraglich, ob jegt, wo die Leidenschaften im Desterreich den höchsten Wunst erreichten, noch ein falmirender Mittler Eindruck machen kann und ob der lebte Versuch einer Friedendstiftung Seitens des Freiherrn v. Chlumecky nicht an dem Widerstand der faktiösen Opposition scheitern wird. Jedenfalls darf man die Nachrichten aus Sicht mit In teresse verfolgen, dennieselben betreffen es fällt nicht nur in politisch eingeweihten Streifen, s sondern auch dem der Politik ferner stehenden Publikum unliebsam auf, daß der österreichische Ministerpräsident Graf Thun sich auch noch lebt, da doch die Zeit zur Wahl in den Delegationen immer näher heranrüft, so absolut wir, daß, ehrlich, energisch und vernünftig angepadt, eine Versöhnungsaktion nicht ganz resultatlos hätte bleiben müssen. E&3 scheint, daß sich der cißleithanische Kabinetschef auf unseren lieben Hergott, der doch schließlich Alles aufs Beste einrichtet, verläßt und sich denkt: „DO e3 wird schon werden!" So that er es unseren Ministern gegenüber, als zu Wintersende der Hußgleichsfriede geschlossen wurde. Damals that er so, als ob die Beilegung des Sprachenstreites oder doch zumindest die Neaftivirung des Neiderathd knapp gerichtet, einen Ausweg aus dem Wirrsal zu finden. Allesten Versuch müssten wir die kürzlich erfolgte Berufung des Geheimrathes Chlumecky und des Staatsrathes Braun an das allerhöchste Hoflager zu Schleur bezeichnen, wohin die beiden Staatsmänner von Seiner Majestät selbst befohlen wurden, um ihre Ansicht über die bieartig mögliche Klärung der Lage auszusprechen. Man weiß, daß Staatsraty Braum das bedingte Vertrauen der Krone genießt und daß Geheimrath E Chlumecky von wahlen zu ermöglichen und den Reichsrath wieder flott zu machen. Wenn es der Intervention Baron Chlumecky's gelingt, die Obstruktion zu einer Abrüstung oder doch nur zu einer theilweisen Abrüstung zu bewegen, so dürfte er bald eine große Rolle in Desterreih ee .· - -—·.««,x-s-« EEE “ BE, 3 en Auoh · > Feuilleton, Onkel Leo. Novelle von Susanne Hahnenkamp. (Sortregung:) „Na, das verstehe ich aber doch nicht,“ meinte die erste. „Wenn einer jung, schön und reich ist, wie man den nicht haben will!“ fest wurde das Gespräch unterbrochen, denn die Herrschaft ging plaudernd an der Thüre vorüber. Hedi ging am Arme des glückstrahlenden Bräutigams. Er ahnte nicht, daß die armne Kleine an seiner Seite die Thränen tapfer niederkämpfen mußte. Jet kam es ihr voll zum Bemwußtsein, daß sie im Begriffe stand sich einem ungeliebten Mann für’s ganze Leben zu verbinden. Ihr Innerstes empörte sie bei dem Gedanken. Nein, nein sie kann nicht; sie will sich nicht zwingen lassen.Er muß noch einen Ausweg geben! — Hort, fort muß sie, sobald als möglich. Entfliehen ! doch wohin? Sehr fällt er ihre ein, zur Großmama will sie. Dort verbrachte sie ja ihre Jugendzeit. Nachdem ihre Mama gestorben war, hatte sie die Großmama als vierjähriges Kind mit sich fortgenommen. Erst als Papa zum zweitenmale sich verehlichte, kam sie wieder ins Baterhaus zurück. Damals zählte sie schon zwölf Jahre. Al das gieng ihr bligjchnell durch den Kopf. — Tebt preßt der Nechtsanwalt ihren Arm fester an sich und schaut ihr tief in die traurigen Augen. „Hedi, bist Du nicht glücklich, da ich bei Dir bin? Du bist so furchtbar ernst und hast noch sein einziges liebes Wort zu mir gesprochen. Bist Du frank, oder hast Du sonst etwas am Herzen, was Dich quält?“ Hedi schüttelte stumm das Haupt. Sollte sie jei dem Manne an ihrer Seite befennen, daß sie sich namenlog elend fühle, daß eine wahnsinnige Angst sich ihrer bemächtige bei dem Gedanken, in wenigen Wochen sein Weib zu heißen; vielleicht wäre es am besten wasch zu Handeln und Die verhaften Fesseln sogleich abzustreifen. Aber der Bater ist so jähzornig. Er duldet seinen Widerspruch. Er würde sie dennoch zwingen, mit dem ungeliebten Manne vor den Altar zu treten. Sebt sind sie oben im Speisesaal. Gott sei Dank, daß er sie frei gibt. Sie will sich an der Seite der Mutter in der Küche zu schaffen machen, nur um dem Alleinsein mit ihm zu entrinnen. „Ei, ei, Hedi, warum so geschäftig ? Bleibe nur bei Deinem Bräutigam; die Mutter wird schon mit dem Anordnen allein fertig!“ sagte Tollbach und schob sie von der Thüre weg. „Wirst noch genug Hausmütterchen spielen künnen“. Der Rechtsanwalt legte zärtlich seinen Arm um die zierliche Gestalt und strich ihre behutsam, wie einem kleinen Mädchen, die vorwisigen Löccen aus der Stirne. Hedi ließ es ruhig geschehen, sie wagte nicht den Bl zu erheben, denn sie fühlte, daß ihre Augen feucht geworden. Tollbach verließ das Zimmer,er entschuldigte sich für kurze Zeit,da er Nothwendiges zu besorgen habe. Jetzt waren sie allein.Der Rechtsanwalt zog seine Braut an sich und drückte Ruß um Ruß auf ihre stummen Lippen,die festgeschlossen blieben.Kalt und theilnahmslos ließ sie den Sturm der Leidenschaft über sich dahinbrausen. Sie dachte ja an ihn, der weit fort ihrer vielleicht kaum mehr gedenkt. Wie anders war's, als er sie gefüht. Glückelig,lag sie in seinen Armen und vergaß Alles um sich her, nur das eine nicht, daß sie ihn unsagbar liebe. Gott sei Danf! Iecht kam der kleine Bruder hereingesprungen ; lachend, jubelnd flog er in ihre Arme. Er besaß mehr Rechte, als der fremde Mann neben der Schwester. Er drückte sein Locdenköpfchen an ihre Wangen. Seine Küffe wurden erwiedert, echt verschmwand auch heute ernste Zug; ein liebliches Lächeln umzispielte Hedmwigs Lippen und ein Strahl der Freudenliste aus den Nehaugen. Wie beneidete seit Rechtsanwalt den Kleinen Mann, der es tderstand, die ernste Schwester heiter zu ei: ,