Oedenburger Zeitung, 1900. Juni (Jahrgang 33, nr. 125-147)
1900-06-01 / nr. 125
« .-’ | Mi f XXI. Zus zung. 6 Seller. 2 « Pranumeratwns Presse Furgoeo Ganzjahng LoKr Halbjährig 10 Kr., Vierteljährig 5 Kr, Monatlich 1 Kr. Tv Hl. gür RG Banzjährig 25 Kr., Halbjährig % Kr 50 HL. · Vierteharings KrWOl Monatlich KrH Freitag, 1. Juni 1900. m »Politisches Tagblatt. Administration und Verlag: HutydruklkkrkiAlfpedRomwalter,GrabenmudctLt FetefonYcKLä Nr. 128 »Preis:'6 Kelter. Juseratcuach Tarif Derselbe wird auf Wunsch überalllm grans und franco versche AvmoncenaustragcWbomcenentN und Fuscitionssstt buyrenfmoandceAdmm»«at1on (Grabenrunde 120 einrufendkit Vermittlung durch alle Annoncen Bureaux der Schuß des Städtekongres. Banb, 31. Mai. Bereits sind unsere angesehenen und nuna nach Kräften gefeierten Gäste, die Vertreter der städtischen Mlunizipien des Landes, wieder zu ihren Benaten heimgeführt und unvertrautes Raub hat sich seines Festschmudes entkleidet und die normale Phisiognomie wieder angenommen. Der durch zwei Tage hier versammelte Städtekongreß hat sämmtliche Programmpunkte erledigt und von den Beischlüssen des ersten Verhandlungstages sind Ihre werthen Zejer bereits unterrichtet. Die zweite Berathung war zunächst Interessen der Industrie und 8 Handels gewidmet und wurde Bisbeghufic mit Bedauern fonstatirt, daß Alles in der Hauptstadt Fronzentrirt wird,und daß die provinzialerisen _mit_den hauptstädtischen nicht Konfurriren fühnen. E35 müsse Abhilfe geschaffen werden und zwar durch die Berücksichtigung der nachstehenden Bunte eines Memorandums, dessen Unterbreitung an die hohe Regierung einstimmig beschlossen wurde. Die Bunte lauten: 1. Das darnieder liegende Kleingewerbe ist nachhaltig zu jciügen und an Bedeutung und Ansehen zu heben. 2. Bei Begründung von Unternehmungen sind die totalen Verhältnisse einer besonderen Berücksichtigung zu unterziehen; politische und persönliche Beziehungen sollen seinen Einfluß üben. 3. Ein ähnliches unparteiisches Vorgehen erbitten die Städte bei Schaffung und Unterbringung von Gewerbe und Handelsfachschulen; solche Schulen sollen in erster Reihe an Verehrszentralpunkten der Provinz verlegt werden. 4. Bei den staatlichen Anschaffungen sol auch die Provinzindustrie berücksichtigt werden, indem auch dieser ein entsprechender Theil zugesprochen wird. 5. Den Bitten um Vermehrung der Marktpläne möge nicht stattgegeben werden. 6. Die Städte bitten um eine nicht immer blos die Hauptstadt zum Schaden der Provinzstädte bevorzugende Eisenbahn-Tarifpolitik. 7. Die Konsumgenossenschaften sollen zum Nachweis eines ihrer Mitgliederzahl entsprechenden Stammkapitals verhalten werden. 8. Die Steuerfreiheit auf Pfandbriefe möge auf alle Pfandbriefe ausgedehnt werden. 9. Die verläßlichen Provinzfinanzinstitute mögen die Erlaubniß zur Einlösung der Coupons erhalten, respektive mögen die Steuerämter die Einlösung acht Tage vor der Fälligkeit beginnen. Der rethte Theil der Berathungen umfaßte kulturelle Meliorationen, deren Verwirklichung von der Regierung dringlich erbeten wird. So sol die Gründung und Beaufsichtigung der Kinderbewahranstalten zwar auch in Zukunft, der Gesellsshaft und den Städten überlassen bleiben, doch möge deren Erhaltung mit Zuhilfenahme von Staatsmitteln erfolgen. Ferner: die Rolfsschulen, sowie die Lehrerin Vehrerinenpräparandien "mögen verstaatlicht werden. Die Regierung soll gleichzeitig ersucht werden, in den Städten nach Bedarf neue staatliche Schulen errichten zu und städtische Lehranstalten zu verstaatlichen ; der Universitätsunterricht möge dezentralisirt werden, au solfe der Staat die humanitären Anstalten (Findelhäuser, Irrenhäuser, Blinden und Taubstummeninstitute 2c.) nicht in der Hauptstadt zentralisiren, sondern zerstreut in den entsprechend gelegenen WBropinzstädten errichten. Eine kurze Debatte entspann sich, über Bunft 6,wonach das Patronatsrecht, beziehungsweise Die Patronatspflichten aufgehoben werden sollen. Nachdem mehrere Redner zum Gegenstande ger’ sprochen, wurde der Punkt dahin modifizirt, daß die Patronatsfrage auf legie latorischem Wege geregelt werde. Nach einer kurzen Diskussion über die zu errichtenden Theaterdistrikte und über die Unterbringung der Verwaltung 83 Wehrfurse in den Subsdiktionsstädten wurde über die Art und Weise der Systemisirung des Städtekongresses berathen. Ueber Antrag des Präsidenten, unseren Bürgermeisters Wehmeister, wurde beschlosen, ein aus den Bürgermeistern sämmtlicher Jurisdiktionsstädte - Komits zu konfti= tuhen, welches für die Durchführung der Kongresseischläfe und die Aufrechterhaltung des Ständigen Kontaktes zwischen den Städten zu sorgen hat. Zulegt dankte der Arader Bürgermeister Julius Salacz dem Bürgermeister der Stadt Raab für das Zustandebringen des Kongresses, worauf derselbe geschlossen wurde. | | « Be Ieuilletom Heskbst getichtet Fortsetzung Er hat sich In den Anblick des geöffneten Hofthores vertieft das ihn bald annehmen soll Er denkt an die nahe Ueberraschung des Beamten den er aus seiner Sonntagsruhe ausstören wird, durch die Nennung eines Namens . .. an die stille Gefängnißzelle mit ihrer harten Pritsche ..... Wasserkrug und Brod auf dem tohgezimmerten Tisch . . . trocenes, sandiges Brod, in das er vieleicht in der Gier einer ee Hungerempfindung hineinbeißen wird . Nein, dies Alles erschreckt ihn nicht — er sehnt sich danach, wie nach einem Seile; icon der Gedanke daran thut ihm wohl. Er macht ein paar Schritte auf das Haus zu, bleibt aber nach einer Sekunde stehen. Ein junger Mensch geht an ihm vorüber, im Munde eine glimmende Zigarre, deren Rauch natta unwillkürlich einathment. Der scharfe Duft reizt ihn, regt ihn auf. Er war stets ein leidenschaftlicher Raucher gewesen und eine bißfie, ist noch das Einzige, wovor er ‚gute Zigarre hat ihm immer geschmeckt, zulegt , man Wideriwillen empfindet. Das Lächeln ist von seinen Lippen verschwunden. Lange Zeit wird es ihm nicht erlaubt sein, zu rauchen, sinnt er... . fünfzehn Jahre vielleicht . . . Wie sich ihm mit einemmale diese Zeit zu dehnen scheint in’S Unendliche ! Zehn Jahre lang nicht rauchen dürfen .. auf diesen unwinzigsten Genuß verzichten . Doch er wird auch dieses Opfer bringen, ja, er wird ed. Er ist fest entschlossen dazu. Aber jet ist er noch frei, jeßt darf er noch eine Zigarre rauchen. — Die lete,. die allerlebte .. Wenn er ein paar tiefe Züge gemacht hat, wird er hingehen und sich der Gerechtigkeit überliefern. Das soll sein Abschiedsgruß sein, an eine Welt, die ihm nichts mehr zu bieten hat und die er, lachend von sich stößt . . . Sosef Vernatta greift in die Tasche seines Ueberziehers und entnimmt derselben die einzige Zigarre, die sich darin befindet. Er seßt sie in Brand und zieht langsam den Duft des feinen Krautes ein, um ihn dann ebenso langsam in dünnen Wölkchen von sich zu lassen. Und wie er den bläulichen Ringeln nachzieht, die sie in der Luft rasch auflösen, überkommt ihn ein eigenthümliches, fast schadenfrohes Behagen. Mag der Polizeibeamte, der ihn in Empfang nehmen wird, sich noch ‚ein halbes Stündchen gedulden. & hat ja seine Eile — in’s Zuchthaus kommt man noch früh genug . Während er seine rechte Zigarre raucht, kann er noch einmal Alles in Ruhe überlegen. . . . Dazu darf er wohl auf der Band, gerade dem Gebäude der Oberstadthauptmannschaft, gegenüber ein wenig Plaß nehmen ... muß sich ja daran gewöhnen , an’ Sigen.... . Er scheint ganz heiter geworden zu sein, und wie er sich niederläßt, macht er eine höfliche Verbeugung vor dem auf dem Trottoir auf und ab schreitenden Sicherheitswachhmann. Sa, überlegen . . . Eigentlich Hat er das gar, nicht gethan bisher. Der Gedanke, sich zu stellen, war ihm ganz plößlich gekommen und seitdem hat er, weil ihm die Erregung wohlthat, mit dem Entgegen gespielt, wie das Kind mit der Puppe. Die Schauer, die ihn durchzitterten, waren so angenehm . Allerlei gute Vorläge waren ihm eingefallen. Er wollte im Zuchthause ein Handwerk erlernen und dann, wenn er herauskam, irgendwo in einem Winter der Welt ein neues, ein Dasein der Arbeit beginnen. Er war ja noch jung, ein Dreißiger und sein Leben noch immer sein verlorenes Schluß folgt. a 7 | | | |