Oedenburger Zeitung, 1902. Juni (Jahrgang 35, nr. 124-148)

1902-06-01 / nr. 124

.... & Mr .­­;­­T S. « —- -­­ -. ae SE EEEEN ji Is: -j ."l. ,»l , | | “ | ER EEE NEE SERTERSEN TE N ’ en BRENNEN Br Nr. 12% ahrgang. Spuntag, 1. Juni 1902. »Politisches Tagblatt. Zeitung Adminiftration und Verlag: Kuchdrukerei Alfred Nomtalter, Grabenrunde 1, | Annoncenaufträge, Kronnen ents: und Aufertiand: @es Telefon Ar. 25. An Oedenburger Preis: G Seller. Preis: $ Seller. men - Pränumerations-Preise: Für Loen: Ganzjährig 20 Kr., Halbjährig 10 Kr., Vierteljährig­­ 6Kr,Monatlich1Kr.70pl. Für Aufwärts-Gan­zjährig 25Kr.,HalbjährigISKrschl, BieneljährigsKr25 Hr.,Monatlich 2K«­.20 Hl. T Snferate nadı Tarif. Derselbe wird auf Wunsch überall­ in gratis und franco versendet, bühren sind an die Administration (Grabenrunde 121) einzusenden, Vermittlung dur alle Annoncen-Bureaus. EN B: cYergz und der Fabrilåsindustriellem Oedenburg,s31.Mai. Mit Schluß des Monats erfolgte in Budapest die Schaffung einer Organisation, die nicht nur berufen ist eine hochwichtige wirtschaftliche Aufgabe zu er­­füllen, sondern sie auch zu einem poli­­­tischen Faktor von Bedeutung auszu­­­gestalten verspricht. Wir meinen den eben gegründeten „Verband der ungari­­schen Babrufsindustriellen“, wodurch gleichsam ein Markstein in der Industrie unseres­ Baterlandes errichtet wurde. In den Rahmen dieses Verbandes werden unsere Großindustriellen, die Mittel und Wege finden, um jene Fragen und Angelegenheiten zu klären, welche für die ungarische Fabriksindustrie, sei es in Bezug auf Kommunikations, Zoll- oder Sozial­­politik, sowie auf die, auf legislativen Wege zu erzielenden Bedürfnisse für ihre Entwillung und Förderung nothwendig sind. Durch das Aufblühen unserer Fabrik­­­industrie aber würde auch andern volfs­­wirthsschaftlichen Zweigen des Landes eine ersprießliche Borschubleistung geboten und dadurch jene Harmonie der materiellen Interessen gefördert werden, welche für die wirthsschaftliche Erstarrung des Landes ein unabweisliches Bedürfniß bildet und die­­ auch unter M­inisterpräsident Koloman­­ Sz6ll­al ein von Allen erstrebens­­­­werthes Ziel hingestellt hat. Die großangelegte Eröffnungsrede des Präsidenten de Verbandes Dr. Franz Chorim verbreitete sich über den ganz richtigen Gedanken, daß die Land­wirth­­chaft allein es ist, welche die Basis der HB allgemeinsamkeit bildet. Im jedem alle würde man jenseits der Leitha gut daran tun,­­diesen eventuellen Faktor rechtzeitig ins Auge zu fassen und endlich einmal jene Tendenzen fallen zu lassen, welche in einer Erstarrung der ungarischen Industrie eine Verlegung der österreichischen Interessen sieht und es gewissermaßen als ein Recht Desterreichs betrachtet, Ungarn in Abhän­­gigkeit zu halten. Redner erklärt sodann, der über­­wiegende Theil der Fabrikan­­ten Ungarn wünsche das selbst­­tändige ungarische Zollgebiet, da die Entwicklung unserer Industrie hauptsächlich dur die Industrie Oester­­reichs gehemmt wird. Doc die Majorität des Abgeordnetenhauses und die Regierung geben mit Rücksicht auf die s­chwierige Lage der Landwirthschaft dem gemein­­­­samen­­ Zollgebiet den Vorzug, vorausgesegt, daß er die Existenzbedingungen aller Produktionszweige sichert. Obwohl wir die erwähnten Bedenken der Landwirthschaft nicht theilen, so müssen wir doch mit der Thatsache rechnen, melde der illustre Präsident des ungarischen Abgeordneten­­hauses in seiner jüngsten Nede so treffend ausgedrückt hat, daß die volfstwirthichaft­­ste Basis der Zollgemeinschaft heute einzig und allein in der NRückfsichtnahme auf die ungarische Landwirthichaft besteht. Alein diese NRüdsicht auf die übrigen Produktionszweige kann sich nicht so weit erstreben, daß wir die Existenzinteressen der ungarischen Yabrissindustrie aufopfern. Deshalb müssen wir darauf Hinweisen, daß der zwischen den früheren Regierungen zu Stande gekommene und im Jahre 1899 unartifulirte Ausgleich schon bisher der ungarischen Industrie große Opfer aufer­­legt und viele Zweige derselben empfindlich getroffen hat. E83 wäre daher geradezu verhängnißvoll, wenn die ungarische Ne­gierung auch nur eines jener Machtmittels fallen lassen würde, über welche sie der­­zeit im Innteresse der Förderung der ungarischen Industrie noch verfügt. Dies würde nicht nur unsere moralische Nieder­­lage bedeuten, sondern auch unsrere wirth­­schaftliche Zukunft gefährden. Nedner ist­­ l Feuilleton, Die verhängnißvolle Inschrift. Krimina-Roman von A. W. Rahle, (Fortlegung.) So näherte sich der Tag, der für den Spruch der Jury angeregt worden ; er war einer der legten Tage im Monat Mai. Natürlich­­ war die ganze Angelegenheit, die durch ihre Ursachen und durch die dabei betheiligten Per­­sonen zu einer interessanten wurde, allgemein bekannt geworden und hatte großes Aufsehen in den Streifen des Adels, der Beamten und er Künstler erregt. Man drängte sich, um Eintrittskarten für die Sigung zu erhalten ; man sprach in allen Gesellschaften fast nur von diesem­­ Ereigniß. Im Grunde glaubten die BWenigsten an einen glücklichen Erfolg des fühnen Unternehmens, durch welches der Engländer seinen Freund retten wollte. Die Mehrzahl war der Ansicht, daß Graf Lanizla ‚jenes unselige Wort in einem Anfalle grollender üeerinnerung an die Leiden seines Sciüglings wirklich geschrieben habe. Altenberg selbst war ungemein ruhig und gefaßt. Man sah ihn, wie bisher, in Ge­­sellschaften und bei der Gräfin in Potsdam. Er schien gar keine ungewöhnliche Anstren­­gungen oder Untersuchungen zu machen. Ent­­weder gab er seine Sache verloren, oder er hielt den Sieg für sicher. Der Tag erschien. Ein großes, dem Staate geh­örendes Gebäude in der Kurstraße in Berlin, das zur Zeit nicht bewußt wurde, war so weit als nöthig für den beabsichtigten ‚Btweg eingerichtet worden. Einen großen Saal, Den einige Nebenzimmer für die Beamten, die Geschor­enen und die Zeugen umgaben, hatte man in zwei ungleiche Hälften getheilt. Die größere bildete den Raum für die Zuschauer ; in der kleineren befanden sich der Sit des Richters,­­ die Tafel der Geschworenen, die Pläge für die Anwälte, die Zeugen und den­­ Angeklagten. Ein besonderer Raum an der langen Wand, zu dem eine eigene Thüre führte, enthielt die Pläne, die für den König und seine Umgebung bestimmt waren. Zehn Uhr, die Stunde, in welcher die Sigung beginnen sollte,­­hatte noch nicht ge­­fchlagen, al bereits der Zuschauerraum bis auf den legten PBlat gefüllt war. Auf der ersten Bank lagen die Gräfin Larissa und Sophie, für die Zuhörer leicht erfenntlich durch die Spannung in ihren Zügen, die Bläfte des Gesichts, die meist zu Boden gerichteten Blicke und das tiefe Schweigen, das sie andauernd bewahrten. In der ganzen Versammlung herrschte Stille. Man sprach nur leise mit­­einander. Waren auch viele, und unter ihnen glänzend geschmücke Damen, nur wie zu einem Scauspiel hierhergekommen, so schien doch Jeder zu empfinden, daß er ein ernstes Schau­­spiel sei, das ihn erwarte. Einige Minuten vor zehn Uhr traten der Richter, die Anwälte, die Geschworenen und die Zeugen ein. Von diesem Moment hörte man im A­uschauerraum selbst die ge­­flüsterten Worte nur noch selten. Der Richter nahm seinen erhöhten Sik ein. Zu seiner Rechten, gegenüber dem Raum, der für den König bestimmt war, ordneten sich die zwölf Geschworenen auf ihren Plagen. Es waren sämmtlich junge Leute, zur Hälfte Offiziere, aus dem Kreise derjenigen, welche man mit dem Grafen ebenbürtig erachtet hatte, zum Theil mit ihm bekannt, aber nicht be­­freundet waren. Der Ernst ihrer Mienen schien Bürge dafür zu sein, daß sie ihre schwere Pflicht mit Gemwissenhaftigkeit üben würden. An einer langen Tafel, die vor dem Sie des Richters stand, und auf welcher man auch einen mit einem Quche bedecten Gegen­­stand bemerkte, saßen auf der linken Seite der Anwalt des Königs und seine Zeugen, auf der rechten Albrecht Altenberg und seine Zeugen. Der junge Engländer war es, der biß fest die größte Aufmerksamkeit erregte. Er war feierlich gekleidet ; seine Miene, nachdenklich, ohne befangen und ängstlich zu sein, sein Wesen, frei von jeder absichtlichen Keckheit, sicher, selbstbewußt und mür­devoll, erregten den Eindruck, als Habe ein solcher Mann sein Wort nicht leichtsinnig verpfändet, als meisse er genau, was er wolle und thue. Altenberg hatte nur die Gräfin und Sophie begrüßt. Sehr wandte er seinen Bli mehr in den Zu­­schauerraum, sondern musterte nur die Ge­­schworenen und die Zeugen, sah aber meist ruhig vor sich ein. Als der Graf Lanissa ein­­trat, begrüßte er den Freund mit einem freudigen und zubersichtlichen Blick. Lanissa erschien in seiner Uniform, jedoch ohne Degen, begleitet von zwei Offizieren. Der leichte Schleier, der auf seinen Blicden ruhte und die Bläste auf seinen Wangen verriethen, daß er die legte Zeit gelitten habe. Sonst war seine Haltung leicht und fest, seine Miene ruhig... Auch er betrachtete, nachdem er seine Mutter­­ und ihre Begleiterin mit einem hellen Lächeln und einer leichten vertraulichen Neigung des Kopfes begrüßt, den B Zuschauerraum nicht weiter. Nur auf der Mutter ruhte bisweilen sein Auge, das im Verlaufe der Verhandlung ernst wurde und ernst blieb. (Fortlegung folgt.) a ER 4a

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