Oedenburger Zeitung, 1904. Juli (Jahrgang 37, nr. 149-174)
1904-07-02 / nr. 149
I Oxxxvll Jahrgahq « Samftag, 2. Juli 10. Sebenburger Zeitung Preis: 6 Seller. »Politifhes Tagblatt. 5 Seller. zn Pränumerationd- Breite: Bär Lore: Ganzjährig 20 Kr., Halbjährig 10 Fr., 5 fir, Monatlich 1 Kr. u SI #üren Ganzjährig 25 Kr., Halbjährig 12 Kr 50H91, Vierseljährig 6 Kr 25 Hl., Manarich 2 Kr 20 SI Vierteljährig Administration und Berlag: Buchdenherrn Alfred Rommalter, Grabenunde BI. Bean a 243? | reis: un. Inserate nach Tarif. Derselbe wird auf Munich überall im gratis und franco versendet. Annoncenaufträge, Hhmnnementh: und Jufertiong s @es bühren sind an die Administration (Grabenrunde 121) einzusenden. Vermittlung durch ale Annonnen-Bureaus. BEE 72:05 m | Sn edenburger Zeitung Mit 1. Juli begann ein neues Abonnement auf die „Dedenburger Zeitung“ ; dieselbe bringt als Beilage das „Slufrirte Sonntagsblatt“ gediegene, belletristische Wochenschrift mit prachtvollen Bildern. Abonnements-Preis der „Oedenburger Zeitung“ jammt Zustellung ins Haug : vierteljährig 5 Kronen loco Oedenburg . Auswärts : vierteljährig 6 Kronen 25 Heller. B Für die illnfriste Sonntags-Bei- BER lage 30 Heller pro Onsrtal separat, Die Milch der Frommen Denkungsart. Sopron, 1. Juli Der Eleriale Abgeordnete des Szabad, Barander Wahlbezirkes, Graf Johann 3ihm jun. ist darüber unmwirich, daß man ihm zumuthet, er hätte der eigentlichen „Katechetenpolitik” entsagt und somit sei die Milch seiner frommen Denkungsart im Laufe der Zeiten ein wenig „angeläuerlt.” Er habe nämlich, so wurde ihm imputirt, sich mit dem Gedanken vertraut gemacht, daß er nicht mehr für die Zurücknahme der kirchenpolitischen Gehege im Abgeordnetenhause eintreten wolle, denn man habe ihm die Phrase in den Mund gelegt: „was einmal verloren it, läßt fi nicht mehr zurücerobern.“ Im ähnlichen Sinne — das‘gibt zwar der edle Graf zu — sei ihm allerdings eine Aeußerung bei seinem Nechenschaftsberichte am 21. v. M. in Lafompas entschlüpft, allein man habe ihn dennoch gründlich mißverstanden, denn ihm schwebt nach wie vor nur ein Ziel seiner politischen Thätigkeit vor Augen: die Revision der Kirchenpolitischen Gesebe. Er ist also nicht wahr, daß er nachgiebig geworden sei, ruft Graf Johann Zichy mit Emphase: Er gönnt den Juden ihre Gleichberechtigung ja! aber alles Andere muß in flekfalem Sinne geordnet werden. Das sagte er zwar nicht ausdrückli, aber man weiß doc, daß er bereit war, einen Theil des Programmes der Volkspartei zuzufleben und wohl nur deshalb, weil auch Juden wahlberechtigt sind und der Graf Hug genug ist, sich seine Stimme zu verscherzen. Erwäre font gewiß nicht verlegen, wenn es gälte die Regel nach ihrem „Glaubenswerthe“ zu behandeln. So aber fredenzt er auch ihnen die Milch der frommen Denkungsart. Leider aber ist ihm inzwischen Die katholische und jüdische Neugier in die Quere genommen; allein Christen wie Juden können ruhig sein — die Rollepartei bleibt die frühere. Vielleicht findet sich aus Anlaß von Neuwahlen ein Ausweg. Da pflegt sich die Elektale Politik immer zu helfen. Vorläufig veröffentlicht Graf Johann Zichy jun. folgende „Erklärung“ : „Da die Weußerungen, welche ich anläßlich meiner Tetten Rundreife in meinem Wahlbezirke den Wählern gegenüber gethan, theilweise unrichtig, theilweise aber mangelhaft reproduzirt wurden und diese Neuerungen, besonders in Betreff der Repeision der firchenpolitischen Genese zu Mißverständnissen Anlaß boten, welche am pregnantesten in der Nummer des „Budapesti Hirlap“ vom 26. dv. M. zum Ausdruch kamen, halte ich es für nothunwendig, kurz Folgendes zu erlären: Die reichstägige Bolfspartei befanntlich ihr Nevisionzprogramm niemals offiziell erörtert, weshalb Die Partei auch Hinsichtlich de Maßes und der Modalitäten der N Revision niemals Stellung nehmen konnte Am 21. v. M. erklärte ich auf die Anfrage einiger Vorsteher der israelitischen Gemeinde in Zarompaf in Betreff der Konfessiongrofigkeit und der Rezeption der jüdischen Religion, daß ich die Aufhebung der Zulassung der Konfession?Iofigfeit unbedingt fordere und auch fordern werde, daß ich aber die Zurücziehung der Rezeption der jüdischen Konfession meinerseits für eine staatsrechtliche Unmöglichkeit halte und auch niemals ureiren werde. Das ist meine Auffassung in Bezug auf diese beiden Fragen. Die öffentliche Meinung möge nun darüber urtheilen, inwiefern ich dadurch die Idee der Revision selbst, inwiefern ich die Revision der kirchenpolitischen Gehege fallen gelassen und inwiefern ich mit dieser meiner Weußerung das Boldpartei-Programm in die Rumpelkammer geworfen habe. Nagyläng, 28. Juni N Graf Johann Zig.“ In der gestrigen Sigung de Abgeordnetenhauses eröffnete die Budgetdebatte der Abgeordnete Alexander Binter mit jämmerlich schaalen, gänzlich wirkungslosen, aber dafür breitspurigen Ausführungen. Die bis dahin fast leeren Bankreihen fülten sich erst, al nach Pinter sich Graf Tipa zum Worte meldete, um auf die im Laufe der Budgetdebatte gehaltenen Reden zu verleiben. Er berührte zunächst auf die von Bietoruß vorgebrachten Bemängelungen die Rationalitätenpolitik. Dieselbe mus — erklärte der Minister — eine ungarischnationale Kulturpolitik sein, ohne daß wir die Zertiehung der Hudgetdebatte, Kultur oder die Rechte derationalitäten auf ihre Sprache, unterdrücken wollen. Die Revision des Nationalitätengefeges 8 sehen wir fürnen die Zwecke, welche und vorschmeben, auch auf anderem Wege erreichen Ein Mittel hiezu ist der Gejegentwurf, welchen der Unterrichtsminister in Betreff des Balkajchulunterrichtes vorbereitet, ein anderes Die rigorosere Gestaltung jener Bestimmungen des Strafgejeges, welchen Diejenigen unterliegen, Die auf den Umsturz der staatlichen und sozialen Ordnung hinarbeiten ; einschritten ist Die intensivere Handhabung der Staatspolizei. Dagegen müssen wir unseren Mitbürgern anderer Junge die Ueberzeugung beibringen, daß wir ihnen in wahrer Liebe zunetben sind wenn sie ohne Sintergedanken treue Bürger dieses Staates sind. Graf Tipa wandte sich sjodann den oppositionellen Rennern zu, und zwar in erster Reihe Apponyi. Da dieser Die Regierung antisozialer Tendenzen beschuldigte, weil sie 100.000 Kronen für die Versorgung von Kindern über sieben Jahren im vorjährigen Budget gestrichen, wies der Ministerpräsident nach, warum er Died gethan, indem er gleichzeitig betonte, daß diese Summe aus dem vorliegenden Budget nicht ausgeblieben sei. Ebenso unbegründet sind die Einwendungen des Grafen Apponyi gegen die Finanzpolitik der Regierung. In der Investitionsvorlage nimmt sie denselben Standpunkt ein, wie das Szell-Kabinet , bezüglich der Regelung der Beamtenbezüge getban, so wären die Lasten des Staates jährlich um 4%, bis Millionen Keonen größer gewesen. Und was die militärischen Kosten betrifft, so ist in dem 450-Millionen- Ansehen nur das Erforderniß für die Kanonen neu. Indessen hat auch Graf Apponyi in der berlegten Delegation anerkannt, daß es nothunwendig sei, neue Kanonen anzuschaffen. Was den Vorwurf betrifft, daß der Ministerpräsident seine Versprechungen nicht halte, so erklärt er entschieden, daß er an der Realisirung allessen, waß er versprochen, auch fest festhält. Dies gilt auch von derWahlreform. Graf Tika kann unwohl nicht garantiren, daß die Wählerkonskription im März 1905 schon auf Grund des neuen Wahlgeieges erfolgen wird, aber im Herbst 1906, wenn dieser Reichstagszyklus zu Ende geht, werden die Wahlen gewiß schon auf Grund der neuen Wählerliste vorgenommen werden können. „Und fest im Oktober werden wir seine Wahlen bekommen?“ fragte &abänyi, worauf &tof Tiba bemerkte,die Wahlen seien in der Regel mit einer solchen Aufregung der Gemüther verbunden, daß man ohne zwingende Nothwendigkeit nicht vor der Zeit zu diesem Mittel greifen so. Am Schlusse seiner Rede hob Der Ministerpräsident hervor, daß die Regierung hätte sie dies au in den acht Monaten ihres Bestandes wohl noch wenig von ihren Aufgaben erfüllen konnte, doch sei im Vergleich zu der Zeit, da sie auch Ruder trat, eine wesentliche Besseiung eingetreten, so daß sie ruhigen Gemissens dem Urtheile des Hauses wie der Nation entgegen jehben künne. Die anderthalbstündige Nede des Grafen Tipa, welche auch von der Opposition mit gespannter Aufmerksamkeit angehört wurde, m wenn sie dieselbe auch stellensweise durch Heftige Zwischenrufe unterbrach, wurde seitens der Liberalen Partei mit lebhaftem Beifall begleitet , hat Sopron, 1. Suli. | | ek . ..«""( e Se TE