Oedenburger Zeitung, 1904. August (Jahrgang 37, nr. 175-198)

1904-08-02 / nr. 175

!!-·»Z«xxxv11 Jahrgchmx d Es Nr.175. Iroisessekkev Oedenburger Zeitung Politifhes Tagdlaft. Administration und Berlag: Buchdenderei Alfred Nomtvalter, Grabenrunde 121. Mäm­merationhpreisu Pseu­ ijährigfokh halbjähris 10M.,Vierteljähris a 5Kt.,Monatlich 1k-.70-dl­­ essusns-omzjahkigksm.,parbiåvagmi-saht­­— Metjahkissækssot.,M-m1ichisk.iodt. « Belefon Nr. 25. Preis: $ Keller, Snferate na Tarif. Derselbe wird auf Wunsch überalli in gratis und franco versendet. Annoncenaufträge, Zihonnem­entd: und Infertiond: Ges­bühren sind an die Administration (Grabenrunde 121) einzusendern. Vermittlung durch alle Annoncen-Bureaug. nen mer Yikdung macht reiM «. Sopron, 1. August. E35 geht unserem Unterrichtswesen wie einem schönen, aber mittellosen Mädchen, welches Viele lieben, aber Niemand freien will. Jedermann ist überzeugt, daß der Volksschulunterricht die Grundlage der Ent­­wiclung des Staates bildet, jeder Unter­­richtsminister ist voll von Begeisterung, hat ein großartig entwickeltes Programm, welches seinem Thatendrang fast seinerlei Schranten fest und doch steht unter Unter­­richte­wesen nicht­ weniger als auf der vollen Höhe moderner Anforderungen. Die Ursache für diese Erscheinung ist , nicht in dem guten Willen, in der Leitung unseres Unterrichtewesens zu suchen. Wir glauben gerne an die Echtheit der­­ Be­­geisterung, mit welcher die Führer des Unterrichtswesens sich an die Arbeit machten, aber wir glauben auch, daß sie es bei dieser Begeisterung bewenden lassen und nit darnach forschen, warum ihr ehrlich gemeintese Wollen nicht von dem gewünschten Erfolge begleitet ist. In erster Reihe trägt natürlich die geringe Dotirung des Budgets für Wolfs­­unterricht die Schuld an der so langsamen Entwicklung des BVolfsunterrichtes. Mit geringen Mitteln ließe sich auf diesem Gebiete nur dann ein größerer Erfolg er­­zielen, wenn die Gemeinden nicht nur starr genug wären, für ihre Schulen zu sorgen, sondern wenn die Bedeutung der Volksschulen Schon in das Bemwußtsein der Volfsvertretungen übergegangen wäre. Bis nicht die Erkenntniß, daß Bil­­dung reich mat, allüberall in Fleisch und Blut der Bevölkerung gedrungen ist, wird unser Unterrichtswesen aus seinen — sagen wir e3 ehrlich — wo) immer pri­­mitiven Zustand, zu seiner höheren Ent­­wicklung gelangen. Was die Gemeinden für ihre Schulen thun, ist in der Regel nur das Allernothdürftigste und selbst dieses muß ihnen durch moralische Z­wangsmittel gleichsam abgerungen werden. Sie bedeuten nicht, daß das Kapital, welches auf die Erziehung ihres Nachwachses verwendet wird, sich reichlich durch dessen vermehrte Er­werbsfähigkeit verzinst, denn Bildung macht reich). Schon seit vorgestern Samstag halten wir, bei der bewunderungswürdigen Schnellig­­keit, womit jeßt das Abgeordnetenhaus die Erledigung des Budgets beschleunigt, beim Unterrichtsressort. Herr v. Berzepiczh erörterte in wirklich hankenswerther, weil gründlich sachlicher Weise, die von ihm in Rahmen seines Ressorts nächstgeplanten Arbeiten. Man erfuhr da einige überaus interessante Momente bezüglich der Frage der Katholikenautonomie, die nur unter voller Wahrung der Rechte des Staates und des Königs gelöst werden sol. Auf kulturelem Gebiete plant der Minister eine neuerliche R­eform des erst por Kurzem reformirten Landessenates für bildende Künste und die Schaffung eines engeren Verhältnisses zwischen der heimischen und der ausländischen Kunst. Eine ganze Reihe bemerkenswert der Reformen kündigte der Minister au­ auf dem Gebiete des Rolfsschulwesens an, und zwar fast lauter solche Reformen, die schon demnächst ver­­wirklicht werden sollen, wie zum Beispiel der neue Entwurf über den Bolksschul­­unterricht, den Herr dr. Berzeviczy schon sehr wirkungsvoll gegen die Angriffe der Nationalitäten vertheidigte. Nach den von lebhaftem Beifall gefolgten Ausführun­­gen des Ministers füllten Josef Veresy, Domhert Czernoh und Udvary mit ihren langen Sclageliedern den Rest der Sigung aus, so daß die Fortlegung der Verhandlung über das Kultus­ und Unterrichtebudget auf heute Montag ver­­tagt werden mußte. Baron Yovor Kaas war die Schuld, daß die Debatte über das Unterrichtebudget unterbrochen werden mußte, denn er ver­­tiefte ih­m­ politisches Gebiet und d­as ist es eben, wodurch eine gesunde Ent­­wicklung der Wolfsschule verzögert wird. &3 ist ein Uebel, daß man in den lesten zehn Jahren si von dem Gedanken nicht befreien konnte, daß die Wolfsschule ein Mittel der nationalen Politik abgeben könne. Es gibt nur eine Schulpolitik: Die Schaffung von guten, zum praftifichen Leben vorbe­­reitenden Schulen, geleitet von gut diotichen verständigen Lehrern. Die Schule, wenn die Lehr- Feuilleton, Die Bade is mein. Das war ein unheimlicher trüber Tag, der seine Nebel über die Trancheen deckte wie ein Leichentuch, während flachente Geschüge den Weg durch Kieselehm zwangen und be­­geisterte Bataillone jubelnd über Bergkuppen kletterten, aus Schluchten tauchten, dann in dunklen, schlechtgesammelten Haufen vorliefen und unter dem schmetternden jener Des­­ Feindes nicht mehr zurück konnten, sondern liegen blieben, schwarze, zähe Weaffen, zu­­sammengeball­t, von Lehm und Blut triefend, überströmt vom Hlatjebenden Plagregen. Bei sinsender Nacht, während Wolfen immer dichter und schwerer über das Schlacht­­feld zogen, als wollten sie es abwaschen mit faiten Schauern, ging die Armee rüc­­wärtg. Betrunkene Regimenter, die nicht ins Feuer gekommen waren, versperrten die Felder und beulten Sieg, während verirrte feindliche Granaten Splitter in sie warfen und jurrende, vom Boden geschälte Grazichollen. Dann kam, meilenfern, eine öde Y Fläche, wo Kojalen­­patrouillen durcheinander ritten, wo hinter rosh aufgeworfenen Schügergräben Bataillone lagerten. Später ein leichter Höhenzug, dahinter graue Beltpoften, sich kreuzend, große Tannen­­büschel als Weg­ weijer daruwild­en Eine Wager­­burg stand mit zusammengefahrenen Rädern, die Padpferde in dunklem Klumpen mit ge­­­­senkten Köpfen. Eine schwere Batterie kam in Eilmärschen her­beigezogen und im aufgeweichten Boden verlassen, rechte, halb verjunten, ihre Wagenmasten und die blenken, nun Ge­säßrohre schräg über das Lager hin. In dieser Aufnahmestelung lagen Garde­­und Linienbrigaden, dezimirte, wie noch unbe­­schosfene, hastig zusammengezogen, dad &zog für die morgige Operation bildend. Die Sol­­daten, welche, wo immer sie ein wenig Eu fanden, zusammengedrängt lagen und schliefen, rannten nicht ihren neuen Führer ; man wußte nur, daß ihn­ der Czar vor wenigen Tagen von einer entfernteren Stelle des Kriegerschau­­plages herbeigezogen und in der Stunde der Gefahr mit einem hohen Kommando betraut hatte. Im Zelte des Befehlshabers­ ging ein Kriegerab­ zu Ende. Von einer Anzahl Offiziere zog der General die legten Rotbiu­ftstriche über eine halb durchweichte Feldlatte und erhob sie grüßend. Als das Zelt leer geworden, rüg­e er den Sessel ans Feuer und zog einen Brief hervor, den er seit Tagen an der Brust bewahrt haben mochte. Der schmale Rapierstreif enthielt nur wenige­ Beilen. „Soeben erfahre ich, daß Wassil in Ihre nächste Umgebung flommandirt ward. Wenn ich als Ruffin euch fiolz sein muß, ihn vor dem Feinde und unter Ihrem Befehle zu missen, so blutet doch das Herz der Mutter in namenlosem Bangen. Er ist mehr als mein Sohn — er ist die Verkörperung meiner und Ihrer unermeßlichen Schuld — in seinem Güde nur, in seinem Wohlergehen liegt das Symbol der Bergebung Gottes. Kehrt er heim aus diesem entjeglichen Kriege, dann will ich an Vergebung glauben, dann wollen auf wir, ent­­sühnt, ung­ewiedersehen. Wachen Sie über dem H­ile, über dem Leben meines Kindes. Raifja.” „Ich will en“, sprach der General leise und foltete den Brief. Ehe er ihn an der Brust barg, preßte er seine Lippen auf das zerm­itterte WBopier, dann rief er seinen Adjutanten. Ich lasse den Lieutenant Trekuroff zu mir bitten.“ * * * General Graf Wassil Barinzfi hatte, selbst nach russischen Begriffen, eine rasche und ganz außergewöhnliche Karriere gemacht. Er war überhaupt eine außergewöhnliche Er­­­scheinung , den Petersburger Kreisen, in denen man doc sonst seine Grade zu erobern pflegt, entfremdet, weil er das Lagerleben im Kau­­kasus und gegen die Z Turkmenen vorgezogen hatte. Man wußte nur­ unbestimmt, daß ein Schatten auf seinem Leben sei, etwas Unauf­­geklärteg. Die Männer riet­en auf eine Liebrg­­­eschichte oder ein fatales Duell, die Frauen, der idealere Theil der Gesellschaft, seltsamer­­weise auf Schulden Einmal stieg das Gerücht auf, daß Wassil bei Hof in Ungnade gefallen sei, und Died reichte völlig ein, um fortab selbst die Neugier von ihm fern zu halten. (Fortlegung folgt.)

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