Oedenburger Zeitung, 1906. Oktober (Jahrgang 39, nr. 224-249)
1906-10-02 / nr. 224
.2.. .,Tagespost««meldet,steht das Kriegsministerium mit der Stadtgemeinde Laibach wegen Unterbringung eines Korpskommandos in Laibach in Unterhandlungen.Im kommenden Frühjahr wird eine weitere Vermehrung der Grenzsicherungstruppen gegen Italien eintreten in dem das in Laibach stationirte Landwehr-Infanterie-Regiment Nr.»27 in das Gebiet von Görz verlegt werden wird. —«" ä # Die Errichtung der Honved-Artillerie verschoben. Die Verhandlungen des Honvedministers mit dem gemeinsamen Kriegsminister haben das negative Resultat erbracht, daß die Idee der Errichtung der Honved-Artillerie bortläufig fallen gelassen wurde Die ungarische Regierung soll sich Hiebei, wie verlautet, hauptsächlich von politischen Erwägungen haben leiten lassen. Diese Erwägungeneziehen sich insbesondere darauf, daß nach der Auffassung der Unabhängigkeitspartei während der Geltung des Baktes, auf Grund dessen Die heutige Regierung zustande gekommen it, auch das Nefrutenkontingent der Honved nicht erhöht werden darf. ‚Ohne eine solche Erhöhung des Nefrutenkontingents und ohne Verlängerung der gegenwärtigen zweijährigen Dienstzeit bei der Honved auf drei Jahre, wenigsteng für die Honved- Artillerie, läßt sich die Reform nicht durchführen. Trzoziacismus und Satorimirs Der diesjährige Dekan der Budapester Universität,Mitglied des ungarischen Reichstages Karbetg richtete anläßlich der Eröffnung des Studienjahres an die neuen Rechtshörer eine Ansprache,in welcher er sich mit den sozialistischen Strömungen an der Universität beschäftigte. Er bezeichnete den Sozialismus als einen faulen Geist und die Sozialisten als Gesindel. Die sozialistischen Studenten hielten daraufhin eine stark besuchte Versammlung, in welcher es unter Anderem heißt! Der Dekan hat durch seine Aeußerungen einerseits das bisher als verboten verkündete Politifien in die Universitätsmauern hineingetragen, andererseits liest er die Universitätshörer gegen ihre BER, gesinnten Kollegen, wogegen Dieozialistischen Studenten sich aufs energischeste verwahren. Es sei nothwendig zu betonen, daß “während in Europa die These bereit einen Gemeinpfad bildet, daß auch die sozialen Cr- Bacengen der Gefeßmäßigkeit unterliegen, daß Sozialismus die nothwendige Folge von empyrisch enstaurbaren und wissenschaftlich kontrolirbaren gesellschaftlichen Geseßen ist, wird darin bei uns noch immer der faule Geist des Pöbels erblickt. Dies biete uns hinreichende Ursache, daß mir, die die Elite der Gelehrten und Künstler Europas unsere Gesinnungsgenossen nennen dürfen, auszusprechen und zu geloben, daß wir entgegen jedem Terrorismus weiter kämpfen für das neue Ungarn, das Ungarn der Kulturmenschen. — Bravo ! 03 Garnisonswechsel. Im Zusammeln mit dem in der zweiten Hälfte des onats April Laufenden Jahres durchgeführten Garnisonswechsel finden noch weitere Dissotationsveränderungen statt, welche theilweise vor Kurzem schon vollzogen wurden, theils soeben in der Durchführung begriffen oder unmittelbar bevorstehend sind. Es werden, nämlich, verlegt: aus dem Bereiche des 5. Korps (Pozsony), ein Bataillon des Infanterie-Regiments Nr. 8 von Komárom nach Kößeg, dann das Feldjäger Bataillon Nr. 11 von Kößeg nach Triest. Großherzog da Czarenpaar über Kopenhagen nach Darmstadt bringt. Der Korrespondent der „Magdeburger Zeitung” telegraphirt aus Weserburg: Ein geitern veröffentlichter Ufa ® de Grars verfügt die Einstellung des kriegsgerichtlichen Verfahrens gegen General Stöffel, dessen V Pensionirung angeordnet wird. — Die in den legten Urafen verkündeten Maßnahmen zu Gunsten der Bauernschaft verfehlen ihre günstige Wirkung nicht. In vielen Gouvernements beginnen die Abgaben regelmäßig einzufließen. Nach dem von der Bauernbank aufgebotenem Zande herrscht lebhafte Nachfrage und wird dasselbe in individuellen Käufen zu normalen Breiten “erworben. In vielen Gemeinden liefern die Bauern freiwillig Die Agitatoren aus. In einigen Gouvernements, namentlich im Diften, finden allerdings Bauernunrubhen statt, doch darf bei der immensen Ausdehnung des Reiches ihre Bedeutung nicht übertrieben werden. — Aus Riga tmird gemeldet Wegen der Bombenattentate auf die Straßenbahn wurden heute Adamus und Dubal3fy im Laufe der Nacht standrechtlich erschoffen Adamus stammt aus guter Familie ; einer seiner Brüder ist Marineoffizier. Vor seiner Hinrichtung erklärte Adamus mit ihm und Dubalssy seien fünfzig Anarchisten aus Polen in die Ostseeprovinzen gekommen, um dort Propaganda zu machen. — Die „Frankfurter Zeitung“ meldet aus Wietersburg: Die Kriegsgerichte Haben nach einer Statistik des Justizministeriums vom 1. bis 20. September täglich 60 Todesurtheile gefällt und auch vollitre ct. - - |. © edenburger Beitung. neu 3 = .s X 3,Y«—’L,::-«- —- 2.Oktober 1906".« . Ausland. — Die Ereignisse in Yppland. Das Dänische Negierungsblatt „Danebrog” bezeichnet die Meldung von einem bevorstehenden Besuch de ruffischen Kaiserpaares an dem Hofe zu Kopenhagen als ein Gerücht ohne jede thatsächliche Grundlage. — Gegenüber der Mittheilung, der Großherzog von Hessen sei in München eingetroffen, meldet das „Roms ‚merische Tagblatt”, der Großherzog sei incognito an Graf Westerland gestern Abends in Stettin angekommen und in Begleitung des Flügeladjutanten v. Maffenbach zu Schiff nach den finnischen Schären weitergefahren. &3 verlautet, daß der Eine erhebende Erinnerungsfeier. Würdigung wahrer Verdienste. Sopron, 1. Oktober. Die segensvolle Thätigkeit, die der in allen Kreisen unserer Gesellschaft und im ganzen SKammerbezirke geschäßte Sekretär der Soproner Distriktual- Handels und Gewerbekammer Herr Friedrich Kirchkopf seit 25 Jahren auf dem Gebiete des Handels und der Industrie entfaltete, wollte die Soproner Kaufmannswelt nicht vorübergehen hassen, ohne ihre Freundschaft und Verehrung für diesen verdienstvollen Mann zum Ausdruck zu bringen. Zu diesem Behufe versammelten sich gestern Sonntag Vormittage Kaufleute und Gewerbetreibende in größerer Anzahl im Magistratssaale des Rathhauses, um im Rahmen einer bescheidenen aber dennoch unwhürdevollen Feier Herrn Kirchkopf ein schönes Ehrengeidhent (große Chbested-Garnitur in schmuchvoller Kafette) zu überreichen. Von der Kaufmannschaft waren erschienen : Kommerzienrath Johann N. Ruf, die Kammerräthe Wilhelm Ritter, Anton Schaffer,Josef Spicher, Gebrüder Lederer, die Buchhändler Karl Schwarz und Arpad Mahr, die Architekten Fosef Ullein und Ferdinand Bohr, Kreisarzt Dr. Moriz Breuer, Professor Dr. Paul Berengi, Disponent Fran Varga, Banquier Wilhelm Hernfeld, ka 3830 mbor, Präsident der Handelskammer, ©. Spiegl, Dr. Karl Taizs, zimeiter Kammersekretär, Adolf Bielich, Kaufmann Sosef Varga, die Gewerbetreibenden Karl Teicher 3%. Roth, SM. Heißler ©. Nöttig, Karl Steiner drauf cc. Von einer Deputation eingeholt, erschien der Gefeierte an der Seite seiner Gemahlin und seines Schwagers, des Beamten Herrn Zedhmeister und wurde unter empathischen Berufen zu dem Ohrenplaße geleitet. Nach kurzer Begrüßung duch Herrn Kammerrath Anton Schaffer hielt Stadrepräsentant Julius Roth die Festrede. It.derselben wies er auf die epochalen technischen Errungenschaften hin, die seit 25 Jahren in unserem Vaterlande gemacht wurden und welcher Antheil an dem Aufblühen unsere ® Handels und Gewerbes während dieses Zeitraumes Kirchkopf zufiel. 3 gab seine Enquete im Ministerium, welcher Kirchknopf nicht zugezogen worden wäre. Die Kaufmannschaft, welcher der Sekretär uneigenmäßig so viele Dienste geleistet hatte, fühlte sich gedrängt, ihrer sdankbaren Aberkennung Ausdruck zu geben. Wie viele Gewerbetreibende danken seiner Intervention im Handelsamte,wo Kirchknopf von jeher gut angeschrieben ist,Gratis-Staatsmaschinen! Welchen Aufschwung hat unsere Kammer unter seiner Leitung genommen!Die Regierungs hat die hervorraende Befähigung Kirchknopf’Gegner gewürdigt und Gabriel Baroff, der verstorbene Handelsinister, hat Kirchknopf 8 Nachschläge immer gerne entgegengenommen. Roth bittet schließlich dieses Ehrengejdienk, als bescheidenes Zeichen der Würdigung unvergänglicher Verdienste anzunehmen mit dem Wunsche, daß die Vorsehung Kichmopf zum Wohle seiner Familie und zum Heile der Geschäftsmwelt noch lange, lange Jahre erhalten möge. (Lebhafte Elfenrufe). Sodann richtete der Vize-Bürgermeister Dr. Franz Brink an den Gefeierten eine kurze Ansprache. Die Stadt verehre in Kirche Knopf nicht nur das Musterbild an Pflicht eifer als Sekretär der Kammer, sondern auch als Bürger, der jederzeit seine bedeutende geistige Kraft in den Dienst der Allgemeinheit stellte. Er schließt sic, den Oratulanten Namens der Kommunität der Fünf Freistadt Sopron freudig an. Herr Eichmopf dankte tiefgerührt für die ‚ehrenden Kundgebungen. In erster Reihe dem Pize-Bürgermeister, der bekanntlich selbst ein glänzendes Vorbild hingebungsvollen Eifer und Pflichtbewußtseins ist und den in so schöner Anzahl erschienenen Freunden. Wenn er die 20jährige Thätigkeit an seinem geistigen Auge vorüberziehen hasje, die vielen rauchenden Schlote sehe, die in diesem Zeitraume im Kammerbezirke erstanden, die Tausende Arbeiter aus den Fabriken in ihren Familienpreis heimkehren sehe, so müsse er sich, ohne unbescheiden zu sein, sagen, daß ein Antheil an der Beschaffung der Staatsmaschinen für den kleineren Industriellen und an der Etwiclung der Industrie auch ihm zufalle. Es freue ihn diese Anerkennung umso mehr, als sie ihm von den herborragendsten Industriellen Soprong zutheil wird. Hier wird der Nenner von Nahrung derart übermannt, daß er kaum weiter zu sprechen vermag. Mit thränenerstichter Stimme gelobt er in dieser feierlichen Stunde, daß er die ihm beschiedenen Jahre mit, verdoppeltem Eifer, im Interesse der Geschäftswelt, zum Wohle und Heile seiner geliebten Vaterstadt ausnüßen wolle. Dieses Gelöbnis übte aus, die Anwesenden tiefe Wirrung und Alles beeilte sie dem Gefeierten und seiner Gemahlin, der vom Kunstgärtner Steiner ein schönes Bouquet überreicht wurde, herzlichst zu gratuliren. Hiemit war die erhebende Feier zu Ende. Auf der Kasette war folgende Inschrift eingravirt : „Kirchknopf Frigyes soproni kereskedeimi titkärsägänak negyedszäzados &vfordulsja alkalmäböl soproni tisztelös (1881–1906). Unzählich der 25.Jahreswende des Sekretariats Friedrich Kirchkopf(S bei der Soproner Handelskammer, die Soproner Berehrer). Sonntag Abend versammelten sich Industrielle und Freunde Eichmopig zu einem gemüthlichen Symposion im Hotel „pannonia.“ , Tagesbericht aus Sopron und Meliungarn, Tageskalender. Dienstag, 2. Oktober. Katholifen : Leodegar. — Protestanten: Leodegar. — Griechen: 19. September Trophimus. * Stirchweihfest der Stadtpfarrkirche zu Sankt Michael. Die gestern Sonntag statt= gehabte Feier des heiligen Patrons unserer Stadtpfarrkirche fand heuer unter ganz außer= gewöhnlich zahlreicher Theilnahme statt. Es kamen gegen 700 Gläubige aus den benachbarten ungarischen, Eroatisschen und Deutschsprachigen Ortschaften zum Gottesdienst und bei allen dreien vermochte die Kirche kaum die Zahl der Andächtigen zu fallen. Vom frühen Vormittag bis gegen Abend wagte Kopf an Kopf die Menge auf den Kirchenpfab und dem nächstliegenden Stadttheile und die vielen dort errichteten Verlaufsbuden machten brillante Geschäfte. Mittags fand im Pfarrhofe wie alljährlich ein Feidiner, gegeben vom Herrn Abt-Stadtpfarrer Dr. Otto Jedetbauer, zu 24 Gederen statt, an welchem in Vertretung