Oedenburger Zeitung, 1906. November (Jahrgang 39, nr. 250-274)

1906-11-01 / nr. 250

| “ ER LBENERCA! Nr. 250, XXXDL Jahrgang. Donnnerstag, 1. November 1906. Preis: 6 Seller. Ödenburger Zeitung. Volifisches Tagblatt. Preis: $ Seller. De­nn Pränumeratinnd- Preise: Für Loco: Ganzjährig 20 Kr., Halbjährig 10 Kr., Vierteljährig 5 Kr, Monatlich 1 Kr. TU HI­­ür Auswärts: Ganzjährig 25 Kr., Halbjährig 19 Mr. 50 HL., s Vierteljährig 6 Kr. 25 Hl., Monatlich 2 Kr. 20 Hl. Administration und Berlag: Buchenkerei Alfred Notmwalter, Grabenunde 121. Telefon Ar. 25. Im­erate nach Tarif. · Derselbe wird auf Wunsch überallhin gratis und franco versendet. Annoncenaufträge, Abonnements: und Insertiond: Ges­bühren sind an die Administration (Grabenrunde 121) einzusenden. . Vermittlung durch alle Annoncen-Bureaus. ME Des Feiertages wegen er­­scheint unsere nächste Rummer Freitag QWibends. BEE ; Krisengerüchte. Sopron, 31. Oktober. Noch steht Das Land unter dem herz­erhebenden Cindrud der märchenhaft schöi­­nen Festlichkeiten zu Ehren des glorreichen Nationalhelden Rafoc­ziund seiner Exil­­genossen, da streicht über den sonnenhellen Himmel patriotischer Begeisterung als trübe Wölfe die Besorgniß, daß sich Durch die neuen Erscheinungen auf dem Gebiete der auswärtigen Angelegenheiten und des gemeinsamen Kriegsdepartements Mei­­nungsverschiedenheiten zwischen den Rs­­­gierungen beider Staaten der Monarchie ergeben dürften, wodurch neue Wirren und Krisen heraufbeschwören würden. Nach den der Koalition nahe stehenden Blättern is Der offenbar eingetretene Mandel in der politischen Situation, die nn Shönaids­ und M­ehrenthals eine vorige zu sein schien, gegenwärtig unmittelbar vor der r­ennung eine fritische geworden. Wenn man jedoch fragt, welche Motive zur momentanen Beunruhigung und N­etwosität in einem Theil der Bevölkerung Anlaß geben, so, fommt man immer wieder auf die leidige Militärfrage, bei welcher die Kriegs­­ministerieller Seite urgirte Erhöhung, des Reflrutenkontingents den Stein des Anstoßes­­ bildet. && frägt ji nur: Hat die Koalition bei Abschluß des Paktes mit der Krone das Zugeständniß gemacht, daß Die aus ihr zu bildende Regierung, eventuell auch in eine Erhöhung des Rekrutenkontingents willigen würde — oder nicht. Wie dem,aber auch sei, bei einigem guten Willen auf beiden Seiten liegen so­­wohl die aufgetauchten Gegen­­säße überbrücken. Ungarn genehmige eine mäßige­­­ergrößerung der tehenden Heeresmacht und Die oberste Kriegsbehörde mache hiefür einige „Z­ugeständnisse in ungarisch,nationaler Richtung. 4. DB. Die Ergänzung der Honvedarmee mit Artillerie- Regimentern. Man muß nur auf beiden Seiten allen Troß beiseite legen und dann kann die ausgleichende Gerechtigkeit die streitenden Brüder rasch wieder vereinigen.­­ Besonders da ja auch die königliche Macht uns nicht mehr als etwas­­ Fremdes ge­­genüber steht. Krone und Nation sind nicht mehr zwei Fremdkörper,­­s­ondern innig miteinander verbunden. Der Cine des Anderen Gewähr. Die Krisengerüchte würden gewiß ebenso schnell wie sie entstanden sind, in Nichts zerfließen, wenn man sich entschließen wollte, den ganzen Komplex der Dikitärfragen, da Dieselben v ohnedies nicht akut sind, vorderhand ruhen zu lassen, bis die Wahlreform durch­geführt sein wird und dem gegenwärtigen Provisorium in der Regierung der Koa­­lition ein Definitivum folgen kann. Wenn unsere Regierung jedoch von Seite der obersten Kriegsverwaltung ge­drängt wird, beim P­arlamente die doch nur geringfügige Erhöhung des Nefruten­kontingents durchzufegen, so möge man sie­ in Gottesnamen der unvermeidlichen Nothunwendigkeit beugen, ehe man eine alles bisher erreichte umstürzende Ka­binetsfrise risiert. Die „unvermeid­­liche N­othwendigkeit“ ist vorhanden, weil ja das Geld für die neuen Kanonen und Haubigen votirt ist und die für dieselben nothwendige Bedienungsmannschaft kon­sequenterweise auch votirt werden muß. Schließlich wird betont, daß falls Die Frage, ob eine er Nothunwendigkeit” vorliegt, zwischen er „unvermeid­­ungarischen Regierung und der Leitung der gemeinsamen Kriegsmacht strittig wäre, nur Se. Majestät be­rufen sei, zu entscheiden. Se. Majestät hat aber auch schon entschieden, indem er in seinem an den früheren gemein­samen Kriegsminister v. Pitreich ge­richteten allerhöchsten Handschreiben­de Härte, daß dessen militärische Forderungen gerechtfertigt seien. , Politische Nachrichten. # Das November-Avancement in dr Generalität. Zu Feldzeugmeistern wurden ernannt: Seine f. u. k. Hoheit der IML. Erzherzog Leopold Salvator unter gleichzeitiger Enthebung von dem Noms­mando der 25. Infanterie-Truppen-Division und Zutheilung zum General-Artillerie- Inspektor, N a Feuilleton. Der erste inf. von Friedrich Steinebachh. Sortierung.­ „Spiiy nicht so trostlos, ich hab’ die Stiekerei verfauft und bringe Geld, das langt fir mehr als eine Woche zu. Gönn’ Dir Ruhe, deren Du so sehr bedürftig bist.” „Nuhe ? Mir wüßt sie nichts mehr, für ‘alle Zeit wird sie nur diese franse Brust.” „Gottfried! Gottfried! Wirst Du mich zur Verzweiflung bingen 2“ : „Nein, meine heißgeliebte Anna zög! aber zur ruhigen Erkenntniß dessen, was nicht mehr zu ändern ist. Todtfranf bin ich, das fühl’ ich selber, der Bader, von Alberjchtwende jagt das­­selbe — was kann’s nüben, sich selbst zu täus ichen? Ein Licht, das abgebrannt ist, muß verlöschen, und wer bemerkt’S? Der Eine, der a sieht,­ sonst geh’ ich spurlos aus der elt !” Mit tiefer Wehmuth sprach der bleiche Mann, mweinend hing Annards an seinem Halse und er preßte seine farblosen Lippen auf ihr weiches Haar. Lange sah er durch das kleine, halb erblindete Fenster in­ das Dimsel der Nacht hinaus, streichelte des Weibes Wange, wischte das Nah aus dessen Augen und sagte mit ergreifender Resignation: „Wenn? nicht, Anwards, wenn ich Hinüber­­gehe, es ist nur ein Glück für Dich, Segen wäre es, hättest Du mich nie gesehen. Wie ich, der einzige Sohn des reichen Großbauern­­ aus dem Walferthale, in meinen Kinderjahren mit Dir, der Tochter des angesehenen Kronen­­mwirthes von Hüttelgau, gescherzt und gespielt hab’, da haben wir und gar lieb gewonnen und nicht geahnt, was kommen ,sollt’! Miß­­mwachs und Hagelschlag, noch mehr, ein unfe= figer Prozeß mit Deinem Vater machten unsere Wirthschaft verfallen, verbitterten­ die Herzen unserer Eltern, ohne daß mir er ahnten, und der arme Gottfried war ein Dorn im Aug’ für den reichen Kronenmirth. Für mich war seine Anwards mehr zu haben, der geldsteige Müller von Bregenz war Dir zum Manne bestimmt, und — von Dir zu lassen, sofort zu gehen in die Welt­ hinaus, je weiter desto besser, das wär’ damals meine Pflicht ge­wesen, hätt’ ich’s Leben und die Menschen gekannt, so wie ich’s jebt versteh’ ! Aber Eigennub und Selbstsucht haben mich beherrscht — Du hast festgehalten an mir mit treuem Herzen — und ich war zu schwach, Dir Dein Wort zurüczugeben und allein fort­­zumandern in Armuth und Elend. Aus Wohl­­stand und Glück, aus dem mohlbestellten Haufe Deines reichen Vaters Hab’ ich Dich geholt, um Dich daher zu führen in das ar­m= selige Schleifwert — ohne Segen und Liebes­­wort der Eltern hab’ ich Dich hinausgeholt in die Nacht meines Unglücks. Aus Lieb’ zu Dir, aus herzinniger Lieb’ hab’ ich gefehlt, und muß es büßen, büßen wie ich’s verdien’ und ruhig ertragen wollt’ — murst nicht Du’s, die mit mir leiden und dulden muß, ohne Schuld und aus Lieb’ für mich Armen. Der­ Fall in die Schlucht beim Ersteigen des Wid­­dersteines, auf den ich Reisende führen wollt, hat mein Leben untergraben ; mit dem Fall des Laubes im Herbste ist mein unglückliches Dasein am End’. — Dich wird Dein Prater wieder aufnehmen, Dich wird der reiche Benzauer Müller wieder in alter Lieb’ aufsuchen — und was war, das wird mit mir unter'm Nasen am Friedhof schlummern, begraben und ver­­gessen­ sein!“ Vergebend hatte Annarög es versucht, Gottfried von seinen traurigen Gedanken ab­­zubringen; seine deiden Worte sprachen das Verfehlte seines Lebens aus, und das junge, lebensfrohe Weib schien es doch im Innersten­u fühlen, daß nur zu viel Wahres in seiner ede lag. Als er geendet hatte,blieb Anna rös rei­gungslos und sah vor sich in die flackernde Lampe;fiefann über Dinge,die sie nicht aus­­zusprechen wagte,das schöne,trauliche Stüb­­chen,das sie als Mädchen im Vaterhause bewohnt hatte, ihre Tauben, Hühner, ihre Blumen, das ganze stattliche Kronenwirthehaug zu Hüttelsau stand mit ein gar zauberhaft rodend vor ihrem Geist, und unmilltärlich ver­­glich sie dieses Bild mit der Kahlen Hütte am Ridenbach, mit den geflicten­enstern und alten TIhüren, durch welche Wind und Luftzug freien Zutritt hatten. (Fortfegung folgt.) zu bald einziehen in | ·"«

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